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  • 11.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197074

    Landgericht Bremen: Beschluss vom 10.02.2017 – 4 S 254/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bremen
     
    4 S 254/16
    Bremen, 10.02.2017     

    Beschluss

    In dem Rechtsstreit
    …,

    Klägerin und Berufungsklägerin

    Prozessbevollmächtigte: …
    Geschäftszeichen: …

    gegen

    …,

    Beklagter und Berufungsbeklagter

    Prozessbevollmächtigte: …,

    hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen am 10.02.2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …, die Richterin am Landgericht … und den Richter am Landgericht … beschlossen:

    Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin vom … gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom … (Az.: …) aus den auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend gehaltenen Gründen der angefochtenen Entscheidung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

    Die Klägerin erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen.

    Gründe

    Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Kammer folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall.

    Mit der Berufung greift die Klägerin im Wesentlichen an, das Amtsgericht habe die streitgegenständliche Vertragsgestaltung „Kauf mit Ersetzungsbefugnis durch Inzahlungnahme eine gebrauchten Pkw“ nicht passend rechtlich eingeordnet. Fehlerhaft habe das Amtsgericht Bremen angenommen, dass die Klägerin keine hinreichende Nachfrist zur Behebung des Wildschadens an dem Alt-Pkw gesetzt habe. Zudem hätte das Amtsgericht in dem angegriffenen Urteil eine Erfüllungsverweigerung annehmen müssen. Bei Berücksichtigung dieser Umstände hätte ihr, der Klägerin, der Aufwand von 3.433,16 € zur Behebung des Wildschadens als Schadenersatz zuerkannt werden müssen.

    Diese Rügen der Klägerin greifen jedoch nicht durch.

    Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Anhaltspunkte können vorliegen, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges die Beweislast verkannt hat, beweiswürdigende Darlegungen nachvollziehbarer Grundlage entbehren, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wurde, Verfahrensfehler bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen sind oder Fehler bei der Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme vorliegen (vgl. BGH, NJW 2004, 1876; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 529, Rn. 2). Nach Maßgabe dieser Kriterien ist die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden.
       
    Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 3.433,16 € zusteht.

    1.    Nach der gefestigten BGH-Rechtsprechung ist aufgrund der vorliegenden Vertragsgestaltung („Inzahlungnahme eines Pkw bei Ankauf eines Pkw“) von einem einheitlichen Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis auszugehen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., Rn. 1494 ff. m.w.N.).

    2.    Nach dem Kaufvertrag war vereinbart, dass der „Alt-Pkw“ des Beklagten die Beschaffenheit „Instandsetzung des Wildschadens“ aufweisen sollte.

    3.    Da sich die Klägerin darauf beruft, der Alt-Pkw habe bei Übernahme nicht die unter Ziffer 2) genannte Beschaffenheit aufgewiesen, hätte sie den Beklagten zur Nacherfüllung auffordern müssen. Auch bei einem Kauf mit Ersetzungsbefugnis hat der Anspruch auf Nacherfüllung Vorrang vor den Sekundärechten, wie z.B. einen Anspruch auf Schadenersatz (vgl. Reinking/Eggert, aaO, Rn. 1570).

    4.    Da es sich bei der Nicht-Instandsetzung eines Wildschadens – unstreitig – um einen behebbaren Mangel gehandelt hat, musste die Klägerin dem Beklagten vor Geltendmachung von Sekundäransprüchen eine hinreichende Nachfrist setzen, mit der der Beklagten zur Leistungserfüllung anzuhalten war. Dies ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – mit den anwaltlichen Schreiben vom … und … gerade nicht erfolgt. Aus welchem Grund auch immer ist der Beklagte mit diesen anwaltlichen Schreiben nicht dazu aufgefordert worden, einen Wildschaden zu beheben, sondern einen Reparaturauftrag zu erteilen. Insofern war durch eine Reaktion des Beklagten hierauf auch vorprozessual keine Erfüllungsverweigerung anzunehmen, weil der Beklagten schlicht auf ein unzutreffendes Ansinnen der Klägerin reagiert hat. Nach dem eindeutigen Passus in dem Vertrag schuldete der Beklagte gerade nicht die Erteilung eines Reparaturauftrages. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte sich gegen eine Forderung zur Wehr setzt, die er nicht schuldet. Ebenfalls zutreffend hat das Amtsgericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme keine hinreichende Nachfristsetzung durch die Klägerin bzw. eine Erfüllungsverweigerung des Beklagten feststellen können. Fehler in der Beweiswürdigung sind nicht ersichtlich und zeigt die Klägerin mit der Berufung auch nicht auf. Soweit die Klägerin für die Erfüllungsverweigerung auf das Verhalten des Beklagten im Prozess abstellt, so verfängt auch dieser Ansatz nicht. Wurde ein Mangel vom Gläubiger beseitigt, bevor er dem Schuldner eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, kann das spätere Verhalten des Schuldners nur dann berücksichtigt werden, wenn es den sicheren Rückschluss erlaubt, dass schon vor Mängelbeseitigung die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert war. Eine bloße nachträgliche Leistungsverweigerung genügt nicht, weil so das Recht zur zweiten Andienung zunichte gemacht werden könnte. Auch das bloße Bestreiten im Prozess genügt nicht (vgl. BGH NJW 2011, 2872 Rn. 14; BGH, NZBau 2009, 377 Rn. 12; BeckOK, BGB/H. Schmidt BGB § 323 Rn. 21-21a).

    5.    Insgesamt hat die Berufung demnach offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin mag innerhalb der im Beschlusstenor genannten Frist erklären, ob die Berufung zurückgenommen wird, was eine Ermäßigung der Gebühr gemäß Nr. 1222 der Anlage 1 zum GKG von 4,0 auf 2,0 zur Folge hätte.

    Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Nach einstimmiger Auffassung der Kammer ist vorliegend eine Durchführung der mündlichen Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten. Dies kann allerdings dann der Fall sein, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts sich auf eine umfassende neue rechtliche Würdigung stützt und diese im schriftlichen Verfahren nicht angemessen erörtert werden kann (Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 522, Rn. 40). So liegt es hier aber nicht. Die von der Kammer vertretene rechtliche Bewertung des festgestellten Tatsachenstoffes betrifft, soweit sie von der Beurteilung durch das Amtsgericht abweicht, lediglich einen Teil der Begründung und kann ohne Weiteres im schriftlichen Verfahren sachgerecht erörtert werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung lässt hierfür jedenfalls keinen weitergehenden Erkenntnisgewinn erwarten.