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· Diskriminierung

Auch bei einer Bewerbung über ein Internetportal gelten die Regeln des AGG

Bild: IWW

| Wer eine Stellenanzeige aufgibt, muss sich an die Diskriminierungsverbote des AGG halten. Andernfall können abgelehnte Bewerber oder Bewerberinnen Schadenersatz verlangen. Diese Regeln gelten auch, wenn sich der Bewerber auf eine Stellenanzeige bei „Ebay-Kleinanzeigen“ über die Chat-Funktion bewirbt. Auch dann genießt er den Status eines Bewerbers. Es ist nicht erforderlich, dass er weitere Unterlagen einreicht. |

 

Dies entschied das LAG Schleswig-Holstein und änderte die vorherige Entscheidung des Arbeitsgerichts Elmshorn ab. Das Arbeitsgericht hatte dem Kläger noch den Bewerberstatus abgesprochen und ihm damit eine Entschädigung versagt.

 

In dem Fall hatte sich der in NRW wohnende Kläger auf die in Ebay-Kleinanzeigen veröffentliche Stellenanzeige des Unternehmens beworben. Hier hieß es: „Sekretärin gesucht! Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort. Vollzeit/Teilzeit Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …“

 

Der Kläger antwortete dem Unternehmen über die Chat-Funktion u. a. mit folgenden Worten: „Hallo, ich habe gerade auf Ebay Kleinanzeigen Ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die sie fordern. Ich bewerbe mich hiermit auf Ihre Stelle. …“

 

Das Unternehmen antwortete mit folgenden Worten: „…vielen Dank für Ihr Interesse in unserem Hause. Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute. Vielen Dank. …“ Der Kläger machte eine Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern geltend.

 

Das LAG hält den für die Geltendmachung von Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG erforderlichen Bewerberstatus für gegeben. Wer eine Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen veröffentliche, müsse damit rechnen, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich mit Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers werde gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers müsse identifizierbar sein. Die Bewerbung sei nicht rechtsmissbräuchlich. An eine solche Annahme würden hohe Anforderungen gestellt: Es müssten besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigten. Das hier Vorgetragene reiche dafür nicht aus.

 

Für das Unternehmen wurd die Sache damit teuer. Das Gericht rechnete vor, dass im Hamburger Umland ‒ wo das Unternehmen ansässig war ‒ nach den Stellenangeboten für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.700 EUR zu zahlen sei. Der Schadenersatzanspruch des Bewerbers sei daher in Höhe von EUR 7.800 EUR (drei Gehälter je 2.600 EUR) gerechtfertigt.

 

Quelle |

  •  LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.6.22, 2 Sa 21/22
Quelle: ID 48588079