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· Fachbeitrag · Arbeitsrecht

Raucherpausen während der Arbeit ‒ bezahlte Arbeitszeit oder was sonst?

von Tanja Jacobs, Dortmund, www.coaching-schmiedel.de

| Ein latentes, oft unterschwelliges Problem ist in vielen Zahnarztpraxen der Umgang mit Raucherpausen. Besonders sensibel sind die Fragen: Sind Raucherzeiten eigentlich Pausenzeiten? Wenn nicht ‒ ist es nicht ungerecht für die Mitarbeiter, die nicht rauchen? Und: Müssen sich rauchenden Mitarbeiter einer Zahnarztpraxis für ihre Raucherpausen umziehen? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie in diesem Beitrag. |

Keine verbindliche Regel zum Rauchen in den meisten Praxen

Eines sollte schon vorab klargestellt werden: Ein Gesetz, das einen Anspruch auf Rauchen während der Arbeitszeit gewährt, gibt es nicht. Es gibt in den meisten Praxen vermutlich eine „informelle Regel“, die den Mitarbeitern erlaubt, den Arbeitsplatz für die Raucherpause zu verlassen, ohne sich in jeglicher Form von der Arbeitszeit ausloggen zu müssen. Eine informelle Regel bedeutet: Es gibt in der Praxis keine klare Anweisung zu Raucherpausen. Der Arbeitgeber duldet das Verlassen des Arbeitsplatzes durch den Arbeitnehmer, ohne die Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen.

 

Im Arbeitsrecht gibt es den Tatbestand der „betrieblichen Übung“. Darunter wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll. Beispiel: Der Arbeitgeber hat bereits über viele Jahre Weihnachtsgeld als freiwillige Leistung gewährt.

 

Auf Regelungen zum Rauchen ist das aber nicht übertragbar. Arbeitnehmer können sich also nicht auf eine „betriebliche Übung“ berufen und daraus einen Anspruch auf „bezahlte Raucherpausen“ herleiten, wenn der Arbeitgeber diese nicht mehr dulden will. Der Arbeitgeber hat also stets die Möglichkeit, zu Raucherpausen eine klare Betriebsanweisung zu erstellen und z. B. für die Zukunft das Ein- und Ausloggen zu verlangen. Mitarbeiter müssen sich dann daran halten ‒ ein Einspruch hätte keine Aussicht auf Erfolg.

Zu gewährende Pausenzeiten

Klar geregelt hingegen sind die zu gewährenden Pausenzeiten, die ohnehin jedem Arbeitnehmer zustehen. Laut dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) muss ab einer Arbeitszeit von sechs Stunden eine regelmäßige Pause eingelegt werden, die der Erholung dient und vor Überarbeitung schützt. Bei einer Arbeitszeit von sechs bis zu neun Stunden beträgt das Anrecht auf eine Pause 30 Minuten, bei mehr als neun Stunden Arbeitszeit sind es 45 Minuten (§ 4 ArbZG). Der Mitarbeiter hat jedoch auch die Möglichkeit, sich die Pausenzeit aufzuteilen. Dabei ist zu beachten, dass eine Erholungspause mindestens 15 Minuten betragen sollte. Diese Pausenzeiten können die Arbeitnehmer auch zum Rauchen nutzen. Der Mitarbeiter darf selbst bestimmen, wo er sich zu dieser Zeit aufhält. Demnach werden die Raucherpausen nicht vergütet.

 

PRAXISTIPP | Es kommt in den Praxen gar nicht selten vor, dass beispielsweise wegen einer kranken Kollegin die eine oder andere Überstunde ansteht und eine Mitarbeiterin auf eine Arbeitszeit von über 9 Stunden kommt. Wegen voller Auslastung der Praxis ist es dann mitunter schwierig, dass die Mitarbeiterin die ihr zustehende Pause von dann insgesamt 45 Minuten auch tatsächlich in Anspruch nimmt. Rechtlich gesehen hat sie aber ‒ wie beschrieben ‒ de facto diesen Anspruch. Die Verkürzung der Arbeitszeit zum Feierabend ist im gesetzlichen Sinne keine Pause, da im Anschluss daran ja die Arbeit nicht wieder aufgenommen wird. Ein gut organisierter Tagesplan trotz ggf. vorhandenem Krankenstand ist daher sinnvoll.

 

Umziehen zur Pause bzw. Raucherpause?

Umkleidezeiten gehören immer dann zur vertraglich geschuldeten Arbeitszeit, wenn das Umkleiden einem Bedürfnis des Arbeitgebers dient. In der zahnärztlichen Praxis dient es dem Arbeitgeber zum Arbeitsschutz seiner Mitarbeiter als auch dem Erkennungswert der Praxis. Insofern zählt das morgendliche Anziehen des Arbeitskittels zur Arbeitszeit. Umkleidezeiten, die ausschließlich durch eine Raucherpause des Mitarbeiters entstehen, sind hingegen privat veranlasst und zählen somit nicht zur Arbeitszeit.

 

PRAXISTIPP | Jede Praxis sollte für sich und seine Mitarbeiter die richtige Lösung finden. Klar sollte jedoch sein, dass ein Mitarbeiter, der die Praxis zum Rauchen verlässt, sich ausloggt und dafür auch die Berufsbekleidung ablegt. Rauch im Arbeitskittel ‒ das macht sich vor Patienten gar nicht gut, mal ganz abgesehen von den hygienischen Aspekten.

 

Das Wechseln der persönlichen Kleidung gegen die Berufskleidung erfolgt im Umkleideraum. Eine Trennung der persönlichen Kleidung von sauberer und benutzter Berufsbekleidung muss gegeben sein (siehe RKI-Empfehlung 4/2006 Nr. 11.5 „Pausenräume“).

Geben und Nehmen

Es gibt meist eine Menge Stress am Arbeitsplatz. Daher liegt es für manche Mitarbeiter nahe, bei einer kleinen Raucherpause zu verschnaufen. Andere Mitarbeiter gönnen sich vielleicht eine Tasse Tee oder Kaffee, um danach wieder voll und ganz bei der Arbeit zu sein. Gemeinsame Pausen ‒ so insbesondere auch Raucherpausen ‒ werden oftmals auch zum Austausch von Arbeitsthemen genutzt. Das ist ein aus Arbeitgebersicht durchaus positiver Aspekt.

 

Ein Arbeitsverhältnis besteht immer aus gegenseitigem Geben und Nehmen. Insofern sollten Arbeitgeber bei Pausenregelungen nicht zu kleinlich sein. Das ist gut für die Stimmung im Team und fördert die Kooperationsbereitschaft, wenn mal „Not am Mann“ ist, z. B. weil eine Kollegin unerwartet krank geworden ist und dafür eine andere an ihrem freien Tag einspringen muss.

Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 2 | ID 45711910