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· Fachbeitrag · Provisorien

Herstellung von provisorischen Kronen und Brücken in der Praxis: Techniken und Abrechnung

von Ute Blank, Fachwirtin für Zahnärztliches Praxismanagement, Bielefeld

| Provisorische Versorgungen nach Präparation werden von den Patienten oft als sehr unangenehm und zu rau empfunden. „Sämtliche Essensreste bleiben immer hängen“, lautet die häufige Klage der Patienten in der Phase zwischen Präparation und Eingliederung des endgültigen Zahnersatzes. Es ist schwierig, die Approximalkontakte so zu gestalten, dass nicht ständig Speisereste zwischen der provisorischen Krone und dem natürlichen Zahn steckenbleiben. Dennoch gibt es verschiedene Techniken, die die Patienten im Anschluss an die Präparation ausreichend und komfortabel versorgen. |

 

Nutzen von provisorischen Kronen und Brücken

Nach der Präparation schützen provisorische Kronen und Brücken das Weichgewebe des Zahns (die Pulpa) vor thermischen, chemischen und bakteriellen Einflüssen. Zudem dienen diese Provisorien der Aufrechterhaltung der Kaufunktion sowie der Fixierung der okklusalen bzw. sagittalen Kieferrelation und verhindern, dass der Zahnstumpf in die benachbarte Schleimhaut einwächst. Insbesondere im Frontzahnbereich erfüllen derartige Provisorien auch ästhetische und phonetische Funktionen.

Herstellung mittels Tiefziehschiene ohne Vakuum-Gerät

Vor Beginn der Präparation wird ein Situationsabdruck genommen. Auch wenn die Praxis nicht über ein eigenes Labor verfügt, besteht immer die Möglichkeit, ein Gipsmodell herzustellen. Dieses kann völlig stressfrei und ohne Zeitdruck auch schon im Vorfeld - beispielsweise bei der Planung - erledigt werden. Nach endgültiger Aushärtung der Modelle kann in einem sehr einfachen Verfahren dann eine Tiefziehschiene hergestellt werden. Es ist ebenfalls möglich, die Schiene innerhalb von weniger als einer Minute und mit Kosten von unter einem Euro ohne ein Vakuum-Gerät, nur mithilfe eines Brenners, herzustellen.

 

Hinweis | Das Komplettset - zum Beispiel „Perfekt Plast Kit“ von Hager & Werken - zur Herstellung von Tiefziehschienen ohne Vakuum-Gerät enthält alle notwendigen Materialien. Alles kann einzeln nachbestellt werden, sodass das Komplettset eine einmalige Anschaffung bleibt.

 

Anleitung zur Herstellung der Schiene (Formteil)

Das Modell wird mit dem Isolierspray eingesprüht. Die Folie wird in den Folienhalter gespannt und gleichmäßig mit einem Brenner erhitzt. Sobald die Folie klar wird - also ihre milchige Trübung verliert -, wird sie auf das Modell gelegt. Mit dem immer wieder verwendbaren Silikon wird die Folie auf die Oberflächenstrukturen des Modells gedrückt und somit werden die Zähne in die Schiene geformt. Nach einer Auskühlungsphase wird das Silikon von der Schiene getrennt und die Schiene kann vom Modell abgenommen werden. Mit einer gebogenen Kronenschere wird die Schiene zugeschnitten.

 

Vorteile der Tiefziehtechnik für den Patienten und die Praxis

Auch wenn Ihnen die Herstellung eines Formteils mittels Tiefziehtechnik aufwendig erscheint, birgt dieses Verfahren doch einige Vorteile für den Patienten und die Praxis:

 

  • Da das Formteil durchsichtig ist, lässt sich das Material blasenfrei einfüllen.
  • Nach dem Einsetzen in den Mund kann der Patient zubeißen, sodass Verkantungen, durch die zu hohe Provisorien entstehen, ausgeschlossen sind.
  • Durch die glatte Oberfläche des Formteils bedarf die Oberfläche der Provisorien kaum einer zusätzlichen Bearbeitung, Korrektur oder Politur.
  • Das Formteil lässt sich bis zum Ende der prothetischen Versorgung aufbewahren, sodass im Fall des Bruchs eines Provisoriums rasch ein neues hergestellt ist.
  • Das Formteil kann dem Patienten während eines Urlaubs mitgegeben werden. Jede andere Zahnarztpraxis kann damit schnell und kostengünstig ein neues Provisorium herstellen.
  • Ein fehlender Zahn kann vor Herstellung des Formteils auf dem Modell aufgestellt werden.

 

PRAXISHINWEIS | Aus alten, nicht mehr benötigten provisorischen Prothesen können Sie Zähne herausschleifen und wiederverwenden, indem Sie diese mit Klebewachs in die zu überbrückende Lücke auf das Modell kleben. So erhält der Patient eine sehr schöne provisorische Brücke. Diese Methode ist weitaus ästhetischer als das Ausblocken einer Lücke mit Cavit oder Silikon oder einem zugeschnittenen Alginatabdruck.

 

Die Ausarbeitung der Provisorien

Bei der Ausarbeitung der Provisorien sollten Sie mit großer Sorgfalt arbeiten. Achten Sie bei der Bearbeitung der zervikalen Bereiche auf eine ausreichende Papillenfreiheit, damit der präparierte Gingivasaum ausheilen kann. Die Passung auf den präparierten Stümpfen und der Okklusion muss stimmen. Auch die approximalen Bereiche sollten nicht zu groß sein, da sich bei den Patienten ansonsten ständig Speisereste zwischen dem Provisorium und dem benachbarten eigenen Zahn sammeln.

 

Anschließend wird das Provisorium poliert. Eventuelle kleine Luftblasen oder sonstige Korrekturen lassen sich leicht und unsichtbar mit einem Flow ausbessern. Die glatte Oberfläche ermöglicht dem Patienten eine für die Situation ausreichende Mundhygiene und gewährleistet eine optimale Ästhetik. Die Inzisalkanten können separiert werden. Mit einer guten Ausarbeitung ist nicht nur der präparierte Zahn, sondern auch die ganze orale Umgebung bestens auf den endgültigen Zahnersatz vorbereitet.

 

PRAXISHINWEIS | Tragen Sie auf Provisorien im Frontzahnbereich ein beliebiges (kostengünstiges) Bonding auf und härten Sie es mit der UV-Lampe aus. Das verleiht dem Provisorium eine besonders glatte und glänzende Oberfläche.

 

Die provisorische Hülse oder Krone (alte Nr. 19a) ist aus dem Bema 2004 gestrichen worden und nach Ansicht der KZBV nicht mehr zweckmäßig. In der GOZ stellt diese Versorgung nach Nr. 2260 noch eine Lege-artis-Behandlung dar. Verwendung finden die Hülsen weiterhin als Kinderkronen nach Bema-Nr. 14 inklusive Materialkosten oder GOZ-Nr. 2250 zuzüglich Materialkosten. Sobald die Hülse oder Kunststoffkrone durch Ausfüllen mit Kunststoff individualisiert wird, kann dieses Provisorium nach GOZ-Nr. 2270 abgerechnet werden.

 

Ausgesprochen ästhetische provisorische Hülsen - wie „ProtempTM Crown“ von Espe - werden gerne als provisorische Versorgung bei Versorgungen mit Implantaten benutzt. Nach Osseointegration, wo der Patient meistens noch eine provisorische Prothese trägt, kann eine provisorische Krone auf dem aufgeschraubten Implantataufbau die Zahnlücke schließen. Provisorische Kunststoffhülsen eignen sich auch bei Notfallrestaurationen sehr gut - zum Beispiel bei einem abgebrochenen Frontzahn. In der GOZ kann dann zusätzlich zur Füllung die Nr. 2260 abgerechnet werden. Dies gilt aber nur, wenn die provisorische Hülse im Mund verbleibt und nicht nur als Formgeber verwendet wird.

 

PRAXISHINWEIS | Im Eigenlabor hergestellte Schienen können auch als Bleaching-, Fixations- oder Fluoridierungsschienen genutzt werden. Ebenso eignen sie sich als Verbands- oder Verschlussplatten nach größeren chirurgischen Eingriffen. Selbst individuelle Löffel lassen sich durch diese Technik herstellen.

Abrechnung

Die neue GOZ unterscheidet Provisorien im direkten Verfahren (die sofortige Versorgung des beschliffenen Zahns, Provisorien im indirekten Verfahren), die Versorgung des beschliffenen Zahns durch ein laborgefertigtes Provisorium (GOZ-Nrn. 7080 und 7090) sowie die Herstellung mit oder ohne Abformung.

 

Bei den direkten provisorischen Kronen unterscheidet die GOZ die konfektionierten Hülsen (GOZ-Nr. 2260), direkt hergestellte Provisorien für Kronen, Inlays, Onlays oder Veneers (GOZ-Nr. 2270) und solche, die mit einem Stift im Wurzelkanal verankert werden (analoge Berechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ) bzw. direkt hergestellte provisorische Brückenpfeiler (GOZ-Nr. 5120) und provisorische Brückenglieder (GOZ-Nr. 5140). Die Kosten für die konfektionierte Hülse (GOZ-Nr. 2260) sind gesondert berechnungsfähig. Das Abformmaterial, das Formteil und das Modell ist zu den Nrn. 2270, 5120 und 5140 gesondert berechnungsfähig. Materialkosten für den Kunststoff sowie die Herstellung des Provisoriums sind für die Nrn. 2270, 5120 und 5140 nicht gesondert abrechnungsfähig, sondern Inhalt der Leistung.

 

Die zahnärztlichen Maßnahmen bei diesen Gebührennummern umfassen die Auswahl, Anprobe, okklusale Anpassung, gegebenenfalls notwendige Korrekturen und die Eingliederung der provisorischen Krone sowie deren Entfernung. Die einfache Ausarbeitung erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Berechnung nach § 9 GOZ. Ganz spezielle Laborleistungen - wie zum Beispiel das Überziehen der Provisorien mit einem Bonding - oder spezielle Leistungen der Ausarbeitung können Sie nach § 9 GOZ zusätzlich berechnen.

 

Wird ein Provisorium fest einzementiert, kann seine Entfernung nach GOZ-Nr. 2290 berechnet werden. Muss ein Provisorium in einer anderen Praxis wiedereingegliedert werden, kann die Wiedereingliederung analog berechnet werden. Beim Kassenpatienten wird für diese Leistung eine Bema-Rechnung erstellt. Die Entfernung eines in einer anderen Praxis hergestellten Provisoriums kann auch nach GOZ-Nr. 2290 berechnet werden. Beim Kassenpatienten ist die Berechnung der Bema-Nr. 23 (Ekr) für diese Leistung nicht möglich.

 

Zur Bema-Nr. 19 können Sie zusätzlich zu den Modellen und Abformmaterialien Ihren selbst kalkulierten Preis für die Herstellung der provisorischen Krone oder das provisorische Brückenglied berechnen.

 

PRAXISHINWEIS | Machen Sie sich einmalig die Mühe, den Verbrauch des Materials für eine Krone und ein Brückenglied auszuwiegen, und errechnen Sie so Ihren praxisindividuellen Preis.

 

Das Formteil dürfen Sie für provisorische Brücken und bei drei oder mehr Kronen nach BEL-II-Nr. 0320 je Kieferhälfte und Frontzahnbereich berechnen. Ansonsten wird das Formteil nach BEB-Nr. 1404 je Kieferhälfte und Frontzahnbereich berechnet. Das Aufstellen eines fehlenden Zahns für die Herstellung eines Formteils kann nach BEB-Nr. 1411 zuzüglich Material zusätzlich zur BEB-Nr. 1404 je aufgestelltem Zahn berechnet werden.

 

FAZIT | Legen Sie in Ihrer Praxis großen Wert auf komfortable, ästhetisch ansprechende und parodontalhygienisch einwandfreie Provisorien. Provisorien ständig reparieren oder erneuern zu müssen, stört den täglichen Praxisablauf und ist auch für Ihre Patienten lästig und unbequem. Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Wiederherstellung oder die Neuanfertigung eines Provisoriums nicht sinnvoll. Durch eine sorgfältige Herstellung und Ausarbeitung sparen Sie viel Zeit und Praxiskosten. Außerdem haben Sie zufriedene Patienten.

Quelle: Ausgabe 10 / 2012 | Seite 15 | ID 28303420