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14.03.2018 · IWW-Abrufnummer 200176

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 29.11.2017 – 1 K 111/16

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT HAMBURG

Aktz: 1 K 111/16

29.11.2017

Urteil - Senat

Rechtskraft: -

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Lohnsteuerpflicht für Preisnachlässe, die den Mitarbeitern der Klägerin durch die Unternehmen der ... KG gewährt werden.

I.

1. Beide Unternehmen wurden einst von demselben Unternehmer ... gegründet.

Die KG ist ein weltweit tätiger Handels- und Dienstleistungskonzern.

Geschäftsgegenstand der Klägerin ist im Wesentlichen die Entwicklung, Planung, Realisierung und die Verwaltung von Immobilien. Die Klägerin beschäftigt rund ... Mitarbeiter.

Die Geschäftsanteile an der Klägerin hält eine Holdinggesellschaft, deren Gesellschafter zu 20% die verwitwete ... Ehefrau des Unternehmensgründers sowie deren gemeinsamer Sohn (S) zu 60% und seine Schwester zu 20% sind. S ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Klägerin.

Die Gesellschafter der Holding sind als Minderheitsgesellschafter zugleich an der KG beteiligt, nämlich S zu etwas über 20 % und seine Mutter und seine Schwester zu jeweils knapp 6% (zusammen also 32...%). S ist eines von 25 Aufsichtsratsmitgliedern der der persönlich haftenden Gesellschafterin der KG. Aufsichtsratsvorsitzender ist dort sein Halbbruder. Mehrheitsgesellschafter der KG ist eine den Namen seines Halbbruders tragende Stiftung.

Die Klägerin auf der einen Seite und die Unternehmen der KG auf der anderen Seite sind rechtlich selbständig. Sie gehören nicht zu einem Konzern im Sinne von § 18 Aktiengesetz und sind keine miteinander verbundenen Unternehmen im Sinne von § 15 Aktiengesetz.

2. Die KG gewährt im Rahmen einer freiwilligen Leistung ihren Konzernmitarbeitern auf alle Käufe aus dem eigenen Warensortiment Rabatt. Über die Gewährung des Mitarbeiter-Rabatts wird bei der KG ausweislich eines als Anlage K 4 vorgelegten Schreibens von dort jährlich durch einen Konzernvertreter und einem Mitglied des Konzernbetriebsrates als Arbeitnehmervertreter, ohne Hinzuziehung des Aufsichtsrates, entschieden. Die Entscheidung wird den Mitarbeitern durch Aushang bekannt gemacht.

Weiter heißt es in dem als Anlage K 4 vorgelegten Schreiben, dass der Rabatt aufgrund dieser Entscheidung auch den Mitarbeitern der Klägerin gewährt werde.

Im streitgegenständlichen Zeitraum betrug der Rabatt 15%. Die Unternehmen der KG gewährten den Mitarbeitern der Klägerin, einschließlich der beurlaubten, pensionierten und in Elternzeit befindlichen Mitarbeiter, bei Warenbestellung diesen Preisnachlass auf den Katalog- bzw. Onlinepreis. Bestellungen richten die Mitarbeiter direkt an die KG unter Angabe ihrer Personalnummer. Der Kaufpreis für bestellte Waren wird dann in der Lohnbuchhaltung direkt vom Lohn des Mitarbeiters einbehalten und dem Lieferunternehmen gutgeschrieben, sofern sich der Mitarbeiter nicht für eine Lieferung per Nachnahme oder für eine Zahlung durch Überweisung entscheidet. Die Waren werden in der Regel an die Klägerin geliefert und dort von den Mitarbeitern entgegengenommen.

Der Umsatz der KG mit Mitarbeitern der Klägerin beläuft sich jährlich auf rund EUR 1 Mio.

Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Gewährung des Rabatts an die Mitarbeiter der Klägerin gibt es nicht, weder zwischen der KG und der Klägerin noch mit deren Mitarbeitern, auch nicht zwischen der Klägerin und ihren Mitarbeitern. Die Klägerin ist gegenüber ihren Mitarbeitern oder gegenüber der KG hinsichtlich der Rabattgewährung oder der Durchführung der Personaleinkäufe keinerlei Pflichten eingegangen.

II.

1. Auf entsprechenden Antrag der Klägerin vom 08.01.2014 erließ der Beklagte am 20.03.2015 eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG, nach der es sich bei den Preisnachlässen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Zum einen wirke die Klägerin durch ihre Inkassotätigkeit aktiv an der Rabattgewährung mit, denn sie habe die jeweiligen Rechnungsbeträge vom Nettoarbeitslohn der Mitarbeiter einbehalten und an die KG abgeführt. Zum anderen bestünde eine "enge Beziehung sonstiger Art" zwischen der Klägerin und den Unternehmen der KG, denn sie seien über ihre Entstehungsgeschichte und darüber hinaus aufgrund enger familiärer Bindungen der Halbbrüder stark miteinander verflochten.

Den Einspruch der Klägerin hiergegen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 06.01.2016 als unbegründet zurück.

2. Daraufhin berichtigte die Klägerin am 20.01.2016 ihre streitgegenständliche Lohnsteueranmeldung für den Monat Dezember 2015 und meldete im Hinblick auf die im Jahr 2015 von der KG gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin gewährten Preisnachlässe von insgesamt xxx.xxx € höhere Lohnsteuerabzugsbeträge von xx.xxx €, Solidaritätszuschlag von x.xxx und pauschale Kirchensteuer von x.xxx € an. Die Zahlen sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

3. Die Klägerin erhob gegen die Lohnsteuer-Anmeldung für den Monat Dezember 2015 vom 20.01.2018 am 28.01.2016 Einspruch, den sie im Wesentlichen wie folgt begründete: Die KG gewähre den Rabatt aus eigenwirtschaftlichem Interesse, nämlich im Wesentlichen zur Steigerung und Verstetigung ihres Umsatzes und der Bindung eines für die KG attraktiven Kundenstamms, der einfach zu erschließen sei und faktisch keinerlei Forderungsausfallrisiko aufweise. Seit Aufhebung des Rabattgesetzes sei es durchaus üblich, dass Unternehmen Mitarbeitern anderer Unternehmen ohne Mitwirkung des anderen Unternehmens Preisvorteile gewährten. Die familiären Beziehungen ihrer Gesellschafter begründeten keine "enge Beziehung sonstiger Art" zwischen der Klägerin und der KG. Die Klägerin wirke nicht aktiv bei der Rabattgewährung mit, weder bei der Bestellung noch bei der Zahlungsabwicklung. Der Rabatt sei auch deshalb nicht als durch die Arbeitsleistung der Mitarbeiter veranlasst anzusehen, weil er nicht nur aktiven, sondern auch ehemaligen und beurlaubten Mitarbeitern gewährt werde.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 29.02.2016 zurück.

Der Beklagte räumte ein, die von der Klägerin geschilderten Vorteile der Rabatte der KG für eigene Mitarbeiter könnten als zutreffend unterstellt werden. Allerdings trügen die Geschäfte der KG mit den Mitarbeitern der Klägerin nur zu rund 0,01% zum Umsatz der KG bei und seien daher nicht von entscheidendem Interesse für die KG. Die gewährten Rabatte seien als Arbeitslohn zu qualifizieren. Denn die Mitarbeiter der Klägerin erhielten den Rabatt aufgrund der historisch gemeinsamen Wurzeln beider Unternehmen und der persönlichen Verbundenheit der Leitungspersonen. Die Klägerin wirke zudem aktiv an der Rabattgewährung mit, denn durch das praktizierte Zahlungsverfahren habe sie das Inkasso für die KG übernommen. Dass die Klägerin wegen der Rabattgewährung keine Vereinbarung mit der KG getroffen habe und keine Vergütung oder Provision für ihre Mitwirkung erhalte, sei ein Indiz dafür, dass die familiär-freundschaftlichen Beziehungen für die Rabattgewährung maßgeblich seien, was von den Mitarbeitern der Klägerin auch so wahrgenommen werde.

3. Die Beteiligten haben sich außergerichtlich dahingehend verständigt, das Verfahren über die berichtigte Lohnsteueranmeldung Dezember 2015 als Musterverfahren auch für die anderen Zeiträume durchzuführen.

III.

Die Klägerin hat am 30.03.2016 Klage erhoben.

Die Klägerin hält die angefochtene Lohnsteuerfestsetzung Dezember 2015 für rechtswidrig. Es handele sich bei den Preisnachlässen nicht um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Klägerin vertieft die Argumentation ihres Einspruchs.

Es liege schon kein lohnsteuerlich relevanter Vorteil vor, denn die den Mitarbeitern rabattiert gewährten Kaufpreise lägen in aller Regel nicht unter den um übliche Preisnachlässe geminderten Marktpreis. Dass und gegebenenfalls in welcher Höhe bei jeder einzelnen Bestellung ein geldwerter Vorteil vorliege, habe der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargelegt,

Bei dem Preisrabatt von 15% handele sich um einen üblichen Mengenrabatt, den die KG auch Sammelbestellern gewähre. Sammelbesteller mit mindestens 14 Bestellungen pro Jahr und einem Umsatz von mindestens EUR 5.000 erhielten von der KG einen Preisnachlass von 10%.

Die Rabattgewährung erfolge durch die KG, einem am Arbeitsverhältnis nicht beteiligten Dritten. Der Umstand, dass sowohl die Anteile an der Klägerin als auch an der KG mittelbar von Mitgliedern derselben Familie gehalten werden, begründe keine Zurechnung. Die vom Beklagten unsubstantiiert behauptete familiäre Nähe der Konzernspitzen und persönliche Verbundenheit der Halbgeschwister der Gesellschafter-Familie sei jedenfalls nicht ursächlich für die Rabattgewährung.

Grund für die Rabattgewährung sei ein eigenwirtschaftliches Interesse der KG, die Mitarbeiter der Klägerin als kaufkräftigen, sicheren und einfach zu erreichenden Kundenkreis binden wolle. Der Umsatz von jährlich rund 1 Mio. € sei für die KG von wirtschaftlicher Bedeutung.

Die Rabattgewährung stelle sich für die Mitarbeiter nicht als Frucht ihrer Arbeit dar, zumal auch beurlaubte und pensionierte Mitarbeiter und Mitarbeiter in Elternzeit den Rabatt in Anspruch nehmen könnten. Es bestehe kein (finaler) Zusammenhang zwischen der Arbeitsleistung und der Gewährung des Rabatts.

Die Klägerin wirke an den Kaufgeschäften ihrer Mitarbeiter bei den Unternehmen der KG nicht aktiv mit. Insbesondere übe die Klägerin keine Inkassotätigkeit aus.

Die Klägerin beantragt,
die Lohnsteueranmeldung für den Monat Dezember 2015 vom 20.01.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.02.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen .

Der Beklagte ist der Meinung, es sei unerheblich, ob im Einzelfall der billigste Marktpreis einer Ware unter dem vergünstigten Kaufpreis bei der KG liege. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass für die gesamten verfügbaren Waren der rabattierte Preis über dem billigsten Markpreis liege. Der konkrete finanzielle Vorteil der Arbeitnehmer liege in der Differenz zwischen dem allgemeinen und für jeden Dritten maßgebenden Preis für Waren der KG und dem rabattierten Preis.

Die Rabattgewährung an die Mitarbeiter der Klägerin sei nicht mit der Behandlung von Sammelbestellern vergleichbar. Diese erbrächten für den Preisnachlass eine konkrete Gegenleistung, indem sie die Bestellungen bündelten, gegebenenfalls Werbung betrieben und die Zahlungsabwicklung vereinfachten, was bei der Klägerin nicht der Fall sei.

Der Beklagte meint, die Preisnachlässe stellten deshalb Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Mitarbeiter der Klägerin dar, weil sie als Ausfluss des Näheverhältnisses der Unternehmen der KG und der Klägerin gewährt würden. Das Näheverhältnis habe seinen Ursprung in der gemeinsamen Gründungsperson, der sich durch die damit verbundene familiäre Verbundenheit bis in die heutige Zeit auswirke.

Die Klägerin wirke aktiv an Rabattgewährung mit. Sie habe das Inkasso der Kaufpreisforderungen für die KG übernommen. Außerdem wirke sie an der Verschaffung der Waren mit, denn diese würden direkt in die Poststelle der Klägerin angeliefert, wo sie die Mitarbeiter abholten.

Der Beklagte räumt ein, dass der zwischen der KG und die Mitarbeiter der Klägerin erzielte Jahresumsatz i. H. v. 1 Mio. € nicht unwesentlich sei und ein eigenbetriebliches Interesse der KG begründe. Es liege jedoch kein ganz überwiegendes eigenwirtschaftliches Interesse vor.

Der Umstand, dass in der KG durch ein Mitglied des Vorstands sowie des Konzernbetriebsrats jährlich neu über die Rabattgewährung entschieden werde, sei für die Streitfrage unerheblich.

Im Übrigen nimmt der Beklagte Bezug auf seine Einspruchsentscheidung.

IV.

Außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen lagen dem Gericht folgende Unterlagen des Beklagten vor: Rechtsbehelfsakte "Lohnsteueranmeldung für Dezember 2015", Mappe Anrufungsauskunft vom 08.01.2014, Rechtsbehelfsakte "Anrufungsauskunft".

Ergänzend wird Bezug genommen auf die Protokolle des Erörterungstermins am 29.06.2017 und des Verhandlungstermins am 29.11.2017.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

Die streitgegenständlichen Preisnachlässe sind für die Mitarbeiter der Klägerin keine Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.

I.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - neben Gehältern und Löhnen - auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind. Dafür ist es nicht erforderlich, dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegt. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 01.09.2016 VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69 unter Bezugnahme auf ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 28.02.2013 VI R 58/11, BFHE 240, 345, BStBl II 2013, 642, und vom 18.10.2012 VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184; siehe auch BFH-Urteil vom 10.04.2014 VI R 62/11, BFHE 245, 213, BStBl II 2015, 191).

Grundsätzlich kann auch der verbilligte Bezug von Waren des Arbeitgebers ein zu berücksichtigender Vorteil sein (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 01.09.2016 VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69 m. w. N.).

Arbeitslohn kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen der Leistung des Dritten und dem Dienstverhältnis im Sinne einer "conditio sine qua non" allein genügt für die Annahme von Arbeitslohn auch im Fall der Drittzuwendung nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte dem Arbeitnehmer den Vorteilsentlohnung für den Arbeitgeber über geleistete Dienste final zuwendet (BFH-Urteil vom 17.07.2014 VI R 69/13, BStBl II 2015, 41). Dagegen liegt jedenfalls dann kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet (BFH-Urteil vom 01.09.2016 VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69 unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 28.02.2013 VI R 58/11, BFHE 240, 345, BStBl II 2013, 642 und vom 17.07.2014 VI R 69/13, BFHE 246, 363, BStBl II 2015, 41).

Rabatte, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, sind nur Arbeitslohn, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass mit dem Preisnachlass die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung entgolten werden soll. Ob sich die Zuwendung als durch den Dritten vermittelter Arbeitslohn des Arbeitgebers darstellt, beurteilt sich nach dem Rechtsgrund der Drittzuwendung und damit nicht zuletzt danach, ob der Dritte den Vorteil aus eigenwirtschaftlichem Interesse oder im Interesse des Arbeitgebers gewährt (BFH-Urteile vom 20.05.2010 VI R 41/09, BStBl II 2010, 1022, vom 10.04.2014 VI R 62/11, BFHE 245, 13; BStBl II 2015, 191). Wenn der Dritte ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Rabattgewährung hat bzw. den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt, liegt grundsätzlich kein Arbeitslohn vor (vgl. BFH-Urteile vom 10.04.2014 VI R 62/11, BFHE 245, 13; BStBl II 2015, 191, und vom 20.05.2010 VI R 41/09, BStBl II 2010, 1022). Arbeitslohn liegt nicht allein deshalb vor, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt hat (BFH-Urteil vom 18.10.2012 VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184).

Die Feststellung, ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht; dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten. Denn ob der entsprechende Leistungsaustausch den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer grundsätzlich der Tatsacheninstanz vorbehaltenen Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich. Entscheidend sind die vorgefundenen objektiven Tatumstände, die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz eigenständig zu würdigen sind (BFH-Urteil vom 01.09.2016 VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69, m. w. N). Die Veranlassung des Vorteils durch das Dienstverhältnis muss zur Überzeugung des Gerichts feststehen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), wenn auf das Vorliegen von Arbeitslohn erkannt werden soll (BFH-Urteil vom 01.09.2016 VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69, m. w. N.).

II.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist in der Rabattgewährung durch die KG kein steuerpflichtiger Lohn der Mitarbeiter der Klägerin zu erkennen.

1. Der Senat geht allerdings zunächst davon aus, dass die Gewährung des Einkaufrabatts in Höhe von 15% des regulären Preises bei Kauf einer Ware von einem der KG zugehörigen Unternehmen einen Vorteil im Sinne von § 19 EStG darstellt.

Dass möglicherweise entsprechende Rabatte auch Großkunden eingeräumt werden, spricht nicht dagegen, die Rabattgewährung gegenüber dem einzelnen Mitarbeiter als Vorteil im Sinne von § 19 EStG zu werten, weil einem Großkunden vergleichbare Verhältnisse bei dem einzelnen Arbeitnehmer eben nicht bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 04.06.1993 VI R 95/92, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687). Dabei ist auf das Verhältnis der KG zu den einzelnen Mitarbeitern der Klägerin abzustellen, die jeweils keine Großkunden sind. Ob die Klägerin als Großkunde gelten würde, wenn ihr die von ihren Mitarbeitern getätigten Einkäufe zugerechnet würden, bzw. wenn sie als Vermittler dieser Geschäfte aufgetreten wäre, kann dahinstehen. Beides ist vorliegend nicht der Fall.

2. Letztlich kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob der rabattierte Kauf für den einzelnen Mitarbeiter tatsächlich (in jedem Fall) von Vorteil gewesen ist, offen bleiben, denn bei Würdigung der wesentlichen Umstände des Streifalls ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Gewährung des Einkaufrabatts gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin tatsächlich durch ihr Dienstverhältnis zur Klägerin veranlasst war und ihnen als Gegenleistung für die von ihnen erbrachte Arbeitsleistung gewährt wurde.

a) Wie zwischen den Beteiligten unstreitig, ist zunächst festzustellen, dass die KG mit der Rabattgewährung ein eigenwirtschaftliches Interesse verfolgt, das im Wesentlichen in der Steigerung und Verstetigung ihres Umsatzes liegt sowie in der Bindung eines für die KG attraktiven Kundenstamms, der einfach zu erschließen ist und faktisch keinerlei Forderungsausfallrisiko aufweist. Wie auch der Beklagte nunmehr einräumt, kann ein Jahresumsatz von rund 1 Mio. € auch für eine Unternehmensgruppe von der Größe der KG grundsätzlich von betriebswirtschaftlicher Relevanz sein.

b) Es sind keine hinreichenden Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, mit denen begründet werden könnte, dass die KG mit der Rabattgewährung, obwohl in ihrem eigenwirtschaftlichen Interesse der KG, auch eine finale Gegenleistung erbringen wollte, mit der zugleich die Dienstleistungen der Mitarbeiter gegenüber der Klägerin abgegolten werden soll.

aa) Die Rabattgewährung erfolgt nicht zugunsten der Klägerin.

Konkrete Rechtsbeziehungen zwischen der KG und der Klägerin bzw. zwischen den Gesellschaftern, aufgrund derer sich die Rabattgewährung eigentlich als eine Leistung der Klägerin gegenüber ihren Mitarbeitern darstellt oder die die Klägerin rechtlich als eigentlicher Veranlasser der Rabattgewährung erscheinen lassen, sind nicht behauptet worden und auch ansonsten nicht ersichtlich. Die Klägerin räumt nicht etwa im Gegenzug zur streitgegenständlichen Rabattgewährung ihrerseits den Mitarbeitern der KG Vorteile ein. Es liegen auch keine sonstigen Rechtsbeziehungen vor, aufgrund derer eine Vorteilszuwendung der Klägerin zugerechnet werden könnte.

"Enge Beziehungen sonstiger Art" allein begründen den Veranlassungszusammenhang nicht. Hiervon geht jedoch die Finanzverwaltung auf der Grundlage des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20.01.2015 (BStBl I 2015, 143) aus, in denen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in Fällen von Rabatten, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, für die Anwendung durch die Finanzämter aufbereitet worden ist.

Das dem BMF-Schreiben zugrundeliegende Verständnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist in der Literatur auf erhebliche Kritik gestoßen. Wengerofsky (DStR 2015, 806, 210) führt aus, dass das BMF insoweit das zu beachtende Veranlassungsprinzip durchbreche und verschiedene Sachverhalte in unzulässiger Weise pauschalisiere. Im Ergebnis ebenso Geserich (NWB 2015, 1610, 1616), der zudem auf der Grundlage der BFH-Urteile vom 20.05.2010 (VI R 41/09, BFHE 229, 346, BStBl II 2010, 1022) und vom 10.04.2014 (VI R 62/11m BFHE 245, BStBl II 2015, 191) belegt, dass es nicht mit der Rabattrechtsprechung des Bundesfinanzhofs übereinstimme, einer engen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Dritten arbeitslohnbegründende Wirkung beizumessen. Nach Geserich (NWB 2015, 1610, 1617) ist bei der Feststellung, dass die Rabattgewährung eines Dritten durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers veranlasst, ohnehin Vorsicht geboten. Denn Üblicherweise habe der rabattgewährende Dritte keinen Grund, die Arbeitsleistung, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, zu entgelten.

Dass enge Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten für sich bereits einen Veranlassungszusammenhang zwischen der Leistung des Arbeitgebers und der Vorteilsgewährung durch den Dritten begründen sollen, liegt anscheinend die Ansicht zu Grunde, dass eine - im BMF-Schreiben ohne weitere Definition vorausgesetzte - enge Beziehung zwischen Drittem und Arbeitgeber per se die (unwiderlegliche) Vermutung auslöst, Zweck einer Vorteilsgewährung durch den Dritten an die Arbeitnehmer des Arbeitgebers sei es eigentlich, dem Arbeitgeber etwas zuzuwenden.

Eine solche Vermutung ist aber weder ausdrücklich gesetzlich geregelt noch kann sie der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, entnommen werden.

Sofern es ein Maß an Nähe der Beziehung zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber geben sollte, bei dessen Überschreiten es gerechtfertigt sein könnte, die Vorteilsgewährung durch den Dritten wie eine Vorteilsgewährung des Arbeitgebers selbst zu behandeln - mit der Folge, dass ein Veranlassungszusammenhang ohne weiteres zu bejahen wäre - wäre dieses Maß jedenfalls im Streitfall nicht erreicht. Die Verwandtschaft von Halbgeschwistern bzw. Stiefmutter und Stiefkindern muss nicht zwangsläufig eine enge Beziehung dieser Personen begründen. Ohne dass zusätzliche Umstände vorliegen, die belegen, dass zwischen Verwandten konkret eine so enge Beziehung besteht, dass einer dem anderen ohne rechtlich verbindliche Verpflichtung einen wirtschaftlichen Vorteil zuwendet - wie es die Entlohnung der Mitarbeiter des anderen sein könnte - kann die Verwandtschaft für sich den hier streitigen Veranlassungszusammenhang nicht begründen. Jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - festzustellen ist, dass der fragliche Vorteil mit wirtschaftlichem Eigeninteresse des Dritten gewährt wird. Solche zusätzlichen Umstände sind nicht ersichtlich oder dargetan. Eine Abwägung und Gewichtung etwaiger eigenwirtschaftlicher Interessen des Dritten gegenüber - hier nicht feststellbarer - anderen Interessen und gegebenenfalls die Feststellung eines Überwiegens der eigenwirtschaftlichen Interessen bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht, um einen Veranlassungszusammenhang auszuschließen (vgl. Geserich, NWB 2015, 1610 2015).

Die weiteren Umstände des Falles sind nicht geeignet, allein oder bei einer Zusammenschau aller Umstände den erforderlichen Veranlassungszusammenhang zwischen der Rabattgewährung und der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer der Klägerin zu begründen:

bb) Die Rabattgewährung beruhte auch - unstreitig - nicht auf dem Handeln der Klägerin. Es ist auch nicht festzustellen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Rabattgewährung Verpflichtungen gegenüber der KG übernommen hat. Die Klägerin haftet insbesondere gegenüber der KG nicht für die Kaufpreisverpflichtungen ihrer Mitarbeiter.

In eine Würdigung einzubeziehende Umstände liegen allerdings zum einen darin, dass die Klägerin bei der Lohnzahlung an ihre Mitarbeiter Geld in Höhe etwaiger Kaufpreisforderungen der KG einbehält und an die KG weiterleitet, und zum anderen darin, dass die Waren der KG an den Betrieb der Klägerin geliefert werden dürfen. Nach Umfang und Bedeutung dieser Umstände handelt es sich im Hinblick auf eine etwaige Veranlassung jedoch um nur unwesentliche Beiträge.

Dass die Klägerin es zulässt, dass die von den Mitarbeitern bestellten Waren an die Betriebstätte(n) der Klägerin geliefert und dort von den Mitarbeitern übernommen werden können, stellt keine wesentliche (aktive) Mitwirkung dar, sondern ist allenfalls die Duldung einer - zudem nur geringfügigen, unwesentlichen - Störung des Betriebsablaufs, die - worauf es für die Entscheidung allerdings nicht ankommt - nach Wahrnehmung des Gerichts einer weit verbreiteten Praxis in Unternehmen der Privatwirtschaft entspricht.

Dass die Klägerin die von ihren (aktiven) Mitarbeitern geschuldeten Kaufpreise auf der Grundlage von Käuferlisten, die ihr die KG zur Verfügung stellt, von deren monatlichen Lohnzahlungen abzieht und an die KG überweist, stellt hingegen eine echte Mitwirkung dar. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs reicht allerdings eine bloße Mitwirkung - hier gegebenenfalls eine Inkassotätigkeit - des Arbeitgebers an der Vorteilsgewährung durch den Dritten nicht aus, um den erforderlichen Veranlassungszusammenhang zur Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers zu begründen, sondern ist immer eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. Im vorliegenden Fall ist die festzustellende Mitwirkung von bloß untergeordneter Bedeutung. In Zeiten der Automatisierung kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Mitwirkung für die Klägerin mit mehr als einem nur geringen Aufwand und mit mehr als allenfalls marginalen Mehrkosten verbunden ist. Diese Mitwirkung der Klägerin bewirkt für ihre Arbeitnehmer allenfalls eine gewisse Bequemlichkeit, die aus deren Sicht ebenso im Lastschriftverfahren erreicht werden könnte. In dieser Mitwirkungshandlung kann weder selbst ein lohnsteuerrelevanter Vorteil für die Arbeitnehmer gesehen werden noch ist sie geeignet, die Rabattgewährung durch die KG dahingehend zu prägen, dass diese Rabattgewährung - deswegen und in Zusammenschau mit der Gesellschafterstruktur - in dem Arbeitsverhältnis der Klägerin zu ihren Mitarbeitern begründet ist und sich der Rabatt somit als Lohn für die Dienstleistung der Mitarbeiter darstellt. Dagegen steht im Übrigen auch bereits das unstreitige eigenwirtschaftliche Interesse der KG als Dritten.

Weitere Umstände, die dafür sprechen könnten, in dem Rabatt eine finale Gegenleistung für die Dienstleistungen der Mitarbeiter zu sehen, sind nicht gegeben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Entscheidung legt die Grundsätze der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Lohnsteuerpflicht für Rabattgewährung Dritter zu Grunde und wendet sich auf die Umstände des streitigen Einzelfalls an.

RechtsgebietEStG Vorschriften§ 2 Abs. 1 S. 1 EStG; § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG; § 37b Abs. 1 S. 1 EStG