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    OLG Hamm: Milchzähne fehlerhaft beschliffen ‒ 2.000 Euro Schmerzensgeld

    | Ein grober zahnärztlicher Behandlungsfehler kann vorliegen, wenn beim Beschleifen von Milchzähnen zu viel Material abgetragen wird und eine ungleichmäßige Oberfläche entsteht. Das hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04.07.2017 entschieden (Az. 26 U 3/17) und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Detmold vom 14.12.2016 (Az. 12 O 34/15, LG Detmold) bestätigt. |

    Der Fall

    Die Patientin aus Lage befand sich in der kieferorthopädischen Behandlung der beklagten Zahnärzte aus Detmold. Bei der Patientin sind mehrere bleibende Zähne nicht angelegt. Die an ihrer Stelle vorhandenen Milchzähne sollten solange wie möglich erhalten bleiben und später durch Implantate ersetzt werden.

     

    Im Frühjahr 2013 beschliff eine in der Praxis arbeitende, im Prozess mitverklagte Zahnärztin die Milchzähne der seinerzeit 18 Jahre alten Patientin, um die spätere implantologische Versorgung vorzubereiten. Die Milchzähne wurden in ihrer Breite reduziert, was aus Sicht der Zahnärztin geboten war, um später passgenaue Implantate einsetzen zu können. Dieses „Slicen“ hat die Patientin für eine fehlerhafte Behandlung gehalten, die zudem fehlerhaft durchgeführt worden sei, weil die Milchzähne nach dem Entfernen des Zahnschmelzes sehr temperaturanfällig gewesen seien und sich in kurzer Zeit Karies gebildet habe. Die Patientin hat deswegen 2.000 Euro Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden verlangt.

    Das Urteil

    Die Schadensersatzklage war erfolgreich. Die beklagte Zahnärztin habe die Schleifmaßnahmen ‒ so der Senat ‒ grob fehlerhaft ausgeführt. Bei zwei Milchzähnen sei zu viel Material entfernt worden. Es seien Dentinwunden entstanden. Bei einem weiteren Milchzahn sei grenzwertig viel Zahnschmelz abgeschliffen worden. Zudem sei bei den drei Zähnen eine ungleichmäßige Oberfläche entstanden, durch die sich Speisereste festsetzen könnten und die die Zahnreinigung erschwere. Infolge des fehlerhaften Slicens seien die Milchzähne geschädigt. Ihre Langzeitprognose habe sich verschlechtert.

     

    Der Einwand der Zahnärztin, nur durch ein derartiges Beschleifen habe man später auf beiden Seiten vom Ober- und Unterkiefer gleich breite Implantate einsetzen und so ein in optischer Hinsicht harmonisches Ergebnis erhalten können, rechtfertige die Behandlung nicht. Die Sachverständige habe klargestellt, dass es für ein harmonisches Ergebnis sowie ebenfalls für die Kaufähigkeit und die Zahnpflege nicht erforderlich sei, dass die Zähne rechts und links später gleich breit seien. Entscheidend sei vielmehr ihre richtige Verzahnung. Die der fehlerhaften Behandlung zurechenbaren, bei der Patientin bereits eingetretenen Folgen (erlittene Schmerzen, behandlungsbedürftige Dentinwunden, Temperaturempfindlichkeit, Kariesbildung an zwei Zähnen, eine verschlechterte Langzeitprognose) rechtfertigten das bereits vom Landgericht festgesetzte Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro.

     

    Quelle: Christian Nubbemeyer, Pressereferent

    Quelle: ID 44900670