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· Equal-Pay-Grundsatz

Vorsicht bei Leiharbeitern: Die Abweichung vom Tariflohn im Arbeitsvertrag kann teuer werden

Bild: © psdesign1 - stock.adobe.com

|  Zeitarbeitsfirmen müssen ihre Leiharbeiter wie Stammbeschäftigte bezahlen, wenn sie sich mit ihren Arbeitsverträgen an die Tarifverträge der jeweiligen Unternehmen binden. Das nennt sich „Equal-Pay“ und steht im Arbeitsüberlassungsgesetz (AÜG). Im Rechtsstreit mit einem Leiharbeiter scheiterte ein Zeitarbeitsunternehmen, weil es einerseits Bezugsklauseln zur DGB-Tarifgemeinschaft, andererseits abweichende Regeln für den Lohn vorsah ( Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.10.2019 Az. 4 AZR 66/18 ).  |

Der Fall: Zeitarbeiter fordert Vergütung nach

  • Der Zeitarbeiter war kein Stammarbeitnehmer mit der Bezeichnung Coil-Carrier-Fahrer ‒ er war nur als Kraftfahrer bei der Zeitarbeitsfirma angestellt.
  • Coil-Carrier-Fahrer transportieren schwere Metall-/Drahtbänder.
  • Von April 2014 bis August 2015 arbeitete er als Coil-Carrier-Fahrer.
  • Sein Zeit-Arbeitsvertrag enthielt eine „dynamische Bezugnahmeklausel“ auf die Verträge der DGB-Tarifgemeinschaft, die mit dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) verhandelt worden war. Konkret sollte der Equal-Pay-Grundsatz gelten.
  • Im Arbeitsvertrag waren aber abweichende Bestimmungen bzgl. des Lohns enthalten ‒ eine Stundenvergütung von nur 11,25 Euro brutto.
  • Die als Coil-Carrier-Fahrer tätigen Stammarbeitnehmer erhielten nach den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie ein deutlich höheres Entgelt.

 

Mit der Klage verlangt der Fahrer die Differenz zwischen der gezahlten Vergütung und dem Entgelt, das Coil-Carrier-Fahrer beim Entleiher erhielten. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Einspruch gegen die Entscheidung hatte Erfolg

Das Gericht stellt fest: Der Arbeitsvertrag enthält Abweichungen von den tariflichen Bestimmungen, die nicht zugunsten des Arbeitnehmers wirken. Da das BAG nicht feststellen konnte, welche Differenzvergütung dem Kläger konkret zusteht, wurde die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Die Revision des Klägers also Erfolg. Der Kläger hat für den Zeitraum der Überlassung dem Grunde nach einen Anspruch auf Equal-Pay10 Abs. 4 Satz 1 AÜG aF [alte Fassung, die bis 31.03.2017 galt]).

 

Der Grund: Die Zeitarbeitsfirma hatte keine Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung (Equal-Pay) getroffen. Diese setzt eine vollständige Anwendung eines für die Arbeitnehmerüberlassung einschlägigen Tarifwerks voraus (§ 9 Nr. 2 AÜG aF [alte Fassung]).

 

Unwirksam sind Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen;

  • ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet;
  • im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren;
  • eine abweichende tarifliche Regelung gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.
 

Weiterführende Links

(JT mit PM 33/19, BAG)

Quelle: ID 46194234