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  • · Fachbeitrag · Autokauf

    Kurzer Überblick über das Kaufrecht ab 01.01.2022 unter dem Gesichtspunkt des Autokaufs

    | Die Warenkaufrichtlinie der EU hat die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Inhalt der Richtlinie bis zum 01.07.2021 in nationales Recht umzusetzen, und auf alle ab dem 01.01.2022 geschlossenen Kaufverträge anzuwenden. Das ist jetzt passiert. In seiner Sitzung am 24.06.2021 hat der Bundestag das „Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags“ beschlossen. ASR liefert Ihnen einen Überblick, was sich zum 01.01.2022 beim Autokaufrecht ändert. |

    Sachmangelbegriff wird neu strukturiert

    Der Sachmangelbegriff in § 434 BGB wird neu strukturiert. Er enthält nun subjektive und objektive Komponenten. „Subjektiv“ ist alles, was im Kaufvertrag vereinbart wurde (§ 434 Abs. 2), „Objektiv“ ist ‒ vereinfacht gesagt ‒ das Übliche, das der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 3).

     

    Bisher dominiert das Vereinbarte. Auf das Übliche und zu Erwartende kommt es also bisher nur an, wenn und soweit nichts vereinbart ist. Das ist in Zukunft anders: Die Sache muss so sein wie vereinbart und wie üblich. Wird also ein Standard unterhalb des Üblichen vereinbart (z. B. junger Gebrauchtwagen ist nicht aufbereitet, Kratzer und Dellen sind noch dran), ist das Fahrzeug prima Facie in Ansehung der Kratzer und Dellen dennoch mangelhaft. Denn die sind bei jungen Gebrauchten nicht üblich.

     

    Beim Verbrauchsgüterkauf steht dem Verkäufer dann auch nicht mehr § 442 BGB zur Seite. Denn der gilt beim Verbrauchsgüterkauf nicht mehr (§ 475 Abs. 2 S. 3 BGB).

     

    Abweichende Vereinbarung und Anforderungen an die Form

    Eine abweichende Vereinbarung nach unten ist nur „wirksam“ (§ 434 Abs. 3 S. 1 BGB), wenn die Formvorschrift des § 476 Abs. 1 BGB eingehalten ist.

     

    • Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss eigens (also in einem vom Kaufvertrag getrennten Dokument) darauf hingewiesen werden, dass „ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht.“
    • Zusätzlich muss das im Kaufvertrag hervorgehoben wiederholt werden. Als eines von mehreren Merkmalen in einer Aufzählung genügt das nicht, wie der Begründung des Gesetzesentwurfs zu entnehmen ist.

     

    Wichtig | Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs unterliegen solche Abweichungen vom Standard der Vertragsfreiheit.

     

    Erweiterter Sachmangelbegriff

    In Zukunft kann sich ein Mangel der Kaufsache auch daraus ergeben, dass Montageanleitungen u. ä. unbrauchbar sind (§ 434 Abs. 2 BGB).

    Waren mit digitalen Elementen und Sachmangel

    Neu eingeführt werden zusätzliche Mangelmerkmale bei einer „Ware mit digitalen Elementen“ (§ 475b BGB) und einer „Ware mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der digitalen Elemente“ (§ 475c BGB). Dass ein Auto heutiger Prägung eine Sache mit digitalen Elementen ist, liegt auf der Hand. Wenn planmäßig ständig Daten von außen empfangen werden (z. B. Navigationsdaten oder in Zukunft Daten für das mehr oder weniger autonome Fahren), ist es auch eine Ware mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der Daten.

     

    Die genannten Vorschriften bringen eine Aktualisierungspflicht für die digitalen Elemente im vereinbarten und üblichen Umfang mit sich. Aus einem missglückten Softwareupdate kann ein Sachmangel entstehen. Dabei wird also nicht ‒ wie sonst für den Sachmangel selbstverständlich ‒ auf den Übergabezeitpunkt abgestellt, sondern auf den der akuten Aktualisierungsnotwendigkeit. Die Verjährungsregel in § 475e BGB neu baut darauf auf.

     

    Wichtig | Der Verkäufer muss den Verbraucher künftig auf die anstehende Aktualisierung hinweisen. Das dürfte für den Autohändler, der einen markenfremden Gebrauchten verkauft, zu einer großen Herausforderung werden.

    Verkürzung der Verjährung auf ein Jahr bei Gebrauchten

    Im neuen Kaufrecht ist nun das zulässig, was bisher nach der Fehrenschild-Entscheidung des EuGH nicht zulässig war: Die Verjährung der Sachmangelansprüche bei Gebrauchtfahrzeugen im Verbrauchsgüterkauf darf auf ein Jahr verkürzt werden (§ 476 Abs. 2 S. 1 BGB neu). Allerdings darf das nicht mehr in AGB geschehen. Auch genügt eine hervorgehobene Formulierung im Kaufvertrag nicht mehr.

     

    Wichtig | Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss eigens (also in einem vom Kaufvertrag getrennten Dokument) von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt werden; und die Verkürzung der Verjährungsfrist muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden (§ 476 Abs. 2 S. 2 BGB neu). Das gleiche Procedere also künftig wie bei der Abweichung des Standards nach unten.

    Die verlängerte Beweislastumkehr

    Die Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf wird von den bisherigen sechs Monaten auf ein volles Jahr verlängert (§ 477 Abs. 1 BGB). Eine Sonderregelung für die Beweislastumkehr bei Waren mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der digitalen Elemente regelt für Probleme, die sich aus den digitalen Elementen ergeben, dass die Beweislastumkehr auf einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt wird (§ 477 Abs. 2 BGB).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Gesetzestext, BGBl. 2021 I, 2133, Abruf-Nr. 223605); Erwägungen des Gesetzgebers: „Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags“ (Abruf-Nr. 223200).
    Quelle: Ausgabe 08 / 2021 | Seite 17 | ID 47488496