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· Ertragssicherung

Zweite COVID-19-Welle: Stellen Sie Ihre Praxis gut auf!

Bild: ©Matthias EnterRalf Geithe - stock.adobe.com

von Praxismanagerin Simone Graefe, MD Dentalconsulting, Gelsenkirchen

| Die befürchtete zweite COVID-19-Welle zum Herbst/Winter 2020 ist leider eingetreten. Mit den steigenden Infektionszahlen bleiben Patienten verunsichert. Welche Maßnahmen müssen jetzt in der Zahnarztpraxis erfolgen, um Engpässe zu vermeiden, Patientenrückläufe zu verhindern sowie den Praxiserfolg und damit auch unsere Arbeitsplätze zu sichern? Nachdem unserer Praxis dies bei der ersten COVID-19-Welle gut gelungen ist, hoffen wir, dass wir das wiederholen können. Lesen Sie, welche Maßnahmen sich bei uns besonders bewährt haben. |

Unser Umgang mit der ersten Coronawelle

Corona verändert uns und den Praxisalltag ‒ so auch in unserer Praxis mit drei Behandlern und einer voll integrierten Prophylaxeabteilung mit insgesamt neun Mitarbeiterinnen. Ungewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. So versammelte sich zu Beginn der Pandemie das komplette Team freiwillig an einem arbeitsfreien Tag, um sich der drohenden Veränderungen bewusst zu werden und einen Maßnahmenplan zu erstellen.

 

In unserer Praxis kamen in der ersten Coronawelle nicht weniger Patienten in die Praxis als zuvor ‒ wohl auch, weil viele umliegende Praxen Kurzarbeit angemeldet hatten und nur noch sehr eingeschränkt zu erreichen waren. Unser Team und auch unsere Chefin waren der Kurzarbeit gegenüber sehr skeptisch eingestellt. Wir einigten uns darauf, diese zu vermeiden.

 

Der erste Maßnahmenkatalog

Alle Teammitglieder mussten einen Maßnahmenkatalog gestalten. Das Ergebnis stellte alle zufrieden und deckte alle messbaren Eventualitäten weitestgehend ab. Vereinbart wurden folgende Maßnahmen:

 

  • Die vereinbarten Maßnahmen
  • Materialnachschub sichern, nicht auf einen einzigen Lieferanten verlassen
  • Festlegen eines Budgets für den Mehraufwand, der in den Bereichen Hygiene und Schutz, Verwaltungsorganisation, Patientenbetreuung usw. entstanden ist
  • Lagerbestände planen und Artikel einteilen
  • Festlegen eines Investitionsbudgets für neue technische Hilfsmittel, Werbung, Außendarstellung, Terminierung
  • Einweisung und Steuerung neuer Maßnahmen im täglichen Praxisablauf
  • Urlaubsplanung des Teams frühzeitig angehen
  • Motivationsanreize durch die Behandler ‒ sei es in finanzieller Hinsicht oder auch freizeittechnisch (Sonderzahlungen für besonderen Einsatz, steuerfreie Erholungsbeihilfe usw.)
  • Finanzielle Reserven sinnvoll einsetzen
 

Die angepassten Schutzmaßnahmen

Um den noch höheren Anforderungen an den Infektionsschutz gerecht zu werden, haben wir folgende Maßnahmen ergriffen:

 

  • Es wurden eng anliegende Taucherbrillen angeschafft ‒ mit eng anliegenden Gummilippen, die weder Wasser noch Aerosole in die Augen lassen.
  • Darüber ‒ bis über die Nase ‒ tragen alle FFP2-Masken.
  • Die Haare werden durch OP-Hauben geschützt, die natürlich auf 95 Grad waschbar sind.
  • Der Körper wird mit bodenlangen OP-Kitteln geschützt. Diese gibt es in Plastikausführungen, aber auch zum Kochen für die Waschmaschine (auf Plastik haben wir der Umwelt zuliebe verzichtet). Die kochbaren Kittel werden täglich gewechselt. Sie haben einen gesonderten Ablageort und werden nie im Verwaltungsbereich getragen. Gewaschen, getrocknet und gebügelt werden sie in den dafür vorgesehenen Praxisräumen.
  • Die Behandler verlassen ihren Bereich nur in den Pausen und müssen dafür die Kleidung wechseln.

 

PRAXISTIPP | Erstellen Sie eine Worklist, auf welcher alle zu kontrollierenden Maßnahmen, Aufgaben und Abläufe festgehalten sind. Lassen Sie jede Woche eine andere Mitarbeiterin diese Liste abarbeiten und begutachten. So vermeiden Sie Routine bzw. die Gefahr, dass wichtige Dinge im Tagesgeschäft einschlafen oder verloren gehen.

 

Patientenaufkommen steuern

Die Behandlungsassistenz gibt der Verwaltung (trägt Mundschutz und Praxiskleidung) ein Signal, um den nächsten Patienten in den Behandlungstrakt zu begleiten und übergibt den Patienten an der Schwelle zur Behandlung. Die Anmeldung ist mit einer großzügigen Plexiglaswand ausgestattet und bietet sowohl dem Personal als auch dem Patienten ausreichend Schutz.

 

An jedem Durchgang kann der Patient sich desinfizieren und wird auch dazu aufgefordert. Patienten ohne Maske müssen die Praxis verlassen oder bekommen eine gestellt. Begleitpersonen dürfen die Praxis nicht betreten. Dies wird bereits bei der Terminvergabe kommuniziert und die meisten Patienten halten sich daran. Bestellt werden in der Stunde nie mehr als drei Patienten, die auf drei Behandlungszimmer verteilt werden. Schmerzpatienten sind aufgefordert, in der Praxis telefonisch einen Termin zu vereinbaren. In Ausnahmefällen dürfen maximal zwei Patienten im Wartebereich auf nummerierten Stühlen Platz nehmen.

 

PRAXISTIPP | Wir sind dazu übergegangen, unsere Recalls ausführlicher zu gestalten. Dabei ist es unerheblich, ob diese über SMS, per Brief oder per E-Mail versandt werden. Verfassen Sie gemeinsam einen Text, der die Patienten aufklärt. Dieser muss auch die Sicherheit vermitteln, dass alles Menschenmögliche getan wird, um die Gesundheit aller Beteiligten zu schützen. Weisen Sie vielleicht darauf hin, wie sich Schmerzpatienten anmelden können. Geben Sie möglichst auch den Tipp, die Vorsorgeuntersuchung sicherzustellen, damit der Bonus erhalten wird.

 

Die Resonanz unserer Patienten auf unsere ausführlichen Recalls war wirklich überwältigend. Im Jahresendrecall konnten wir 450 Patienten schon im September filtern und anschreiben. Übrigens haben unsere Maßnahmen einen Neupatientenboom ausgelöst.

Angepasste Terminierung

Die weitere Terminierung erfolgt nur über das Nachrichtensystem der Praxissoftware (statt Laufzettel). Mit Eingabe der Handynummer oder E-Mail-Adresse kann der Termin sofort auf das Endgerät des Patienten übertragen werden. In den letzten drei Tagen vor Behandlungsbeginn wird der Patient täglich an seinen Termin erinnert. Dadurch sind die Ausfallquoten extrem geschrumpft. Jeder Patient kann sich bestimmte Termine online selbst einrichten. Das erspart einige Telefonate und wird gut angenommen.

 

Papier wird so gut es geht vermieden. Anamnesebogen, Datenschutz und alles Weitere wird ausschließlich über iPads erfasst und in die Software übertragen. Da die Unterschrift des Patienten ja immer noch im Original erforderlich ist, sind wir dazu übergegangen, nur noch einen Zettel (eine Art Sammelunterschrift, wie wir sie aus dem BuS-Dienst kennen) auszuhändigen. Dieses Formular wird eingescannt und abgeheftet.

Neue Behandlungsformen und Ideen für die Außendarstellung

Abformungen erfolgen nur noch in Ausnahmesituationen. Mit Anschaffung eines Scannersystems wurden alle Teammitglieder geschult. Anfangs bedeutete dies natürlich Verzögerungen und Umstellungen. Nun läuft alles fast reibungslos.

 

Um unsere Praxis noch breiter aufzustellen, haben wir neue Werbemaßnahmen ergriffen ‒ so z. B. Werbung auf der Buslinie Gelsenkirchen-Schalke. Hilfreich war auch ein Fernsehbeitrag auf NTV mit Vorstellung der Praxis, der Kooperationspartner und Patienteninterviews. Das alles haben wir natürlich auf unserem Internetauftritt vermerkt, den wir auch von Profis erstellen ließen.

 

PRAXISTIPP | Die Anschaffungen und Werbemaßnahmen waren zwar teuer, zeigten jedoch bereits nach kurzer Zeit Wirkung. Im Zuge der Pandemie sind aber große Verhandlungsspielräume bei den Lieferanten entstanden, die wir genutzt haben und die sich finanziell sehr bemerkbar gemacht haben.

 

Neue Wege in der Beratung

Patienten können eine Onlinesprechstunde mit uns vereinbaren und/oder ihre Termine direkt online selbst vereinbaren. Die Onlinesprechstunde kann in vielen Onlineterminierungssystemen kostenlos integriert werden. Bei vorhandener Handynummer werden die Termine direkt in den Kalender des Patienten integriert und bedürfen keinerlei Papier. Auch die Besprechung der Kosten kann sehr gut online erfolgen. Per Videosprechstunde können Modelle gezeigt, Beispiele genannt und Alternativen vorgestellt sowie Kosten besprochen werden.

Quelle: Ausgabe 11 / 2020 | Seite 2 | ID 46902993