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  • 12.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140472

    Landgericht Duisburg: Urteil vom 07.02.2007 – 11 S 148/06


    Tenor
    1.
    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteils des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr (Az.; 23 C 2978/05) vom 20. Juli 2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Auf die Widerklage hin wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 161,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05. April 2006 zu zahlen.
    2.
    Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.
    3.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    4.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.015,83 € (3.854,78 € für die Klage und 161,05 € für die Widerklage) festgesetzt.
    G r ü n d e :
    I.
    Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
    II.
    Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist insgesamt unbegründet und die Widerklage ist begründet.

    1.
    Die Klage hat keinen Erfolg, weil sie nicht schlüssig ist.
    Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten bereits auf der Grundlage seines eigenen Vorbringens kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Da der Kläger die Reparaturkosten wegen von ihm behaupteter Mängel verlangt und damit einen Mangelschaden geltend macht, kommt als Grundlage für den Anspruch nur § 437 Nr. 3 BGB i.V.m. § 281 BGB in Betracht.
    Anspruchsvoraussetzung ist danach u.a. gemäß § 281 Abs. 1 S. 1. BGB, dass der Gläubiger dem Schuldner eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und diese erfolglos verstrichen ist. Hieran fehlt es bei allen von dem Kläger behaupteten Mängeln.
    a)
    Soweit der Kläger einen Betrag in Höhe von 2.750,31 € für den Einbau eines Austauschmotors verlangt, ist bezüglich dieser Reparatur keine angemessene Frist im Sinne von § 281 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzt worden. Dies gilt schon für den Fall, dass der Vortrag des Klägers als wahr zu unterstellen ist. Danach hat er das Fahrzeug am Samstag, dem 13. August 2005, zu der Beklagten gebracht. Die Beklagte nahm an dem Fahrzeug bis zum 18. August 2005 keine Reparaturen vor. Nach seiner Behauptung hat der Kläger am Freitag, dem 18. August 2005, erklärt, dass für den Fall, dass bis zum nächsten Tag die Reparatur nicht in Angriff genommen worden sei, er das Fahrzeug wieder abholen würde. Am 19. August 2005 holte der Kläger das Fahrzeug dann tatsächlich ab und brachte es in eine Werkstatt nach W. Diese nahm dann ab Dienstag, dem 22. August 2005, die Reparatur vor. Soweit in dieser Erklärung vom 18. August 2005 überhaupt eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gesehen werden kann, ist diese Frist unangemessen kurz; sie beträgt keine 24 Stunden und endete an einem Samstag, einem Tag, an dem niemand ernsthaft mit der Durchführung von Reparaturarbeiten rechnen kann. Hier kann die zu kurz gesetzte Frist auch nicht durch eine angemessene Frist ersetzt werden, weil der Kläger selbst vor Ablauf einer solchen die Reparatur durch ein anderes Unternehmen veranlasst hat. Denn auch eine bis zum 22. August 2005 laufende Frist wäre angesichts des Umfangs der Reparatur zu kurz bemessen gewesen, da zwischen dem 18. und dem 22. August 2005 noch das Wochenende lag. Der Umstand, dass der Kläger auf sein Auto beruflich angewiesen war, ändert daran nichts. Denn zum einen trifft dies regelmäßig auf Autokäufer zu. Zum anderen ist nicht konkret vorgetragen, woraus sich die besondere Eilbedürftigkeit ergeben soll. Eine Frist von nur 2 Tagen ist nur bei ganz besonderer Eilbedürftigkeit ausreichend (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, § 281 Rn. 10). Diese ist hier aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
    Eine Fristsetzung war entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht entbehrlich. Das ist gemäß § 281 Abs. 2 BGB der Fall, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. An das Vorliegen einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGHZ, 104, 6 ff.). Die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein; nicht ausreichend ist nach der Rechtsprechung beispielsweise ein zweimaliges Nichteinhalten eines verbindlich zugesagten Termins (vgl. OLG Koblenz, MDR 1992, 344; Heinrichs, a.a.O., Rn. 14). Das Verhalten der Beklagten erfüllt schon nach dem Vortrag des Klägers diese Voraussetzungen nicht. Danach wurde sie trotz Reparaturzusage und mehrmaligen Nachfragens während eines Zeitraums von einer Woche (einschließlich des Wochenendes) nicht tätig. Dass sie aber erklärt habe, es würde überhaupt keine Reparatur vorgenommen, behauptet auch der Kläger nicht. Aus einer bloßen Untätigkeit binnen einer Woche während der Hauptferienzeit kann aber nicht geschlossen werden, dass die Beklagte sich endgültig geweigert habe. Auch kann nicht daraus geschlossen werden, die Beklagte wäre auch bei einer ernsthaften und angemessenen Fristsetzung keinesfalls mehr tätig geworden.
    b)
    Aus den gleichen Gründen steht dem Kläger wegen der weiteren geltend gemachten Schadenspositionen kein Anspruch zu.
    Dem Defekt am Turbolader, für dessen Reparatur durch die Firma P2 er 535,40 € verlangt, hat er der Beklagten überhaupt nicht angezeigt und ihr auf diese Weise keinerlei Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben. Dieser behauptete Mangel wurde sofort nach seinem Erkennen beseitigt.
    Soweit der Kläger einen weiteren Defekt am Lenkgetriebe geltend macht, für den er die Zahlung von 569,07 € verlangt, liegt nach seiner Darstellung zwar eine telefonische Mangelanzeige durch den Zeugen Q2 vor. Allerdings ist hier ebenfalls nicht die gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliche Nachfrist gesetzt worden. Der Ansicht des Klägers und des Amtsgerichts, dass diese entbehrlich gewesen sei, ist nicht zu folgen. Wie ausgeführt, sind an die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung wegen endgültiger Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen. Hier soll der Geschäftsführer der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers sich geweigert haben, mit dem Zeugen Q2 zu sprechen, da „dieser wegen des Schadens einen Anwalt eingeschaltet habe“ (vgl. Bl. 4. d.A.). Unklar ist schon, was mit diesem Vortrag gemeint ist, nämlich ob die Weigerung daraus resultieren sollte, dass der Kläger einen Anwalt eingeschaltet habe, oder daraus, dass die Beklagte einen solchen eingeschaltet habe. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Während der als Zeuge vernommene Zeuge Q2 erklärt hat, der Geschäftsführer der Beklagten habe nicht mehr mit ihm sprechen wollen, weil der Kläger beim Anwalt gewesen sei, hat die Zeugin Q2 ergänzend erklärt, der Geschäftsführer der Beklagten habe auch noch gesagt, „es ginge nur noch über den Anwalt“. Das bedeutet aber nicht anderes, als dass der Geschäftsführer der Beklagten sich lediglich geweigert hat, mit dem Kläger und seinen Angehörigen persönlich über Mängel zu verhandeln, nicht aber, überhaupt hierüber zu verhandeln. Dies sollte nämlich nach der nicht anders zu verstehenden Aussage der Zeugin Q2 über die eingeschalteten Anwälte geschehen. Ein solches Verlangen ist durchaus legitim und stellt keine Erfüllungsverweigerung dar. Es ist bei einer solchen Aussage nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Beklagte bei entsprechender Nachfristsetzung – ggf. durch einen Anwalt – noch tätig geworden wäre. Der von dem Kläger vorgetragene Sachverhalt besagt lediglich, dass der Geschäftsführer der Beklagten nicht mehr mit ihm und seinen Angehörigen sprechen wollte, nicht aber, dass er jede Nacherfüllung ablehnte.
    c)
    Überdies hat der Kläger nicht hinreichend dargetan, dass an dem Fahrzeug überhaupt ein für die Beklagte eintrittspflichtiger Mangel vorlag.
    Soweit die Parteien im Kaufvertrag handschriftlich den Zusatz eingefügt haben „1 Jahr Gewährleistung“ begründet dies entgegen der Ansicht des Klägers keine Haltbarkeitsgarantie für das erste Jahr seit Vertragsschluss. Mit dem in die Vereinbarung aufgenommenen Begriff der „Gewährleistung“ haben die Parteien nicht mehr vereinbart, als sich bereits aus dem Gesetz ergibt, da es sich gerade um den vom Gesetz verwendeten Begriff handelt. Hätten die Parteien eine Garantie vereinbaren wollen, hätten sie dies durch eine entsprechende Formulierung ausdrücken müssen, die über das, was bereits das Gesetz mit dem Begriff der Gewährleistung umfasst, hinausgeht. Der tatsächlich gefundenen Formulierung lässig sich nicht entnehmen, dass die Parteien dem Kläger mehr Rechte haben einräumen wollen, als es das Gesetz vorsieht.
    Daher wäre es Sache des Klägers gewesen, konkret darzulegen und unter Beweis zu stellen, inwieweit das Fahrzeug mangelhaft im Sinne von § 437 BGB war. Ein Gebrauchtwagen ist nämlich insbesondere nicht mangelhaft, wenn er die normalen, seinem Alter und dem Gebrauchszustand entsprechenden Verschleißerscheinungen aufweist (vgl. Putzo, in: Palandt, a.a.O., § 434 Rn. 74). Auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB kann der Kläger sich in diesem Zusammenhang nicht berufen. Denn die in dieser Vorschrift normierte Vermutung dahingehend, dass ein Sachmangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, auch schon bei der Übergabe vorlag, ist hier mit der Art der Sache unvereinbar. Denn der Kläger hat ein bei Vertragsschluss über fünf Jahre altes Kraftfahrzeug erworben, das zu diesem Zeitpunkt bereits eine Laufleistung von über 133.000 km aufwies (vgl. hierzu: Putzo, a.a.O., § 476 Rn. 10). Hier liegt es ohne Weiteres auf der Hand, dass das Fahrzeug im Rahmen des normalen Verschleißes diverse Abnutzungserscheinungen zeigt, die auch in den aufgetretenen Beschädigungen liegen können. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst bis zum Auftreten des Motorschadens aufgrund des gerissenen Zahnriemens rund 18.000 Kilometer gefahren war.
    Auf das Vorliegen eines normalen Verschleißes hatte sich indes die Beklagte stets – bereits vorprozessual – berufen, weshalb es Sache des Klägers gewesen wäre, dies auszuräumen und zur Frage des Vorliegens eines Mangels konkret vorzutragen. Der bloße Vortrag, bereits bei Übergabe des Fahrzeuges habe ein Defekt vorgelegen, ist dazu ungeeignet, zumal der von ihm benannte und vernommene Zeuge Witte den Verschleiß auch für eine mögliche Schadensursache hielt. Hier wäre eine konkrete Auseinandersetzung mit entsprechendem Sachvortrag zu erwarten gewesen.
    2.
    Die Widerklage hat demgegenüber Erfolg.
    Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger einen Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1 433 BGB auf Ersatz der ihr im Verhältnis zu ihrem Rechtsanwalt aus dessen Gebührenforderung entstehenden Differenzschaden in Höhe der geltend gemachten 161,05 €. Diesen Schaden hat der Kläger pflichtwidrig verursacht, indem er die Beklagte vorprozessual mit seinen Forderungen zu Unrecht konfrontiert und sich damit einer unbegründeten Forderung berühmt hat. Aus dem zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnis (Kaufvertrag) ergab sich die nachvertragliche Treuepflicht jeder Partei, den Gegner außergerichtlich oder gerichtlich nicht mit einer unbegründeten Forderung zu überziehen. Dies folgt aus dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz, dass für jede Partei eines Schuldverhältnisses die aus § 242 BGB abgeleitete Pflicht besteht, sich so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und Vermögen der anderen Vertragspartei möglichst nicht verletzt werden (vgl. zum Ganzen: LG Stendal, Urteil vom 12. Oktober 2006, Az.: 22 S 86/06, zitiert nach juris; BGH, NJW 1983, 2813 f). Diese Pflicht hat der Kläger – sei es aufgrund eigenen Verschuldens oder des Verschuldens seines Prozessbevollmächtigten, das er sich gemäß § 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss – verletzt. Denn zur Erfüllung dieser nachvertraglichen Nebenpflicht ist der vermeintliche Gläubiger zumindest verpflichtet, sich hinsichtlich der berühmten Forderung rechtskundig beraten zu lassen, ehe er seinen Vertragspartner mit einer unbegründeten Forderung vorgerichtlich oder gerichtlich überzieht. Versäumt er dies, liegt bereits in diesem Versäumnis eine schuldhafte Nebenpflichtverletzung des Vertrages. Versäumt er dieses nicht und zieht er – wie hier – rechtskundigen Rat ein, dann bedient er sich des rechtskundigen Beraters bei der Erfüllung seiner vertraglichen Nebenpflicht. Hierfür haftet er jedoch nach § 278 BGB dergestallt, dass ihm ein Verschulden seines rechtlichen Beraters zugerechnet wird. In beiden Fallkonstellationen ist ein Verschulden zu bejahen, wenn die geltend gemachte Forderung von Rechts wegen nicht besteht, sodass er den Vermögensschaden, der dem Gegner durch das unbegründete Sichberühmen oder das Geltendmachen der Forderung dadurch entsteht, dass er sich seinerseits rechtlicher Beratung und Hilfe bedient, ersetzen muss. Denn auch für den unbegründet mit einer Forderung überzogenen Gegner gilt, dass jede drohende Prozessführung aus vorprozessualer Sicht mit einem gewissen Risiko verbunden ist, das ihm erlaubt oder ggf. sogar abverlangt, zu seiner Rechtsverteidigung die Hilfe eines Rechtsanwaltes zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen. Der damit von Rechts wegen zwangsläufig verbundene Rechtsverfolgungsschaden des Gegners ist von dem sich unbegründet Berühmenden oder Klagenden zurechenbar verursacht (vgl. LG Stendal, a.a.O.; OLG Karlsruhe, OLGR 2005, 560 ff.). Die Beklagte als vermeintliche Schuldnerin war damit berechtigt, ihre Rechte und Interessen auch bereits vorprozessual durch einen Rechtsanwalt wahren und vertreten zu lassen.
    Der geltend gemachte Zinsanspruch bezüglich der Widerklageforderung folgt aus § 291 BGB.
    3.
    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.