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  • 29.09.2009 · IWW-Abrufnummer 093010

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 05.06.2009 – 5 K 3002/05 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    5 K 3002/05 U

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand:

    Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von händlereigenen Garantien.

    Die Klägerin betreibt einen Kfz-Handel und -Service. Sie ist im Wege des Formwechsels im Jahr 2000 von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden.

    Der Beklagte stimmte der USt-Erklärung 1998 vom 20. Oktober 1999 (festzusetzende USt: 13.489.625,05 DM) am 22. Januar 2001 zu.

    Aufgrund der in 2002 begonnenen Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I ergaben sich nur geringfügige - vorliegend nicht strittige - Änderungen in Höhe von 12.597,- DM. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 26. Juni 2003 sowie Anlage 5 zum Bericht Bezug genommen. Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 2. April 2004 einen geänderten USt-Bescheid für 1998 und setzte die USt auf 6.903.576,49 ¤ (13.502.222,- DM) fest und hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

    Hiergegen legte die Klägerin am 20. April 2004 Einspruch ein und verwies zur Begründung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Januar 2003 (V R 16/02, BStBl II 2003, 445), wonach die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze steuerfrei sei. Dieses Urteil behandele den Sachverhalt nach Umstellung des Garantiemodells der D-Garantie Versicherungs-AG (nachfolgend: D). Danach erhalte der Fahrzeugkäufer nunmehr mit einer selbständigen Händlergarantie einen eigenen Garantieanspruch gegenüber dem Verkäufer und zusätzlich Versicherungsschutz für den Fall, dass er die Reparatur bei einer fremden Werkstatt ausführen lasse. Die neuen Vertragsbedingungen sähen nur noch bei Fremdreparaturkosten eine vorrangige Inanspruchnahme der D vor. Soweit die Entgelte für das Garantiepaket auf den unmittelbaren Anspruch gegenüber der D auf Ersatz der Reparaturkosten einer Fremdwerkstatt entfallen würden, seien diese umsatzsteuerfrei, da der Verkäufer einem Dritten, dem Käufer, Versicherungsschutz i.S. des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG verschaffe. Soweit der Verkäufer jedoch eine eigenständige Händlergarantie abgebe, seien die Entgelte gem. § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei. Ihr Garantiepaket biete den Kunden die Möglichkeit, die durch das Garantiepaket abgedeckten Reparaturen bei ihr durchzuführen oder diese bei einer anderen Reparaturwerkstatt einzuholen, wobei die darauf entfallenden Kosten von ihr übernommen würden. Die Garantievereinbarung stelle keine unselbständige Nebenleistung zur Veräußerung des Gebrauchtwagens dar, vielmehr handle es sich um eine eigenständige sonstige Leistung. Für eine gesonderte Hauptleistung spreche, dass der Kunde frei entscheiden könne, ob er das Garantiepaket erwerben möchte oder nicht. So seien in den Jahren 1999 bis 2003 von insgesamt 35.358 Gebrauchtwagenverkäufen 21.042 Gebrauchtwagen (= 59,21 %) ohne Garantiepaket veräußert worden. Von den ohne Garantiepaket verkauften Wagen seien 15.419 garantiefähig gewesen, wobei hiervon noch die Zahl von 7.877 Gebrauchtwagen abzuziehen sei, die an Händler veräußert worden seien. Insgesamt führe dies zu einer Quote von 21,33 v.H. der Gebrauchtwagengeschäfte, die ohne Garantiepaket an Endabnehmer verkauft worden seien.

    Zwar sei in den Rechnungen selbst kein gesondertes Entgelt für die Garantiepakete ausgewiesen, jedoch werde in der Buchführung eine Aufteilung der Entgelte und eine Buchung auf getrennte Konten vorgenommen. Die entsprechenden Aufzeichnungen über die Vereinbarung eines Garantiepaketes erfolgten bis 1999 durch die Aufnahme der Wertpakets-Nummer in dem Bestellformular. Die Entgelte seien dementsprechend in einen steuerpflichtigen Anteil für die Fahrzeuglieferung und einen steuerfreien Anteil für die Übernahme der Eigengarantie aufzuteilen.

    In den für 1998 erklärten Umsätzen seien beim Verkauf von differenzbesteuerten Fahrzeugen Gebrauchtwagengarantieumsätze in Höhe von 94.791,74 DM zu einem Steuersatz von 15 v.H. (USt: 14.218,76 DM) und 297.370,- DM zu einem Steuersatz von 16 v.H. (USt: 47.579,20 DM) als steuerpflichtig erklärt und die darauf entfallende Umsatzsteuer abgeführt worden, obwohl diese Umsätze steuerfrei seien.

    In ihrem Schreiben vom 4. Juni 2004 führte die Klägerin zur weiteren Begründung aus, dass das von ihr angebotene M-Qualitätspaket Europa grundsätzlich nicht die Übernahme oder Erstattung von Lohnkosten oder Ersatzteilen im Rahmen von Wartungsverträgen und Pflegeleistungen umfasse. Es enthalte lediglich einen kostenlosen Ölservice, der nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG falle und dessen durchschnittlicher interner Servicewert ohne Öl 18,40 ¤ betrage. Hierdurch ergebe sich eine Kürzung der geltend gemachten Beträge in Höhe von 7,5 %, so dass die USt für 1998 um 13.152,35 DM (15 v.H.) und um 44.010,76 DM (16 v.H.) niedriger festzusetzen sei.

    Im Schreiben vom 11. Oktober 2004 vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Garantieleistungen, welche der Kunde durch das M-Qualitätspaket-Europa zugesichert bekomme, als unselbständige Nebenleistungen zur Hauptleistung (Veräußerung eines Gebrauchtwagens) angesehen werde. Ziel des Pakets sei nach einer hausinternen Arbeitsanleitung, die Qualität des Gebrauchtwagenangebots herauszustellen, Kompetenz auszustrahlen und eine Kundenbindung zu erreichen. Die Garantieprämien für das Paket würden in die Mindestverkaufspreiskalkulation einfließen. Die Auszeichnung des Fahrzeugpreises erfolge im Inklusiv-System, d.h. auf dem Preisschild und im Verkaufsgespräch werde nur ein Komplettpreis genannt (Gebrauchtfahrzeug inkl. Qualitätspaket). Entsprechende Minderungen des Kaufpreises gegenüber Kunden wegen Nichtinanspruchnahme der Qualitätsgarantie seien Ausfluss der Verkaufsverhandlung. Die Garantieprämien beinhalteten bereits die anteiligen Kosten für die N Automobilcard sowie einen einmaligen kostenfreien Ölservice inkl. Mehrbereichsöl und Ölfilter. Der Wert-Scheck Ölservice könne nur in den M-Centern eingelöst werden.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

    Zur Begründung ihrer Klage wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass die Bezugnahme auf interne Anleitungen gerade nicht die Sicht des Durchschnittsverbrauchers repräsentiere. Aus dessen Sicht mache es durchaus einen Unterschied, ob er einen Gebrauchtwagen mit Garantiepaket erwerbe oder aber einen geringeren Kaufpreis zahle. Die Angaben, aus welchen einzelnen Leistungen sich die Gesamtleistung zusammensetze, seien der jeweiligen Bestellung zu entnehmen, auf die in der Rechnung durch Angabe der Auftragsnummer sowie des Bestelldatums verwiesen werde. Es habe im Streitjahr zwei verschiedene Bestellformulare mit unterschiedlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben, je nachdem, ob der Käufer den Gebrauchtwagen mit oder ohne M-Gebrauchtwagen-Wertpaket erworben habe. Aus den AGBs, die im Streitjahr verwendet worden seien, ergebe sich, dass das Wertpaket im Streitjahr keinen Ölwechsel und auch keine Automobilcard enthalten habe. Diese Komponenten seien erst ab dem Jahr 1999 mit Einführung des M-Qualitätspakets Europa aufgenommen worden. Seien Reparaturen im Rahmen des Garantiepakets erforderlich gewesen, seien diese in der Regel direkt durch sie - die Klägerin - ausgeführt worden und der Kunde habe hierüber kein gesondertes Abrechnungsdokument erhalten. Die interne Erfassung sei dergestalt erfolgt, dass für die Abteilung "Werkstatt" ein Erlös und für die Abteilung "Gebrauchtwarenverkauf" ein Aufwand gebucht worden sei. Auf diese Weise sei erreicht worden, dass der Aufwand aus der Inanspruchnahme des Garantiepakets intern die Kostenstelle "Gebrauchtwagenverkauf" getroffen habe. Hierbei handele es sich aber ausschließlich um rein interne Kostenstellenverteilungsvorgänge.

    Seien die Reparaturen im Rahmen des Garantiepakets durch fremde Reparaturwerkstätten ausgeführt worden, hätten diese fast immer mit ihr direkt abgerechnet, d.h. sie habe Rechnungen mit gesondertem USt-Ausweis erhalten (in 1998 118.547,23 DM netto zzgl. 17.782,08 DM Vorsteuern). Es sei aber nicht mehr möglich konkret zu ermitteln, in welcher Höhe Ersatzteile im Rahmen des Garantiepakets von ihr benötigt und eingebaut worden seien.

    Zur weiteren Begründung legt die Klägerin jeweils ein Bestellformular nebst allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge mit und ohne Garantie-Paket sowie Unterlagen über die buchhalterische Erfassung eines Gebrauchtwagenverkaufs mit Garantiepaket vor, auf die Bezug genommen wird.

    Die Klägerin beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 2. April 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1998 in Höhe von ... ¤ festgesetzt wird,

    hilfsweise

    für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen

    hilfsweise

    für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

    Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

    In der Sache hat am 23. Februar 2006 ein Erörterungstermin stattgefunden und ist am 8. Juni 2009 mündlich verhandelt worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gewährung der Eigengarantie eine unselbständige Nebenleistung zum Gebrauchtwagenverkauf darstellt und dementsprechend eine Aufteilung der Umsätze in eine steuerbare und steuerpflichtige Gebrauchtwagenlieferung und eine steuerfreie Garantiegewährung nicht in Betracht kommt.

    Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen; entscheidend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (Urteil des EuGH vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd., Slg. 1999, I-973; BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658).

    Vorliegend liegt eine händlereigene Garantie der Klägerin vor. Dem Käufer von garantiefähigen Gebrauchtwagen stand danach im Streitjahr ein Wahlrecht zu, ob er den Gebrauchtwagen mit dem M-Gebrauchtwagen-Wertpaket erwerben wollte oder nicht. Wählte der Käufer das Wertpaket, so leistete die Klägerin als Verkäuferin Gewähr nach Maßgabe der Garantiebedingungen (Punkt VII der AGB: Gewährleistung). Die Gewährleistung gewährte dem Käufer innerhalb der vereinbarten Garantiedauer (Regellaufzeit: 1 Jahr) einen Anspruch auf Reparatur des garantiepflichtigen Schadens in dem vorgesehenen Umfang. Dabei blieb es der Klägerin im Falle einer Schadensmeldung vorbehalten, das Fahrzeug selbst anzunehmen oder dem Garantienehmer an einen anderen, geeigneten Werkstattbetrieb weiterzuleiten. Führte die Klägerin die Reparatur nicht selbst durch, so erteilte sie den Auftrag an einen geeigneten Werkstattbetrieb bzw. ermächtigte den Garantienehmer im Einzelfall, den Auftrag an eine Fremdwerkstatt im Umfang der Garantieleistung im Namen der Klägerin zu erteilen. Dem Garantienehmer stand danach im Streitfall - anders als in dem vom BFH mit Urteil vom 16. Januar 2003 (V R 16/02, BFHE 201, 343, BStBl II 2003, 445) entschiedenen Fall - nur ein Anspruch gegen der Klägerin zu.

    In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um ein sog. "D-Modell" (Kombinationsmodell), bei dem der Käufer gegen Zahlung eines Aufpreises Reparaturansprüche gegenüber dem Verkäufer und Reparaturkostenersatzansprüche gegenüber einem Versicherer hatte. Der BFH hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Garantieleistung keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung sei, sondern vielmehr eine eigenständige, nach § 4 Nr. 8 Buchst. g und/oder nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG steuerfreie Leistung.

    Die Garantieleistung des Verkäufers hat nach Auffassung des BFH neben der Fahrzeuglieferung einen eigenen Zweck; sie hat ähnlich wie eine Kaskoversicherung den Zweck, das erworbene Fahrzeug gegen Schäden zu versichern. Sie stellt nicht lediglich das Mittel dar, um die Hauptleistung des Leistenden - die Fahrzeuglieferung - unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dem entspricht auch die Sicht des Durchschnittsverbrauchers. Beim Kauf eines Neuwagens macht es für ihn einen Unterschied, ob er lediglich einen Neuwagen mit einjähriger Werksgarantie kauft, oder ob er gegen Zahlung eines Aufpreises noch nach Ablauf der Werksgarantie zwei Jahre lang Reparaturansprüche gegenüber dem Verkäufer und Reparaturkostenersatzansprüche gegenüber einem Versicherer erhält. Ebenso macht es beim Kauf eines Gebrauchtwagens für den Durchschnittsverbraucher einen Unterschied, ob er lediglich einen Gebrauchtwagen kauft und dabei allenfalls Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer erhält, oder ob er zusätzlich zum Kaufpreis noch eine Zahlung für weitere Reparaturansprüche gegenüber dem Verkäufer und den Erwerb von Reparaturkostenersatzansprüchen gegenüber einem Versicherer leistet.

    Der BFH hat sich damit auf die gleichen Gründe gestützt, die er bereits in seiner Entscheidung zum Versicherungsmodell (Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 67/01, BStBl II 2003, 378, bestätigt durch Urteil vom 30. Januar 2003 V R 13/02, BFH/NV 2003, 669) angeführt hatte. Bei diesem Modell ist der Händler Versicherungsnehmer, Begünstigter des Versicherungsvertrages ist aber der Kunde, der im Schadensfall lediglich Regulierungsansprüche gegen den Versicherer hat.

    Für den vorliegenden Fall einer händlereigenen Garantie liegt eine höchstrichterliche Rechtsprechung bislang nicht vor, ob diese als unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung oder als selbständige Hauptleistung zu beurteilen ist.

    In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass auch bei einer reinen händlereigenen Garantie von einer gesonderten steuerfreien Hauptleistung auszugehen sei, da die händlereigene Garantie über das hinausgehe, was der Kunde nach der gesetzlichen Regelung an Gewährleistungsrechten beanspruchen könne (Herbert in Hartmann/Metzenmacher UStG § 4 Nr. 8 Tz. 90). Zum Teil wird auch danach differenziert, ob die händlereigene Garantie gegen gesondertes Entgelt angeboten wird (dann steuerfreie selbständige Lieferung unter Hinweis auf die Vfg. der OFD Karlsruhe vom 19. September 2005, DStR 2005, 1902) oder ob die händlereigene Garantie ohne gesondert vereinbartes und berechnetes Entgelt angeboten wird (Bausch in DStR 2006, 305). Im letztgenannten Fall, bei der der Händler seine Fahrzeuge generell mit seiner hauseigenen Garantie anbietet, ist nach Auffassung von Bausch davon auszugehen, dass der Händler seine hauseigene Garantie unentgeltlich anbietet und übernimmt, um den Absatz seiner Fahrzeuge zu verbessern. Das berechnete Entgelt beziehe sich in diesem Fall nur auf das verkaufte Fahrzeug und sei der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen.

    Die Klägerin trägt im vorliegenden Fall vor, dass die Auszeichnung der Gebrauchtwagen regelmäßig im Inklusiv-System erfolgt sei, d.h. auf dem Preisschild und im Verkaufsgespräch sei das Fahrzeug zusammen mit dem Garantiepaket in Form eines Komplettpreises offeriert worden. Habe der Käufer kein Garantiepaket gewünscht, sei der Gesamtkaufpreis entsprechend gemindert worden. Zwar ist in den Rechnungen selbst kein gesondertes Entgelt für die Garantiepakete ausgewiesen worden (nur in der Buchführung ist eine Aufteilung der Entgelte vorgenommen worden), der erkennende Senat geht jedoch aufgrund des unwiderlegten Vorbringens der Klägerin davon aus, dass die Gewährung der Eigengarantie entgeltlich erfolgt ist.

    Anders als beim sog. D-Modell und bei dem Versicherungsmodell ist der Senat der Auffassung, dass bei einer Eigengarantie des Händlers, bei der dem Kunden ausschließlich ein Garantieanspruch gegenüber dem Händler zusteht, die Garantiegewährung aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers als unselbständige Nebenleistung zu dem jeweiligen Fahrzeugkauf anzusehen ist, weil insofern eine untrennbare Verbindung zu eben diesem Fahrzeugkauf besteht, der die Vereinbarung der Händlergarantie hinter dem Ganzen zurücktreten lässt, als durch die Händlergarantie (lediglich) die ursprüngliche Werksgarantie (wenn auch ggf. in abgeänderter Form hinsichtlich der garantiefähigen Teile und Schäden) verlängert wird.

    Die Besonderheit des D-Modells (Kombinationsmodells), das sich zum einen aus der Gewährung einer Eigengarantie und zum anderen aus der Verschaffung von Versicherungsschutz zusammensetzt, bzw. des reinen Versicherungsmodells besteht nach Auffassung des BFH gerade in der Versicherungsschutzkomponente, die einen eigenen Zweck neben der Fahrzeuglieferung hat und dem Gesamtpaket der Garantievereinbarung insofern einen eigenständigen Charakter gibt, als die Kunden die Reparaturen gerade nicht nur in der Werkstatt des Verkäufers ausführen lassen können, sondern auch in jeder anderen Vertragswerkstatt. Dieser Versicherungskomponente kommt eine gesteigerte wirtschaftliche Bedeutung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu, weil der Kunde durch sie gerade nicht an den Händler gebunden ist und die Reparaturen noch nicht einmal vorrangig bei diesem durchführen lassen muss. Das Risiko der Gewährleistungsinanspruchnahme (z.B. einer Insolvenz des Verkäufers) wird mittels der Versicherungskomponente auf mehrere Personen verteilt.

    Diese aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers wesentliche Versicherungskomponente fehlt aber gerade bei der händlereigenen Garantie.

    Folge dieser Auffassung ist, dass die Garantiegewährung als unselbständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung (Gebrauchtwagenlieferung) teilt und ebenfalls steuerbar und steuerpflichtig ist.

    Selbst wenn man aber - entgegen der vom Senat vorliegend vertretenen Auffassung - die eigene Garantie der Klägerin als selbständige Hauptleistung qualifizieren würde, würde dies nicht zur Umsatzsteuerfreiheit dieser Leistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG führen.

    Nach dieser Vorschrift ist steuerfrei die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze.

    Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 16. Januar 2003 a.a.O.) ist ein steuerfreier Umsatz durch Übernahme einer Sicherheit i.S. von § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG gegeben, wenn eine Garantie übernommen wird, dass ein bestimmter, tatsächlich oder rechtlich möglicher Erfolg eintritt oder dass sich die Gefahr eines künftigen Schadens nicht verwirklicht.

    § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG beruht auf Art. 13 Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer (nunmehr Art. 135 Buchst. c der Richtlinie 2006/12/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystemRL -). Danach sind steuerbefreit "die Vermittlung und die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch den Kreditgeber."

    Der EuGH hat mit Urteil vom 19. April 2007 (Rs. C-455/05, Velvet & Steel Immobilien und Handels GmbH, Slg. 2007 I-03225) entschieden, dass Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der 6. EG-RL dahin auszulegen ist, dass der Begriff der "Übernahme von Verbindlichkeiten" andere als Geldverbindlichkeiten, wie z.B. die Verpflichtung, eine Immobilie zu renovieren, aus dem Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausschließt.

    Zur Begründung hat er ausgeführt, dass Steuerbefreiungen eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Zudem müssten die Gemeinschaftsbestimmungen im Licht aller Sprachfassungen einheitlich ausgelegt und angewandt werden. In bestimmten Sprachfassungen wie der englischen und spanischen beziehe sich der Begriff der "Übernahme von Verbindlichkeiten" klar auf Geldverbindlichkeiten. Bei sprachlichen Unterschieden lasse sich die Bedeutung des betroffenen Ausdrucks nicht auf der Grundlage einer ausschließlich wörtlichen Auslegung ermitteln; es sei vielmehr eine Auslegung im Licht des Zwecks und der Systematik der Richtlinie vorzunehmen. Hierbei sei festzustellen, dass es sich bei allen in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 genannten Umsätzen ihrer Art nach um Finanzdienstleistungen handele. Dasselbe gelte auch für die anderen Umsätze, auf die in den Nrn. 1 und 3 bis 6 des Art. 13 Teil B Buchst. d hingewiesen werde. Obwohl diese Umsätze, die durch die Art der erbrachten Dienstleistungen definiert würden, nicht notwendigerweise von Banken oder Finanzinstituten getätigt werden müssten (Vgl. EuGH-Urteil vom 26. Juni 2003 Abbey National Rs. C-169/04, Slg 2006, I-4027), fielen sie dennoch in ihrer Gesamtheit in den Bereich der Finanzgeschäfte.

    Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG richtlinienkonform im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der 6. EG-RL

    auszulegen ist. Grundsätzlich ergibt sich die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts bereits aus der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung der Gerichte und der sonstigen Träger öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle zur Erreichung der durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ziele erforderlichen Maßnahmen zu treffen (st. Rspr. des EuGH und des BFH, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 27/03, BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862). Ihre Grenze findet die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung allerdings in den allgemeinen Grundsätzen und Regeln der Auslegung. Insbesondere verbietet sich eine Auslegung, die den Wortlaut der betreffenden nationalen Umsatzsteuerregelung bei weitem überschreitet. Im Streitfall steht einer Auslegung der nationalen Vorschrift im Sinne der EuGH-Rechtsprechung zu dieser Befreiungsnorm auch nicht der Wortlaut der nationalen Vorschrift entgegen.

    Die Übernahme der Reparaturverpflichtung aus der händlereigenen Garantie ist ihrer Art nach kein Finanzgeschäft i.S. der Befreiungsvorschrift und fällt demnach nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung (vgl. hierzu auch Korf in IStR 2007, 364, der aufgrund des EuGH-Urteils die Rechtsprechung des BFH zu den sog. "D-Fällen" insoweit für überholt hält, als eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG bejaht wird).

    Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    RechtsgebietUStGVorschriftenUStG § 4