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· Fachbeitrag · Prophylaxe

Glattflächenversiegelung: Vorgehensweise und Nutzen für die Patienten

von Beate Schulz-Brewing, ZMF, Kiel

| Bekanntermaßen ist die Kariesgefahr beim Tragen fester Zahnspangen deutlich erhöht. Die natürliche Selbstreinigung des Mundes durch Speichel, Zunge, Wangen und Lippen ist eingeschränkt und besonders die Bereiche um die aufgeklebten Brackets herum stellen Prädilektionsstellen für Karies dar. Zum Schutz der Glattflächen tragen Kieferorthopäden seit einiger Zeit zusätzlich einen Versiegelungslack rund um die Brackets auf. Man spricht hier von einer Glattflächen- oder auch Bracketumfeldversiegelung. Sie verhindert Demineralisierungen im Umfeld der Brackets. |

White Spots sind ein Leben lang sichtbar

Bracketkinder sind Kariesrisikokinder. Leider kommt es häufig vor, dass sich während einer kieferorthopädischen Behandlung irreversible halbmondförmige weißliche Entmineralisierungen einstellen, sogenannte „White Spots“. Dies sind Kariesvorstufen, die dann ein Leben lang sichtbar sind. Auch die Gingiva leidet stark unter dem Reiz der Retentionsstellen. Es entwickeln sich Gingivitiden, Pseudotaschen und häufig hyperplastische Veränderungen, die im schlimmsten Fall den Draht überwachsen und ein Entfernen der gesamten Multibandversorgung erfordern.

Neu: Glattflächen- bzw. Bracketumfeldversiegelung

Zum Schutz der Glattflächen tragen Kieferorthopäden zusätzlich einen Versiegelungslack rund um die Brackets herum auf. Bei dem Lack - zum Beispiel PRO SEAL - handelt es sich um einen lichthärtenden transparenten Versiegler, der direkt vor dem Befestigen der Brackets zur Anwendung kommt. In einem aufwendigen Verfahren wird das durchsichtige Material flächig auf alle vestibulären Zahnflächen aufgetragen. Anschließend wird geätzt, dann werden darauf die Brackets geklebt. Nun sind alle Nischen sowie Retentionsstellen verschlossen und es werden Entkalkungen verhindert.

 

Allerdings kann der Lack sich durch Farbstoffe aus der Nahrung gelblich verfärben, besonders leicht durch Gemüsesäfte und Tees. Auch mit dem Anfärben von Zahnbelägen in der Hauszahnarztpraxis sollte man vorsichtig sein, denn diese können dauerhafte Verfärbungen nach sich ziehen. Eine Anfärbung mit einem herkömmlichen Relevator - zum Beispiel 2 Tone oder Rondelets Red - zieht sehr intensiv in den Versiegelungslack ein und ist kaum noch zu entfernen. Hier bietet sich für eine Anfärbung eher ein gelber, heller Relevator an, zum Beispiel ein Plaque-Test mit Natrium Fluorescein. Er macht Beläge schon beim Licht der Behandlungslampe sichtbar und ist leicht zu entfernen.

 

MERKE | Bei vorhandener Glattflächenversiegelung muss die Prophylaxe-Assistentin generell deutlich vorsichtiger arbeiten. Tückisch ist auch, dass die Versiegelungen fast unsichtbar sind. Sie bestehen bei 60 Prozent der KFO-Kinder.

 

Die Prophylaxe-Behandlung

Während eines IP-Termins sollen auch die Bebänderungen professionell und gründlich gereinigt werden. Bei einer Glattflächenversiegelung darf dies nur mit weichen Bürstchen und Polierern erfolgen. Durch den Einsatz von Scalern, Air-Scalern oder Air-Flow-Geräten würde es zu einer Beschädigung der Lackschicht kommen und der gewünschte Schutz wäre durch das Eingreifen der Prophylaxe-Assistentin nicht mehr gewährleistet.

 

PRAXISHINWEIS | Schauen Sie sich die Glattflächenversiegelung von Zahn zu Zahn genau an. Hilfreich ist hierbei eine Lupenbrille. Ist der Versiegelungslack zwischen die Zähne gelaufen und bildet dort Überhänge und Kunststoffnasen? Das kommt häufiger vor und stellt einen massiven Reiz für das Zahnfleisch dar. Solche Überschüsse sowie Überreste müssen entfernt und poliert werden, sonst kommt es zu Zahnfleischreizungen, Blutungen und Entzündungen.

 

Mundhygiene

Eine Versiegelung um Brackets herum bedeutet sicherlich einen guten Schutz für die Schmelzoberflächen, wiegt aber Kinder und Eltern oft in falscher Sicherheit: „Wir haben die teuren Versiegelungen bezahlt, nun kann ja nichts mehr passieren“. Das stimmt so leider nicht. Gerade im Bereich zwischen Bogen und Zahnfleischrand sowie interdental sammeln sich Beläge an. Diese Bereiche sind nicht versiegelt. Eine sorgfältige systematische Zahnreinigung bleibt also weiter wichtig. Die Bass-Technik ist weiterhin empfehlenswert. Besonders der Zahnfleischsaum muss mitmassiert werden. Auch Superfloss-Zahnseide und Zwischenraumbürstchen bleiben unentbehrlich.

 

Es ist nicht mehr sinnvoll, Fluoridlacke zusätzlich um die Brackets aufzutragen. Wirksam ist allerdings das Auftragen eines antibakteriellen Lackes - zum Beispiel Cervitec plus - entlang des Zahnfleischsaums. Dieser Lack hat eine Depotwirkung von vier Monaten. Überhaupt ist während der Phase der kieferorthopädischen Behandlung ein Recall von vier Monaten empfehlenswert.

Kommunikation

Es ist enorm wichtig, dass die Hauszahnarztpraxis über eine Glattflächenversiegelung informiert wird. Sprechen Sie dieses Thema schon vor dem Bracketkleben an, damit Kinder und Eltern nachfragen können. Die Erfahrung zeigt: Häufig wissen weder Eltern noch Kinder, dass der Hauszahnarzt und die Prophylaxe-Assistentin informiert werden müssen und dass sich dann die Vorgehensweise ändert. Informationszettel werden einfach vergessen oder es wird gar nicht gewusst, dass so eine Maßnahme überhaupt durchgeführt wurde, obwohl sie recht teuer ist. Hier besteht offensichtlich eine Kommunikationslücke zwischen Kieferorthopäden, Eltern und Hauszahnarztpraxis.

 

PRAXISHINWEIS | Halten Sie einen guten Kontakt zu den kieferorthopädischen Praxen, mit denen Sie zusammenarbeiten. Ein funktionierendes Netzwerk ist wichtig, um für jeden Patienten individuell und gezielt arbeiten zu können.

 
Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 13 | ID 43724806