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  • 03.03.2021 · IWW-Abrufnummer 220898

    Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 24.02.2021 – 4 U 274/19

    1. Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich nicht daraus, dass sich ein Fahrzeugkäufer die Entscheidung offenhalten möchte, ob er entweder das Fahrzeug zurückgibt und den Kaufpreis zurückfordert oder das Fahrzeug behält und einen Minderwert als Schadensersatz geltend macht. Auch eine nur theoretisch drohende nachforderung von Kraftfahrzeugsteuer und die Besorgnis von Rechtsverfolgungskosten im Anschluss an eine etwa drohende Stilllegungsverfügung begründen kein Feststellungsinteresse.

    2. Der Einbau einer Motoraufwärmfunktion, die auf den Prüfstand zugeschnitten ist und im realen Straßenbetrieb nur in so seltenen Ausnahmefällen wirkt, dass nicht angenommen werden kann, sie solle dort überhaupt eine echte schadstoffmindernde Wirkung haben, ist ersichtlich auf die Manipulation der auf dem Prüfstand ermittelten Wert angelegt. Sie kann als unzulässige Abschalteinrichtung, über deren Vorliegen das Kraftfahrtbundesamt getäuscht wurde, eine sittenwidrige Schädigung des Fahrzeugkäufers begründen.

    3. Prozesszinsen sind bei fortlaufend ansteigendem Nutzungsersatz, der im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen ist und den Kaufpreiserstattungsanspruch vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht kontinuierlich vermindert, nicht aus dem letztlich in der Hauptsache zuerkannten Betrag zuzusprechen. Zu verzinsen ist für diesen Zeitpunkt vielmehr der Mittelwert aus dem zuerkannten Betrag und dem Anspruch, der am Tag nach Rechtshängigkeit bestand.


    OLG Frankfurt 4. Zivilsenat

    24.02.2021


    Urteil

    Tenor

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 16. Oktober 2019 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 44.524,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten hieraus seit dem 10. Dezember 2020 und aus 45.935,34 Euro vom 24. August 2019 bis zum 9. Dezember 2020 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Audi SQ5 3.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … zu zahlen.

    Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 Euro freizustellen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreites erster Instanz trägt die Klägerin 28 % und die Beklagte 72 %.

    Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 32 % und die Beklagte 68 %.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz nach dem Kauf eines von der Beklagten hergestellten Gebrauchtwagens, der mit einem von der Beklagten entwickelten Dieselmotor ausgestattet ist.

    Die Klägerin erwarb das Fahrzeug Audi SQ5 im August 2016 zu einem Kaufpreis in Höhe von 54.000,- Euro als Gebrauchtwagen. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Emissionsklasse EU6 plus erteilt.

    Das Kraftfahrtbundesamt teilte am 23. Januar 2018 öffentlich mit (Anlage R1a), bei der Überprüfung mehrerer 3,0 Liter-Modelle der Beklagten, darunter das streitgegenständliche Modell SQ5, seien unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen worden. Die schadstoffmindernde, sogenannte schnelle Aufwärmfunktion springe nahezu nur im Prüfzyklus NEFZ an. Im realen Verkehr unterbleibe diese NOx-Schadstoffminderung. Von den daher erfolgten verpflichtenden Rückrufen seien in Deutschland rund 77.600 und weltweit rund 127.000 zugelassene Fahrzeuge betroffen.

    Dementsprechend übersandte die Beklagte der Klägerin im Januar 2019 ein entsprechendes Rückrufschreiben (Anlage R1b).

    Die Klägerin ließ das vom Kraftfahrtbundesamt im Zusammenhang mit dem Rückruf freigegebene Softwareupdate bisher nicht durchführen.

    Mit Schreiben vom 23. April 2019 (Anlage K27) forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 8. Mai 2019 vergeblich auf, den Kaufpreis gegen Rücknahme des Fahrzeugs zu erstatten und die Ersatzpflicht für weitere Schäden anzuerkennen.

    Die Klägerin hat vorgetragen, der Motor des Fahrzeuges sei in folgender Hinsicht manipuliert:

    a) Eine Aufheizstrategie komme nach Auswertung physikalischer Größen wie beispielsweise der Umgebungstemperatur sowie des Lenkwinkeleinschlags nur auf dem Prüfstand zum Einsatz und reduziere dort den Schadstoffausstoß, indem sie den SCR-Katalysator schnell auf Betriebstemperatur bringe.

    b) Ein „Thermofenster“ sorge dafür, dass die Abgasreinigung bei unter 17 sowie über 30 Grad Celsius abgeschaltet werde.

    c) Im SCR-Katalysator werde „AdBlue“ verwendet, eine Harnstofflösung, um den Ausstoß von Stickoxiden zu senken. Hinreichend „AdBlue“ werde aber nur auf dem durch Software erkannten Rollenprüfstand eingespritzt. Im normalen Fahrbetrieb sei die Dosierung viel zu gering, um die Werte einzuhalten. Wäre sie höher, müsste ständig „AdBlue“ nachgefüllt werden. Der mit demselben Motortyp ausgestattete VW Touareg sei deshalb bereits zurückgerufen worden.

    d) Das Automatikgetriebe erkenne ebenfalls den Prüfstand, so dass die Schaltpunkte bei kaltem Motor und ohne Lenkwinkeleinschlag höher seien als sonst. Auf dem Prüfstand würden daher weniger Stickoxide und CO2 ausgestoßen.

    e) Zum Verbrauch und zum Ausstoß von CO2 habe die Beklagte falsche Angaben gemacht, und zwar nicht nur gegenüber dem realen Fahrverhalten, sondern „gemessen im NEFZ“.

    f) Das On-Board-Diagnosesystem (OBD) sei manipuliert, so dass Warnungen betreffend den nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Abgassysteme im Normalbetrieb unterdrückt worden seien.

    Darüber hinaus hat die Klägerin behauptet, Inhalt und Umfang der Manipulation seien der Führungsebene der Beklagten von Beginn an bekannt gewesen. Insbesondere habe der Vorstand der Beklagten aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäfts Kenntnis von den Geschäftsbeziehungen der Volkswagen AG mit der die Software herstellenden X GmbH gehabt. Diese Behauptung hat sie unter anderem auf den unstreitigen Umstand gestützt, dass der Vorstandsvorsitzende der Beklagten zugleich im Vorstand der Volkswagen AG war. Das Fahrzeug habe infolge der Manipulationen einen merkantilen Minderwert in Höhe von mindestens 20 %. Ihre Ansprüche könne sie noch nicht abschließend beziffern. Ihr drohten Steuernachforderungen und bei einer zu erwartenden Stilllegungsandrohung auch Rechtsverfolgungskosten.

    Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Feststellungsklage sei zulässig. Es genüge, wenn einzelne Positionen nicht bezifferbar seien. Die Teilnahme an einer Rückrufaktion sei ihr unzumutbar, weil negative Folgen sowie Beweisschwierigkeiten drohten. Der Beklagten sei das Verhalten ihrer Mitarbeiter, Organe und Erfüllungsgehilfen zuzurechnen. Wer wann konkret welche Kenntnis gehabt habe, müsse die Beklagte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast darlegen.

    Die Beklagte hat den klägerischen Behauptungen betreffend die Manipulationen Folgendes entgegengesetzt:

    a) Die Aufwärmfunktion solle Stickoxidemissionen auch in den ersten Minuten nach einem Kaltstart - wenn der SCR-Katalysator noch nicht auf Betriebstemperatur sei - effizient reduzieren. Mit dem Regelbetrieb habe er nichts zu tun. Diese Funktion werde nun auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamtes, nach dessen Auffassung die Konditionierung im Straßenbetrieb nicht ausreichend gewesen sei, ausgeweitet. Das Kraftfahrtbundesamt habe ein Softwareupdate genehmigt, als dessen Folge ein leicht erhöhter „AdBlue“-Verbrauch möglich sei, weshalb die Beklagte Nachfüll-Gutscheine ausgebe.

    b) Ein im Fahrzeug zum Einsatz kommendes „Thermofenster“ sei keine unzulässige Abschalteinrichtung. Wegen der Gefahr der „Versottung“ werde die Abgasreduktion bei kühleren Temperaturen zurückgefahren, signifikant jedoch erst ab 5 Grad Celsius und weniger. Dies sei für den Motorschutz erforderlich und allgemein üblich.

    c) Die Einspritzung von „AdBlue“ hänge von der individuellen Fahrweise und nicht davon ab, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde. Außerdem werde während eines Fahrzeuglebens nur „AdBlue“ in einem Wert von etwa 500,- Euro verbraucht.

    d) Im Getriebe befinde sich keine Abschalteinrichtung, die ein abweichendes Schaltverhalten auf dem Prüfstand bewirke.

    e) Dass Emissionswerte im realen Fahrbetrieb höher seien als im Testbetrieb, sei allgemein üblich. Dass die Werte im NEFZ von denjenigen in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung abwichen, werde bestritten.

    f) Das OBD arbeite zuverlässig.

    Betreffend den angeblichen Vorsatz der Beklagten sei der klägerische Vortrag unsubstantiiert. Vorwürfe gegenüber der Volkswagen AG spielten in diesem Zusammenhang keine Rolle.

    Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Feststellungsklage sei schon unzulässig, weil der klägerische Vortrag zu angeblich zu besorgenden Steuernachforderungen unsubstantiiert sei und die Erhebung einer Leistungsklage möglich und damit vorrangig gewesen sei. Eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der fehlenden Kenntnis bestehe nicht. Es fehle jedenfalls an einem kausalen Schaden. Eine etwaige Stilllegung des Fahrzeuges würde auf dem klägerischen Entschluss beruhen, das Update nicht durchführen zu lassen. Sollte ein Anspruch zu bejahen sein, müsse jedenfalls im Wege der Vorteilsausgleichung ihr Anspruch auf Zahlung von Nutzungsersatz berücksichtigt werden.

    Im Übrigen wird hinsichtlich der erstinstanzlichen Klageanträge auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 225 ff. d.A.) Bezug genommen.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Feststellungsantrag unzulässig und die Hilfsanträge unbegründet seien. Die Klägerin hätte eine bezifferte Zahlungsklage erheben können. Ein Anspruch gegen die Beklagte bestehe nicht. Die Klägerin habe nicht substantiiert zu Abschalteinrichtungen mit Prüfstanderkennung vorgetragen. Die Erkennung des Prüfstands anhand der Umgebungstemperatur sei „nicht ersichtlich“, die Erkennung durch den Lenkwinkeleinschlag werde „ins Blaue hinein“ behauptet. Der klägerische Vortrag zum „Thermofenster“ enthalte keine konkreten Ausführungen zu dessen Notwendigkeit. Hinsichtlich des „AdBlue“-Verbrauchs werde die Manipulation ohne nähere Ausführungen nur behauptet. Unsubstantiiert sei auch der Vortrag betreffend zu hohe Verbrauchswerte und Manipulationen im OBD. Das mehrfach angebotene Sachverständigengutachten wäre auf eine Ausforschung hinausgelaufen und sei daher nicht einzuholen gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

    Gegen das ihr am 21. Oktober 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. November 2019 Berufung eingelegt und diese binnen verlängerter Frist am 21. Januar 2020 begründet. Mit der Berufung verfolgt sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter und bekräftigt ihre Auffassung, die Feststellungsklage sei zulässig, weil sie mögliche weitere Schäden schlüssig vorgetragen habe. Insbesondere drohten Steuernachforderungen und könnten Kosten für ein Vorgehen gegen die Zulassungsbehörden anfallen. Betreffend ihren Anspruch gegen die Beklagte habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass das Kraftfahrtbundesamt für das streitgegenständliche Fahrzeug den Rückruf wegen Abschalteinrichtungen angeordnet habe. Somit lägen für die klägerischen Behauptungen Anknüpfungspunkte vor, diese seien nicht „ins Blaue hinein“ erfolgt. Das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Landgerichts Hanau vom 16. Oktober 2019, Az. 4 O 820/19, aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Hanau zurückzuverweisen,

    sowie hilfsweise, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hanau vom 16. Oktober 2019, Az. 4 O 820/19,

    1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte das Fahrzeug Audi SQ5 3.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer …) dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr,

    hilfsweise

    1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu leisten für Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte in den Motor, Typ 3.0 l V6 Dieselmotor, des Fahrzeugs Audi SQ5 3.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer …) eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandsituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickoxidemissionsmesswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt,

    2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.994,04 Euro freizustellen,

    sowie hilfsweise, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hanau vom 16. Oktober 2019, Az. 4 O 820/19,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 54.000,- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten seit dem 4. August 2016 zu bezahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Audi SQ5 3.0 TDI, FIN …,

    2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte das Fahrzeug Audi SQ5 3.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer …) dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr,

    hilfsweise

    2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz zu leisten für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagte in den Motor, Typ 3.0 l V6 Dieselmotor, des Fahrzeugs Audi SQ5 3.0 TDI (Fahrzeugidentifikationsnummer ...) eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandsituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickoxidemissionsmesswerte reduziert werden, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt,

    3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1. genannten PKW im Annahmeverzug befindet,

    4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.994,04 Euro freizustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie hält die Feststellungsklage nach wie vor für unzulässig. Gegen einen klägerischen Anspruch spreche, dass derzeit keine Stilllegung drohe. Falls sich dies ändere, habe sich dies die Klägerin wegen ihrer Update-Verweigerung zurechnen zu lassen.

    Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2020 vorgetragen, die Laufleistung des Fahrzeugs habe zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz 61.107 Kilometer betragen. Sie hat ein Bildschirmfoto vorgelegt, auf dem ein Kilometerstand von 61.107 am 9. Dezember 2020 um 7.50 Uhr ausgewiesen war. Am 20. Mai 2016 - mithin vor dem Kauf des Fahrzeugs - habe die Laufleistung 10.269 Kilometer betragen. Dies ergebe sich aus einer Rechnung des Vorbesitzers. Die Beklagte hat beide Angaben mit Nichtwissen bestritten, sich aber „den heute vorgetragenen Kilometerstand“ für den Fall der Klagestattgabe hilfsweise zu eigen gemacht.

    II.

    Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg und bleibt im Übrigen erfolglos.

    1. Die beantragte Zurückverweisung konnte nicht erfolgen, weil weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen von § 538 Abs. 2 ZPO vorliegen. Insbesondere ist keine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlich.

    2. Der klägerische Hauptantrag auf Feststellung ist in beiden Ausprägungen (sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag des Hauptantrages) unzulässig, da die Schadensentwicklung bereits abgeschlossen und der Klägerin die Erhebung einer Leistungsklage zumutbar ist, so dass das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin fehlt.

    a) Das Feststellungsinteresse als besondere Ausformung des Rechtsschutzinteresses ist das schutzwürdige rechtliche Interesse des Klägers an alsbaldiger Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Soweit dem Kläger ein einfacherer oder zumindest gleich effektiver Weg zur Erreichung seines Rechtsschutzziels zur Verfügung steht, entfällt das Feststellungsinteresse. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es dem Kläger möglich und zumutbar ist, eine sein Rechtsschutzziel erschöpfende Klage auf Leistung zu erheben. Denn dann könnte er im Sinn einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff durch die Leistungsklage in einem Prozess klären. Die auf Feststellung des Anspruchs gerichtete Klage ist dann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, von welcher abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht, unzulässig (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 -, Rn. 14 m.w.N., zitiert nach juris; BGH, Versäumnisurteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11 -, Rn. 14 m.w.N., zitiert nach juris).

    Allerdings ist ein Kläger grundsätzlich nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Denn es besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Dementsprechend kann der Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1983 - VIII ZR 3/82 -, Rn. 27 m.w.N., zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 19. April 2016 - VI ZR 506/14 -, Rn. 6 m.w.N., zitiert nach juris).

    Befürchtet der Kläger den Eintritt eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden reinen Vermögensschaden, hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ab (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 -, Rn. 77 m.w.N., zitiert nach juris; Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 -, Rn. 27 m.w.N., zitiert nach juris; Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 197/12 -, Rn. 11 m.w.N., zitiert nach juris). In diesen Fällen ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann. Dagegen besteht ein Feststellungsinteresse für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens regelmäßig dann nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014, a.a.O. m.w.N.).

    b) Nach diesen allgemeinen Maßstäben sind die Feststellungsanträge im vorliegenden Fall mangels Vorliegens des gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig, da weder schlüssig dargelegt noch sonst erkennbar ist, dass die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen und der Klägerin die Erhebung einer Leistungsklage nicht zumutbar ist.

    Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Rückabwicklung problemlos beziffern. Daraus, dass sie sich die beiden Möglichkeiten offenhalten möchte, entweder das Fahrzeug zurückzugeben und den Kaufpreis zurückzuerhalten oder das Fahrzeug zu behalten und einen Minderwert als Schadensersatz geltend zu machen, ergibt sich kein Feststellungsinteresse. Anders als in Fällen, in denen ein Feststellungsinteresse von der Rechtsprechung bejaht wird, weil aus objektiven Gründen noch nicht feststeht, auf welche Weise, mit welchen Kosten und in welchem Zeitraum ein bereits eingetretener Sachschaden behoben werden kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 6, zitiert nach juris), hängt die Entscheidung, welche Ansprüche die Klägerin aufgrund der von ihr behaupteten Rechtsverletzung der Beklagten dieser gegenüber geltend machen will, allein von ihrer Willensentschließung ab, die ihr heute ebenso möglich ist wie in Zukunft. Dies zeigen vor allem ihre Hilfsanträge, mit denen sie Rückabwicklung begehrt, ebenso anschaulich wie der Umstand, dass Vergleichsverhandlungen nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2020 daran scheiterten, dass die Klägerin das Fahrzeug unbedingt zurückgeben wollte. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse die Klägerin in Zukunft noch zu erlangen hofft, welche ihr die Entscheidung erst ermöglichen sollen. Auch liegt kein Fall vor, in welchem eine Leistungsklage nur hinsichtlich eines Teils der Schadensbeseitigung möglich wäre.

    Ferner stehen der Erhebung einer Leistungsklage auch keine Schwierigkeiten betreffend die Bezifferung des Nutzungsersatzes entgegen. Eine hinreichende Bezifferung ist - wie eine Vielzahl anderer Verfahren zum Dieselskandal zeigt - auch ohne die Vorab-Kenntnis möglich, welchen Kilometerstand das Fahrzeug am Tag der letzten mündlichen Verhandlung haben wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die anzurechnenden Nutzungsvorteile im Fall der Rückgabe des Fahrzeugs nicht nach einem geminderten, sondern nach dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis zu berechnen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, Rn. 81, zitiert nach juris). Davon abgesehen war die Klägerin hier auch der Auffassung, Nutzungsersatz sei nicht in Abzug zu bringen, so dass sie mit der Bezifferung ihrer Forderung ohnehin keine Schwierigkeiten hatte, sondern schlicht die Erstattung des von ihr gezahlten Kaufpreises verlangte.

    Die Klägerin hat weiterhin nicht substantiiert dargetan, dass ihr ein Schaden wegen einer Nachforderung von Kraftfahrzeugsteuer droht. Die mögliche Auswirkung eines Entzugs der Typengenehmigung auf die Bemessung der Kohlendioxid-Emissionen, welche wiederum Berechnungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer seien, rechtfertigt insoweit keine andere rechtliche Beurteilung, weil aufgrund des inzwischen vorliegenden und vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Software-Updates derzeit keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Entzug der Typengenehmigung für die betroffenen Fahrzeuge ernstlich droht. Weiterhin ist auch wegen der seit dem Bekanntwerden des Dieselskandals verstrichenen Zeit in tatsächlicher Hinsicht nicht (mehr) ohne Weiteres damit zu rechnen, dass derartige Forderungen tatsächlich noch geltend gemacht werden, zumal dies noch nicht einmal gegenüber den Haltern von Fahrzeugen geschehen ist, welche mit einem Motor der Baureihe EA 189 versehen sind. Auch gegen die Klägerin selbst sind bisher keine Nachforderungen gerichtet worden. Vor diesem Hintergrund stellen Steuernachforderungen nur eine denktheoretische Möglichkeit dar, mit der aber nicht ernsthaft gerechnet werden muss.

    Schließlich ergibt sich ein Feststellungsinteresse auch nicht aus der Befürchtung, dass im Anschluss an eine Stilllegungsverfügung gegen diese vorzugehen sei, so dass Rechtsverfolgungskosten anfielen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist ihr Fahrzeug mit mehreren unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet, welche sie nicht beseitigen zu lassen gedenkt. Eine Stilllegungsverfügung wäre daher aus ihrer Sicht nicht nur berechtigt, sondern sogar die geradezu zwingende Konsequenz aus den von ihr geschilderten Umständen. Weshalb sie dann juristisch gegen diese vorgehen sollte, ist nicht plausibel dargelegt.

    Die Klägerin könnte ferner auch einfach das Update aufspielen lassen, denn sie ist nicht aus prozesstaktischen Gründen gehalten, dessen Installation zu verweigern. Etwaige mit einer Veränderung des ursprünglichen Zustands des Motors verbundene Probleme im Falle einer Beweiserhebung hätte sie mit der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens vermeiden können. Im Übrigen ist aber auch nicht ersichtlich, dass eine Beweiserhebung über die von der Klägerin behauptete unzulässige Manipulation des in ihrem Fahrzeug verbauten Motors nach der Installation des Software-Updates nicht mehr möglich wäre, weil der Motor einem Sachverständigengutachten nicht mehr unverändert für eine Untersuchung zur Verfügung stünde. Denn die Klägerin behauptet nicht, dass allein der in ihrem Fahrzeug befindliche Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen worden sei, sondern dass die Beklagte planmäßig sämtliche Motoren der Baureihe in dieser Weise hergestellt habe. Aus diesem Grund besteht kein Anlass zur Sorge, dass es einem Sachverständigen nicht möglich sein könnte, einen baugleichen Motor im Originalzustand vor der Installation des Updates für eine Untersuchung zu finden.

    Das Feststellungsinteresse wird schließlich im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise dadurch begründet, dass anzunehmen sein könnte, die Beklagte werde sich schon einem Feststellungsurteil beugen. Weder handelt es sich bei der Beklagten - auch in Anbetracht der Besetzung von Aufsichtsratsposten des Volkswagen-Konzerns durch das Land Niedersachsen - um eine Rechtspersönlichkeit der öffentlichen Hand oder um ein der staatlichen Aufsicht unterliegendes Unternehmen wie etwa Banken oder Versicherungen, noch ist aus sonstigen Gründen zu erwarten, dass die Beklagte schon auf ein Feststellungsurteil hin einen von der Klägerin der Höhe nach noch zu beziffernden Betrag zahlen wird. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass sich die Klägerin letztlich doch dafür entscheiden sollte, das Fahrzeug zu behalten und von der Beklagten den Ausgleich eines Minderwertes zwischen dem von ihr bezahlten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zu verlangen. Unter diesem Gesichtspunkt ist von einem Feststellungsurteil keine weitergehende Klärung als von einem Grundurteil zu erwarten (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 -, Rn. 15, zitiert nach juris).

    3. Der gestellte Hilfsantrag auf Zahlung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs ist zulässig und teilweise begründet.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung des für das Kraftfahrzeug aufgewendeten Kaufpreises nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen vor, unter denen die Beklagte nach der vom Bundesgerichtshof getroffenen Grundsatzentscheidung (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, zitiert nach juris) wegen der Entwicklung eines Motors mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Fahrzeugkäufer aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung haftet.

    a) Nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Dieselskandal, die der Senat für zutreffend erachtet und der Beurteilung der vorliegenden Fallkonstellation zugrunde legt, stellt sich das Inverkehrbringen von Fahrzeugen, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden, so dass das Kraftfahrtbundesamt infolge einer grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung systematisch getäuscht wurde, als objektiv sittenwidrig dar (BGH, a.a.O., Rn. 16).

    Diese Voraussetzungen liegen hier nach dem unstreitigen Sachverhalt vor. Der Motor ist unstreitig mit einer versteckten Abschalteinrichtung versehen.

    Die Klägerin hat insbesondere vorgetragen, eine Aufheizstrategie komme nach Auswertung physikalischer Größen wie beispielsweise der Umgebungstemperatur sowie des Lenkwinkeleinschlags nur auf dem Prüfstand zum Einsatz und reduziere dort den Schadstoffausstoß, indem sie den SCR-Katalysator schnell auf Betriebstemperatur bringe. Sie hat als Beleg auch die damit übereinstimmende Mitteilung über einen entsprechenden Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes vorgelegt, demzufolge die Beklagte die Motoren von weltweit rund 127.000 selbst hergestellten Fahrzeugen so konstruierte, dass die Aufwärmfunktion nahezu nur im Prüfzyklus ansprang, während diese NOx-Schadstoffminderung im realen Verkehr unterblieb. Deshalb wurden diese Fahrzeuge, zu denen unstreitig auch das klägerische Fahrzeug zählt, verpflichtend zurückgerufen.

    Die Beklagte hat zu diesem klägerischen Vortrag lediglich Erläuterungen betreffend die Funktionsweise der Aufwärmfunktion gegeben und ausgeführt, dass das Kraftfahrtbundesamt ihr Softwareupdate genehmigt habe. Dass der Motor mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet war, hat die Beklagte hingegen nicht in Abrede gestellt. Soweit sie ausgeführt hat, diese habe nicht den „Regelbetrieb“ betroffen, ist aber auch nach ihrem Vortrag unstreitig, dass die Aufwärmfunktion bei praktisch jedem Kaltstart im Realbetrieb nicht funktionierte.

    Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass Parameter für die Motoraufwärmfunktion vorgegeben waren, die auf den Prüfstand zugeschnitten waren und gewährleisteten, dass die Funktion dort wirkte. Demgegenüber wirkte die Funktion im realen Straßenbetrieb nur dann, wenn zufällig der seltene Ausnahmefall eintrat, dass die engen Parameter dort ebenfalls erfüllt waren. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass die Funktion im realen Straßenverkehr überhaupt eine echte schadstoffmindernde Wirkung haben sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der eigentliche Sinn der Funktion darin erschöpfte, auf dem Prüfstand niedrige NOx-Werte zu erzielen und dabei vorzutäuschen, diese Werte würden auch im realen Straßenverkehr erreicht. Die gesamte Konstruktion war daher darauf ausgelegt, über die Manipulation zu täuschen.

    Dies bewertet der Senat in Übereinstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt und mehreren Oberlandesgerichten, die vergleichbare Fälle zu entscheiden hatten (OLG Naumburg, Urteil vom 18. September 2020 - 8 U 39/20 -, Rn. 54; OLG Koblenz, Urteil vom 5. Juni 2020 - 8 U 1803/19 -, Rn. 34, zitiert nach juris; OLG Oldenburg, Urteil vom 16. Oktober 2020 - 11 U 2/20 -, Rn. 58 m.w.N., zitiert nach juris), als unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, welche neben einer erhöhten Belastung der Umwelt mit Stickoxiden auch ‒ wie die verpflichtenden Rückrufe und die Anforderung eines Updates durch das Kraftfahrtbundesamt zeigen - mit der Gefahr einherging, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge hätte erfolgen können (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, Rn. 16, 19 ff., zitiert nach juris; OLG Koblenz, a.a.O, Rn. 38; OLG Oldenburg, a.a.O., Rn. 89; OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 63).

    Dass dann im Verlauf der Fahrt möglicherweise keine weitere Abschalteinrichtung mehr schädliche Wirkungen entfaltete, ist ohne Belang, denn die abstrakte Gefahr der Betriebsbeschränkung oder -untersagung drohte unabhängig davon bereits wegen der Kaltstarts.

    Soweit die Beklagte argumentiert, die Aufwärmfunktion habe anders als die „Umschaltlogik“ bei EA 189-Motoren mit dem Regelbetrieb des Fahrzeugs nichts zu tun (sondern reduziere die Stickoxidemissionen in den ersten Minuten nach dem Kaltstart) und das Softwareupdate schaffe nun keine neue Funktion, sondern weite diese Funktion auf den Straßenbetrieb aus, ist diese Differenzierung zwischen Ausweitung einer bestehenden und Schaffung einer neuen Funktion irrelevant. Entscheidend ist, dass durch die enge, auf den Betrieb im NEFZ und die dort definierten Prüfbedingungen zugeschnittene Bedatung der Aufwärmfunktion im realen Straßenverkehr im Regelfall zusätzliche Emissionen ausgestoßen werden (vgl. OLG Koblenz, a.a.O, Rn. 37). Es mag sein, dass die erhöhten Emissionen „nur“ beim Kaltstart ausgestoßen werden anstatt ständig bei Betrieb des Fahrzeugs. Das macht die Abschalteinrichtung in Ermangelung ersichtlicher legitimer Zwecke aber nicht zulässig (vgl. OLG Oldenburg, a.a.O., Rn. 98; OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 58).

    Das von der Beklagten verfolgte, an sich erlaubte Ziel der Erhöhung des Gewinns wird im Verhältnis zu dem Käufer eines der betroffenen Fahrzeuge dann verwerflich, wenn es - wie hier - auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Typgenehmigungs- und Marktüberwachungsbehörde - des KBA (§ 2 Abs. 1 EG-FGV) - erreicht werden soll und dies mit einer Gesinnung verbunden ist, die sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, gleichgültig zeigt (BGH, a.a.O., Rn. 22). Hinzu kommt das geschaffene System der planmäßigen Verschleierung des Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden sowie - nach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge - gegenüber den Verbrauchern (OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 49; OLG Oldenburg, a.a.O., Rn. 97). Dementsprechend war das Handeln der Beklagten hier nach einer zusammenfassenden Würdigung der vorliegenden Umstände objektiv sittenwidrig (BGH, a.a.O., Rn. 22 ff.).

    Die Sittenwidrigkeit war - anders als in Fällen betreffend den Motor EA 189 (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 -, Rn. 38 m.w.N., zitiert nach juris) - zum Zeitpunkt des nach September 2015 erfolgten Vertragsschlusses auch noch nicht wieder entfallen, denn die Beklagte hatte ihre strategische unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse das Kraftfahrtbundesamt und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, zu diesem Zeitpunkt betreffend den streitgegenständlichen Motor nicht durch die Strategie ersetzt, an die Öffentlichkeit zu treten (OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 62; OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 53).

    b) Die grundlegende strategische Entscheidung der Beklagten zur Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung ist nach dem als unstreitig zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin mit Wissen des vormaligen Vorstandes der Beklagten oder zumindest einzelner Vorstandsmitglieder oder jedenfalls Repräsentanten im Sinne von § 31 BGB getroffen worden und der Beklagten damit gemäß § 31 BGB zuzurechnen.

    Die Klägerin durfte aufgrund gegebener tatsächlicher Anhaltspunkte in prozessual zulässiger Weise vortragen, dass insbesondere der Vorstand der Beklagten über den Einbau der gesetzwidrigen Motorsteuerungssoftware Bescheid gewusst habe (S. 25 ff. der Klageschrift = Bl. 25 ff. d.A.). Hierfür spricht nicht nur der Umstand, dass es sich bei der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung um eine grundlegende, weltweit alle Fahrzeuge mit den Motoren der Serie - 127.000 selbst hergestellte Fahrzeuge sowie eine unbekannte Zahl an mit ihren Motoren ausgestatteten Fahrzeugen anderer Hersteller - betreffende Strategieentscheidung handelte, die mit erheblichen Risiken für den gesamten Konzern und mit persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen verbunden war, sondern auch die Bedeutung gesetzlicher Grenzwerte und der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten ihrer Einhaltung für die Geschäftstätigkeit der Beklagten (BGH, a.a.O., Rn. 39; vgl. auch OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 63; OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 64; OLG Oldenburg, a.a.O., Rn. 76).

    Die Beklagte trifft danach unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung näher dargestellten Maßstäbe (siehe dazu im Einzelnen BGH, a.a.O., Rn. 35-39) eine sekundäre Darlegungslast dafür, dass ihr vormaliger Vorstand von der Entwicklung und Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung keine Kenntnis hatte. Es oblag der Beklagten daher zumindest, zu ihrer damaligen Organisationsstruktur und Arbeitsorganisation, den damaligen internen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, den Berichtspflichten und den von ihr veranlassten Ermittlungen vorzutragen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 40).

    Sie hat aber überhaupt keinen derartigen Vortrag gehalten, sondern nur unzutreffender Weise die angeblich fehlende Substantiiertheit des klägerischen Vortrags bemängelt und ist somit ihrer sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Mithin gilt der Vortrag der Klägerseite zur Kenntnis des Vorstands der Beklagten nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 37).

    c) Der Klägerin ist durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB ein Schaden entstanden, der in dem Abschluss des Kaufvertrags über das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehene Fahrzeug liegt. Nach den vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 25. Mai 2020 im Einzelnen überzeugend dargestellten rechtlichen Maßstäben kann sich ein Vermögensschaden in Fällen, in denen jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags gebracht wird, den er sonst nicht geschlossen hätte, auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung daraus ergeben, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Voraussetzung ist dafür allerdings, dass die Verkehrsanschauung den Vertragsschluss den Umständen nach als unvernünftig und nachteilig ansieht (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 46). In diesem Sinne hat die Beklagte die Klägerin in Übereinstimmung mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrunde lag, durch ihr einer arglistigen Täuschung gleichstehendes sittenwidriges Verhalten zum Abschluss des Kaufvertrags über das mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehene Fahrzeug veranlasst und die Klägerin damit geschädigt, weil diese eine für ihre Zwecke nicht voll brauchbare Gegenleistung erhalten hat, die den Vertragsschluss nach der Verkehrsanschauung als unvernünftig und nachteilig erscheinen lässt.

    Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin den Kaufvertrag über das von ihr im Folgenden nicht weiterveräußerte, sondern selbst genutzte Fahrzeug nicht abgeschlossen hätte, wenn sie von der unzulässigen Abschalteinrichtung und der daraus resultierenden Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung Kenntnis gehabt hätte. Maßgebend ist dabei der Erfahrungssatz, dass ein Käufer, der ein Kraftfahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, bei Kenntnis der Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte (BGH, a.a.O., Rn. 51). Anstelle einer Darstellung weiterer Einzelheiten wird auf die die Feststellung eines Vermögensschadens betreffende Würdigung des Bundesgerichtshofes (a.a.O., Rn. 44-59) Bezug genommen, aus der sich insbesondere auch ergibt, dass der durch den ungewollten Vertragsschluss entstandene Schadensersatzanspruch, der sich darauf richtet, dass der Kläger so gestellt wird, als ob er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 55), nicht dadurch berührt wird, dass der Kläger ein durch den Hersteller zur Beseitigung des Mangels des Fahrzeugs entwickeltes Software-Update hat durchführen lassen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 58) - was hier aber bisher auch ohnehin nicht der Fall war.

    Dass die Klägerin das angebotene Update bisher nicht durchführen ließ, steht der Berechtigung des klägerischen Anspruchs nicht entgegen. Der Schaden ist nach den obigen Ausführungen unabhängig vom weiteren Verlauf bereits mit Abschluss des Kaufvertrags entstanden

    d) Es ist nach den vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 25. Mai 2020 (a.a.O., Rn. 60-63) dargestellten Maßstäben auch ein auf den ungewollten und unvernünftigen Vertragsabschluss bezogener Schädigungsvorsatz der auf Seiten der Beklagten im Sinne des § 31 BGB haftungsbegründend handelnden Personen feststellbar. Der Senat hat vor dem Hintergrund, dass der Vorstand der Beklagten oder zumindest einzelne seiner Mitglieder Kenntnis von der mit der Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen strategischen Entscheidung hatten und diese auch jahrelang umgesetzt wurde, keine Zweifel daran, dass die betreffenden Vorstandsmitglieder die mit dem ungewollten Vertragsabschluss eines Käufers verbundene Schädigung vorausgesehen und zur Erreichung der mit der strategischen Entscheidung angestrebten Zwecke billigend in Kauf genommen haben.

    e) Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob darüber hinaus auch die weiteren Behauptungen der Klägerin hinsichtlich weiterer Manipulationen zutreffen.

    4. Die Klägerin muss sich nach der überzeugenden Würdigung des Bundesgerichtshofes im Urteil vom 25. Mai 2020 (a.a.O., Rn. 64-77), auf die der Senat Bezug nimmt, im Wege des schadensrechtlichen Vorteilsausgleichs die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gezogenen Nutzungen des Kraftfahrzeugs anrechnen lassen. Der Senat bemisst die Höhe der Nutzungsvorteile der Klägerin in Ausübung seines Ermessens gemäß § 287 ZPO in Übereinstimmung mit der vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 25. Mai 2020 (a.a.O., Rn. 80-83) gebilligten Berechnungsweise, indem er ausgehend von einer geschätzten Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 Kilometern den von der Klägerin gezahlten Kaufpreis von 54.000,- Euro durch die bei dem Gebrauchtfahrzeug zum Erwerbszeitpunkt zu erwartende Restlaufleistung teilt und mit den bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren gefahrenen Kilometern multipliziert.

    Der Senat geht dabei von einer Restlaufleistung von 289.731 Kilometern aus. Die Klägerin hat - auch auf ausdrücklichen Hinweis des Senats - zum Kilometerstand zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs nicht vorgetragen. Er war auch aus den Anlagen nicht ersichtlich. Die Klägerin hat lediglich unter Verweis auf eine Rechnung des Vorbesitzers einen Kilometerstand von 10.269 Kilometern am 20. Mai 2016 - mithin vor dem Kauf des Fahrzeugs - vorgetragen. Diesen Vortrag hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Gleichwohl legt der Senat seiner Bewertung die Annahme zugrunde, dass dieser Kilometerstand zutraf, denn es hätte nunmehr der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten oblegen, ihrerseits zum Umfang der Vorteilsausgleichung konkret vorzutragen oder jedenfalls klägerischen Vortrag durch substantiierten Gegenvortrag zu entwerten. Dabei war die Beklagte auch nicht schutzlos den klägerischen Behauptungen ausgeliefert, denn sie hätte den Voreigentümer kontaktieren und gegebenenfalls als Zeugen für abweichende Behauptungen anbieten können. Im Hinblick auf den - als Reaktion auf einen gerichtlichen Hinweis vom 9. November 2020 - erst in der mündlichen Verhandlung erfolgten klägerischen Vortrag wäre die Beantragung eines Schriftsatznachlasses möglich gewesen, um noch entsprechenden Vortrag halten zu können. Davon abgesehen ist der vorgetragene Kilometerstand auch plausibel, denn ausweislich des Kaufvertrags (Anlage R0) wurde das Fahrzeug erstmals am 25. September 2015 zugelassen. Eine sich daraus ergebende Laufleistung von etwa 1.250 Kilometern im Monat bis zum 20. Mai 2016 erscheint nicht ungewöhnlich. Dass sich der Kilometerstand vom 20. Mai 2016 bis zum Abschluss des Kaufvertrags und zur Übergabe des Fahrzeugs noch erhöht hat, mag zwar naheliegen, wurde durch die Klägerin allerdings nicht vorgetragen, so dass keine Grundlage dafür besteht, eine derartige Erhöhung zu Gunsten der Klägerin zu schätzen.

    Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz betrug der Kilometerstand den klägerischen Angaben zufolge 61.107. Zwar hat die Beklagte auch diese Angaben - trotz des als Beleg vorgezeigten Lichtbildes - bestritten. Es hätte aber entsprechend den obigen Ausführungen ihr oblegen, ihrerseits zum Umfang der Vorteilsausgleichung konkret vorzutragen oder jedenfalls klägerischen Vortrag durch substantiierten Gegenvortrag zu entwerten und gegebenenfalls Beweis durch Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs anzubieten. Dies hat sie nicht getan.

    Es errechnet sich daraus ein auszugleichender Vorteil der Klägerin in Höhe von 9.475,18 Euro. Es verbleibt daher von dem Kaufpreis ein Betrag in Höhe von 44.524,82 Euro.

    5. a) Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei konnte der Senat - auch wenn ein geringfügig höherer Zinssatz gerechtfertigt gewesen wäre - über die beantragten vier Prozentpunkte gemäß § 308 Abs. 1 ZPO nicht hinausgehen.

    b) Verzugszinsen vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit kann die Klägerin hingegen nicht verlangen, denn sie hatte die Beklagte vorgerichtlich nicht wirksam in Verzug gesetzt. In dem Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 23. April 2019 (Anlage K27) verlangte sie Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs den vollen Kaufpreis ohne Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung. Dies stellte eine deutliche Zuvielforderung dar, so dass die Beklagte durch das Schreiben nicht in Verzug geriet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, Rn. 86, zitiert nach juris).

    Die Prozesszinsen waren bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht aus dem letztlich in der Hauptsache zuerkannten Betrag, sondern aus einem erhöhten Betrag zuzusprechen. Denn es war zu berücksichtigen, dass der Kaufpreiserstattungsanspruch erst infolge der seit Rechtshängigkeit gefahrenen Kilometer auf den zuerkannten Betrag herabgesunken ist (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 397/19 -, Rn.38, zitiert nach juris). Einen Tag nach Rechtshängigkeit, welche am 23. August 2019 eintrat, betrug der Kilometerstand nach der gemäß § 287 ZPO erfolgten Schätzung des Senats, die von einer gleichmäßigen - der sonstigen durchschnittlichen Fahrleistung zwischen dem Fahrzeugkauf am 2. August 2016 sowie der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 9. Dezember 2020 entsprechenden - Zunahme der Fahrleistung ausgeht, 45.971 Kilometer, von denen 35.702 Kilometer nach Kauf des Fahrzeugs zurückgelegt wurden.

    Dies zugrunde gelegt, waren für diesen Tag Zinsen aus 47.345,87 Euro zuzusprechen (Nutzungsersatz damals: 54.000,- Euro x 35.702 : 289.731 = 6.654,13 Euro). Für den Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren hingegen Zinsen aus dem zuerkannten Betrag zuzusprechen. Der Mittelwert, aus dem Zinsen zuzusprechen sind, beträgt demnach 45.935,34 Euro. Dieser Mittelwert ist auch der Mittelwert aus den für den zweiten und den vorletzten Tag des Berechnungszeitraums zugrunde zu legenden Beträgen. Entsprechendes gilt für den dritten und den vorvorletzten Tag etc. bis schließlich für die zeitliche Mitte zwischen Rechtshängigkeit und mündlicher Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. die Gaußsche Summenformel). Nach diesem Prinzip liegt das der Klägerin zustehende rechnerische Mittel für diesen gesamten Zeitraum bei einer Verzinsung dieses Mittelwertes.

    c) Die Klägerin kann Zinsen ab einem früheren Zeitpunkt auch nicht als Deliktszinsen verlangen. Nach der überzeugenden Würdigung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19 -, Rn. 19 m.w.N., zitiert nach juris), der sich der Senat anschließt, steht der Anwendung des § 849 BGB schon der Umstand entgegen, dass die Klägerin als Gegenleistung für die Hingabe des Kaufpreises ein in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbares Fahrzeug erhielt. Zwar hat die Klägerin durch den ungewollten Vertragsschluss einen Schaden erlitten, weil dem Fahrzeug eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung drohte und im Zeitpunkt des Erwerbs nicht absehbar war, ob überhaupt, wenn ja zu welchem Zeitpunkt und wie - vor allem ohne Nachteil für die Käuferin - der Mangel behoben werden kann. Gleichwohl war das Fahrzeug im Streitfall aber tatsächlich nutzbar, weil sich die bestehende Gefahr bisher nicht realisierte. Die tatsächliche Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen, kompensierte damit den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes.

    6. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist nicht begründet. Die Klägerin forderte unter Außerachtlassung des anzurechnenden Nutzungsersatzes sowie später auch wegen der verlangten Deliktszinsen erheblich zu viel, so dass durchgehend ein deutlich zu hoher Schadensersatzanspruch geltend gemacht wurde (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, Rn. 85, zitiert nach juris).

    7. Die Anträge auf die Feststellung weiterer Schäden sind unzulässig, weil keine weiteren Schäden drohen. Auf die obigen Ausführungen (siehe oben, 2.) wird insoweit verwiesen.

    8. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin nur in dem Umfang verlangen, in welchem das außergerichtliche Tätigwerden berechtigt war.

    Ein Anspruch dem Grunde nach besteht, weil aus dem klägerischen Vortrag trotz der Bedenken der Beklagten jedenfalls unter Hinzuziehung der eingereichten Anlage K27 ersichtlich ist, dass die klägerischen Bevollmächtigten bereits außergerichtlich für sie tätig wurden. Des Nachweises einer bezahlten Rechnung bedarf es insoweit nicht, weil nur Freistellung beantragt wird. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2020 geäußerten Auffassung der Beklagten entfällt der Anspruch auf Freistellung auch nicht etwa deshalb, weil außergerichtlich zu viel geltend gemacht wurde. Denn jedenfalls zu einem erheblichen Teil war die geltend gemachte Forderung berechtigt und das Tätigwerden der Bevollmächtigten sinnvoll und gerechtfertigt.

    Die Höhe des Anspruchs beläuft sich für den Zeitpunkt des vorgerichtlichen Tätigwerdens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch das als Anlage K27 vorgelegte Anwaltsschreiben vom 23. April 2019 auf eine 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nebst Post- und Telekommunikationspauschale und 19 % Umsatzsteuer. Ein höherer erstattungsfähiger Gebührensatz kommt gemäß § 14 Abs. 1 RVG unter Berücksichtigung von Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht in Betracht und ist auch im Hinblick auf sonstige für die Gebührenbemessung relevante Umstände durch die Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden. Die Gebührenbemessung ist ferner auch unter dem Aspekt des dem Rechtsanwalt bei der Bemessung von Rahmengebühren gemäß § 14 Abs. 1 RVG zustehenden Ermessensspielraums nicht der gerichtlichen Überprüfung entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12 -, Rn. 7 f., zitiert nach juris).

    Die Gebühr ist unter Berücksichtigung des sich aus dem Schreiben ergebenden und nach den vorstehenden Ausführungen gerechtfertigten Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit aus der Gebührenstufe bis zu 50.000,- Euro zu berechnen. Zum Zeitpunkt des außergerichtlichen Tätigwerdens am 23. April 2019 waren nach der gemäß § 287 ZPO erfolgten Schätzung des Senats, die von einer gleichmäßigen - der sonstigen durchschnittlichen Fahrleistung zwischen dem Fahrzeugkauf am 2. August 2016 sowie der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 9. Dezember 2020 entsprechenden - Zunahme der Fahrleistung ausgeht, erst 42.035 Kilometer gefahren worden und war dementsprechend weniger Nutzungsersatz abzuziehen. Der Senat ermittelt so einen damaligen Gegenstandswert, der zwischen 45.000,- und 50.000,- Euro liegt.

    9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war auch das Unterliegen der Klägerin mit den von ihr geltend gemachten Deliktszinsen zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht streitwertrelevant sind (vgl. Zöller-Herget, ZPO, § 92, Rn. 3). Zu berücksichtigen war auch das Unterliegen der Klägerin mit ihren Feststellungsanträgen. Die divergierenden Kostenentscheidungen für die beiden Rechtszüge resultieren daraus, dass der klägerische Anspruch in der ersten Instanz wegen der weniger gefahrenen Kilometer noch etwas höher war.

    Die Revision war mangels des Vorliegens der Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen, nachdem der Bundesgerichtshof die hier maßgeblichen Fragen nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils in seinen Entscheidungen zum Motor EA 189 bereits geklärt hat (insbesondere durch Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, zitiert nach juris). Die Wertungen des Bundesgerichtshofes sind angesichts der hier eingebauten Prüfstandmanipulation ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 76). Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision mit dem Argument forderte, es liege noch „überhaupt keine“ Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den relevanten Rechtsfragen des Abgasskandals vor, ist diese - noch vor den seitdem zum Abgasskandal ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geäußerte - Auffassung mittlerweile überholt.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO.

    RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriften§ 291 BGB, § 826 BGB, § 256 Abs. 1 ZPO