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Keine 0180-Nummer in der Widerrufsbelehrung

Bild: © fotomek - stock.adobe.com

von Martin Rätze, Diplom-Wirtschaftsjurist, Kanzlei Wienke & Becker, Köln

| Aktuell liegt die Frage, ob ein Unternehmer in der Widerrufsbelehrung überhaupt eine Telefonnummer angeben muss, beim EuGH zur Entscheidung. Wird aber eine angegeben, darf dies keine teure 0180-Nummer sein, entschied das OLG Hamburg (3.5.19, 5 U 48/15). |

Wettbewerbszentrale klagt an

Unternehmen dürfen kein Entgelt dafür verlangen, wenn der Verbraucher für Fragen oder Erklärungen zu einem geschlossenen Vertrag eine Rufnummer anruft, sofern dieses Entgelt das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigt. Dies bestimmt § 312a Abs. 5 BGB.

 

Viele Online-Händler nutzen 0180-Nummern, bei denen der Verbraucher nicht nur die normalen Telefongebühren bezahlt, sondern ein höheres Entgelt. In der Regel wird dieses höhere Entgelt dann als Gewinn zwischen dem Telekommunikationsanbieter und dem Online-Händler geteilt.

 

Im Fall des OLG Hamburg hatte ein Online-Händler in seiner Widerrufsbelehrung eine 01805-Nummer angegeben. Bei einem Anruf bei dieser Nummer fallen 14 Cent/min aus dem Festnetz bzw. maximal 42 Cent/min aus dem Mobilfunknetz an. Die Wettbewerbszentrale ging dagegen vor. Sie war der Meinung, eine solche Telefonnummer, die Zusatzkosten beim Verbraucher verursacht, darf in der Widerrufsbelehrung nicht angegeben werden.

LG Hamburg hatte keine Bedenken

In erster Instanz (LG Hamburg 3.11.15, 312 O 21/15) unterlag die Wettbewerbszentrale noch. Im europäischen Recht wird der Begriff des Grundtarifs verwendet. Ein Anruf bei einer Telefonnummer für Erklärungen oder Fragen zu einem bestehenden Vertrag darf nicht mehr als der Grundtarif kosten (Art. 21 VRRL). Der Begriff des Grundtarifs ist aber nicht näher definiert. Das LG Hamburg entschied daher in erster Instanz, dass der Begriff „Grundtarif“ auch so verstanden werden könne, dass der Verbraucher nur die für den Kommunikationsdienstleister entstandenen Kosten bezahlen müsse. Das Gericht stufte auch die Kosten für einen Anruf bei einer 01805-Nummer als nicht zu hoch ein, sodass ein Verbraucher durch die Angabe dieser Nummer nicht von der Geltendmachung seines Widerrufsrechtes abgehalten werde. Außerdem könne der Verbraucher noch die anderen angegebenen Kontaktwege, wie z.B. E-Mail, kostenlos nutzen, um den Widerruf zu erklären.

OLG Hamburg richtet sich am EuGH aus

Dieser Ansicht folgte das OLG Hamburg nicht. Nachdem das LG Hamburg sein Urteil verkündete, musste sich der EuGH mit einer ähnlichen Frage beschäftigen. Dabei ging es um die Angabe einer kostenpflichtigen Service-Nummer im Rahmen des Impressums.

 

Der EuGH (2.3.17, C-568/15) entschied dazu, dass nur solche Kosten anfallen dürfen, die beim Anruf bei einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilnummer anfallen. Die Antwort des EuGH auf die Frage, was der Grundtarif sein soll, lautete damals: „Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass der Begriff „Grundtarif“ in Art. 21 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass die Kosten eines auf einen geschlossenen Vertrag bezogenen Anrufs unter einer von einem Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen. Soweit diese Grenze beachtet wird, ist es unerheblich, ob der betreffende Unternehmer mit dieser Service-Rufnummer Gewinne erzielt.“

 

Das OLG Hamburg legte diese Antwort nun auch seiner Entscheidung zu Grunde.

Kein Grundtarif mehr bei 0180-Nummern

Die Angabe einer kostenpflichtigen 01805-Nummer verstoße in jedem Fall gegen § 3a UWG i.V. mit § 312a Abs. 5 BGB. Zwar gebe es keinen „allgemeinen Grundtarif“, nach der Antwort des EuGH sei aber maßgeblich, dass Anrufe bei 01805-Nummern teurer sind als bei „normalen Rufnummern“. Damit würde der Grundtarif überschritten, was ein Verstoß gegen § 312a Abs. 5 BGB darstellt.

 

PRAXISTIPP | Bis zu einer endgültigen Klärung, ob in der Widerrufsbelehrung überhaupt eine Telefonnummer anzugeben ist, sollten Online-Händler eine Nummer in der Belehrung vorsehen. Ein Anruf bei dieser Nummer darf aber keine Kosten verursachen, die über einem Anruf bei einer normalen Festnetz- bzw. Mobilnummer liegen. Es dürfen also keine 0180-, 0900-, 0137-, 0700- oder ähnliche Nummern verwendet werden. Gleiches gilt auch für andere Nummern, über die der Verbraucher Angelegenheiten zu einem bestehenden Vertrag klären kann, wie z.B. die Geltendmachung einer Garantie, Supportanfragen zur Funktionsweise des gekauften Produktes, Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen oder anderer Rechte.

 

Als Bestellhotline darf dagegen durchaus eine kostenpflichtige Hotline verwendet werden. Diese muss dann entsprechend mit dem deutlichen Hinweis gekennzeichnet werden, dass darüber ausschließlich Bestellungen abgegeben werden können.

Quelle: ID 46044260