Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Arbeitseinteilung

Homeoffice ‒ eine Option auch für die Zahnarztpraxis!?

von Angelika Schreiber, Hockenheim

| Freie Einteilung der Arbeitszeiten, ungestörtes Arbeiten ohne Anfahrt zur Praxis und keine nörgelnden Kolleginnen im hektischen Praxisalltag. Das klingt verlockend und lässt den Wunsch nach einem Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden aufkommen ‒ dem Homeoffice. Für viele Beschäftigte anderer Berufsgruppen ist das bereits gelebter Alltag. Mit zunehmender Digitalisierung kommt mobiles Arbeiten auch für Praxismitarbeiterinnen zunehmend infrage. Für und Wider sind aber abzuwägen ‒ und meistens muss auch der Chef erst überzeugt werden. Lesen Sie, was dabei zu beachten ist. |

Welche Aufgaben könnten von zu Hause erledigt werden?

Natürlich kann die Behandlungsassistenz nicht im Homeoffice stattfinden. Allerdings ist mobiles Arbeiten auch nicht ausschließlich den Verwaltungsmitarbeiterinnen vorbehalten. Bestimmte Aufgabenbereiche wie Materialbestellung, Behandlungsplanung, Pflege des Terminkalenders, Recall, Überarbeitung des Qualitätsmanagements, Fortbildungsplanung, Personalmanagement etc. müssen nicht zwingend vom Präsenzarbeitsplatz in den Praxisräumen aus erledigt werden. Sicher kommt für Praxismitarbeiterinnen eher selten der reine Heimarbeitsplatz infrage, doch die Kombination aus Arbeiten vor Ort ‒ also in den Praxisräumen ‒ und mobilem Arbeiten zu Hause stellt sich durchaus als Alternative dar.

 

PRAXISHINWEIS | Die Mischung aus Homeoffice und Präsenzarbeitsplatz schnitt übrigens in zahlreichen Studien in Bezug auf die Gesundheit der Arbeitnehmer sehr gut ab.

 

Vorteile für angestellte Praxismitarbeiter

Für den Arbeitnehmer liegen die Vorteile des Homeoffice auf der Hand, so scheint es zumindest. Zu nennen sind da z. B.:

 

  • Keine Unterbrechungen durch ständige Störungen der Kolleginnen,
  • keine Belastung durch Turbulenzen des Praxisalltags mit erhöhtem Geräuschpegel (Geräte, Telefon, Patientendurchfluss),
  • kein Stau im Berufsverkehr oder Verspätung durch öffentlichen Verkehr, kein Stress durch überfüllte Busse oder Bahnen,
  • Zeitersparnis durch den Wegfall von An- und Abfahrt!

 

Im Vordergrund steht aber vor allem die freie Zeiteinteilung. Da lassen sich Beruf, Familie und Haushalt kombinieren. Es gibt Spielraum für die Öffnungszeiten der Kita oder die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen. Die Wunschvorstellung ist konzentriertes und effektives Arbeiten zu Hause!

 

Vorteile für Zahnärzte

Die Vorteile liegen jedoch nicht allein beim Arbeitnehmer. Mehrere Studien haben bewiesen, dass Arbeitgeber vom Heimarbeitsplatz profitieren; denn Arbeitnehmer im Homeoffice sind besonders produktiv und leisten häufig unbezahlte Überstunden. Dem Zahnarzt eröffnet sich die Möglichkeit, mit dem Homeoffice langjährige Mitarbeiterinnen auch in Zeiten der Familienplanung bzw. veränderter Lebenssituationen an die Praxis zu binden. Meistens ist es dem Praxisinhaber wichtig, Fachwissen und Erfahrungswerte für die Praxis zu erhalten, zu pflegen und auch weiterzuentwickeln.

Die Herausforderungen des Homeoffice

Das größte Problem des Homeoffice sind die Verlockungen der eigenen vier Wände! Im Nu verschwinden die Übergänge zwischen Beruf und Freizeit. Familie, Fernseher, Kühlschrank, Garten und Couch rauben dem Tag die Struktur. Und dann noch die ständigen Unterbrechungen: „Könntest Du bitte den Trockner ausschalten, ein Paket abholen, in die Reinigung gehen, aufs Telefon aufpassen!“ Ohne Selbstdisziplin, gute Organisation und feste Ziele geht es nicht! Mit der Familie oder den Mitbewohnern müssen klare Absprachen getroffen werden.

 

Acht Stunden hoch konzentriertes Arbeiten am Bildschirm sind überaus anstrengend. Mitarbeiter, die ausschließlich im Homeoffice arbeiten, klagen daher häufig über besonders große Stressbelastung oder Schlafstörungen. Bei aller Freiheit bringt diese Form der Tätigkeit ‒ bedingt durch fehlenden Kontakt und Austausch mit Kolleginnen ‒ auch eine gewisse Einsamkeit mit sich.

 

Darüber hinaus können technische Störungen vorkommen, denn das Internet funktioniert nicht immer und überall gleich gut und schnell. Auch die Kommunikation mit der Praxis ‒ sei es mit dem Chef oder mit den Kolleginnen ‒ bedarf oftmals der zusätzlichen Abstimmung und verursacht einen Mehraufwand an Zeit.

So könnte das Arbeiten im Homeoffice funktionieren

Bevor Sie im Homeoffice starten, legen Sie in Ihrer Wohnung einen ruhigen Ort fest, der ausschließlich für Ihre Arbeit reserviert ist. Viel Tageslicht ist dabei vorteilhaft. Achten Sie auf einen ergonomisch gestalteten Bürostuhl ‒ abgestimmt auf die Höhe des Schreibtisches ‒ und genügend Abstand zum Bildschirm. Ihr Rücken und ihre Augen werden es Ihnen danken.

 

Strukturen ausbilden und klare Grenzen ziehen

Erstellen Sie Zeitpläne. Legen Sie Ihre Arbeitszeiten fest und starten Sie pünktlich an Ihrem Schreibtisch ‒ und bitte nicht im Pyjama am Frühstückstisch, das ist wenig zielführend. Zum pünktlichen Beginn gehören ebenso ein pünktliches Ende sowie regelmäßige Pausen. Wer diszipliniert arbeitet, kann sich durchaus auch nach Erreichen festgelegter Etappen mit einer kleinen Kaffeepause belohnen. Das schafft Motivation und Energie für die nächste Etappe. Sie dürfen nur das Tagesziel nicht aus dem Auge verlieren. Auch der Feierabend sollte fest definiert werden. Arbeiten Sie nicht einfach weiter. Verlassen Sie Ihren Schreibtisch am Ende Ihrer fest definierten Arbeitszeit und starten Sie ganz bewusst in die Freizeit. Grenzen Sie sich ab.

 

Halten Sie Kontakt zu den Kolleginnen! Das ist nicht nur wichtig, um auf dem Laufenden zu bleiben. Vielmehr hilft es auch, sich trotz der räumlichen Trennung auf Dauer nicht ausgegrenzt zu fühlen.

 

Ziele klar abstecken

Legen Sie darüber hinaus Ziele fest: Was muss bis wann erledigt werden? Wer muss angerufen werden? To-do-Listen mit realistisch durchführbaren Inhalten helfen dabei. Dokumentieren Sie das Erreichte sorgfältig, vielleicht sogar auf einem Tageskalender. Die Dokumentation verschafft Ihnen einen Überblick und hilft zur eigenen Bestätigung. Sie kann gleichzeitig als Ergebnisprotokoll für den Chef herangezogen werden.

 

Integrieren Sie feste Pausenzeiten in Ihren Arbeitstag. Eine geregelte Pause zum Mittagessen bringt Ablenkung und neue Energie. Vielleicht bietet sich die Möglichkeit, außer Haus zu gehen. Ein paar Schritte an der frischen Luft sind durchaus empfehlenswert. Solche Rituale helfen bei der Strukturierung Ihres Tagesablaufs. So kann ein fester zeitlicher Rhythmus etabliert werden.

Wie lässt sich der Chef vom Homeoffice überzeugen?

Wenn Sie Homeoffice machen möchten, sollten Sie zunächst überprüfen, ob sowohl in Ihrer Praxis als auch zu Hause die technischen Voraussetzungen dazu bestehen. Sind Sie zu Hause über ausreichend schnelles Internet erreichbar? Lässt sich in Ihrer Wohnung ein geeigneter Heimarbeitsplatz einrichten, der genügend Ruhe bietet? Seien Sie realistisch. Wunschdenken hilft an dieser Stelle nicht weiter. Erst dann sollten Sie auf Ihren Chef zugehen und ihm vor allem darlegen, worin die Vorteile für die Praxis liegen (Zeitgewinn durch Wegfall der An- und Abfahrt, stressfreies und konzentriertes Arbeiten, Kostenersparnis durch Nutzung des eigenen Equipments etc.).

 

PRAXISHINWEIS | Ihre Überzeugung vorausgesetzt, können Sie als langjährige Mitarbeiterin durchaus den Vorschlag einzelner „Homeoffice-Tage“ wagen. Versuchen Sie, Ihren Chef von den Vorteilen zu überzeugen. Als Test bietet sich ein Tag pro Woche an. Vielleicht ist der Freitag ein geeigneter Tag, um die Woche im Homeoffice ausklingen zu lassen.

 

Voraussetzung ist natürlich, dass Ihr Chef Vertrauen in Ihr Arbeitsethos hat. Mitarbeiterinnen, die sich gerne im Hintergrund halten und geringen Einsatz bringen, haben wenig Chancen auf mobiles Arbeiten. Das Gleiche gilt für neue Mitarbeiterinnen. Homeoffice bringt zwar Freiheit und Autonomie, doch es gehört auch eine große Portion Durchhaltevermögen dazu, um nicht den Ablenkungen der heimischen Umgebung zu erliegen. Die Erwartungshaltung Ihres Chefs ist nicht zu unterschätzen!

Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 9 | ID 44878884