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  • 28.03.2008 | Meta-Analyse

    Antidepressiva nur bei schwer Erkrankten eindeutig wirksam?

    Bringen moderne Antidpressiva wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) bei der Behandlung von Patienten mit mittelgradigen Depressionen kaum Vorteile? Daten einer aktuellen Meta-Analyse britischer Wissenschaftler lassen diesen provokativen Schluss zu. Die Forscher ermittelten, dass die Wirksamkeit der Medikamente mit dem Schweregrad der Depression zu Beginn der Behandlung steigt. Bei mittelschweren Depressionen gab es keine Unterschiede zwischen Patienten der Verum- und der Placebogruppe; erst bei sehr schweren Depressionen zeigten sich signifikante Vorteile im Vergleich zur Placebogruppe.  

     

    Für die Studie wurden Daten von 47 klinischen Studien mit den SSRI Fluoxetin, Paroxetin und Nefadozon sowie mit Venlafaxin ausgewertet – veröffentlichte und unveröffentlichte. Dies ist für die Deutung der Ergebnisse überaus relevant. Denn gerade Medikamentenstudien mit negativen oder zweifelhaften Ergebnissen werden von den Herstellern der Präparate häufig nicht veröffentlicht. Beurteilt wurden die Ergebnisse der Therapie mit der Hamilton Rating Scale of Depression (HSRD). Insgesamt zeigte sich, dass der Behandlungseffekt unterhalb der Schwelle einer Verbesserung von drei Skalenpunkten im Vergleich zur Placebogruppe lag, die als klinischer Nutzen gilt. Nur bei Patienten mit sehr schweren Depressionen und einem Ausgangs-HSRD von mehr als 28 Punkten wurde die Schwelle von drei Score-Punkten überschritten. Vor allem wird das auf den geringen Placeboeffekt in dieser Gruppe zurückgeführt. 

     

    Praxistipp

    Die neue Meta-Analyse sollte nicht dazu verleiten, nur bei schweren oder sehr schweren Depressionen Antidepressiva zu verorden. Die Wirksamkeit der Substanzen auch bei mittelgradigen Depression ist in vielen kontrollierten Studien belegt. Die aktuellen Daten verdeutlichen aber, dass das invididuelle Ansprechen gerade in der antidepressiven Therapie stark variiert. Zudem ist der Placeboeffekt bei depressiven Patienten besonders ausgeprägt. Individuelle Therapie heißt, das passende Antidepressivum zu finden und möglichst in Kombination mit einer Psychotherapie einzusetzen (siehe Seite 2). 

     

    Quelle

    • Kirsch I et al.: Initial Severity and Antidepressant Benefits: A Meta-Analysis of Data Submitted to the Food and Drug Administration. PLoS Medicine 2008; 5: e45