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· Schuldenbarometer

Privatinsolvenzen steigen in Deutschland um 50 Prozent im ersten Halbjahr 2021

| Die Privatinsolvenzen in Deutschland sind im Halbjahr 2021 deutlich angestiegen. In den ersten sechs Monaten des Jahres gab es 57.992 private Insolvenzen und damit um 49,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2020: 38.695). So lauten die zentralen Ergebnisse aus dem „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2021“ des Informationsdienstleisters CRIF Bürgel. |

 

Nach zehn Jahren sinkender Fallzahlen steigen die Privatinsolvenzen 2021 wieder an: Im 1. Halbjahr 2021 gab es bereits mehr private Insolvenzen als im gesamten Jahr 2020 (56.324). Der Trend steigender Privatinsolvenzen setzte sich auch im Juli fort. Die Zahl stieg um 93 Prozent auf 8.835 Insolvenzen (Juli 2020: 4.572 Privatinsolvenzen).

Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr

„Derzeit gehen unsere Prognosen von bis zu 120.000 Privatinsolvenzen im Jahr 2021 aus. Damit würden sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln“, sagt CRIF-Bürgel-Geschäftsführer Dr. Frank Schlein. „Der starke Anstieg an Insolvenzen im ersten Halbjahr ist größtenteils darauf zurückzuführen, dass viele Privatpersonen letztes Jahr entsprechende Anträge auf eine Privatinsolvenz zurückgehalten haben. Die Betroffenen wollten von einer Gesetzesreform profitieren, nach der Verbraucher seit diesem Jahr nach drei statt wie bisher nach sechs Jahren von ihren Restschulden befreit werden“, erklärt Dr. Schlein. Die Verkürzung gilt rückwirkend auch für Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10 2020 beantragt wurden.

6,8 Mio. Menschen sind überschuldet

„Ab Mai sehen wir nun einen Anstieg, auch der unmittelbar von der Corona-Pandemie verursachten Insolvenzen. Diese Insolvenzwelle wird dann verstärkt ab dem 2. Halbjahr 2021 einsetzen und bis in das Jahr 2022 hineinreichen“, sagt Dr. Schlein. Die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie schnell unvorhersehbare externe Ereignisse Menschen unerwartet in eine finanzielle Schieflage bringen können. In Deutschland gelten circa 6,8 Millionen Bürger als überschuldet. Für viele dieser Personen kann ein Schock auf der Einkommensseite für ein erhöhtes Risiko einer Privatinsolvenz sorgen.

 

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind nicht nur für Beschäftigte im Niedriglohnbereich existenzbedrohend, sondern auch im mittleren Einkommensbereich, z.B. durch Kurzarbeit, deutlich spürbar. Zudem führt höhere Arbeitslosigkeit wieder zu mehr Privatinsolvenzen, da die betroffenen Verbraucher bei weiterhin hohen Kosten über weniger Geld verfügen. So bleibt den Menschen weniger Geld, um ihren Verpflichtungen wie Kreditzahlungen, Mieten oder Finanzierungen nachzukommen. Auf Dauer führt weniger Einkommen erst in die Überschuldung und dann in die Privatinsolvenz.

 

Viele Menschen, die in der Corona-Pandemie Einkommenseinbrüche z.B. durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit erlitten haben, haben versucht, durchzuhalten und eigenständig mit ihrer finanziellen Lage zurechtzukommen. Die finanziellen Reserven vieler Betroffener sind jedoch aufgebraucht.

Anteil von Soloselbstständigen und Honorarkräften steigt an

Auch der Anteil der ehemals Selbstständigen, die eine Privatinsolvenz anmelden müssen, steigt derzeit stark an. Soloselbstständige und Honorarkräfte aus unterschiedlichsten Branchen haben in der Pandemie von einem Tag auf den anderen nahezu ihr komplettes Einkommen verloren. In der Folge gingen die oft ohnehin geringen Einkünfte weiter zurück und das Ersparte war schnell aufgezehrt - Kredite, Ratenzahlungen oder Mieten können nun nicht mehr beglichen werden.

Privatinsolvenzen nach Bundesländern: Bremen, Hamburg und Niedersachsen führen das Insolvenzranking an

Bild: CRIF Bürgel GmbH

Bundesweit gab es im 1. Halbjahr 2021 68 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner. Die nördlichen Bundesländer sind dabei auch in den ersten sechs Monaten stärker von Privatinsolvenzen betroffen als der Süden Deutschlands. So führt Bremen die Statistik mit 135 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohnern an. Es folgen Hamburg mit 97 und Niedersachsen mit 94 Insolvenzfällen je 100.000 Einwohner. Am wenigsten Privatinsolvenzen verzeichneten im 1. Halbjahr 2021 Bayern (47 Fälle je 100.000 Einwohner), Baden-Württemberg (53) und Hessen (57).

 

Absolut gesehen stehen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (14.749), Niedersachsen (7.546) und Bayern (6.227) an der Spitze der Insolvenzstatistik.

Prozentuale Veränderungen: Anstiege in allen Bundesländern

 

Die Privatinsolvenzen sind in allen Bundesländern angestiegen. Allen voran Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg mit einem Plus an privaten Insolvenzen von 74,2 Prozent. Deutliche Anstiege gab es auch in Nordrhein-Westfalen (plus 67,1 Prozent), Thüringen (62,3 Prozent) und Berlin (plus 60 Prozent).

Privatinsolvenzen nach Alter: Deutliche Anstiege bei den älteren Bundesbürgern

Die Privatinsolvenzen sind im 1. Halbjahr 2021 über alle Altersgruppen hinweg angestiegen. Die größten Zuwächse gab es vor allem in der Altersgruppe der 31 bis 40-Jährigen (plus 55,3 Prozent). Aber auch immer mehr ältere Bundesbürger müssen derzeit eine Privatinsolvenz anmelden. In der Altersgruppe 61 Jahre und älter stiegen die Fallzahlen um 52,2 Prozent.

 

Beachten Sie | In Deutschland liegt die mittlere Schuldenhöhe derer, die Privatinsolvenz anmelden, bei etwas unter 15.000 Euro. Wer Privatinsolvenz anmeldet, muss also nicht zwingend hoch verschuldet sein müssen. Ein Großteil der Personen, die eine Privatinsolvenz anmelden, haben in der Gesamtsumme Schulden unter 10.000 Euro.

 

(JT)

 

Quelle: ots/ CRIF Bürgel GmbH

Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2021

Quelle: ID 47730657