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  • 04.06.2014 · IWW-Abrufnummer 133461

    Amtsgericht Stendal: Urteil vom 10.07.2012 – 3 C 192/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Stendal
    Geschäfts-Nr.: 3 C 192/11 (4.0)
    verkündet am: 10.07.2012
    Im Namen des Volkes
    Urteil
    In dem Rechtsstreit XXX
    wegen Schadensersatzes
    hat das Amtsgericht - Zivilgericht - Stendal durch den Richter am Amtsgericht Eickelkamp auf die mündliche Verhandlung vom 19.06.2012
    für Recht erkannt:
    1.) Die Klage wird abgewiesen.
    2.) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
    3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Die Klägerin kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
    Tatbestand:
    Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Reparatur ihres Pkws geltend.
    Die Klägerin ist Eigentümerin des Pkw´s BMW, Typ 320 d Touring, mit dem amtlichen Kennzeichen SDL-WY 82.
    Anfang Oktober 2010 stellte die Klägerin einen erhöhten Ölverbrauch des Motors ihres Pkws fest. Am 06.10.2010 begab sie sich deswegen mit ihrem Fahrzeug zur Werkstatt der Beklagten, welche die Ursache hierfür finden und beheben sollte. In dem von der Klägerin unterzeichneten Auftrag mit Datum vom 06.10.2010 ist hierzu angegeben:
    „Fahrzeugtest durchführen
    Kunde bemängelt: Leistungsverlust,
    Schwarzrauch, Ölverlust Motor“.
    Am 07.10.2010 teilte ein Mitarbeiter der Beklagten der Klägerin mit, die Überprüfung des Motors habe ergeben, dass der Turbolader des Motors einen Schaden aufweise und ausgetauscht werden müsse. Die Klägerin beauftragte daraufhin die Beklagte, den Turbolader auszutauschen.
    Am 09.10.2010 war die Reparatur abgeschlossen. Die Klägerin holte ihr Fahrzeug von der Werkstatt der Beklagten ab und zahlte den für den Austausch des Turboladers in Rechnung gestellten Betrag in Höhe von 1.477,91 Euro.
    Am 20.10.2010 suchte die Klägerin erneut mit ihren Pkw die Werkstatt der Beklagten auf, da sie wiederum einen erhöhten Ölverbrauch festgestellt hatte. In dem Reparaturauftrag vom 20.10.2010 ist ausgeführt:
    „Störungssuche
    starke Rauchentwicklung“.
    Die Beklagte wechselte im Folgenden den verstopften Ölabscheider (Kurbelgehäuseentlüfter). Seitdem läuft der Motor ohne Beanstandungen.
    Den ausgetauschten, alten Turbolader sandte die Beklagte am 14.10.2010 an den Fahrzeughersteller zurück. Dort wurde er anschließend verschrottet.
    In der 43. Kalenderwoche (25. bis 31. Oktober 2010) rügte die Klägerin gegenüber Mitarbeitern der Beklagten den Austausch des Turboladers und mit Schreiben vom 26.11.2010 verlangte sie von der Beklagten die Herausgabe des ausgetauschten Turboladers.
    Die Klägerin behauptet, die alleinige Ursache für die an dem Motor ihres Pkws aufgetretenen Störungen sei die Verstopfung des Ölabscheiders gewesen. Der Turbolader hätte nicht ausgetauscht werden müssen; insbesondere sei die Turboladerwelle nicht ausgeschlagen gewesen. Eine ausgeschlagene Turboladerwelle führe nicht zu einem erhöhten Ölverbrauch.
    Weiterhin behauptet sie, der Reparaturauftrag vom 06.10.2010, den sie erst am 09.10.2010 unterzeichnet habe, enthalte teilweise inhaltlich unzutreffende Angaben. Sie habe keinen Leistungsverlust des Motors bemängelt und an dem Motor sei am 06.10.2010 auch kein Leistungsverlust zu verzeichnen gewesen.
    Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Erstattung der Reparaturkosten aus der Rechnung vom 09.10.2010 und beantragt,
    die Beklagten zu verurteilen,
    an sie 1.477,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2010 sowie weitere 97,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
    Rechtshängigkeit zu zahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Die Beklagte behauptet, die Turboladerwelle des Motors sei am 06.10.2010 ausgeschlagen gewesen. Der Turbolader habe daher ausgetauscht werden müssen. Die am 06.10.2010 vorhanden gewesenen Mängel, nämlich der Leistungsverlust sowie die Entwicklung von Blau- und Schwarzrauch, seien nach dem Austausch des Turboladers nicht mehr aufgetreten. Unabhängig hiervon sei es auch zu einer Verstopfung des Ölabscheiders gekommen, die einen Austausch des Ölabscheiders erforderlich gemacht habe.
    Dadurch, dass die Beklagte zuerst den Turbolader und dann erst den Ölabscheider ausgetauscht habe, sei der Klägerin kein Schaden entstanden.
    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlage verwiesen.
    Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen, Herrn Dipl.-Ing. Uwe Wedau, vom 24.02.2012 sowie auf die mündlichen Ergänzungen und Erläuterungen des Sachverständigen in der Sitzung vom 19.06.2012 Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
    I.
    Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen einer nicht wie geschuldet erbrachten Leistung aus § 281 Abs. 1 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 1.477,91 Euro zu.
    Die Klägerin hat nicht den Nachweis erbracht, dass die Beklagte eine leistungsbezogene Prüfungspflicht im Rahmen des zwischen den Parteien am 06./07.10.2010 geschlossenen Werkvertrages zur Reparatur des Motors des streitbefangenen Pkws verletzt hat.
    Sie hat weder bewiesen, dass der Austausch des Turboladers zur Fehlerbehebung nicht erforderlich, noch dass allein die Verstopfung des Ölabscheiders ursächlich für die am 06.10.2010 aufgetretenen Fehler gewesen ist.
    1.
    Das Gericht geht hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Tatsachen zunächst davon aus, dass der Motor des klägerischen Fahrzeugs am 06.10.2010 nicht nur einen erhöhten Ölverbrauch aufgewiesen und Schwarzrauch entwickelt hat, sondern der Motor auch keine volle Leistung mehr erbracht hat. Dies folgt aus den Angaben der Klägerin in ihrem Reparaturauftrag vom 06.10.2010, in dem die o.a. 3 Anzeichen explizit als von ihr benannte Mängel aufgelistet sind. Für diese schriftliche, von der Klägerin unterzeichnete Erklärung spricht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Dabei ist unerheblich, ob der Reparaturauftrag bereits am 06.10.2010 oder erst am 09.10.2010 von der Klägerin unterzeichnet worden ist. Entscheidend ist, dass die Klägerin unstreitig die Angaben in dem Reparaturauftrag mit ihrer Unterschrift bestätigt hat.
    2.
    Auszugehend davon, dass der Motor des klägerischen Fahrzeugs am 06.10.2010 (auch) einen Leistungsverlust zu verzeichnen hatte, kann der verstopfte Ölabscheider zumindest nicht die einzige Ursache für die am 06.10.2010 aufgetretenen Mängel gewesen seien. Denn aus den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen, Herrn Dipl.-Ing. Uwe Wedau, in dem Gutachten vom 24.02.2012, dessen Ausführungen sich das Gericht nach eigenem Abwägen zu Eigen macht, ergibt sich, dass ein verstopfter Ölabscheider zwar zum Austritt blauen Rauches, nicht aber zu einem Leistungsverlust des Motors führt.
    3.
    Darüber hinaus hat der Sachverständige überzeugend in seinem Gutachten dargelegt, dass eine ausgeschlagene Welle eines Turboladers zu einem Leistungsverlust des Fahrzeugmotors führt, da der Ladedruck des Turboladers zu niedrig ist. Ferner kommt es bei einem Laderschaden zur Bildung von Blaurauch durch die Verbrennung von Öl sowie zur Bildung von Schwarzrauch wegen des Luftmangels bei der Verbrennung des Kraftstoffes. Zugleich steigt der Ölverbrauch. Diese Schadensmerkmale passen zu der Beschreibung der Mängel in dem Reparaturauftrag vom 06.10.2010.Dieser Umstand spricht dafür, dass die Laderwelle des streitbefangenen Turboladers beschädigt war.
    4.
    Ob der ausgebaute Turbolader tatsächlich eine ausgeschlagene Laderwelle aufgewiesen hat, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit feststellen, da der Turbolader inzwischen verschrottet ist und für eine technische Untersuchung nicht mehr zur Verfügung steht. Die fehlende Möglichkeit der Tatsachenfeststellung geht zu Lasten der Klägerin, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist.
    Hier kommt hinsichtlich des Vorliegens eines Defektes des ausgebauten Turboladers auch keine Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung unter dem Aspekt, dass die Beklagte den ausgebauten Turbolader am 14.10.2010 an den Fahrzeughersteller zurückgesandt hat, in Betracht.
    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt in Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjektes als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen. Als Folge der Beweisvereitelung kommen in solchen Fällen Beweiserleichterungen in Betracht, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können (BGH WM 1996, 208 und BGH WM 2003, Seite 2325 jeweils m.w.N).
    Hier erfüllt das Verhalten der Beklagten die Voraussetzungen einer fahrlässigen Beweisvereitelung nicht. Zum Zeitpunkt der Rücksendung des Turboladers an den Fahrzeughersteller am 14.10.2010 hatte die Klägerin noch nicht gegenüber der Beklagten beanstandet, dass der ausgetauschte Turbolader gar keinen Defekt aufgewiesen habe und dieser für die aufgetretenen Mängel nicht ursächlich sein könne. Sie hat zudem erst Ende November 2010 erstmals von der Beklagten die Herausgabe des ausgebauten Turboladers verlangt. Die Beklagte hat nach alledem bei dem Übersenden des Turboladers an den Hersteller zur Verschrottung nicht bedenken müssen, dass dieser für eine spätere Geltendmachung von Schadensersatz gegen sie als Beweismittel benötigt werden würde und deshalb aufbewahrt werden müsste.
    Damit fehlt im Ergebnis ein begründeter Ansatz für die Annahme, der Beklagten sei bei der Fahrzeuguntersuchung am 6. bzw. 7. Oktober 2010 ein Fehler unterlaufen, als sie einen Defekt des Turboladers als Ursache für die aufgetretenen Mängel ermittelt hat.
    5.
    Ausgehend von dem Vorliegen eines Defektes am Turboladers des klägerischen Fahrzeugs hat der Umstand, dass die Beklagte nicht zuerst den Ölabscheider und dann erst den Turbolader ausgetauscht hat, nach den gleichfalls nachvollziehbaren gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Uwe Wedau in der Sitzung vom 19.06.2012 nicht zu einer Erhöhung der Reparaturkosten geführt. Durch die an sich nicht fach- und sachgerechte Reihenfolge der Reparaturschritte ist der Klägerin also vorliegend kein Schaden entstanden.
    II.
    Da der Klägerin der in der Hauptsache geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zusteht, kann sie gegen die Beklagte auch keinen von dem Bestehen dieser Hauptforderung abhängigen Zins- und Nebenansprüche aus §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 247 BGB geltend machen.
    III.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
    IV.
    Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus §§ 704 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.