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· Eilantrag im Saarland

Was gehört zum „täglichen Bedarf“? OVG setzt 2G-Regel im Einzelhandel generell außer Vollzug

| Was gehört zur Deckung des täglichen Bedarfs und was nicht? Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes hat einem Eilantrag saarländischer Fachmärkte für Elektronikartikel auf vorläufige Außervollzugsetzung der Zutrittsbeschränkung zu Einzelhandelsgeschäften nach der 2G-Regelung stattgegeben (1) (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.01.2022, Az. 2 B 295/21). Nach der Landesbestimmung ist nicht-immunisierten Personen der Zutritt unter anderem zu den Elektronikmärkten verwehrt. Die Entscheidung bedeutet, dass im Saarland bis auf Weiteres die 2G-Regelung im Einzelhandel generell nicht mehr anzuwenden ist.

Der Landesverordnung fehlen objektivierbare Kriterien

Nach der beanstandeten Vorschrift sind von der Zugangsbeschränkung Ladenlokale ausgenommen, deren Waren- oder Dienstleistungsangebot der Deckung des täglichen Bedarfes dient. Diese Formulierung wird durch eine nicht abschließende und nur beispielhafte Aufzählung von Ladengeschäften und Einrichtungen konkretisiert. Die einzelnen im Ausnahmekatalog genannten Ladenlokale und die amtlichen Ausführungen in der Begründung der Regelung lassen, so das OVG, den Schluss zu, dass der Begriff der Deckung des täglichen Bedarfs nicht alleiniges Abgrenzungsmerkmal für die Befreiung von der Zutrittsbeschränkung ist. Nach Auffassung des OVG verstößt diese Regelung gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit von Normen. Denn es bleibe unklar, nach welchen konkreten Kriterien sonstige Einzelhandelsbetriebe, die ebenfalls nicht grundbedarfsdeckend sind, von der Ausnahmeregelung erfasst werden sollen. Weder aus dem Ausnahmekatalog noch aus der amtlichen Begründung ergäben sich einheitliche, objektivierbare Kriterien für den erweiterten Geltungsbereich der Regelung. Es sei aber nicht Aufgabe der Gerichte, anstelle des Verordnungsgebers eigene Vorgaben festzulegen, die in der angegriffenen Regelung selbst keinen Ursprung hätten.

Uneinheitliche Vollzugspraxis öffnet Willkür Tür und Tor

Abgesehen davon ergeben sich nach Auffassung des zuständigen Senats weitere durchgreifende Bedenken im Hinblick auf die angegriffene Regelung, weil der Verordnungstext selbst keine Regelung enthalte, wie sogenannte Mischbetriebe einzuordnen seien. Lediglich in der amtlichen Begründung seien hierzu Ausführungen erfolgt. Demzufolge komme es letztlich auf den Gesamteindruck des Betriebes anhand einer ganzheitlichen Betrachtung individueller Natur an. Die konkrete Einordnung obliege dabei den zuständigen Behörden vor Ort. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts führe dies letztlich zu einer uneinheitlichen Vollzugspraxis.

 

Hygienekonzepte bleiben unangetastet

Schließlich betont der zuständige Senat, dass ungeachtet der vorläufigen Außervollzugsetzung der Zutrittsbeschränkungen nach der 2 G-Regelung im Einzelhandel generell die vom Verordnungsgeber beziehungsweise in einschlägigen Hygienekonzepten übergreifend vorgegebenen allgemeinen Maßnahmen und Vorkehrungen der Kontaktvermeidung zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Infektion mit dem SARS-CoV2-Virus immer eingehalten werden müssen.

 

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

 

(JT)

Quelle | PM 1/22 des OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.01.2022, Az. 2 B 295/21

 

[1] § 6 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) in der Fassung vom 13. Januar 2022 (Amtsblatt des Saarlandes Teil I vom 13.01.2022, Seite 14 f.

Quelle: ID 47952627