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· Fachbeitrag · Patienteninformation

Häusliche Anwendung von Interdentalraumreinigern ‒ ein wichtiger Baustein für die Patientengesundheit

von Beate Schulz-Brewing, Zahnmedizinische Fachassistentin, Kiel

| Regelmäßige Zahnarztbesuche und Professionelle Zahnreinigungen reichen aus, um wirkungsvoll Prävention zu betreiben ‒ glauben viele Patienten. Das ist jedoch ein Irrtum, denn das allein reicht nicht: Daneben bedarf es noch einer sorgfältigen häuslichen Mundhygiene. Damit leistet der Patient einen ganz entscheidenden Beitrag für seine Gesundheit. Dabei darf er neben dem sorgfältigen systematischen Zähneputzen die Zahnzwischenraumpflege nicht vernachlässigen ‒ und dies ist eine lebenslange Aufgabe. Interdentalraumreiniger können dabei eine wirkungsvolle Hilfe sein. |

Wann sind Interdentalraumreiniger der Zahnseide vorzuziehen?

Wenn die Zähne eng stehen und noch kein Zahnfleischrückgang zu verzeichnen ist, ist die Anwendung von Zahnseide die Methode der Wahl. Jedoch bei Zahnfleischrückgang, bei Parodontitis und Nischenbildung sind Interdentalraumreiniger erwiesenermaßen das gründlichste Reinigungsinstrument. So ist es auch der Richtlinie der Europäischen Föderation für Parodontologie (EFP) zu entnehmen. Eine wichtige Voraussetzung ist allerdings, dass zwischen den Zähnen so viel Platz vorhanden sein muss, dass die Bürsten schmerz- und verletzungsfrei eingeführt werden können.

Hochrisikobereich Zahnzwischenraum

Über die Hälfte unserer erwachsenen Patienten leiden unter einer Parodontitis ‒ und die Zahnzwischenräume sind das größte Problem. Fast immer beginnt die Erkrankung dort. Die Zwischenräume sind bekanntermaßen Hochrisikobereiche. Sie nehmen 40 Prozent der Zahnoberflächen ein. Bleiben die Zahnzwischenräume ungereinigt, kommt es zu einer Kaskade aus Abwehrreaktionen des Körpers und zu Reizantworten des Organismus. Die Symptome sind Blutungen, Exsudationen, Mundgeruch und Zahnbettschwund.

 

Oft blutet es beim Reinigen der Zwischenräume. Daraus ziehen Patienten oft den falschen Schluss, dass dies die Blutung verursacht hat. Gern lassen sie es dann wieder sein, empfinden sie doch den zusätzlichen Aufwand als zeitraubend und wenig hilfreich. Das ist jedoch ein folgenschwerer Irrtum. Damit der Patient hier Ursache und Wirkung nicht verwechselt, ist er fachlich aufzuklären. Und das inkludiert den Hinweis: „Auch wenn es blutet ‒ weiterreinigen!“

 

PRAXISTIPP | Die Zahnzwischenräume müssen einmal täglich mit passenden Interdentalraumreinigern am besten vor dem Zähneputzen gesäubert werden. So können die Wirkstoffe der Zahnpasta noch besser in den Zwischenräumen wirken. Auch kostbarer Zahnersatz wie Teleskope, Brücken, Stege und Implantate haben kaum eine Chance auf lange Haltbarkeit, wenn die Zwischenraumpflege und die Problemstellen vernachlässigt werden.

 

Wie man heute weiß, handelt es sich bei einer Parodontitis nicht nur um ein lokales Geschehen. Durch eine geschulte Reinigung der sensiblen Zahnzwischenraumbereiche betreibt der Patient gleichzeitig Vorsorge gegen viele inzwischen belegte Begleiterkrankungen der Parodontitis wie z. B. Diabetes, Herzinnenhautentzündungen, Herzinfarkt und Lungenentzündungen.

Zahnzwischenraumreiniger ‒ vier Typen stehen zu Wahl

Patienten haben die Wahl zwischen folgenden vier Typen von Zahnzwischenraumreinigern:

 

1. Zahnzwischenraumbürsten

Zahnzwischenraumbürsten gibt es in vielen Varianten ‒ an langen Haltern, mit kurzen Griffen, mit breiten Auflagen, in Tannenbaum- oder Zylinderform und sie sind farbkodiert. Eine sinnvolle Auswahl verschiedener Größen trifft die Prophylaxeassistentin gemeinsam mit dem Patienten durch Testen direkt im Mund. Dabei sind alle Schwach- und Problemstellen zu berücksichtigen. Selten reicht nur eine Größe. Auch muss die Anwendung der Hilfsmittel immer wieder mit dem Patienten direkt im Mund eingeübt werden.

 

PRAXISTIPP | Wichtig ist der Hinweis an den Patienten, diese Hilfsmittel täglich vor dem Zähneputzen, aber gerne auch zwischendurch zu verwenden. Dabei ist es rhetorisch wichtig, nicht einfach das Wort „regelmäßig“ zu verwenden. Denn dann hat der Patient keine feste Vorgabe ‒ und er lässt es mitunter ganz. Besser ist, z. B. Formulierungen wie „immer vor dem Zähneputzen“ zu verwenden.

 

Mit mehrmaligen horizontalen Bewegungen reinigt man die Approximalräume. Unter fließendem Wasser werden die Ansätze immer wieder abgespült. Die Anwendung folgt der individuellen Anatomie und Morphologie der Zahnzwischenräume und des Col-Epithels. Außerdem sind die Bürsten ausgezeichnete Medikamententräger. So kann man mit ihnen z. B. Fluoride oder Chlorhexidin-Gele gezielt in die Zwischenräume einbringen. Auch zum Reinigen im Umfeld von Brackets oder von kieferorthopädischen Apparaturen sind die Bürsten sehr hilfreich. Hier werden auch große Größen eingesetzt. Hervorzuheben ist, dass dieses Hilfsmittel zuverlässig und gründlich Plaque beseitigt.

 

Die unangenehme Berührung mit dem Metallkern an den Zahnhälsen wird neuerdings dadurch verhindert, dass man die Metallkerne mit Kunststoff überzieht! Die Lebensdauer der kleinen Bürsten ist begrenzt, sie entsprechen nicht der Lebensdauer einer Zahnbürste. Sie sind aber auch keine Einmalprodukte.

 

2. Soft pics

Soft pics bestehen ganz aus Kunststoff ‒ und zwar aus einem Polyamidkern und Reinigungslamellen aus Silikon. Sie gehören zu einer neuen Generation von Hilfsmitteln zur Zwischenraumreinigung. Soft pics sind gebogen, konisch zulaufend und passen sich gut den Zwischenräumen an! Auch sie sind farbkodiert. Ihre elastische Beschaffenheit sorgt für eine gute Reinigung und schont die Gingiva. Sie sind weich, sanft und sicher. Besonders empfehlenswert sind sie auch, weil man sie hygienisch in praktische kleine Etuis stecken kann. Sie werden mit leichten Hin- und Herbewegungen durch den Zwischenraum geschoben und passen sich gut an. Doch Vorsicht: Bei zu grobem Gebrauch atrophiert das Zahnfleisch und Nischen vergrößern sich.

 

Nachteilig ist allerdings, dass ihre Lebensdauer begrenzt ist. Zudem belastet Kunststoff die Umwelt.

 

3. Zahnhölzer

Die Umweltbilanz von Zahnhölzern sieht besser aus. Leider kommen sie nur noch selten zum Einsatz, obwohl sie angenehm anzuwenden sind und durch ihre Vorbehandlung antibakteriell wirken. Es gibt sie aus Balsa-, Linden- oder Birkenholz. Die Spitze der Hölzer wird mit Speichel angefeuchtet und dadurch weich und flexibel. Unterschiedliche Imprägnierungen mit Natriumfluorid oder Aminfluorid lassen sie zusätzlich kariesprophylaktisch wirken. Sie haben nichts mit Zahnstochern zu tun und haben einen dreieckigen Querschnitt.

 

Sie werden mit der Basis zur Gingiva hin verwendet, bündig in den Zahnzwischenraum eingeführt und dann auf und ab bewegt. Sie reinigen nicht nur die Zahnoberfläche und zerstören den Biofilm. Das weiche Holz reinigt, glättet und fluoridiert zudem die Zahnoberflächen. Pathogene Bakterien im Sulcus sowie im Col-Epithel befindliche anaerobe und hochpathogene Keime werden dem Sauerstoff ausgesetzt, belüftet und somit unschädlich gemacht. Zusätzlich stärkt die Stimulation das Zahnfleisch, es wird regeneriert und keratinisiert.

 

4. Airflossing

Der Vollständigkeit halber sei hier noch die Möglichkeit zur Zwischenraumreinigung mittels Air flossing erwähnt. Mit einem Airflosser kann man gute Resultate erreichen, besonders bei schwierigen anatomischen Verhältnissen, bei anspruchsvollem Zahnersatz oder auch bei eingeschränkter Motorik des Patienten.

 

Der Tank dieser Geräte wird mit Wasser oder auch mit Mundwasser gefüllt und die Düse wird zwischen die Zähne gesetzt. Ein bis drei Luft-Wasserstrahlstöße setzt man in den Zahnzwischenraum. So werden Plaques aufgeweicht und abgelöst, das Substrat wird verdünnt und belüftet, die pathogene Besiedlung wird geschwächt. Auch sollte man die Düsenspitze entlang des Zahnfleischrandes führen, um den Sulcus zu spülen, Exsudationen zu verdünnen und somit das Zahnfleisch zu desinfizieren. Allerdings können dieser einfache maschinelle Aufwand und das anschließende Frischegefühl dazu verführen, das notwendige gründliche Zähneputzen im Alltag zu vernachlässigen.

Beratung in der zahnärztlichen Praxis ist unerlässlich

Das Hinführen zu einer zuverlässigen geübten Zahnzwischenraumpflege gehört in die Hände von Fachleuten. Übervolle Supermarktregale können nur verwirren und helfen dem suchenden Patienten nicht weiter. Auch der Apotheker kennt die individuellen Begebenheiten im Mund des Patienten nicht. Die kompetente Beratung kann nur die Zahnarztpraxis leisten.

 

Weiterführender Hinweis

Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 2 | ID 45988810