Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

08.01.2010

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 25.09.2003 – 4 K 1904/02

1. Die Entscheidung über einen Antrag auf Durchführung einer Videokonferenz (§ 91a Abs. 1 Satz 1 FGO) ist prozessleitende Verfügung und somit gem. § 113 Abs. 2 FGO nicht zu begründen.

2. Das Finanzamt hat keine allgemeine Verpflichtung zur Beschaffung von Akten, z.B. das Fallheft des Betriebsprüfers bei einer ausgelagerten Außenprüfung, die sich nicht in seinem Verfügungsbereich befinden.


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Die Amtsbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts A führte bei dem Kläger im Jahr 2000 eine Betriebsprüfung durch, in deren Rahmen der Prüfer am 26.01.2000 einen Aktenvermerk über den Verdacht einer Steuerstraftat fertigte. In den Jahren 1994 bis 1997 seien noch nicht versteuerte Sparzinsen in einer Gesamthöhe von xxx DM festgestellt worden. Dieser Vermerk wurde an die Bußgeld- und Strafsachenstelle beim Finanzamt B gesandt, die daraufhin mit Verfügung vom 06.03.2000 das Steuerstrafverfahren gegen den Kläger einleitete. Das entsprechende Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Der Kläger beantragte, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, am 16.01.2002 bei dem Finanzamt B die Akteneinsicht in das Fallheft des Betriebsprüfers des Finanzamts A und berief sich hierbei auf ein umfassendes Akteneinsichtsrecht im Sinne des § 147 Abs. 1 StPO. Die Einsicht in das Fallheft des Betriebsprüfers sei für die Fertigung eines Verteidigungsschriftsatzes unerlässlich. Mit Schreiben vom 13.02.2002 baten die Prozessbevollmächtigten erneut um Akteneinsicht durch Übersendung der strafrechtlichen Ermittlungsakte sowie des Fallheftes des Betriebsprüfers in die Kanzleiräume. Diese Bitte wurde mit Schreiben vom 11.03.2002 wiederholt, wobei auf eine mögliche Strafbarkeit einer zeitweisen Urkundenunterdrückung durch das Finanzamt B hingewiesen wurde.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 11.03.2002 beantragten die Prozessbevollmächtigten des Klägers beim Finanzamt A die Übersendung aller Steuerakten des Klägers nebst Betriebsprüfungsfallheft. Dieses Schreiben wurde vom Finanzamt A an das Finanzamt B „zuständigkeitshalber” übersandt. Nach dem Aktenvermerk vom 27.03.2002 nahm die zuständige Sachbearbeiterin des Finanzamts B beim Finanzamt A Einsicht in das Fallheft des Betriebsprüfers und fertigte hieraus 4 Fotokopien (Kontenübersicht des Klägers und seiner Ehefrau), die als Seiten 82 bis 85 zur Strafakte geheftet wurden. Die so vervollständigte Strafakte wurde dann mit Anschreiben vom 10.04.2002 an die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten zur Einsichtnahme gesandt. Hierbei wurde die Auffassung vertreten, dem Begehren auf Einsicht in das komplette Fallheft des Prüfers sei nicht zu entsprechen. Es handle sich um eine Handakte des Prüfers, deren Inhalt den gesamten Ablauf der Prüfung dokumentiere. Sie enthalte Tatsachen und Zahlenmaterial zur Prüfungsvorbereitung und deren Durchführung. Nach der Vervollständigung der Strafakte gebe diese auch alle Informationen wieder, die für das Strafverfahren maßgeblich seien. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle treffe ihre Entscheidungen ausschließlich anhand der Strafakte, ohne das Fallheft des Prüfers insgesamt beizuziehen. Von dieser Regel sei auch im Streitfall nicht abgewichen worden. Vielmehr seien den Prozessbevollmächtigten nunmehr alle Tatsachen bekannt, die durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle verwertet werden könnten.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2002 legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers Einspruch gegen die Ablehnung der Übersendung des Fallheftes der Betriebsprüfung ein und erhoben gleichzeitig Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Sachbearbeiterin des Finanzamts B. Weiter wurde das Finanzamt aufgefordert, bis zum 15.05.2002 den Verdacht einer (versuchten) Urkundenunterdrückung und der (versuchten) Rechtsbeugung auszuräumen.

Mit Verfügung vom 17.05.2002 teilte das Finanzamt B den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, die Abgabenordnung enthalte keine Rechtsgrundlage für ein Begehren auf Akteneinsicht. Eine Einspruchsentscheidung werde deshalb nicht ergehen. Im Übrigen seien dem Kläger alle strafrechtlich relevanten Informationen zugänglich gemacht worden. Der Kläger begehre auch nicht die Übersendung des Fallheftes in einem laufenden Besteuerungsverfahren oder in einem laufenden finanzgerichtlichen Verfahren, sondern in einem laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Hier sei die Verweigerung der Akteneinsicht eine Prozesshandlung, deren Nachprüfung im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG nicht zulässig sei.

Mit Telefax vom 28.06.2002 übersandte das Finanzamt A dem Finanzamt B die Durchschrift eines Schriftsatzes mit nicht lesbarem Datum an die Prozessbevollmächtigten des Klägers, wonach diesen die Akteneinsicht in das Fallheft des Betriebsprüfers in Bezug auf die Vermögensteuer zum 01.01.1991 und zum 01.01.1993 gewährt werde. Hier werde beim Finanzamt A noch ein Besteuerungsverfahren durchgeführt, während die übrigen Veranlagungsbescheide allesamt bestandskräftig seien, weshalb insoweit die Einsichtsmöglichkeit ausgeschlossen sei.

Die bei Gericht erhobene Klage auf Neubescheidung seines Akteneinsichtsgesuches ist gegen das Finanzamt B gerichtet. Der Kläger stützt sein Begehren nunmehr – „losgelöst” vom strafprozessualen Akteneinsichtsrecht nach § 147 Abs. 1 StPO - auf sein Recht zur Akteneinsicht im Besteuerungsverfahren. Die Verfügung vom 17.05.2002 sei als Einspruchsentscheidung anzusehen, auch wenn sie nicht als solche ausdrücklich bezeichnet wurde. Das beklagte Finanzamt habe hier einfach behauptet, ein Akteneinsichtsrecht bestehe nicht. Diese Entscheidung sei wegen vollständigen Ermessensausfalls rechtswidrig. Der Kläger habe aber einen Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung des Finanzamts. Dieses Ermessen sei auf Null reduziert, weil das Recht des Klägers aus § 103 Abs.1 GG auf rechtliches Gehör das Recht auf Akteneinsicht umfasse und dieses Recht allen anderen Rechten Dritter im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung übergeordnet sei. Auch sei der Aufwand der Finanzverwaltung zum Schutz der Rechte Dritter im Rahmen der Gewährung von Akteneinsicht eher gering. So bestehe im Besteuerungsverfahren vor dem Finanzamt ein allgemeines Akteneinsichtsrecht. Das Finanzamt könne allenfalls noch darüber befinden, welche Seiten zum Schutze Dritter auszusondern seien. Dem stehe nicht entgegen, dass in der AO eine dem § 29 VwVfG entsprechende Regelung nicht enthalten sei. Zum einen sei das VwVfG geschichtlich aus der RAO entstanden. Der Gesetzgeber habe also das Fehlen eines allgemeinen Akteneinsichtsrecht als Manko empfunden. Zum anderen könne aus dem Fehlen einer Regelung auch in der AO 1977 allenfalls geschlossen werden, dass der Gesetzgeber von der Selbstverständlichkeit eines Akteneinsichtsrechts ausgegangen sei. Auch die Rechtsprechung des BFH zu den Datenschutzgesetzen stütze die Auffassung des Klägers.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Ablehnungsverfügung vom 10.04.2002 in Gestalt der endgültigen Entscheidung vom 17.05.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung pflichtgemäßen Ermessens und der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, weil diese gegen das Finanzamt A hätte gerichtet werden müssen.

Wegen des Vortrags der Beteiligten wird auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens beantragte der Kläger (Klageschrift vom 05.06.2002) die Durchführung einer Videokonferenz im Sinne des § 91a FGO. Der Berichterstatter des Senats wies die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid am 08.08.2003 ab. Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 29.08.2003 die mündliche Verhandlung. Daraufhin wurden die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Verfügung vom 03.09.2003 zum

Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.09.2003 geladen. Mit Schriftsatz vom 11.09.2003 beantragte der Kläger nochmals, dass den Klägervertretern gestattet werde, sich während der mündlichen Verhandlung bei der Steuerberaterkammer xxx, hilfsweise bei dem Verwaltungsgericht xxx aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Der Senat wies diesen Antrag mit Beschluss vom 15.09.2003 ab. Daraufhin lehnte der Kläger mit Schriftsatz vom 19.09.2003 die den Ablehnungsbeschluss unterzeichnenden Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Auf die genannten Schriftstücke wird Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung meinte der anwesende Bevollmächtigte des Klägers zu Beginn des Termins, es sei zunächst über den Befangenheitsantrag zu entscheiden. Der Senatsvorsitzende teilte daraufhin mit, dass dies nach Auffassung der Berufsrichter des Senats nicht nötig sei. Daraufhin wurde zur Sache verhandelt. Der Prozessbevollmächtigte stellte den Antrag, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass das Fallheft des Betriebsprüfers keine Handakte sei, dieses Gutachten in einem weiteren Termin zu verlesen sowie den Sachverständigen zu diesem Termin zu laden und zu vernehmen. Auf das Sitzungsprotokoll sowie den zu den Akten gegebenen Schriftsatz vom 25.09.2003 wird verwiesen.

Dem Gericht lag eine Strafakte des Finanzamts A zur Steuernummer xxx vor.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Senat war an seiner Entscheidung nicht durch das Befangenheitsgesuch vom 19.09.2003 gehindert, weil dieses wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig war.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Eine solche ist zu bejahen, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Richter nicht unvoreingenommen, sondern unsachlich oder willkürlich entscheiden wird. Hierbei ist es unerheblich, ob ein solcher Grund wirklich vorliegt (ständige Rechtsprechung des BFH, siehe Nachweise bei Gräber/Koch, Kommentar zur FGO, 5. Aufl., § 51 Rdn. 47). Das Ablehnungsrecht ist dem Rechtsschutzsuchenden eingeräumt, um den gesetzlichen Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes im konkreten Verfahren zu gewährleisten. Dagegen ist es nicht mit Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts vereinbar, wenn es zu verfahrensfremden Zwecken eingesetzt wird. Ein solcher verfahrensfremder Einsatz liegt zum Beispiel vor, wenn das Ablehnungsgesuch ausschließlich mit einem Verfahrensverstoß oder einer fehlerhaften Entscheidung des abgelehnten Richters begründet wird, ohne dass Umstände darauf hindeuten könnten, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruhen könnte. Andernfalls hätten es die Verfahrensbeteiligten in der Hand, über den Umweg der Richterablehnung zum Beispiel die Nichtanfechtbarkeit von Entscheidungen zu umgehen oder an Stelle der Anfechtung der beanstandeten Entscheidung die Zusammensetzung eines Spruchkörpers zu verändern. Ein solches Verhalten ist rechtsmissbräuchlich, ein entsprechendes Ablehnungsgesuch unzulässig (BFH-Beschluss vom 18.10.1994 VIII B 120/93, BFH/NV 1995, 687; ebenso BFH-Beschluss vom 16.04.1993 I B 155/92, BFH/NV 1994, 637, BFH-Beschluss vom 30.01.1995 X S 11-12/94 u.a., BFH/NV 1995, 818, und BFH-Beschluss vom 27.07.1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112, wonach die Ablehnung aller Berufsrichter eines Spruchkörpers, die zuvor an einer Kollegialentscheidung mitwirkten, dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn das Ablehnungsgesuch gar nicht oder nur mit Umständen begründet wird, welche die Besorgnis der Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können).

So liegen die Dinge im Streitfall. Das Ablehnungsgesuch vom 19.09.2003 wird ausschließlich darauf gestützt, dass die Richter xxx, xxx und xxx den Antrag des Klägers nach § 91a Abs. 1 FGO mit Beschluss vom 15.09.2003 abgewiesen hätten. Diese Verfahrensweise sei willkürlich. Das Gericht habe kein Ermessen ausgeübt. Von daher sei zu befürchten, dass die am Beschluss beteiligten Richter befangen seien. Dem Gehalt der Ausführungen nach macht der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, damit lediglich geltend, die Berufsrichter des Senats folgten nicht seiner Rechtsauffassung (nämlich im Hinblick auf seinen – angeblichen - Anspruch auf Durchführung einer Videokonferenz i.S. des § 91a FGO sowie auf seinen – angeblichen – Anspruch auf die Niederlegung von Ermessenserwägungen im Ablehnungsbeschluss vom 15.09.2003) und seien deshalb befangen.

Diese vom Kläger gerügten Rechtsauffassungen der abgelehnten Richter lassen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt i.S. der oben zitierten Rechtsprechung darauf schließen, dass sie auf einer unsachlichen Einstellung gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruhen könnten. Die Entscheidung über einen Antrag i.S. des § 91a Abs.1 Satz 1 FGO ist prozessleitende Verfügung i.S. des § 128 Abs.2 FGO (a.A. wohl einer der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schrifttum: Burkhard, DStZ 2003, 639, 647, Tz. 10). Damit war der Beschluss vom 15.09.2003 gemäß § 113 Abs.2 FGO nicht zu begründen. Der Kläger hatte somit keinerlei Anlass, auf Grund des genannten Beschlusses anzunehmen, der Senat habe keine Ermessensentscheidung getroffen. Nach den geltenden Gesetzen ist die Ermessensentscheidung vielmehr einer (weiteren) richterlichen Überprüfung entzogen. Dies mag nicht der prozessualen Strategie eines der Prozessbevollmächtigten des Klägers (siehe insoweit auch den „Praxishinweis” bei Burkhard a.a.O.) entgegenkommen, eine Befangenheit der das Gesetz anwendenden Richter folgt hieraus indes nicht.

Da das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig war, konnten die abgelehnten Richter an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch selbst mitwirken (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 51 Rdnr. 55 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Eine dienstliche Äußerung der abgelehnten Richter war ebenfalls nicht, wie vom Kläger beantragt, erforderlich (BFH-Beschluss vom 08.05.1992 III B 123/92, BFH/NV 1993, 244 ). Der Senat konnte vielmehr ohne weiteres im Rahmen des Urteils unter Mitwirkung seiner geschäftsplanmäßig berufenen Richter über das unzulässige Ablehnungsgesuch mitentscheiden (s.a. Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 51 FGO Rz. 41 m.w.N.).

2. Die Klage ist (zum Teil entgegen der Auffassung des Finanzamts) zulässig.

2.1. Gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Klage gegen die Behörde zu richten, die den beantragten Verwaltungsakt oder die andere Leistung unterlassen oder abgelehnt hat. Im Streitfall hatte es das Finanzamt B abgelehnt, dem Kläger Einsicht in das Fallheft des Betriebsprüfers der Amtsbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts A zu gewähren. Damit konnte die Klage gegen das Finanzamt B erhoben werden.

2.2. Der Kläger führte auch ein (erforderliches) außergerichtliches Vorverfahren i.S.d. § 44 Abs. 1 FGO durch. Gewährt eine Finanzbehörde Akteneinsicht, so liegt hierin zwar eine sonstige Leistung, die keinen Verwaltungsakt darstellt (BFH-Beschluss vom 16. Mai 2000 VII B 200/98, BFHE 192, 8, BStBl II 2000, 541, 542 rechte Spalte, 2. Absatz; Gräber/von Groll, Kommentar zur FGO, 5. Auflage, § 40 Rz. 28). Hat die Behörde aber einen entsprechenden Antrag abgewiesen, so liegt in der Ablehnung ein Verwaltungsakt, der mit dem Einspruch angefochten werden kann und über den das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung zu befinden hat. Der gerichtlich Rechtsschutz erfolgt dann im Wege einer fristgebundenen Verpflichtungsklage (Gräber/von Groll a.a.O. unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84, BFH/NV 1988, 319). Im Hinblick auf diese Voraussetzungen ist die Verfügung des Beklagten vom 17.05.2002 als abschließende Entscheidung i.S. des § 367 Abs.1 AO anzusehen, auch wenn dieser seine Verpflichtung zum Erlass einer Einspruchsentscheidung nicht erkannte. Alternativ ergäbe sich die Zulässigkeit der Klage aus § 46 Abs.1 Satz 1 FGO.

3. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Zwar begehrt der Kläger zur mangelnden Erfolgsaussicht (siehe BFH-Beschluss VII B 138/01 vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, veröffentlicht in juris Web, m.w.N. unter Hinweis auf den Beschluss des BVerfG vom 12. Januar 1983 2 BvR 864/81, NJW 1983, 1043) die Einsicht in das Fallheft nunmehr ausdrücklich nicht mehr unter Berufung auf § 147 Abs.1 StPO im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, sondern unter Hinweis auf ein Akteneinsichtsrecht im Besteuerungsverfahren. Ein Steuerpflichtiger hat insoweit auch grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass über einen Antrag auf Einsicht in das Fallheft eines Betriebsprüfers unter Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens entschieden wird (so zuletzt BFH-Beschluss VII B 138/01 a.a.O.).

Das Finanzamt hat aber entgegen der vom Prozessvertreter in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht keine allgemeine Verpflichtung zur Beschaffung von Akten, die sich nicht in seinem Verfügungsbereich befinden (BFH-Beschluss vom 16. Mai 2000 VII B 200/98, BStBl II 2000, 541, 543 linke Spalte, vierter Absatz). Im Streitfall werden die Veranlagungsakten sowie die Akten der Amtsbetriebsprüfungsstelle, die dem Veranlagungsverfahren dienen, vom Finanzamt Gelnhausen verwaltet. So befindet sich bei diesem Finanzamt auch, was der Kläger nicht bestreitet, seit eh und je das fragliche Fallheft des Betriebsprüfers. Bei dieser Sachlage konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Es konnte dahinstehen, ob der Kläger überhaupt gegen das beklagte Finanzamt einen Anspruch auf Ermessensausübung hatte. Insoweit könnte möglicherweise nur einer solchen Behörde eine Ermessensentscheidung abverlangt werden, die für die Aktenverwaltung zuständig ist und deshalb ein entsprechendes Verfügungsrecht besitzt. Bestand ein Anspruch auf Ermessensausübung, so konnte das Ermessen jedenfalls nur in einer einzigen Weise ausgeübt werden (Ermessensreduzierung auf Null): das beklagte Finanzamt hatte nur die Möglichkeit, den Einsichtsantrag abzulehnen und den Kläger mit seinem Begehren an das Finanzamt A zu verweisen. Anlass zu der Annahme (die oben zitierte BFH-Entscheidung VII B 200/98 zieht für diese besondere Fallgestaltung eine Aktenbeschaffungspflicht lediglich in Erwägung), das Fallheft des Betriebsprüfers habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Besitz des Beklagen befunden und dieser habe es pflichtwidrig aus der Hand gegeben, besteht nicht.

Der Senat konnte so die Klage abweisen, ohne das beklagte Finanzamt, wie beantragt, unter Beachtung seiner Rechtsauffassung zu bescheiden (s. § 101 Satz 2 FGO).

Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag war nicht stattzugeben, weil nicht ersichtlich ist, weshalb die Frage, ob das Fallheft des Betriebsprüfers als Handakte anzusehen ist oder nicht, für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens irgendeine Bedeutung haben könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO abzuweisen.

VorschriftenFGO § 91a Abs. 1, FGO § 113 Abs. 2, FGO § 78, FGO § 128 Abs. 2