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· Lohnfortzahlung/Entschädigung

Entschädigung bei angeordneter 14-tägiger Quarantäne ‒ wer kommt dafür auf?

Bild: Ramona Heim

| Wer sich aufgrund staatlicher Anordnung in häuslicher Quarantäne aufhalten muss, kann von dort aus häufig nicht für seinen Arbeitgeber weiter tätig sein. Aber wer kommt dann für den Verdienstausfall auf? Mit dieser Frage hat sich das Verwaltungsgericht Koblenz in zwei Urteilen befasst und die Klage des Arbeitgebers jeweils abgewiesen: Demnach erhält ein Arbeitgeber keine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, wenn sein Arbeitnehmer während einer 14-tägigen häuslichen Quarantäne gegen ihn einen Lohnfortzahlungsanspruch hat (VG Koblenz, Urteile vom 10.05.2021, Az. 3 K 107/21.KO und 3 K 108/21.KO). |

 

Arbeitgeber verlangte vom Land Entschädigung für den gesamten Zeitraum der 14-tägigen Quarantäne

Aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Anordnung befanden sich zwei ansteckungsverdächtige Mitarbeiterinnen des Arbeitgebers (Kläger) in häuslicher Quarantäne. In der Folge beantragte der Arbeitgeber beim Land Rheinland-Pfalz die Erstattung von Entschädigungszahlungen, die er während der Zeit der Quarantäne an die Mitarbeiterinnen für deren Verdienstausfall geleistet hatte sowie von Sozialversicherungsbeiträgen. Das Land gewährte lediglich für die Zeit ab dem sechsten Tag der Quarantäne eine Erstattung mit dem Hinweis, die Arbeitnehmerinnen hätten gegenüber dem Arbeitgeber für die ersten fünf Tage der Quarantäne einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

 

Nach Auffassung des Arbeitgebers könne bei einer Quarantänedauer von mehr als fünf Tagen jedoch nicht mehr, wie § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorsehe, von einer „Verhinderung für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ gesprochen werden. Dauere die Verhinderung demnach eine erhebliche Zeit, so entfalle der Lohnfortzahlungsanspruch insgesamt, d. h. auch für den „nicht erheblichen Zeitraum“ („Alles-oder-Nichts-Prinzip“).

 

VG Koblenz: 14 Tage Quarantäne fallen noch unter „nicht erhebliche Zeit“

Dieser Argumentation folgte das Verwaltungsgericht jedoch nicht. Die quarantänebedingt eingetretene Dauer der Arbeitsverhinderung der Arbeitnehmerinnen von sechs bzw. vierzehn Tagen stelle noch eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit dar. Für die Beurteilung sei in erster Linie das Verhältnis zwischen der Dauer des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses und der Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich. Dabei sei bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr grundsätzlich eine höchstens vierzehn Tage andauernde Arbeitsverhinderung infolge einer angeordneten Quarantäne noch als nicht erhebliche Zeit anzusehen.

 

Zwar habe ein Arbeitgeber, der im Falle der Quarantäne seines Arbeitnehmers Lohnfortzahlungen und Sozialversicherungsbeiträge leiste, nach dem Infektionsschutzgesetz einen Anspruch auf Erstattung dieser Leistungen. Dieser scheide jedoch aus, wenn dem Arbeitnehmer trotz seiner Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit gegen seinen Arbeitgeber ein Lohnfortzahlungsanspruch zusteht, was hier gegeben war.

 

Auch bedürfe dieses Ergebnis im zu entscheidenden Fall nicht aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten einer Korrektur. Denn das Risiko, während einer höchstens 14-tägigen Quarantäne des Arbeitnehmers bei einem mindestens ein Jahr andauernden Beschäftigungsverhältnis den Lohn für zwei Wochen weiterzahlen zu müssen, sei für den Arbeitgeber grundsätzlich kalkulierbar.

 

FAZIT | Da es sich um eine grundsätzliche Rechtsfrage handelt, hat das VG Koblenz jeweils das Einlegen einer Berufung zugelassen. Es besteht also möglicherweise noch Aussicht auf eine für Arbeitgeber günstigere Rechtsprechung. Arbeitnehmern indes kann es egal sein: Sie müssen sich während der Quarantäne keine Sorgen um ihre Bezahlung machen. Denn nach dem Infektionsschutzgesetz erstattet die Behörde, die die Quarantäne verhängt hat, bis zu sechs Wochen den vollen Lohnausfall.

  

(Ke)

 

Quellen

  • PM Nr. 19/21 des VG Koblenz vom 01.06.2021: Kein Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers im Falle einer vierzehntägigen Quarantäneanordnung seines ansteckungsverdächtigen Arbeitnehmers
Quelle: ID 47469139