· Fachbeitrag · Arzthaftungsrecht
Gericht: Aufklärung muss verständlich sein
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.spkt.de
| Die fehlende oder fehlerhafte Aufklärung von Ärzten und Zahnärzten ist ein Dauerbrenner vor den Gerichten. Seit einiger Zeit schon gewinnt in entsprechenden (Zahn-)Arzthaftungsprozessen neben dem Vorwurf eines Behandlungsfehlers auch die unzureichende Aufklärung des Patienten zunehmend an Bedeutung. Dass die Rechtsprechung in bestimmten Fallkonstellationen immer wieder neue Anforderungen an die (zahn-)ärztliche Aufklärung stellt, zeigt die nachfolgend besprochene aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe.|
Fall des OLG Karlsruhe
Mit seinem Urteil vom 30. Mai 2012 (Az: 7 U 14/10, Abruf-Nr. 123334) hatte das OLG Karlsruhe über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Patientin rügte, vor dem Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks nur unzureichend aufgeklärt worden zu sein. Bei der vor der Operation notwendigen Lokalanästhesie war es zu einer Nervenläsion gekommen. In einer durch das Gericht veranlassten Beweisaufnahme wurde festgestellt, dass sowohl nach dem handschriftlichen Eintrag im Aufklärungsbogen als auch im mündlichen Aufklärungsgespräch lediglich der Begriff „Nervenläsion“ gefallen war.
Die Entscheidung
Das Gericht gab der klagenden Patientin recht und bewertete die Aufklärung mit der bloßen Nennung des Begriffs „Nervenläsion“ als unzureichend. Der Patientin hätte ein genaueres Bild über die Risiken des Eingriffs und der etwaigen Lähmungserscheinungen im Bereich der Beine als Folgen einer möglichen Nervenläsion vor Augen geführt werden müssen, so das OLG. Zwar hätten nicht alle vorstellbaren Arten von Nervenläsionen mit detaillierten Folgen aufgezählt werden müssen. Erforderlich sei aber zumindest ein allgemeiner Hinweis gewesen, der der Patientin die möglichen schweren Auswirkungen auf ihre Lebensführung infolge dauerhafter Lähmung verdeutlicht hätte, so die Argumentation des OLG Karlsruhe.
PRAXISHINWEIS | Auch in Zahnarztpraxen - insbesondere in solchen Praxen, die komplizierte, ambulant durchgeführte Operationen anbieten - ist die Möglichkeit einer Nervenläsion als Operationsrisiko gegeben. Hier sollte sich der Zahnarzt bzw. Anästhesist im Aufklärungsgespräch nicht auf die bloße Nennung des Begriffs „Nervenläsion“ als mögliche Komplikation beschränken, sondern dem Patienten möglichst plastisch vor Augen führen, welcher Nerv betroffen sein könnte und welche konkreten Einschränkungen daraus erwachsen könnten. Selbstverständlich sollte das Aufklärungsgespräch zum Nachweis in einem möglichen Haftungsprozess schriftlich dokumentiert werden, wobei sich handschriftliche Ergänzungen in dem Aufklärungsformular empfehlen. |