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  • 16.07.2020 · IWW-Abrufnummer 216877

    Amtsgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 10.06.2020 – 30 C 4824/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    AG Frankfurt Abteilung 30. Einzelrichter

    15.06.2020


    Tenor

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin Zinsen i.H.v. 9%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1865,92 € seit dem 23.01.2019 sowie weitere 38,- € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.02.2020 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 215,- € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    Die Berufung wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beklagte schuldete der Klägerin aus einem Auftrag vom 05.07.2016 1865,92 €. Die Klägerin berechnete ihr diesen mit Rechnung vom 21.12.2018. Mit Mahnschreiben vom 19.03., 03.04., 17.04. und 09.05.2019 forderte sie die Beklagte erfolglos zur Zahlung auf und beauftragte anschließend ein Inkassobüro mit der außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung und mit der Geltendmachung im Mahnverfahren.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie Klägerin Zinsen i.H.v. 9%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1865,92 € seit dem 23.01.2019 sowie weitere 38,- € nebst Zinsen i.H.v. 9%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.08.2019 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 215,- € zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte ist der Auffassung, hinsichtlich der Inkassokosten könne nur Freistellung begehrt werden. Die Beauftragung eines Inkassobüros sei zudem zur Rechtsverfolgung nicht zweckentsprechend. Eine 1,3-Gebühr hierfür sei überhöht. Die Tätigkeit des Inkassobüros im Mahnverfahren sei nicht außerhalb der prozessualen Erstattungsregeln geschuldet und im Übrigen auf einen Betrag von 25,- € gedeckelt.

    Entscheidungsgründe

    Die Beklagte schuldet Zinsen aus dem anerkannten Betrag der Hauptforderung gemäß § 286 Abs. 3 S. 1, HS 1, § 288 Abs. 2 BGB. Die Beklagte kam 30 Tage nach Zugang der Rechnung vom 21.12.2018 über die fällige Vergütung ihrer Leistungen aus dem Auftrag vom 05.07.2016 (Nr. 510441) i.H.v. 1865,92 € in Verzug. Diese rechtsgeschäftliche Forderung aus unternehmerischem Geschäft ist mit dem Zinssatz aus § 288 Abs. 2 BGB verzinslich.

    Unter dem Gesichtspunkt des Verzugs schuldet die Beklagte als Schadensersatz auch Zahlung der geltend gemachten vorgerichtlichen Inkassokosten i.H.v. 215,- €.

    Kosten eines Inkassobüros kann auch der Kaufmann ersetzt verlangen, sofern es sich nicht um Kosten der Erstmahnung handelt (vgl. Pal § 286 Rn. 46), was vorliegend auch nicht der Fall ist. Entgegen der zitierten Rechtsprechung des AG Münsingen und des AG Dortmund ist die Einschaltung eines Inkassobüros auch zur außergerichtlichen Rechtsverfolgung zweckentsprechend, weil der Gläubiger annehmen darf, dass die Beitreibung durch einen spezialisierten Rechtsdienstleister eine gewisse Warnfunktion beim Schuldner erfüllt und ihn zur Zahlung veranlasst. Aus der bloßen Nichtzahlung auf die Mahnungen der Klägerin lässt sich auch nicht ableiten, dass die Beklagte endgültig die Zahlung verweigern wollen würde, sodass unmittelbar Klage zu erheben gewesen wäre.

    Bei dem Anspruch handelt es sich zudem um einen Zahlungs- und nicht um einen Freistellungsanspruch. Spätestens mit der Anspruchsleugnung im Prozess hat sich dieser in einen solchen umgewandelt (vgl. BGH, NJW-RR 2016, 155, 159).

    Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet. Insbesondere ist er nicht auf eine 1,0 Gebühr zu begrenzen. Wie der BGH zutreffend festgestellt hat (BGH NJW 2015, 3793), wäre auch bei Erteilung eines Anwaltsmandats eine 1,3-Gebühr erstattungsfähig, sodass für die Tätigkeit des Inkassobüros schon wegen § 4 Abs. 1 S. 1 RVG nichts Anderes gelten kann.

    Insoweit ist die Rechtslage allerdings offen und allgemein klärungsbedürftig (vgl. MüKo Ernst § 286 Rn. 167), sodass die Berufung zugelassen wird.

    Ein weitergehender Anspruch auf Zahlung von 38,- € Inkassovergütung entsprechend Nr. 3305 RVG abzüglich der anrechenbaren Gebührenanteile ist ebenfalls gemäß § 286 Abs. 1 BGB begründet. Insbesondere wird der Betrag des Schadensersatzanspruches nicht durch die Festsetzungsobergrenze nach § 4 Abs. 4 S. 2 RDGEG begrenzt (vgl. Krenzler, RDG § 4 Rn. 206). Auch insoweit war aber wegen der offenen Rechtslage die Berufung zuzulassen.

    Der diesbezügliche Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus § 291 ZPO, allerdings ‒ mangels Entgeltforderung ‒ nur i.H.v 5%-Punkten und mangels Zustellung „demnächst“ nicht schon ab Zustellung des Mahnbescheids.

    Die ‒ zeitlich verfrühte ‒ Kostenentscheidung aus dem Teilanerkenntnisurteil hat unter dem Gesichtspunkt des § 91 ZPO Bestand.

    Die Vollstreckungsentscheidung beruht auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

    RechtsgebietInkassokostenVorschriften§ 4 RDGEG