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  • 03.08.2018 · IWW-Abrufnummer 202736

    Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 11.07.2018 – 3 U 71/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 3 U 71/17
    26 O 181/16 LG Stuttgart
                  
    Oberlandesgericht Stuttgart
    3. ZIVILSENAT

    Im Namen des Volkes        

    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    OXX
    - Kläger, Widerbeklagter und Berufungskläger -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte X
     
    gegen

    CXX
    - Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte -

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte Y

    wegen Kaufpreisrückzahlung

    hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 3. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, die Richterin am Landgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2018 für Recht erkannt:

    I.    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 26. Zivilkammer vom 14.03.2017 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    I.    Die Klage wird abgewiesen.

    I.    Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte X € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.05.2016 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Wohnmobils Hobby RM 2016 Optima de Luxe Premium Heck T70 E Fiat Ducato, interne Fahrzeugnummer XXX. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

    II.    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    III.    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    IV.    Dieses Urteil sowie das unter Ziffer 1 bezeichnete Urteil, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt für die Beklagte vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    V.    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Berufungsstreitwert: 76.517 €

    Gründe

    A.

    Die Parteien streiten über die Rückabwicklung des Kaufvertrags über ein Wohnmobil, welches der Kläger als Neufahrzeug bei der Beklagten gekauft hat.

    Der Kläger besichtigte am 31.08.2015 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Zeugin MXX, auf der Messe Caravan Salon in D ein Wohnmobil des Herstellers Hobby. Nach Erörterungen mit dem Verkäufer der Beklagten, dem Zeugen BXX, bestellte der Kläger auf der Messe bei der Beklagten als Neufahrzeug ein Wohnmobil vom Typ Hobby RM 2016 Optima de Luxe Premium Heck T70 E Fiat Ducato einschließlich eines Fahrradträgers zum Kaufpreis von X €. Hierauf leistete der Kläger in der Folgezeit eine Anzahlung in Höhe von X €. Am 13.04.2016 erschien der Kläger bei der Beklagten zur Abholung des Wohnmobils, wobei er auf den Kaufpreis weitere X € zahlte. Der Kläger verweigerte sodann die Entgegennahme des Wohnmobils, weil dieses sich nicht in mangelfreiem Zustand befinde. Der Kläger rügte Verwerfungen der Außenhaut und Kratzer sowie den Umstand, dass das Wohnmobil mit einem mechanischen, nicht aber mit einem elektrischen Fahrradträger ausgestattet war.

    Nachdem die Beklagte die vom Kläger erhobenen Mängelrügen zurückgewiesen hatte, trat der Kläger mit Schriftsatz vom 30.05.2016 vom Kaufvertrag zurück. Das Wohnmobil befindet sich weiterhin bei der Beklagten.  

    Der Kläger hat in erster Instanz die von ihm auf den Kaufpreis geleisteten Zahlungen in Höhe von X € nebst Zinsen - Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils - zurückgefordert sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt und ferner die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Wohnmobils in Annahmeverzug befinde. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage die Zahlung des noch offenen Kaufpreises in Höhe von X € nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landgericht hat gemeint, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht festgestellt werden, dass die Parteien auf der Messe in D eine Beschaffenheit vereinbart hätten, wonach die Außenhaut des vom Kläger bestellten Wohnmobils dem von ihm auf der Messe besichtigten Wohnmobil entsprechen müsse (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Hinblick auf die vom Kläger beanstandete Welligkeit komme es daher auf die übliche und vom Kläger erwartbare Beschaffenheit an (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch das Gutachten des Sachverständigen KXX seien die vom Kläger gerügten Mängel bei der sog. Sandwich-Bauweise konstruktionsbedingt und stellten damit keinen Mangel dar. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Parteien die Ausrüstung des Fahrzeugs mit einem elektrischen Fahrradträger vereinbart hätten (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB), so dass der mechanische Fahrradträger keinen Mangel bedeute.

    Im Hinblick auf die Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz sowie die Entscheidung des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

    Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Er rügt,

    das Landgericht habe die vom Kläger gerügten welligen Verformungen des Wohnmobils, deren Vorliegen auch vom Sachverständigen KXX bestätigt worden sei, fehlerhaft nicht als Sachmangel gewertet. Das Landgericht habe verkannt, dass der Kläger ein fabrikneues Wohnmobil bestellt habe, weshalb die Fabrikneuheit konkludent als Beschaffenheit vereinbart worden sei. Bei einem fabrikneuen Fahrzeug könne der Käufer eine optisch und verarbeitungstechnisch makellose Karosserie erwarten. Die Annahme des Landgerichts, wonach die Verwerfungen der Außenhaut aufgrund der sog. Sandwich-Bauweise konstruktionsbedingt und damit technisch regelgerecht seien, treffe nicht zu. Aus den Ausführungen des Sachverständigen KXX ergebe sich lediglich, dass die vom Kläger beanstandeten Verwerfungen beim Herstellungsprozess auftreten könnten. Damit sei aber noch nicht gesagt, ob diese Verwerfungen dem Stand der Technik entsprächen oder ob es sich um vom Käufer nicht hinzunehmenden Ausschuss des Produktionsprozesses handele. Um den Stand der Technik festzustellen, hätte ein herstellerübergreifender Vergleich des technischen Entwicklungsstands der Wohnmobilindustrie vorgenommen werden müssen, welchen der Sachverständige KXX nicht in ausreichender Weise angestellt habe. Ausweislich des vom Kläger erstinstanzlich vorgelegten Privatgutachtens seien die beim streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegenden Verwerfungen der Außenhaut bei vergleichbaren Fahrzeugen sowohl des Herstellers Hobby wie auch anderer Hersteller gerade nicht gegeben. Der Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag sei daher wirksam, jedenfalls hätte das Landgericht den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in mangelfreiem Zustand verurteilen dürfen (§ 320 Abs. 1 BGB).

    Der Kläger hat zuletzt beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und

    1.    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger X € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.06.2016 zu zahlen;

    2.    die Widerklage abzuweisen;

    3.    die Beklagte zu verurteilen, zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten an den Kläger weitere 2.085,95 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.06.2016  zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bringt vor,

    aus dem unstreitigen Umstand, dass der Kläger ein fabrikneues Fahrzeug bestellt habe, könne der Kläger die Mangelhaftigkeit nicht ableiten. Für die Frage, welche Beschaffenheit der Käufer eines Neufahrzeugs erwarten könne, sei nicht auf den Stand der Technik der Automobilindustrie abzustellen, sondern auf denjenigen für Wohnmobile. Die vom Kläger beanstandeten Verwerfungen der Außenhaut seien Folge der bei Wohnmobilen der Mittelklasse üblichen Sandwich-Fertigungstechnik und entsprächen damit auch bei Neufahrzeugen dem Stand der Technik.

    Dies habe das Landgericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens KXX zutreffend festgestellt. Damit stehe zugleich fest, dass es sich bei einem Wohnmobil mit solchen Verwerfungen nicht um Ausschussware handele.

    Im Hinblick auf die Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Sitzungsprotokoll vom 27.06.2018 Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst mündlichem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen HXX sowie durch Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen Wohnmobils. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 09.03.2016 sowie das Sitzungsprotokoll vom 27.06.2018 verwiesen.

    B.

    Die zulässige Berufung des Klägers ist nur in geringem Umfang begründet.  

    I.

    Der zuletzt erhobenen Berufungsanträge sind in vollem Umfang zulässig.
    Die Umstellung des Zahlungsantrags Ziffer 1 von der Leistung Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils auf eine unbedingte Zahlung stellt eine Erweiterung des Klageantrags im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO dar und ist danach nicht als Klageänderung anzusehen. Für die Zulässigkeit einer solchen Klageerweiterung im Berufungsverfahren kommt es daher nicht auf die Voraussetzungen des § 533 ZPO an (BGH, Urteil vom 27.02.2007 - XI ZR 56/06, NJW 2007, 3127 Rn. 30). Ohnehin wäre die Klageänderung auch sachdienlich. Nachdem der Kläger selbst Berufungsführer ist, besteht auch kein Erfordernis einer Anschlussberufung zur Erweiterung der Klage.

    II.

    Der Kläger kann den von ihm erklärten Rücktritt nicht darauf stützen, dass das ihm am 13.04.2016 von der Beklagten angediente Wohnmobil nicht der von den Parteien vereinbarten Beschaffenheit entspräche (§ 434 Abs. 1 Satz 1, § 437 Nr. 2 BGB).

    1.    Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Die Annahme einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung kommt aber nicht schon „im Zweifel”, sondern nur in einem eindeutigen Fall in Betracht (BGH, Urteil vom 26.04.2017 - VIII ZR 80/16, NJW 2017, 2817 Rn. 13).

    Nach diesem Maßstab hat das Langericht auf der Grundlage der Beweisaufnahme zu dem Verkaufsgespräch auf der Messe in D mit Recht keine Beschaffenheitsvereinbarung im Hinblick auf die Ebenheit der Außenhaut feststellen können. Zwar ist es unstreitig, dass der Kläger mit dem Zeugen BXX auf der Messe ein Wohnmobil des Herstellers Hobby besichtigt hat. Wenn der Kläger sich noch auf der Messe zur Bestellung eines solchen Wohnmobils entschloss, so spricht schon die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass der Käufer ein solches Wohnmobil gerade deshalb bestellte, weil ihm das Ausstellungsobjekt zusagte. Allein hieraus ergibt sich aber nicht eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung, wonach das vom Kläger bestellte Neufahrzeug in jeglicher Hinsicht dem Ausstellungsobjekt entsprechen müsse. Dass gerade die Ebenheit der Außenhaut des ausgestellten Fahrzeugs bei den Verkaufsverhandlungen vom Kläger gegenüber dem Verkäufer BXX hervorgehoben worden wäre, ist nicht feststellbar.  

    2.    Auch soweit das von der Beklagten dem Kläger angediente Wohnmobil nicht mit einem elektrischen, sondern einem mechanischen Fahrradträger ausgerüstet gewesen ist, hat das Landgericht auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend keine Beschaffenheitsvereinbarung feststellen können. Diese Ausführungen des Landgerichts, gegen welche die Berufung keine Angriffe erhebt, sind überzeugend und für den Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend.

    III.

    Die Landgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Unebenheiten und Verwerfungen der Außenhaut des streitgegenständlichen Fahrzeugs den Kläger nicht zum Rücktritt berechtigt haben.

    1.    Allerdings sieht der Senat entgegen der Auffassung des Landgerichts in den vom Kläger gerügten Unebenheiten insoweit einen Sachmangel, als die Verwerfungen im Bereich der Fensterausschnitte auf der linken Fahrzeugseite betroffen sind.  

    a)    Nachdem die vom Kläger beanstandeten Unebenheiten allein eine optische Beeinträchtigung darstellen und die Funktionalität des Wohnmobils nicht berühren, kommt ein Mangel unter dem Gesichtspunkt mangelnder Eignung für die vom Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder die gewöhnliche Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Var. BGB) nicht in Betracht. Das Wohnmobil lässt sich uneingeschränkt verwenden. Für die Frage, ob die Unebenheiten und Verwerfungen der Außenhaut einen Sachmangel im Rechtssinne darstellen, kommt es daher darauf an, welche Beschaffenheit bei Sachen der gleichen Art üblich ist und vom Käufer nach der Art der Sache erwartet werden kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 2. Var. BGB). Hierfür kommt es auf die nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittskäufers objektiv berechtigte Käufererwartung an, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte jedenfalls im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert. Dagegen ist nicht entscheidend, welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich erwartet hat und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert (BGH, Urteil vom 20.05.2009 - VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 14).

    Entscheidend ist folglich, welches Maß an Ebenheit beziehungsweise Unebenheit ein durchschnittlicher Wohnmobilkäufer bei dem Kauf eines Wohnmobils wie dem streitgegenständlichen Fahrzeug erwarten kann. Diese am Stand der Technik orientierte Betrachtung ist dabei nicht auf das streitgegenständliche Modell verengt, sondern hat die nach der Verkehrsauffassung berechtigte Erwartungshaltung eines Käufers in den Blick zu nehmen, welcher ein Wohnmobil vergleichbarer Bauart, Größe und Preisklasse - gleich welchen Herstellers - erwirbt (vgl. BGH, Beschluss vom 16.05.2017 - VIII ZR 102/16, juris Rn. 3; OLG Stuttgart, Urteil vom 15.08.2006 - 10 U 84/06, NJW-RR 2006, 1720, 1722).

    b)    Der Senat hat gemäß § 412 ZPO zur Frage der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Wohnmobile der Mittelklasse ein erneutes Sachverständigengutachten durch Beauftragung des Sachverständigen HXX eingeholt, weil das erstinstanzlich eingeholte Gutachten des Sachverständigen KXX nicht erkennen lässt, dass in diese Beurteilung eine hinreichende Anzahl von Vergleichsfahrzeugen sowohl des Herstellers Hobby wie auch konkurrierender Wohmobilhersteller der Mittelklasse eingeflossen sind. Auf der Grundlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen HXX, der mündlichen Ergänzung und Erörterung mit den Parteien in der Berufungsverhandlung sowie der Inaugenscheinnahme des Wohnmobils ist Folgendes festzustellen:

    aa)    Der Aufbau von Wohmobilen der hier streitgegenständlichen Klasse wird von den Wohnmobilherstellern auf einem von einem Kraftfahrzeughersteller bezogenen Chassis (hier: Fiat Ducato) hergestellt, wobei die sogenannten Sandwichbauweise üblich ist. Sandwichbauweise bedeutet, dass die Aufbauwände aus verschiedenen Materialien bestehen, welche auf die richtige Größe zugeschnitten und sodann unter Druck fest verklebt werden.

    Im Hinblick auf die Materialien, welche bei den Aufbauwänden zum Einsatz kommen, sind verschiedene Möglichkeiten verbreitet. Bei der herkömmlichen Sandwichbauweise wird die Außenwand aus mit Styropor ausgefachtem Holzfachwerk erstellt und mit einbrennlackiertem Aluminium-Blech als Außenhaut verkleidet. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist in dieser Bauweise hergestellt, welche neben dem Hersteller Hobby auch noch von anderen Wohnmobilherstellern verwendet wird. Andere Hersteller setzen für die Sandwichbauweise holzfreies Kernmaterial aus Polystyrol- oder Polyurethanhartschaum ein. Im Hinblick auf die Außenhaut wird als Alternative zu Aluminium von manchen Herstellern glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) verwendet.

    bb)    Das Auftreten von Unebenheiten ist bei den in Sandwich-Bauweise hergestellten Aufbauten seit langer Zeit ein bekanntes Problem.

    Unebenheiten im Sinne von Welligkeit sowie Verwerfungen der Außenhaut können dadurch entstehen, dass die auf Maß zugeschnittenen Einzelteile der Wohnmobilaufbauten gewisse Fertigungstoleranzen aufweisen und daher vor dem Verkleben nicht exakt die identische Größe haben. Auch kann die Ausdehnung der Außenwände bei höherer Außentemperatur zu solchen Unebenheiten und Verwerfungen führen. Bei der Verwendung des Werkstoffes Holz kann noch die Aufnahme oder Abgabe von Feuchtigkeit im Holz hinzukommen.

    Die Wohnmobilhersteller haben in der Vergangenheit Anstrengungen unternommen, um solche Unebenheiten und Verwerfungen zu minimieren.

    Diese Anstrengungen sind auch erfolgreich gewesen in dem Sinne, dass das bei Neufahrzeugen anzutreffende Maß an Ebenheit deutlich zugenommen hat. Eine völlige Ebenheit lässt sich aber weiterhin nicht herstellen. Dabei variiert das Maß, welche Unebenheiten bei neuen Wohnmobilen weiterhin üblich sind, je nach verwendeten Materialien. Bei der Verwendung von Holz als Naturprodukt lassen sich Unebenheiten schwerer vermeiden als bei der Verwendung von Kunststoffkernen.

    Im Hinblick auf das Maß, welche Unebenheiten und Verwerfungen noch üblich und hinzunehmen sind, gibt es kein allgemein anerkanntes Regelwerk, das zulässige Toleranzen definierte. Die Wohnmobilhersteller selbst - namentlich auch der Hersteller Hobby - legen sich nicht auf zulässige Maßabweichungen der Außenhaut ihrer Fahrzeuge fest. Auch der Branchenverband der Wohnmobilhersteller, der Caravaning Industrie Verband e. V., stellt in seinem Reparaturhandbuch lediglich fest, dass Unebenheiten „im Rahmen der Toleranzen“ nicht vermeidbar seien, ohne die zulässigen Toleranzen aber quantitativ zu definieren. Durch die Sachverständigenorganisation XY ist zwar eine Studie zur Welligkeit von Glattblechaußenwänden erstellt worden, welche das Maß der üblichen Abweichung quantifiziert. Diese Studie ist aber lediglich für die Fahrzeughersteller Bürstner, Hymer und Dethleffs erstellt worden und nicht öffentlich zugänglich. Eine allgemein anerkannte Regel der Technik kann daraus nicht abgeleitet werden.   

    Die quantitative Bestimmung des zulässigen Höchstmaßes an Unebenheit ist dabei auch deshalb schwierig, weil der optische Sinneseindruck nicht notwendig mit dem tatsächlichen Grad der Unebenheit korreliert. So fallen Unebenheiten aufgrund des unterschiedlichen Glanzbildes bei Aluminiumoberflächen stärker auf als bei Oberflächen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Auch werden Unebenheiten vom Betrachter subjektiv als stärker empfunden, wenn diese bei einer dunklen Fläche auftreten, als dies bei einer hellen Fläche der Fall wäre.

    cc)         Um zu bestimmen, ob das Maß an Unebenheit beim

    streitgegenständlichen Fahrzeug noch dem Stand der Technik
         entspricht, hat der Sachverständige HXX im Auftrag des Senats eine
         Vielzahl von Vergleichsfahrzeugen betrachtet. Der Sachverständige
         hat beim Hersteller Hobby, bei der Beklagten sowie bei einem
         weiteren Händler etwa 20 Fahrzeuge aus der hier gegenständlichen
    .    Modellreihe Optima De Luxe des Herstellers Hobby in Augenschein
    .    genommen. Überdies hat er rund 30 Wohnmobile anderer Hersteller
          untersucht, welche ebenfalls mit einem in Sandwichbauweise
         gefertigten Wandaufbau versehen sind und auch der Mittelklasse
         zuzurechnen sind. Der Wandaufbau dieser Vergleichsfahrzeuge
         anderer Hersteller ist dabei teilweise unter Verwendung anderer
         Materialien hergestellt worden als das streitgegenständliche
        Fahrzeug (Chausson, LMC, Laika), teilweise mit denselben
         Materialien (Dethleffs, Bürstner).

    Der Sachverständige hat festgestellt, dass die von ihm untersuchten Vergleichsfahrzeuge des Herstellers Hobby sämtlich eine Welligkeit der Außenhaut aufweisen, welche mit derjenigen des streitgegenständlichen Fahrzeugs vergleichbar ist. Auffallend ist beim streitgegenständlichen Fahrzeug jedoch, dass sich - insbesondere an der linken Fahrzeugseite - die Unterkonstruktion an den Fensterausschnitten abzeichnet.

    Vergleichbare Verwerfungen dieses Ausmaßes hat der Sachverständige bei keinem Fahrzeug der Konkurrenzhersteller Dethleffs und Bürstner angetroffen und auch bei den meisten - überschlägig bei 95 % - der von ihm besichtigten Fahrzeuge des Herstellers Hobby nicht. Der Sachverständige hat hieraus abgeleitet, dass diese Verwerfungen bei einem Neufahrzeug nicht mehr hinnehmbar seien.

    Im Hinblick auf die quantitative Abweichung der vom Sachverständigen als auffallend angesehenen Verwerfungen im Bereich der Fensterausschnitte hat der Sachverständige keine Messung vorgenommen, um das Maß der Unebenheit mit demjenigen der Vergleichsfahrzeuge in Beziehung zu setzen. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, er habe eine Messung nicht für geboten erachtet, weil die Problematik dieser Verwerfungen ohnehin allein die optische Beeinträchtigung sei und der optische Eindruck nicht mit der gemessenen Tiefe einer Verwerfung gleichzusetzen sei. Gerade bei den Bedingungen des streitgegenständlichen Fahrzeugs, welches eine Außenhaut aus Aluminium besitzt und im Bereich der Fensterausschnitte in einem dunklen Anthrazitfarbton lackiert ist, fielen Verwerfungen besonders auf.

    Auf das Vorbringen der Beklagten, der von ihr beauftragte Privatgutachter habe die Verwerfungen im Bereich der Fensterausschnitte vermessen und deren Maß mit 0,08 mm bis 0,4 mm ermittelt, hat der Sachverständige HXX ausgeführt, dass ihm diese Messungen plausibel erschienen.

    Aus zahlreichen von ihm erstellten Gutachten zu Hagelschäden sei ihm bekannt, dass Eindellungen und Verwerfungen subjektiv als weitaus größer eingeschätzt würden, als sie sich bei einer Vermessung herausstellten.

    c)    Die vom Sachverständigen HXX aufgrund der Betrachtung einer Vielzahl
        von Vergleichsfahrzeugen vorgenommene Betrachtung führt zu der
        Beurteilung, dass ein Käufer nach der berechtigten Erwartung des Verkehrs
        nicht mit den beim streitgegenständlichen Fahrzeug vorhandenen
        Verwerfungen im Bereich der Fensterausschnitte der linken Fahrzeugseite
        zu rechnen braucht.

    Zwar ist bei der Frage der berechtigten Verkehrserwartung zu berücksichtigen, dass die beim streitgegenständlichen Fahrzeug verwendete Holzkonstruktion im Hinblick auf Unebenheiten anfälliger ist als Kunststoffkerne und zudem bei der hier verwendeten Aluminiumoberfläche Unebenheiten stärker ins Auge fallen als bei Oberflächen aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Die vom Sachverständigen herangezogenen Fahrzeuge der Hersteller Dethleffs und Bürstner sind aber im Hinblick auf die verwendeten Materialien dem streitgegenständlichen Fahrzeug voll vergleichbar und wiesen gleichwohl keine Verwerfungen in dem hier vorliegenden Ausmaß auf. Auch bei der ganz überwiegenden Zahl der Vergleichsfahrzeuge des Herstellers Hobby waren keine Verwerfungen in dem hier gegebenen Ausmaß anzutreffen.

    Damit entspricht das streitgegenständliche Fahrzeug nicht der berechtigten Erwartung des Verkehrs. Der Hinweis der Beklagten, dass keine technische Norm existiert, welche das zulässige Maß solcher Unebenheiten bestimmte, ist zwar zutreffend, führt aber zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Verkehrserwartung gründet sich hier nicht auf technische Normen, sondern auf die übliche Beschaffenheit, welche nach dem gegenwärtigen Stand der Technik von Herstellern erreicht werden kann und im Regelfall auch erreicht wird.   

    2.    Der von der Beklagten bereits erstinstanzlich hilfsweise erhobene Einwand, dass der vom Kläger gerügte Mangel jedenfalls nicht zum Rücktritt berechtige, greift durch.  

    a)    Gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich, das heißt der Mangel geringfügig ist. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage des Einzelfalls, wobei im Falle eines behebbaren Mangels grundsätzlich nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen ist, sondern auf die Kosten der Mangelbeseitigung (BGH, Urteil vom 28.05.2014 - VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 f.). Aufgrund der gebotenen Interessenabwägung kann im Einzelfall bei sehr geringfügiger Gebrauchsbeeinträchtigung ein Mangel auch dann unerheblich sein, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand mehr als 5 % des Kaufpreises beträgt (BGH, Urteil vom 18.10.2017 - VIII ZR 242/16, juris Rn. 13). Ist der Mangel gar nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar, so kommt es entscheidend auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung an (BGH, Urteil vom 29.06.2011 - VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 21).

    b)    Der festzustellende Mangel ist hiernach unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.

    aa)    Der Mangel unzulänglicher Ebenheit der Außenhaut im Bereich der Fensterausschnitte beeinträchtigt die Gebrauchstauglichkeit des Wohnmobils in keiner Weise. Der Sachverständige HXX hat in seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat klargestellt, dass es allein um ein optisches Probem gehe, mit welchem keine anderen Defizite des Wohnmobils verbunden sind. Es kommt hinzu, dass die vom Kläger beanstandete Unebenheit nach dem Stand der Technik nicht gänzlich vermeidbar und damit als solche von einem Käufer hinzunehmen ist. Der Mangel besteht hier allein darin, dass im Bereich der Fensterausschnitte auf der linken Seite dasjenige Maß an Unebenheit überschritten ist, welches bei der überwiegenden Zahl vergleichbarer Fahrzeuge eingehalten wird. Dieser optische Eindruck beruht dabei maßgeblich auch auf den Umständen, dass diese Unebenheiten aufgrund der glatten und glänzenden Oberflächenstruktur sowie ihrer dunklen Lackierung hier besonders auffallen. Wie der Senat bei der Inaugenscheinnnahme des Wohnmobils festgestellt hat, ist die optische Auffälligkeit dieser Verwerfungen auch stark abhängig vom Lichteinfall und Blickwinkel des Betrachters. Aus mancher Betrachterposition sind die Verwerfungen nahezu nicht erkennbar, aus anderem Blickwinkel hingegen durchaus, sofern der Betrachter gezielt hierauf achtet. In jedem Falle muss das Wohnmobil sehr genau angesehen werden, damit diese Verwerfungen auffallen. Es handelt sich keinesfalls um Umstände, welche bereits bei flüchtiger Betrachtung „ins Auge springen“.  

    bb)        Nachdem diese optischen Auffälligkeiten ihre Ursache in der sog.

        Sandwichbauweise der Aufbauwände haben, kommt eine
        Beseitigung nur durch Rückbau dieser Seitenwand in Betracht, was
         wegen des im Fahrzeuginnern hieran montierten Mobiliars - einer
         teilweisen Neuherstellung des Wohnmobils gleichkäme. Angesichts  
         des Umstands, dass die Funktionsbeeinträchtigung null ist und die
         Grenze zwischen erwartbarer Sollbeschaffenheit und Mangel nur
        knapp überschritten ist, wertet der Senat den Mangel unter
         Abwägung     der wechselseitigen Interessen als geringfügig. Es ist
         dem Kläger zumutbar, das Fahrzeug abzunehmen und sich mit einer
         Minderung zu begnügen. Anderes gälte nur dann, wenn eine
         Beschaffenheitsvereinbarung zur Ebenheit getroffen worden wäre (§
         434 Abs. 1 Satz 1 BGB), welche gerade nicht nachgewiesen ist.

    Auf den Umfang eines Minderungsanspruchs kommt es hier nicht an, weil der Kläger Minderung nicht - auch nicht hilfsweise - geltend macht.   

    IV.

    Ist der vom Kläger erklärte Rücktritt nicht wirksam, so kann die Beklagte die Zahlung des noch offenen Restkaufpreises verlangen, weshalb die Widerklage im Ausgangspunkt begründet ist. Mit seinem im Berufungsverfahren hilfsweise vorgebrachten Einwand erhebt der Kläger aber mit Recht die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB). Der Kläger ist zur Zahlung des Restkaufpreises nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs verpflichtet, welches sich immer noch bei der Beklagten befindet.

    Soweit der Kläger die Einrede des § 320 BGB dahingehend erhoben hat, er schulde die Zahlung des Restkaufpreises allenfalls Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in mangelfreiem Zustand,  kann dahinstehen, ob hiermit einredeweise ein Nacherfüllungsanspruch auf Mangelbeseitigung (§ 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB) geltend gemacht werden soll. Eine Nacherfüllung, welche hier einer Neuherstellung nahe käme, kann jedenfalls wegen Unverhältnismäßigkeit nicht verlangt werden und ist daher von der Beklagten zur Recht verweigert worden (§ 439 Abs. 3 BGB).

    V.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die maßgeblichen Rechtsfragen geklärt sind und lediglich die Rechtsanwendung im Einzelfall in Frage steht (§ 543 Abs. 2 ZPO).