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· Gehaltsschere Fach- und Führungskräfte

Endlose Neiddebatte oder warum Chefs zu Recht mehr verdienen ...

Bild: © mnimage - stock.adobe.com

| Führungskräfte verdienen jährlich mehr als doppelt so viel wie Fachkräfte. Dazu wurden 224.474 Datensätze von Fach- und Führungskräften nach Region, Branche und Geschlecht von Gehalt.de ausgewertet. Das Ergebnis: Fachkräfte verdienen jährlich rund 41.900 Euro, während die Chefs 96.300 Euro beziehen. Auffällig: Der Unterschied ist bei Steuerberatungsgesellschaften und Rechtsanwaltskanzleien am größten. Dennoch: Es gibt gute Gründe, warum Chefs deutlich mehr verdienen. |

 

Wer als Führungskraft oder Chef im Unternehmen die Personalverantwortung trägt, muss sich um Führung, Unterstützung und Weiterentwicklung der Belegschaft kümmern. Doch ist es gerecht, dass die Chefs fast 130 Prozent mehr Gehalt als ihre Fachkräfte ‒ oder in Geld ausgedrückt 54.400 Euro mehr im Jahr verdienen?

Drei Statements, warum Chefs zu Recht mehr verdienen

Personalverantwortung, Organisationsfähigkeit, Debattenkultur, Ergebnisorientierung, Budgethoheit und Bereitschaft zum unternehmerischen Risiko ‒ das sind die Fähigkeiten, die Unternehmer und Führungskräften mitbringen sollen ‒ und das rechtfertigt den Unterschied.

 

Karin Schwaer, Wirtschaftsjuristin und Gehaltscoach für Fach-undFührungskräfte:

„Eine erfolgreiche Führungskraft muss motivieren, delegieren und gut kommunizieren können. Doch häufig sind auch mühsame Diskussionen zu führen und unliebsame Entscheidungen zu treffen. Am Ende müssen die Ergebnisse stimmen. Führungskräfte müssen sich an ihrem Beitrag zum Unternehmenserfolg messen lassen. Und das rechtfertigt sicherlich auch eine höhere Vergütung.“

 

Marion Weckes, ehemals Hans-Böckler-Stiftung (Bereich: Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung sowie Frauen in Führungsgremien):

„Führungskräfte verantworten im Vergleich zu Fachkräften im Regelfall einwesentlich höheres Budget und haben Personalverantwortung. Parallel geht damit oft einher, dass ein Studium oder langjährige Erfahrung vorausgesetzt wird. Würde eine Stelle als Führungskraft nicht auch finanziell lukrativer sein, würde es zwangsläufig langfristig keine Bewerber auf diese Stellen geben.“

 

Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom bei Gehalt.de:

„Führungskräfte sind mobiler und eher dazu bereit, den Arbeitsstandort zu wechseln als Fachkräfte.“ Hinzu kommt: „Unternehmen müssen in Bundesländern mit geringem Gehaltsniveau die Einkommen für Führungskräfte deutlich in Richtung Bundesdurchschnitt anpassen, um sich im Wettbewerb behaupten zu können.“

Gehaltsschere ‒ regionaler Vergleich

Im Regionalvergleich stechen besonders Bundesländer mit einem geringen Gehaltsniveau hervor. In Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern liegen die Gehälter zwischen Fach- und Führungskräften am weitesten auseinander (zwischen 138 und 144 Prozent). Wohingegen die Einkommensschere zwischen Fach- und Führungskräften in Bundesländern mit einem hohen Gehaltsniveau vergleichsweise gering ist: Am niedrigsten ist sie in Berlin (124 Prozent), Hamburg (119 Prozent) und Baden-Württemberg (116 Prozent).

Gehaltsschere ‒ größte Differenz in der Steuerberatung

Die größte Gehaltsdifferenz zwischen Fach- und Führungskräften gibt es in der Steuerberatung: Dort verdienen Beschäftigte ohne Personalverantwortung jährlich rund 37.600 Euro, während Beschäftigte mit Personalverantwortung rund 112.400 Euro erhalten (Gehaltsunterschied von 199 Prozent). Ähnlich sieht es in der Rechtsberatung aus: Die Einkommensschere zwischen Fach- und Führungskräften liegt hier bei rund 73.700 Euro (195 Prozent).

 

Grund: Zusammenarbeit von Akademikern mit Nicht-Akademikern

„Der Einkommensunterschied bei Fach- und Führungskräften ist in der Steuer- und Rechtsberatung besonders ausgeprägt, da ein großer Teil der Fachkräfte aus nicht-akademischen Angestellten mit eher niedrigen Gehältern besteht. Anwälte und Steuerberater mit Personalverantwortung haben einen akademischen Hintergrund“, so Nagel weiter. Auch in Konzernen arbeiten studierte Anwälte und Steuerberater und werden dort in der Regel überdurchschnittlich entlohnt.

Gehaltsschere ‒ kleinste Differenz bei Kulturbetrieben

Die geringste Gehaltslücke zwischen Fach- und Führungskräften herrscht in der Kulturbranche vor. Während Fachkräfte hier jährlich rund 38.400 Euro verdienen, beziehen Führungskräfte mit rund 64.600 Euro etwa 68 Prozent mehr. Auch in der Luftfahrt liegen die Einkommen mit 57.800 Euro (Fachkräfte) und 102.900 Euro (Führungskräfte) relativ dicht beieinander (Gehaltsunterschied von 78 Prozent). „Der Gehaltsunterschied zwischen Fach- und Führungskräften in der Luftfahrt ist vergleichsweise niedrig, da Fachkräfte in dieser Branche oft prestigevolle Berufe einnehmen, deren Gehaltsniveau überdurchschnittlich hoch ist und einem regional übergreifenden Standard folgen“, beschreibt Nagel.

Chefs in der Automobilindustrie verdienen fast 57.000 Euro mehr

In der Autoindustrie beziehen Führungskräfte mit 110.800 Euro jährlich mehr als doppelt so viel wie Beschäftigte ohne Personalverantwortung (54.300 Euro). In der Finanzbranche ist der Gehaltsunterschied gar noch etwas größer: Führungskräfte erhalten hier rund 60.200 Euro (115 Prozent) mehr als Fachkräfte. Im Lebensmitteleinzelhandel liegt das Gehaltsniveau noch weiterauseinander: Hier beziehen Beschäftigte ohne Personalverantwortung rund 31.400 Euro, während Führungskräfte rund 71.000 Euro erhalten (Gehaltsunterschied von 126 Prozent).

Datenüberblick

 

  • Gehaltsunterschied Führungskraft zu Fachkraft bis zu 130 Prozent
Position
Q 1
Median
Durchschnitt
Q 3

Führungskräfte

76.660 €

96.342 €

110.429 €

122.479 €

Fachkräfte

33.629€

41.928€

46.373€

54.192€

 

So lesen Sie die Daten: Das 3. Quartil ist das obere Quartil (Q3). Der Median ist der Wert in der Mitte. Der Median ist genauer als der Durchschnittswert, der durch Ausreißer verzerrt werden kann.

 

  • Größter prozentualer Unterschied nach Branchen
Median Fachkräfte
Median Führungskräfte
Prozentual

Steuerberatung

37.589€

112.388€

199,0

Rechtsberatung

37.826€

111.517€

194,8

Konsum-& Gebrauchsgüter

49.714€

141.594€

184,8

 
  • Geringster prozentualer Unterschied nach Branchen
Median Fachkräfte
Median Führungskräfte
Prozentual

Kultur

38.398€

64.579€

68,2

Luftfahrt

57.777€

102.894€

78,1

Soziale Einrichtungen

32.333y€

60.007€

85,6

 

 

  • Ausgewählte Branchen
Median Fachkräfte
Median Führungskräfte
Prozentual

Lebensmitteleinzelhandel

31.433€

70.952€

125,7

E-Commerce

35.680€

87.603€

145,5

Automobilindustrie

54.266€

110.823€

104,2

Finanzbranche

52.146€

112.347€

115,4

Pharmaindustrie

53.987€

125.603€

132,7

 

 

  • Regionalvergleich
Bundesland
MedianFachkräfte
Median Führungskräfte
Gehaltsunterschied in %

Sachsen-Anhalt

33.718€

82.413€

144

Schleswig-Holstein

37.808€

91.158€

141

Mecklenburg-Vorpommern

32.749€

77.976€

138

Rheinland-Pfalz

41.297€

97.978€

137

Saarland

40.124€

94.181€

135

Niedersachsen

39.087€

91.798€

135

Sachsen

34.221€

80.461€

135

Thüringen

34.827€

81.548€

134

Brandenburg

34.100€

79.866€

134

Nordrhein-Westfalen

42.505€

98.136€

131

Bayern

43.868€

99.389€

127

Bremen

40.850€

92.507€

126

Hessen

44.966€

101.343€

125

Berlin

39.676€

88.712€

124

Hamburg

44.467€

97.358€

119

Baden-Württemberg

45.490€

98.476€

116

 

 

Methodik

Gehalt.de hat 224.474 Datensätze von Fach-und Führungskräften nach Region, Branche analysiert. Alle Angaben liegen als Jahresbruttogehälter, hochgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche und im Median vor.

 

(JT / ots)

 

Quelle |

Gehalt.de Reihe: „Gehaltsgefälle in Deutschland“

Quelle: ID 47634572