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  • 06.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212092

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 09.09.2019 – 12 U 773/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 12 U 773/18

    4 O 160/17 LG Mainz

    Oberlandesgericht Koblenz

    IM NAMEN DES VOLKES

    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    W.

    - Kläger und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigte:    Rechtsanwälte Dr. S.

    gegen

    D.

    - Beklagte und Berufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte:    Rechtsanwälte M.

    hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, die Richterin am Landgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2019 für Recht erkannt:

        Die Berufung des Klägers gegen das am 23.05.2018 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz, Az. 4 O 160/17, wird zurückgewiesen.
        Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
        Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
        Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten, einer Kfz-Händlerin für Reim-portfahrzeuge, die Nachlieferung eines (fabrikneuen) Ersatzfahrzeugs des Modells Skoda Superb Combi aus der aktuellen Serienproduktion, Zug um Zug gegen Rückübereignung des von ihm erworbenen, seiner Ansicht nach mangelhaften Fahrzeugs.

    Der Kläger erwarb aufgrund Bestellung vom 03.02.2015 von der Beklagten einen Pkw  Skoda Superb Combi „Elegance+“ 2,0 TDI Green Tec, 170 PS, 125 KW, 6 Gang, „Modell 2015“ mit den im Vertragsangebot vom 03.02.2015 aufgeführten weiteren Ausstattungsmerkmalen und der darin aufgeführten Mehrausstattung zu einem Kaufpreis von 30.685 € (tatsächlich in Rechnung gestellt: 30.535 €).

    Das Fahrzeug des Klägers verfügt über einen mit Dieselkraftstoff betriebenen Motor der Baureihe EA 189, für den die Typgenehmigung nach VO [EG] Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden VO [EG] Nr. 715/2007) erteilt wurde.

    Das Klägerfahrzeug ist werkseitig mit einer Motorsteuerungsgerätesoftware ausgestattet, die, erkennend, ob sich das Fahrzeug im Testlauf unter Laborbedingungen oder im normalen Straßenverkehr befindet, mit Hilfe zweier Abgasrückführungsmodi den Stickstoffdioxidausstoß dahingehend steuert, dass der auf dem Prüfstand angezeigte Wert gegenüber dem tatsächlichen Wert im Fahrbetrieb reduziert ist.

    Mit der Begründung, die dergestalt eingebaute Software mit Fahrzykluserkennung und Steuerung der Abgasrückführung begründe einen unbehebbaren Mangel des von ihm im Februar 2015 erworbenen Fahrzeugs, verlangt der Kläger die Nachlieferung eines neuen Fahrzeugs des Typs Skoda Superb Combi aus der aktuellen Produktion mit den im Klageantrag näher bezeichneten technischen Ausstattungsmerkmalen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des von ihm erworbenen Vorgängermodells.

    Er vertritt die Auffassung, der technische Mangel des von ihm erworbenen Fahr-zeugs sei nicht behebbar. Selbst die - beklagtenseits angebotene - Installation eines von der Vehicle Certification Agency (im Folgenden VCA) mit Sitz in Großbritannien als zuständiger Typgenehmigungsbehörde genehmigten Software-Updates führe nicht zu einer Mängelbeseitigung und stelle daher keine ordnungsgemäße Nach-besserung dar. Das mit einer solchen Software ausgestattete Fahrzeug würde - so der Kläger - auch dann die gültigen Bestimmungen über den Schadstoffemissions-ausstoß nicht einhalten, jedenfalls führe die Umrüstung zu einer Verkürzung der Gesamthaltbarkeit des Fahrzeugs, zu einem höheren Kraftstoffverbrauch, einer höheren Geräuschemission und zu einer stärkeren Reparaturanfälligkeit infolge eines erhöhten Abgasausstoßes. Schließlich verbleibe auch bei einer derart vorgenommenen Nachbesserung ein merkantiler Minderwert des mängelbehafteten Fahrzeugs.

    Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

    1.    die Beklagtenpartei zu verurteilen, an ihn ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug Skoda Superb 2,0 I TDI, FIN: TMB…24, Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangel-haften Fahrzeugs Skoda Superb 2,0 I TDI, FIN: TMB…24 nachzuliefern;

    2.    festzustellen, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet;

    3.    ihn von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

    Mit am 23.05.2018 verkündetem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Nachlieferung eines Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Modellreihe für den aufgrund vorhandener Umschaltlogik mangelhaften Pkw sei unmöglich geworden (§ 275 BGB). Die grundsätzlich bestehende gewährleistungsrechtliche Option, die Nachlieferung eines mängelfreien Fahrzeugs verlangen zu dürfen, erstrecke sich im Hinblick auf den zwischenzeitlich erfolgten Modellwechsel und die damit einhergehende Produktions- und Liefereinstellung des von dem Kläger erworbenen Vorgängermodells Skoda Superb Combi Elegance+ nicht auf ein Fahrzeug der aktuellen Serienproduktion; das Nachfolgemodell sei mit einem Motor der höheren Schadstoffklasse ausgestattet und mit sonstigen, über ein bloßes „Facelift“ hinausgehenden Veränderungen versehen worden und stelle daher kein gleichartiges und gleichwertiges Objekt dar.

    Wegen der weiteren Erwägungen des Landgerichts wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

    Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens greift der Kläger das landgerichtliche Urteil mit der Berufung an und verfolgt sein in erster Instanz geltend gemachtes Klagebegehren weiter.

    Er beantragt unter klarstellender Beschreibung der technischen Ausstattung des mit der Klage verlangten Neufahrzeugs,

    das Urteil des Landgerichts Mainz vom 23.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

    1.    ihm ein neues Fahrzeug Skoda Superb Combi aus der aktuellen Produktion mit zumindest den folgenden technischen Merkmalen

    •    Motorisierung: 2,0 TDI mit mindestens 125 KW
    •    Außenfarbe: grau metallic
    •    Leichtmetallfelgen
    •    12-V Steckdose in der Mittelkonsole und im Kofferraum
    •    Ablagentasche an den Rückseiten der Vordersitze
    •    LED-Akku Taschenlampe im Kofferraum
    •    Aeroscheibenwischer vorne
    •    Außenspiegel elektrisch und beheizt in Wagenfarbe, automatische Außenspiegelabblendung
    •    automatische Innenspiegelabblendung
    •    Becherhalter hinten und vorne
    •    beheizbare Vorder- und Rücksitze, beheizbare Windschutzscheibe
    •    Berganfahrassistent
    •    Reifendrucküberwachung
    •    Bi-Xenonscheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht, dynamischem Kurvenlicht, adaptive Frontscheinwerfer
    •    Dachreling eloxiert
    •    Dreipunkt-Sicherheitsgurte hinten
    e•    Höheneinstellbare Dreipunkt-Sicherheitsgurte vorn, mit Gurtstraffern
    •    Servolenkung
    •    Elektrisch einstellbare Vordersitze, Fahrersitz mit Memory-Funktion, Fußraumbeleuchtung
    •    Elektronische Stabilisierungskontrolle (ESC)
    •    Antiblockiersystem (ABS)
    •    Antriebsschlupfregelung (ASR)
    •    Motorschleppmomentregelung (MSR)
    •    Hydraulischer Bremsassistent (HBA)
    •    Elektronische Differenzialsperre
    •    Fahrer- und abschaltbarer Beifahrerairbag
    •    Fahrer-Knieairbag
    •    Seitenairbags vorne und hinten, Kopfairbags
    •    Höheneinstellbare Kopfstützen
    •    Einstellbare Lendenwirbelstützen in den Vordersitzen
    •    Fahrlichtassistent (Tunnellicht, Coming- und Leaving-Home-Funktion)
    •    Regensensor
    •    Elektrische Fensterheber
    •    Ablagefächer im Kofferraum
    •    Geschwindigkeitsregelanlage
    •    Getönte Scheiben
    •    Klimaautomatik
    •    Gurtanlegesignalisation
    •    Beleuchtetes Handschuhfach
    •    Heckscheibenwischer
    •    Diebstahlwarnanlage mit Innenraumüberwachung und Neigungssensor
    •    Elektrisches Panoramaschiebedach mit Sonnenschutzrollo
    •    Elektrische Heckklappe
    •    Müdigkeitserkennung
    •    Lederlenkrad mit Multifunktionstasten
    •    Variabler Ladeboden im Kofferraum
    •    Multifunktionsanzeige, Radio-Navigationssystem mit Touchscreen-Farbdisplay, 2 SD-Kartenslots, digitaler Radioempfang, Telefonfreisprecheinrichtung, USB-Anschluss
    •    Umklappbare Rücksitzlehne
    •    Scheinwerferreinigungsanlage
    •    Sicherheitsleuchten in den Türen
    •    Sonnenblende auf Fahrer- und Beifahrerseite mit Make-up Spiegel
    •    Start-Stopp-System mit Bremsenergie-Rückgewinnung
    •    Fußmatten vorne und hinten
    •    Türeinstiegsleisten
    •    Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung
    •    Innenraumbeleuchtung, 2 Leseleuchten hinten, Beleuchtung im Koffer-raum
    •    ISOFIX-Vorbereitung auf den äußeren Rücksitzen
    •    Ladekantenschutz
    •    LED-Rückleuchten
    •    Mittelarmlehne hinten mit Durchlademöglichkeit
    •    Mittelarmlehne vorn mit Ablagefach
    •    Nebelscheinwerfer mit integriertem Abbiegelicht
    •    Parksensoren hinten

    nachzuliefern Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahr-zeugs Skoda Superb 2,0 I TDI, FIN: TMB…24;

    2.    festzustellen, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet;

    3.    die Beklagtenpartei zu verurteilen, ihn von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.256,24 freizustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Wegen der Darstellung des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Mainz sowie die erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

    II.

    Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

    Dem Kläger steht - unter besonderer Berücksichtigung der inhaltlichen Ausgestaltung des hier zu beurteilenden Vertragsverhältnisses - ein Anspruch auf Ersatzlieferung eines typgleichen Neufahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion nicht zu.

    Im Ansatz zu Recht ist das Landgericht in verfahrensrechtlicher Hinsicht - ohne dies explizit zu problematisieren - davon ausgegangen, dass die Klage zulässig ist; jedenfalls in der nachträglich klarstellend konkretisierten Form des Klageantrags, in dem die wesentlichen technischen Ausstattungsmerkmale des begehrten Neufahrzeugs enumerativ aufgeführt werden, bestehen aus Sicht des Senats keine Bedenken, dass die prozessualen Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hier eingehalten sind.

    Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die hinreichend konkretisierte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Antrag legt Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens des Klägers fest und ist damit ein wesentliches Element zur Be-stimmung des Streitgegenstandes. Er bindet das Gericht und schafft zugleich die Grundlage für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung. Vor diesem Hintergrund muss der Antrag verständlich und eindeutig sein.

    Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein Klageantrag nach der Rechtsprechung des BGH im allgemeinen dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnisse (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechts-kraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH NJW 1999, 954). Im Falle eines Antrags auf Herausgabe bzw. Übergabe eines Gegenstandes muss dieser so genau wie möglich bezeichnet werden, damit er im Falle einer Zwangsvollstreckung identifiziert und von anderen, gleichartigen Gegenständen unterschieden werden kann.

    Diesen Anforderungen wird der Antrag des Klägers in der mit Schriftsatz vom 06.03.2019 gestellten Form gerecht.

    In diesem Antrag sind die technischen Merkmale des übereignet verlangten Fahrzeugs - verbunden mit dem Adverb „zumindest“ - im Einzelnen bezeichnet und genügen damit den vorgeschriebenen verfahrensrechtlichen Erfordernissen.

    Auch der BGH hat in seinem, einen insoweit im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalt betreffenden Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 (NJW 2019, 1133) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass an die Bestimmtheit des Klagebegehrens keine zu hohen Anforderungen gestellt und die Entscheidungsbefugnis des Gerichts in nicht zulässiger Weise verengt werden dürfe. Das Prozessrecht solle das materielle Recht verwirklichen und nicht dessen Durchsetzung erschweren oder vermeidbar verhindern.

    Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass das von dem Kläger im Februar 2015 erworbene Fahrzeug Skoda Superb Combi Elegance+ mit einem hohen Ausstattungsgrad versehen war, so dass auch die Nachlieferung eines Ersatzfahrzeugs aus der Nachfolgemodellreihe diesem Ausstattungsprofil entsprechen sollte. Dabei ist zu beachten, dass der Inhalt und die Reichweite des Klagebegehrens nicht nur durch den Wortlaut des gestellten Klageantrags bestimmt werden, sondern der Klageantrag unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen ist (BGH NJW 2019, a. a. O.).

    Die Berufung des Klägers scheitert daher nicht schon an der vermeintlichen Unzulässigkeit seiner Klage infolge mangelnder Bestimmtheit des Klageantrags.

    Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zunächst zutreffend zu der Feststellung gelangt, dass das Anspruchsbegehren des Klägers vorliegend nach den gewährleistungsrechtlichen Grundsätzen der §§ 434 ff BGB zu beurteilen ist.

    Die mit einer Umschaltlogik versehene, im Fahrzeug des Klägers verbaute Motorsteuerungssoftware begründet einen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Insoweit geht auch der Senat davon aus, dass das Klägerfahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. d.  Art. 5 Abs. 2 S. 1 der VO [EG] Nr. 715/2007 ausgestattet ist.

    Nach der Begriffsbestimmung in Art. 3 Nr. 10 VO [EG] Nr. 715/2007 ist als Abschalt-einrichtung ein Konstruktionsteil anzusehen, das bestimmte Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

    Ausgehend von dieser weitgefassten Definition erfüllt das im Fahrzeug des Klägers verbaute Steuerungselement die technischen Merkmale einer Abschalteinrichtung, da die im Fahrzeug des Klägers installierte Software gerade dem Zweck diente, in Abhängigkeit vom erkannten Fahrzyklus durch die Aktivierung zweier verfügbarer Modi den Grad der Abgasrückführung und damit die Wirksamkeit des Emissions-kontrollsystems zu steuern.

    Im Hinblick auf die dem Regelungszweck entsprechend (engen) Voraussetzungen, unter denen die Verwendung einer solchen Abschalteinrichtung zulässig ist, kann von einem Ausnahmetatbestand i. S. d. Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO [EG] Nr. 715/2007 im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Wirkungsweise der beanstandeten Software besteht gerade darin, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um die (nur in dieser Weise erreichbaren) Grenzwerte       sicherzustellen und einen im normalen Fahrbetrieb tatsächlich nicht vorhandenen Wirkungsgrad des Emissionskontrollsys-tems zu suggerieren. Dass diese softwaregesteuerte Beeinflussung des Emissions-verhaltens eines Fahrzeugs einen der in Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) - c) VO [EG] Nr. 715/2007 enumerativ aufgeführten Tatbestände abbilden würde, unter denen die Installation einer Abschalteinrichtung ausnahmsweise zulässig wäre, ist nicht er-sichtlich und wird auch von der Beklagten nicht substantiiert behauptet.

    Infolge der somit in dem Pkw des Klägers in unzulässiger Weise verbauten Abschalteinrichtung ist der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum nicht gewährleistet und das Fahrzeug somit nicht zur gewöhnlichen Verwendung im Straßenverkehr i. S. v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB geeignet.

    Der konkrete Mangel des Klägerfahrzeugs ist darin begründet, dass dieses unter Verletzung emissionsrechtlicher Vorschriften mit einem unzulässigen Steuerungs-element ausgestattet ist und der Kläger wegen der dadurch fehlenden Überein-stimmung mit den Regelungen der Fahrzeug-Zulassungsverordnung der - zumindest latenten - Gefahr einer Betriebsuntersagung oder -beschränkung durch die Zulassungsbehörde ausgesetzt ist. Die Eignung zur gewöhnlichen Verwendung setzt nicht nur voraus, dass die Sache tatsächlich auf die gewöhnliche Art genutzt werden kann, sondern auch, dass eine Nutzung rechtlich zulässig ist und keine besonderen Gefahren für den Nutzer oder für Dritte entstehen (BeckOK/BGB/Faust, 50. Ed., § 434 Rdn. 63). So müssen Kraftfahrzeuge zur Zulassung im öffentlichen Verkehr geeignet sein (BeckOK a. a. O.). Bei dem Fahrzeug des Klägers besteht - jedenfalls solange es noch nicht mit dem herstellerseits angebotenen, von der VCA freigegebenen Software-Update nachgerüstet ist - der vorbeschriebene Mangel fort.

    Ob die Nachrüstung mit einer solchen, dem Kläger nachträglich zur Verfügung gestellten Software tatsächlich zur Behebung des Mangels hätte führen können und daher eine ordnungsgemäße Form der Nachbesserung darstellen würde oder - wie von dem Kläger behauptet - zu weiteren Unzulänglichkeiten an dem Fahrzeug geführt hätte, hatte der Senat nicht zu beurteilen. Unstreitig ist das Fahrzeug Skoda Superb Combi Eleganz+ des Klägers nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien jedenfalls bislang einer solchen Nachrüstungsmaßnahme nicht unterzogen worden.

    Von dem Senat nicht zu beurteilen war in diesem Zusammenhang auch die zwischen den Parteien weiter umstrittene Rechtsfrage, ob der Kläger verpflichtet ist, sich unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit einer Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 4 BGB) auf eine solche, ihm von der Beklagten angebotene Form der Nacherfüllung einzulassen bzw. ob die Beklagte berechtigt ist, die von dem Kläger verlangte Lieferung eines Neufahrzeugs unter Hinweis auf die Möglichkeit der wesentlich preisgünstigeren Nachrüstung mit einem Software-Update zu verweigern.

    Die tatbestandlichen Voraussetzungen, die an die rechtliche Fragestellung anknüpfen, unter welchen Bedingungen und bis zu welchem Zeitpunkt der Kläger seinen Anspruch auf Nacherfüllung sowohl in Form des Mängelbeseitigungsverlangens als auch in Gestalt des Verlangens nach Lieferung einer mangelfreien Sache ausüben kann, hatte der Senat vorliegend nicht zu prüfen, da die Lieferung eines Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Produktionsserie - allein hierauf ist das Klagebegehren gerichtet - vorliegend von der Beklagten aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht geschuldet ist.

    Zwar schließt die Tatsache, dass bis zu der Ausübung eines gewährleistungsrechtlichen Nachlieferungsverlangens des Käufers ein oder gar mehrere Modellwechsel seines (mangelhaften) Fahrzeugs stattgefunden hat/haben, die Durchsetzung dieses Nacherfüllungverlangens entgegen der rechtlichen Beurteilung des Landgerichts nicht grundsätzlich aus. Von einer objektiven Unmöglichkeit der Nachlieferung in Form der Ersatzlieferung eines Neufahrzeugs ist regelmäßig nicht schon dann auszugehen, wenn ein Modellwechsel stattgefunden hat und das Nachfolgemodell wesentliche, über ein bloßes „Facelift“ hinausgehende technische und/oder optische Veränderungen erfahren hat. Für die Bestimmung der Reichweite des Nachlieferungsanspruchs kommt es hiernach primär auf den Umfang der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Beschaffungspflicht des Verkäufers an und nicht, wie das Landgericht meint, darauf, ob das mit der Klage übereignet verlangte Fahrzeug aus der aktuellen Produktionsserie trotz des Modellwechsels noch der gleichen Gattung angehört wie das „Ursprungsfahrzeug“ (vgl. BGH, NJW 2019, 1133).

    Der gewährleistungsrechtliche Anspruch des Käufers auf Lieferung eines mangel-freien Ersatzfahrzeugs beinhaltet je nach Ausgestaltung des Kaufvertrages grundsätzlich auch die Pflicht des Verkäufers zu einer modellübergreifenden Beschaffung eines Fahrzeugs aus einer aktuellen Produktionsserie, gleichgültig, ob es sich hierbei um das Nachfolgemodell oder gar ein Fahrzeug aus einer noch späteren Modellreihe handelt. Denn es ist auch dem Käufer bei Abschluss des Kaufvertrages regelmäßig bewusst, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit mit der Produktion und dem Markteintritt eines Nachfolgemodells zu rechnen ist, so dass im Einzelfall die Einbeziehung des Modellwechsels der Kaufvertragsgestaltung durch die Parteien immanent ist. Die Beurteilung der Frage, ob tatsächlich solch weitreichende Überlegungen hinsichtlich der „Austauschbarkeit der Leistung“ nach einem Modellwechsel Eingang in den Vertrag gefunden haben, ist dabei durch eine interessengerechte Auslegung der Willenserklärungen der Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Diese Feststellung kann nicht einheitlich für sämtliche Fallgestaltungen abstrakt getroffen werden, sondern bedarf einer individuellen, interessengerechten Berücksichtigung der Zielsetzungen und Überlegungen, die die Parteien mit dem Abschluss des zu beurteilenden Kaufvertrages verfolgt und verbunden haben (vgl. BGH, a.a.O.).

    Im vorliegenden Fall ist dabei neben der textlichen Ausgestaltung des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages vor allem die diesem Vertragsverhältnis zu Grunde liegende Motivationslage der Vertragsparteien zu berücksichtigen, so dass der Senat im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung des Klägers auf Nacherfüllung durch Ersatzlieferung eines Fahrzeugs aus der aktuellen Produktionsserie letztlich von der Beklagten nicht geschuldet ist.

    Bereits im Dezember 2014, nahezu zwei Monate vor Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages (03.02.2015), war nach dem unstreitigen Vortrag der Be-klagten im Rahmen einer Pressemeldung der Modellwechsel betreffend das Fahr-zeug „Skoda Superb“ angekündigt worden. Bei Abschluss des Kaufvertrages am 03.02.2015 war das Nachfolgemodell der Generation III bereits bestellbar und sollte im Juni 2015 in Serienproduktion gehen; die Herstellung des von dem Kläger bestellten Fahrzeugs der Modellreihe II sollte zuvor, im Mai 2015, enden. Vor dem Hintergrund dieser zeitlichen Chronologie ist der Umstand zu bewerten, dass trotz des unmittelbar bevorstehenden Markteintritts des Nachfolgemodells der hier in Rede stehende Kaufvertrag über ein Fahrzeug Skoda Superb Combi Elegance+ „Modell 2015“, mithin über ein „Auslaufmodell“, das in dieser Ausführungsvariante mit einem Euro-5-Motor nicht neu aufgelegt wurde, zustandegekommen ist. Der Modellwechsel stellt sich im Lichte dieser zeitlichen Komponente nicht lediglich als ein Begleitumstand dar, der bei einem Auto(neu)kauf im Bewusstsein eines jeden Käufers als wertbestimmender wirtschaftlicher Faktor verankert ist und bei dessen Ein-tritt es gegebenenfalls zu einem Wertverlust des erworbenen „Vormodells“ unabhängig von dem Alter des Fahrzeugs und den sonstigen verkehrswertbestimmenden Faktoren kommen kann, sondern gewinnt gerade für die konkrete Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses im vorliegenden Fall besondere Bedeutung.

    Unstreitig war dem Kläger bei Vertragsabschluss bekannt, dass es sich bei dem von ihm bestellten Fahrzeug um ein „Auslaufmodell“ handelte. Weiterhin unstreitig ist auch, dass sich der Kläger aus ökonomischen Gesichtspunkten bewusst für den Kauf dieses „Altmodells“ entschieden hat, um sich - neben den Vergünstigungen bei Erwerb eines Reimportfahrzeuges - die Preisvorteile, den die Beklagte bzw. der Fahrzeughersteller gewährte, um den bei einem unmittelbar bevorstehenden Generationenwechsel bestehenden Absatzschwierigkeiten von Auslaufmodellen entgegenzuwirken, zu Nutze zu machen. Die Beklagte hat insoweit - unbestritten - wiederholt, zuletzt mit Schriftsatz vom 07.08.2019 (Bl. 731R) vorgetragen: „Mit dem Markteintritt eines Nachfolgemodells erst nach gewisser Zeit und damit in der Zukunft war hier im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mehr zu rechnen. Dieser war damals bereits angekündigt und das Nachfolgemodell war bereits bestellbar und somit im Verkauf „an die Stelle des Vorgängermodells getreten“, was beiden Parteien und insbesondere dem Kläger positiv bekannt war. … Der Wil-le des Klägers war daher gesichert auf den Erwerb des vom Hersteller subventionierten Auslaufmodells aus der auslaufenden Produktion - und das noch dazu in der besonders günstigen Form des Re-Imports - zu einem besonders günstigen Preis gelegen.“. Der Kläger ist diesem Vorbringen nicht entgegengetreten.

    Der hier zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich daher insoweit in einem maßgeblichen Punkt von der dem Hinweisbeschluss des BGH (NJW 2019, 1133) zu Grunde liegenden Fallkonstellation dahingehend, dass der Markteintritt des Nachfolgemodells für die Kaufvertragsparteien nicht erst als eine zeitlich ungewisse, unkalkulierbare Größe im Raume stand, sondern bereits bei Abschluss des Kaufvertrags über das Vorgängermodell feststand und damit einen faktisch und zeitlich manifesten Tatbestand darstellte, der dem Kläger eine bewusste Entscheidung zwischen dem Kauf des gerade noch erhältlichen Vorgängermodells oder des bereits bestellbaren Nachfolgemodells abverlangte. Der Kläger hätte das Nachfolgemodell zu diesem Zeitpunkt bestellen und mit einer nur wenige Monate verzögerten Liefer-zeit auch erhalten können. Er hat von dieser Möglichkeit indes bewusst abgesehen, um sich die wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich für ihn aus der günstigen Preisgestaltung für dieses Vorgängermodell ergaben. Das Vertragsverhältnis war damit auf die Lieferung eines Fahrzeugs des Modells Skoda Superb Combi in der bis zum 22.05.2015 produzierten Modellversion konkretisiert und spezifiziert. Die für die Bestimmung des Umfangs der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers allein entscheidende vertragliche Beschaffungspflicht bewegt sich daher in Bezug auf die Beklagte auch nur im Rahmen dieses durch die Parteien vereinbarten Leistungs-umfangs. Damit ist die mit der Klage verlangte Lieferung eines Fahrzeugs des Typs Skoda Superb Combi aus der aktuellen Produktionsserie nach der inhaltlichen Ausgestaltung des Vertrages von der Beklagten nicht geschuldet, so dass dem Klageantrag insoweit nicht zu entsprechen war.

    Da ein (mangelfreies) Neufahrzeug der seit mehr als vier Jahren nicht mehr produzierten II. Generation nicht mehr lieferbar ist, die Erfüllung eines solchen Leistungs-verlangens daher in tatsächlicher Hinsicht unmöglich wäre, war der Klage auch nicht – a maiore ad minus - unter Ausspruch einer dahingehenden Verpflichtung der Beklagten zu entsprechen.

    Nach allem hat das Landgericht die allein auf Übereignung eines Neufahrzeugs aus der aktuellen Produktionsserie gerichtete Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

    Der Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Antragsbegehren weiterverfolgt, war daher nicht zu entsprechen.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die hier einschlägigen grundsätzlichen Fragen zu der gewährleistungsrechtlichen Einordnung der vom Hersteller in Motoren der Baureihe EA 189 eingebauten unzulässigen Abschalteinrichtung sowie den Bestimmtheitsanforderungen an ein geltend gemachtes Nachlieferungsverlangen sind höchstrichterlich hinreichend geklärt (BGH, NJW 2019, 1133). Die sich hier darüber hinaus stellende Frage, wie weit die vertragliche Leistungspflicht und die daran anknüpfende gewährleistungsrechtliche Nacherfüllungspflicht des Verkäufers reicht, ist von der konkreten Ausgestaltung des Vertrages abhängig und daher nicht in einer grundsätzlichen, allgemeinverbindlichen, die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise zu beurteilen.

    Verkündet am 09.09.2019