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  • · Fachbeitrag · Innergemeinschaftlicher Handel

    Strenge Anforderungen an die Belegbuchführung für ein EU-Geschäft

    von Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent, Lehrbeauftragter und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Dortmund

    | Im „Drang der Geschäfte“ schleichen sich auch schon einmal Nachlässigkeiten und Ungenauigkeiten bei der Aktenführung ein. So mancher Kfz-Händler nimmt das hin, weil der Umsatz „stimmt“. Das kann teuer werden! Eine penible Aktenführung ist entscheidend für den Vertrauensschutz, wie die Rechtsprechung immer wieder feststellt. So hat das FG München einem Händler den Vertrauensschutz versagt, weil mit den vorgelegten Belegen der Anschein einer Abhollieferung erzeugt, tatsächlich aber eine Versendungslieferung durchgeführt wurde. |

    Falsche Belege

    Das FG hatte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

     

    Eine GmbH (G), deren Tätigkeit u. a. der Im- und Export von und der Handel mit Waren aller Art ist, verkaufte Kraftfahrzeuge an einen slowakischen Unternehmenskunden (SK). Der Transport der Fahrzeuge erfolgte vereinbarungsgemäß nach Ungarn an dort ansässige Autohäuser (H). G behandelte die Lieferungen als steuerfreie EU-Geschäfte. Nach der Belegbuchhaltung wurden die Fahrzeuge von SK abgeholt und direkt nach Ungarn gebracht (sog. Beförderungslieferung).

     

    • Bei einer multilateralen Prüfung der deutschen, ungarischen und slowakischen Finanzverwaltungen stellte sich heraus, dass SK eine Scheinfirma war. Am statuarischen Sitz hatte SK keine eigenen Geschäftsräume und übte dort zu keinem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Bei der slowakischen Anschrift des SK handelte es sich um die Anschrift eines Buchhaltungsbüros, das lediglich Post entgegengenommen und diese nach Ungarn weitergeleitet hat.

     

    • Ferner ergab die Prüfung, dass der Transport nicht von SK selbst, sondern von einer ungarischen Spedition übernommen wurde (sog. Versendungslieferung).

    Keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung

    Die deutsche Finanzverwaltung versagte G die Steuerbefreiung aufgrund der inhaltlich fehlerhaften Belege.

     

    Die Klage von G hatte keinen Erfolg. Das FG München (Urteil vom 10.10.2018, Az. 3 K 1983/17, Abruf-Nr. 208412) bestätigte die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Endgültig entscheiden wird den Fall der BFH. Dort ist die Revision anhängig (Az. V R 38/18).

     

    Prüfungsreihenfolge

    Bei seiner Prüfung, ob eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, ging das FG ‒ der BFH-Rechtsprechung entsprechend ‒ nach folgendem Schema vor:

     

    Belegnachweis erfordert die „richtigen“ Belege

    Für den Belegnachweis nach § 17a UStDV muss zwischen einer Beförderung und einer Versendung des Liefergegenstands durch den Veräußerer oder dem Abnehmer unterschieden werden. Denn hierfür finden sich in Abs. 2 und Abs. 4 dieser Regelung unterschiedliche Beleganforderungen. Insoweit maßgebend ist die Person desjenigen, der den Transportakt tatsächlich vollzieht:

     

    • Eine Beförderungslieferung setzt voraus, dass der liefernde Unternehmer, der Abnehmer oder ein unselbstständiger Erfüllungsgehilfe den Gegenstand der Lieferung befördert (Abschn. 3.12. Abs. 2 UStAE).

     

      • Beispiele
      • Der Kfz-Händler (Lieferant) oder der Kunde transportieren das Fahrzeug auf einem eigenen Lkw zum Kunden.
      • Dabei brauchen die beteiligten Unternehmer nicht persönlich tätig zu werden. Der Einsatz eines Arbeitnehmers (= Erfüllungsgehilfe; unselbstständiger Beauftragter) reicht aus.
      •  
      • Eine Beförderung liegt auch vor, wenn der Gegenstand der Lieferung aus eigener Kraft fortbewegt wird, z. B. bei Kraftfahrzeugen auf eigener Achse (Abschn. 3.12. Abs. 2 S. 2 UStAE).
       
    •  
    • Eine Versendungslieferung setzt voraus, dass der Transport von einem selbstständigen Beauftragten ausgeführt oder besorgt wird (Abschn. 3.12. Abs. 2 UStAE).

     

      • Beispiele
      • Weder der Kfz-Händler (Lieferant) noch der Kunde haben einen eigenen Lkw. Einer der beiden beauftragt daher einen Frachtführer (= selbstständiger Beauftragter).
      •  
      • Wie vorher; einer der Beteiligten beauftragt einen Spediteur (= Geschäftsbesorger).
       

    Im Urteilsfall fehlt es nach Auffassung des FG an einer eindeutigen und leichten Nachprüfbarkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 2 UStDV, weil mit den vorgelegten Belegen der Anschein einer Beförderungslieferung erzeugt wird, tatsächlich aber eine Versendungslieferung durchgeführt wurde.

     

    PRAXISTIPP | Achten Sie bitte unbedingt darauf, dass die von Ihnen abgelegten Belege mit dem Ihnen bekannten Sachverhalt übereinstimmen.

     

    Zumindest Verstoß gegen Sorgfaltspflichten

    Selbst wenn man von einem formell ordnungsgemäßen Buch- und Belegnachweis ausginge, so könnte sich G nach Auffassung des FG nicht auf einen guten Glauben nach § 6a Abs. 4 UStG berufen, weil sie die Unrichtigkeit der Angaben des SK bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte erkennen können (§ 347 HGB).

     

    Wichtig I Dabei ist der jeweilige Berufs- und Gewerbezweig zu berücksichtigen. Insoweit geht hier zulasten von G, dass sie vorwiegend in der Kfz-Branche tätig war und regelmäßige Geschäftskontakte nach Ungarn pflegte.

     

    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 7 | ID 45876924