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· ArbG Berlin

Keine Diskriminierung: Ossi-Mobbing ist nach dem AGG nicht geschützt

Bild: © T. Michel - stock.adobe.com

| Wer hätte es gedacht: Ostdeutsche sind auch Deutsche! Ein in Ostdeutschland geborener Mitarbeiter kann sich nicht auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen, wenn er wegen seiner Herkunft im Job gemobbt wird. Ostdeutsche sind keine spezielle ethnische noch weltanschauliche Gruppierung, die sich nach dem AGG abgrenzen ließe, hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin festgestellt ( Urteil vom 15.08.2019, Az. 44 Ca 8580/18 ). |

Der Fall

Der Kläger wurde von einem Zeitungsverlag als stellvertretender Ressortleiter beschäftigt. Er hat den Arbeitgeber auf Entschädigung, Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen, weil er von zwei vorgesetzten Mitarbeitern wegen seiner ostdeutschen Herkunft stigmatisiert und gedemütigt worden sei.

 

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe keine Entschädigung nach dem AGG zu, weil keine Benachteiligung wegen seiner ethnischen Herkunft oder Weltanschauung erfolgt sei. Menschen ostdeutscher Herkunft seien nicht Mitglieder einer ethnischen Gruppe oder Träger einer einheitlichen Weltanschauung. Folglich könne schon § 1 AGG nicht greifen.

 

Dort heißt es: Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen

  • der Rasse
  • der ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters oder
  • der sexuellen Identität

zu verhindern oder zu beseitigen.

 

Einen Schadenersatzanspruch wegen einer Persönlichkeits- oder Gesundheitsverletzung hat das Arbeitsgericht abgelehnt, weil der Kläger den Arbeitgeber nicht rechtzeitig auf das Verhalten seiner Vorgesetzten und die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens ‒ es waren ca. 800.0000 EUR im Streit ‒ aufmerksam gemacht hatte. Das Mitverschulden des Klägers an dem ‒ einmal angenommenen ‒ Schaden wiege derart schwer, dass eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers entfalle.

 

Beachten Sie | Grundsätzlich stehen bei Beleidigung und Mobbing den Opfern immer Rechtswege offen. „Mobbing“ von Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitern muss niemand hinnehmen. Die Regel ist aber, dass sich das Opfer zuerst an den Arbeitgeber wenden muss ‒ um die Situation befrieden zu können. Gelingt das nicht, muss letztlich der Arbeitgeber handeln. Die laufende Rechtsprechung zeigt, dass Mobbing ein heikles Thema ist und bleibt.

 

(JT)

 
Quelle: ID 46174803