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  • · Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

    Die 10 größten Stolpersteine für Kfz-Händler im Wettbewerbsrecht sicher umgehen!

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Christian Volkmann, merleker mielke Rechtsanwälte * Notare, Berlin

    | Abmahn-Profis haben leichtes Spiel. Das Internet liefert ihnen die Wettbewerbsverstöße von Autohäusern und Kfz-Betrieben frei Haus. Auch wenn die Vorwürfe nicht immer berechtigt sind, gilt: Es ist kostengünstiger, Wettbewerbsverstöße von Anfang an zu vermeiden statt sich mit anwaltlicher Hilfe gegen den Vorwurf zu wehren, einen solchen begangen zu haben. Zehn Bereiche haben sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert, in denen die Stolpersteine massenhaft herumliegen. Erfahren Sie, welche Bereiche das sind, und wie Sie die Stolpersteine sicher umgehen. |

     

    Checkliste / Zehn Stolpersteine im Wettbewerbsrecht

    Stolpersteine
    Weiterführende Hinweise
    • 1. Das Impressum ist unvollständig

    Ein Dauerbrenner bei Abmahnungen sind unvollständige, fehlerhafte und fehlende Angaben im Impressum auf den Websites von Autohändlern.

     

    Praxishinweis | Diese Verstöße lassen sich mit einem Blick in § 5 Telemediengesetz vermeiden:

     

    • Die wichtigsten Angaben sind
      • der Name und die Anschrift, unter der der Händler niedergelassen ist, bei juristischen Personen (z. B. GmbH oder UG) zusätzlich die Rechtsform und der Vertretungsberechtigte (d. h. der Geschäftsführer),
      • die Emailadresse.
    • Wenn der Händler im Handelsregister eingetragen ist, müssen ferner das Handelsregister (z. B. Amtsgericht Charlottenburg) und die HRB-Nummer angegeben werden.
    • Häufig vergessen wird die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Diese Nummer ist nicht zu verwechseln mit der gewöhnlichen Steuernummer. Die sollte im Impressum nicht angegeben werden.

    § 5 Telemediengesetz

    • 2. Der Rechtsformzusatz fehlt

    Zur Anbieterkennzeichnung gehört nach Ansicht des BGH auch die Rechtsform (z. B. GmbH, OHG, KG, GbR, e.K., UG) eines Unternehmens. Das gilt für jedwede Kommunikation, also nicht nur für das Impressum im Internet. Die Rechtsform müssen Sie auch bei anderen Angaben auf Ihrer Website und in Zeitungsanzeigen hinzufügen.

     

    Praxishinweis | In Zeitungsanzeigen ist meist wenig Platz. Zusätze wie „GmbH & Co. KG“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ werden daher oft als Platzverschwendung gesehen. Das sollten Sie nicht tun: Die Zusätze sind zwingend erforderlich. Verstöße können von Wettbewerbern und Verbänden leicht recherchiert und damit ohne großen Aufwand abgemahnt werden.

    BGH, Urteil vom 18.4.2013, Az. I ZR 180/12, Abruf-Nr. 133160

    Stolpersteine
    Weiterführende Hinweise
    • 3. Angaben nach der Pkw-EnVKV fehlen

    Verstöße gegen die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) bei der Bewerbung und dem Verkauf von neuen Pkw (gilt auch für Tageszulassungen mit bis zu 1.000 km) sind seit Jahren Alltag bei den deutschen Gerichten. Die Anforderungen sind streng und werden gerade in der elektronischen Kommunikation sträflich vernachlässigt.

     

    Praxishinweis | Oft ist Kfz-Händlern gar nicht bewusst, dass sie die Pkw-EnVKV beachten müssen: So sind z. B. die Angaben nach der Pkw-EnVKV auch erforderlich, wenn sie auf Facebook über die Auslieferung eines neuen Sportwagens an einen Kunden berichten.

    Beitrag „Die geänderte Pkw-EnVKV beschert Autohäusern ab sofort eine Menge Arbeit“, ASR 12/2011, Seite 15

     

    Beitrag „Die Pkw-EnVKV gilt auch für „Tageszulassungen“, ASR 10/2014, Seite 4

    • 4. Angaben zur Garantieverkürzung fehlen

    Die Herstellergarantie ist für Verbraucher oft ein entscheidendes Kriterium für den Kauf eines Neuwagens. Über eine Verkürzung der Laufzeit muss ein Verbraucher daher informiert werden. Insbesondere bei Tageszulassungen finden sich in den Angeboten mancher Händler häufig unzureichende Angaben.

     

    Wichtig | Die Herstellergarantie für ein Fahrzeug beginnt mit dem Tag der Zulassung. Bei Tageszulassungen beginnt sie demnach bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem der Endverbraucher das Fahrzeug noch gar nicht hat. Er kauft das Fahrzeug mit einer verkürzten Garantie. Der fehlende Hinweis auf die verkürzte Garantie ist in zweierlei Hinsicht riskant: Er kann

    • einen Mangel des Fahrzeugs darstellen, der den Käufer zum Rücktritt berechtigt, und
    • eine Irreführung, die eine Abmahnung nach sich ziehen kann.

     

    Praxishinweis | Geben Sie jede Garantieverkürzung um mehr als zwei Wochen an. Der BGH fordert dies (BGH, Urteil vom 15.7.1999, Az. I ZR 44/97, Abruf-Nr. 99915 - EU-Neuwagen I und BGH, Urteil vom 19.8.1999, Az. I ZR 225/09 - EU-Neuwagen II). Formulieren Sie den Hinweis auf die Verkürzung klar. Zum Beispiel: „Die zweijährige Herstellergarantie läuft seit der Erstzulassung des Fahrzeugs am 19.4.2016“. Ein Hinweis etwa in der Form, dass die „Herstellergarantie bereits aktiv sein kann“, reicht nicht aus.

    Beitrag „Fabrikneu - neu - gebraucht im Kfz-Handel: So behalten Sie im Begriffsgewirr den Überblick“, ASR 6/2014, Seite 10.

     

    Beitrag „Standzeit bei ‚EU-Importfahrzeug mit Tageszulassung‘“, ASR 12/2014, Seite 3

    • 5. Fahrzeug (nicht) sofort verfügbar

    Kaum ein Kfz-Händler hält heutzutage sämtliche Fahrzeuge, die er bundesweit im Internet anbietet, an seinem Standort bereit und kann sie sofort an einen potenziellen Käufer übergeben. Die Fahrzeuge befinden sich zum Teil bei Schwesternunternehmen, in Lagern oder werden erst bei einer Bestellung des Kunden beschafft.

     

    Gleichwohl werden Fahrzeuge in den Autobörsen häufig mit „sofort verfügbar“ beworben. Sind sie dann nicht sofort verfügbar, ist eine solche Werbung irreführend.

     

    Praxishinweise |

    • Wer das Fahrzeug erst beschaffen muss, sollte nicht mit „sofort verfügbar“ werben.
    • Nicht abschließend geklärt ist, ob Ihnen als Händler eine Frist einzuräumen ist, innerhalb der Sie das Fahrzeug an Ihrem Standort haben müssen, wenn Sie mit „sofort verfügbarp“ werben. Denkbar wäre es - zumindest bei Online-Angeboten in Anlehnung an den Kodex für den Fahrzeughandel im Internet -, Ihnen bis zu 24 Stunden Zeit zu geben, bis das Fahrzeug am Standort zu stehen hat. Solange sich die Gerichte mit dieser Frage aber noch nicht beschäftigt haben, ist hier Vorsicht geboten.
    Stolpersteine
    Weiterführende Hinweise
    • 6. Lockvogelangebote

    Immer häufiger bewerben Händler besonders günstige Fahrzeuge über die Internet-Autobörsen, die sie aber tatsächlich nicht anbieten bzw. den jeweiligen Interessenten im späteren Verkaufsgespräch mit überlangen Lieferzeiten abschrecken.

    Wichtig | Grundsätzlich gilt: Wer ein Fahrzeug zu einem bestimmten Preis anbietet, muss es auch verkaufen können und wollen. Irreführend ist ein Angebot, wenn der Interessent über die vorderen Plätze bei mobile.de und Autoscout24 nur angelockt und ihm dann ein ähnliches Fahrzeug zu einem deutlich höheren Preis angeboten wird, das nur auf den hinteren Plätzen im Preisranking der Börsen gelandet wäre. Ein solches Angebot kann abgemahnt werden.

    • 7. Sonderpreise gelten nur für bestimmte Personen oder Gruppen

    Sonderpreise für Führerscheinneulinge, Fahrzeugwechsler, Schwerbehinderte oder Gewerbetreibende sind ebenfalls als Lockvogelangebote einzustufen. Derartige Angebote finden sich häufig im Internet. Der Händler gibt hier in seinem Angebot nur den für eine eingeschränkte Personengruppe geringeren Endpreis an. Alle, die nicht zu diesem Personenkreis gehören, müssen einen höheren Preis zahlen. Der höhere Preis findet sich dann häufig erst in der Fahrzeugbeschreibung, d. h. der Verbraucher, der sich für ein solches Angebot interessiert, ist durch den (nur) auf den ersten Blick günstigen Preis erst einmal angelockt.

     

    Wichtig | Eine solche Werbung ist irreführend. Sie kann zudem unlauter sein wegen „unzumutbarer Belästigung“ nach § 7 UWG. Denn wer im Internet als Nichtzugehöriger zu einer solchen Personengruppe gezielt ein Fahrzeug zu einem bestimmten Höchstpreis sucht, wird mit dem Angebot belästigt, wenn ihm dieses Angebot als im Rahmen des Höchstpreises angezeigt wird, er aber am Ende einen höheren Preis zahlen muss.

    § 7 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)

    • 8. Angaben zur Finanzierung fehlen

    Wer mit einer Finanzierung wirbt, muss zahlreiche Angaben machen nach § 6a Preisangabenverordnung. Danach sind „klar, verständlich und auffallend“ anzugeben

    • der Sollzinssatz,
    • der Nettodarlehensbetrag,
    • der effektive Jahreszins,
    • die Vertragslaufzeit,
    • bei Teilzahlungsgeschäften die Sache oder Dienstleistung, der Barzahlungspreis sowie der Betrag der Anzahlung,
    • ggf. der Gesamtbetrag und der Betrag der Teilzahlungen.

     

    Wichtig | Diese Angaben müssen Händler sogar dann machen, wenn es sich um eine 0%-Finanzierung handelt. Ferner muss der Händler seine Angaben mit einer Beispielrechnung versehen.

    § 6a Preisangabenverordnung

    • 9. AGB sind unwirksam

    Unwirksame AGB sind nicht nur unwirksam. Sie stellen auch einen Wettbewerbsverstoß dar. Die Verstöße sind vielfältig. Am häufigsten anzutreffen sind unzulässige Gewährleistungsausschlüsse oder -beschränkungen gegenüber Verbrauchern (z. B. eine Verkürzung der Gewährleistung bei Neuwagen auf ein Jahr), einseitige Rücktrittsvorbehalte des Händlers bei Fahrzeugbestellungen oder unzulässige Haftungsbeschränkungen.

     

    Wichtig | AGB-Verstöße sind für Wettbewerber und Verbände leicht zu recherchieren. Es genügt oft ein kurzer Blick auf die im Internet abrufbaren Klauseln. Händler, die ihre (unwirksamen) AGB im Internet bereithalten, gehen daher ein besonders hohes Risiko ein.

    Stolpersteine
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    • 10. Angaben zu Überführungs- und Auslieferungskosten fehlen

    § 1 Abs. 1 S. 1 PreisAngV fordert, dass Sie gegenüber Verbrauchern den Endpreis angeben. Das ist der Preis einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile. Sonstige Preisbestandteile sind dabei alle Preise und Kosten, die ein Kfz-Händler in die Kalkulation seiner Endpreise einbezieht.

     

    • Als abmahnanfällig erweist sich in der Praxis oft die fehlende Angabe der Überführungskosten. Als Kfz-Händler müssen Sie die Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zu Ihnen in den Endpreis aufnehmen. Gesondert dürfen Sie Überführungskosten nur dann angeben, wenn Sie Ihrem Kunden die Wahl zwischen Selbstabholung und Überführung überlassen.

     

    • Praxishinweis | Die genannten Grundsätze sollten Sie trotz des Vorlagebeschlusses des BGH (Beschluss vom 18.9.2014, Az. I ZR 201/12, Abruf-Nr. 172483) an den EuGH (Rs. C-476/14) beachten. Darin fragt der BGH, ob diese seit Jahren geltenden Grundsätze mit dem Europäischen Recht vereinbar sind. Solange die Frage nicht beantwortet ist, entscheiden die deutschen Gerichte nach deutschem Recht. So hat das OLG Nürnberg (Urteil vom 19.5.2015, Az. 3 U 578/15, Abruf-Nr. 144985) entschieden, dass obligatorische Überführungskosten im Endpreis auszuweisen sind. Ein Hinweis auf diese Kosten in der Fahrzeugbeschreibung bei mobile.de oder Autoscout24 reicht nicht.
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    • Ungeklärt ist, ob die Nichtangabe weiterer - mehr oder weniger obligatorischer - Kosten abmahnfähig ist. Manche Händler berechnen ihren Kunden eine Erstreinigung, andere sogar das Entfernen der Folie bei Neufahrzeugen.
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    • Praxishinweis | Hier wird man wohl auf die üblichen Erwartungen des Verbrauchers abstellen müssen: Und die dürften davon ausgehen, dass derartige Leistungen im Preis enthalten sind. Werden sie zusätzlich verlangt und nicht angegeben, besteht ein hohes Abmahnrisiko für den Händler.

    § 1 Preisangabenverordnung

     

     

    Abgemahnt - was dann?

    Viele Autohändler handhaben Abmahnungen und Unterlassungserklärungen, die sie erhalten, nicht mit der eigentlich erforderlichen Sorgfalt. Sie wollen Aufwand und Kosten vermeiden. Damit verpassen sie die Möglichkeit, sich gegen unseriöse Abmahner erfolgreich zu wehren, und gehen darüber hinaus auch Risiken ein, die existenzbedrohend sein können.

     

    PRAXISHINWEIS | Lesen Sie den Beitrag „Abgemahnt: So gehen Sie in der Praxis richtig vor“ in ASR 4/2015, Seite 17. Dann wissen Sie, was Sie im Abmahnfall tun (und lassen) sollten.

     

    Angebot zum Erfahrungsaustausch: Jede Abmahnung tut weh - und Schadenfreude darüber, dass es einen (seriösen) Wettbewerber erwischt hat, ist fehl am Platz. Schon morgen können Sie selbst Opfer eines Abmahn-Profis werden. Tauschen Sie daher über ASR Ihre Erfahrungen untereinander aus. Schreiben Sie an asr@iww.de. ASR wird darüber in anonymisierter Form auf asr.iww.de berichten. So werden Abmahnwellen schneller erkannt, und Abwehrstrategien können erarbeitet werden.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2016 | Seite 17 | ID 43583779