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  • · Fachbeitrag · Praxismarketing, Teil 1

    „Mythen und Märchen des Praxismarketings“: Was ist wahr, was sollten Sie reflektieren?

    von Dr. Sebastian Schulz und Frederike Goblirsch, Münster

    | Mythen „erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit“. Märchen wiederum „sind Prosatexte, die von wundersamen Begebenheiten berichten“ - so bringt es die Online-Enzyklopädie Wikipedia auf den Punkt. „Behauptete Wahrheit“ und „wundersame Begebenheiten“ sind jedoch genau das, was Marketingkommunikation in der Zahnarztpraxis nicht ist. In der Kommunikation geht es um Botschaften, die mit Leben erfüllt und im Praxisalltag umgesetzt werden müssen. Dabei kursieren einige Mythen und Märchen zum Marketing. Diese Mythen sollen Sie auf unterhaltende Weise anregen, Ihr eigenes Praxismarketing zu reflektieren. |

    Mythos Nr. 1: „60 bis 80 Prozent meiner Patienten kommen über Empfehlungen!“

    So lautet häufig die Antwort auf die Frage, über welchen Kommunikationskanal die meisten Neupatienten den Weg in eine Zahnarztpraxis finden. Im Umkehrschluss stellt sich die Frage: Existieren überhaupt weitere externe professionelle Kontaktpunkte wie beispielsweise das Internet oder Anzeigen, die Patienten auf eine Praxis aufmerksam machen? Wenn nicht, müssten es dann nicht fast 100 Prozent Empfehlungspatienten sein?

     

    Fakt ist: Die Realität des Empfehlungsprozesses sieht mittlerweile anders als früher aus - das Internet ist die logische Fortsetzung aus einer persönlichen Empfehlung. Dazu folgende These:

     

    • These

    Bei einer nicht professionellen Außendarstellung werden bestimmte Patienten oder ein gewünschter Patiententyp den Weg in Ihre Praxis zukünftig nicht mehr finden!

     

    Langfristig erfolgreich mit Markenkommunikation

    Markenkommunikation für Ihre Praxis ist immer ein langfristig orientierter Prozess. Ziel ist eine Markenpositionierung, das heißt, dass Patienten - bestehende wie neue - klare Assoziationen mit Vorstellungen von Ihrer Praxis sowie Erwartungen an Ihre Praxis haben. Nur so wird Ihre Praxis auch zukünftig bevorzugt ausgewählt und weiterempfohlen. Selbst wenn Ihre Praxis aktuell gut ausgelastet ist, müssen Sie folglich Markenkommunikation betreiben und Ihr Markenversprechen jeden Tag wieder neu bestätigen, um zukünftig wieder ausgewählt und weiterempfohlen zu werden.

     

    Der Auswahlprozess des Patienten

    Die Empfehlungen Ihrer zufriedenen Bestandspatienten sind zweifelsfrei die glaubhafteste und erfolgreichste Werbung für Ihre Praxis. Doch was passiert, wenn ein Neupatient einen neuen Zahnarzt sucht? Dieser potenzielle Neupatient wird natürlich nicht nur eine, sondern zwei oder drei Meinungen aus dem Familien- und Freundes- bzw. Arbeitskreis einholen. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle drei Personen denselben Zahnmediziner nennen, ist verschwindend gering.

     

    Was nun? Der suchende Patient schaut alle Empfehlungen im Internet nach, um die Erwartungshaltung durch die Empfehlung mit der Außendarstellung abzugleichen. Beispiel: Eine Zahnarztpraxis ist kaum zu finden und hat keine Homepage. Eine andere hat zwar eine Homepage, die aber wie „selbst zusammengebastelt“ aussieht. Und eine dritte Praxis hat eine Homepage, die Professionalität ausstrahlt und die Informationen enthält, die sich der suchende Patient wünscht. Für welche Praxis wird sich der Patient entscheiden?

     

    Das Internet ist das (!) Medium, um sich im Vorfeld zu einer Entscheidung für oder auch gegen eine Praxis zu entscheiden. Daher auch die These (s. o.), dass Sie zukünftig ohne eine professionelle Außendarstellung via Internet bestimmte Patientenzielgruppen nicht mehr erreichen werden. Gleiches passiert bei der Auswahlentscheidung z. B. für ein Hotel. Letztlich sucht ein Patient einen Profi. Aber wie sollen Sie als Profi-Zahnarzt wahrgenommen werden, wenn die visuelle und inhaltliche Kommunikation im Internet dies nicht wiedergibt? Und: Die alleinige Existenz eines Kanals sorgt nicht dafür, dass dieser funktioniert. Professionalität und Authentizität sind die Zauberwörter.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Studie der ieQ-health ergab: Circa 30 Prozent aller Neupatienten kommen über die professionell gestaltete authentische Internetseite. Wesentlich interessanter aber noch: Mehr als 90 Prozent der Empfehlungspatienten informieren sich vor dem Besuch auf der Praxiswebseite.

     

    Mythos Nr. 2: „Patienten lesen online wenig bzw. nichts!“

    Im Gegensatz zum Mythos Nr. 1, der sich hauptsächlich mit der Vertrauensentscheidung für oder gegen eine Praxis beschäftigt, greift Mythos Nr. 2 die Bedürfnisse des Bestandspatienten auf. Bestandspatienten müssen zufrieden sein, da sie anderenfalls nicht mehr in der Praxis wären. Bei Bestandspatienten tritt an die Stelle der besagten Vertrauensentscheidung: „Ist das meine Praxis?“ nun das Bedürfnis nach Informationsgewinnung im Rahmen einer Entscheidungsfindung für oder gegen eine Behandlungsoption. Die professionelle Vermittlung umfassender Informationen ist gefragt, um dem Patienten bei seiner Entscheidung zu helfen.

     

    Was kann die Praxis-Website bei Bestands- und Neupatienten bewirken?

    Sicherlich leistet jede Praxis vor Ort einen großen Beitrag zur Information des Patienten, jedoch sollte idealerweise auch die Homepage diese Informationen auch zum Nachlesen vorhalten. Ausschlaggebender Grund: Eine Entscheidung für oder gegen die Behandlung erfordert eine Informationsdichte, die oft über die reine Beratung in der Praxis hinausgeht.

     

    In den seltensten Fällen wird z. B. eine umfangreiche Therapieentscheidung unmittelbar in der Praxis getroffen. Meist erfolgt dies im Rahmen einer Gesprächssituation zu Hause - im privaten bzw. familiären Umfeld. Aber verfügt der Patient dann über die professionelle Information, um z. B. seinem Lebenspartner Rede und Antwort über die Vor- und Nachteile einer Therapie zu stehen?

     

    WICHTIG | Der Patient sollte alle für ihn relevanten Informationen über die Praxis erhalten können. Schließlich entscheidet er sich für eine Behandlung in dieser (!) Praxis. Vor diesem Hintergrund erscheint es weniger zielführend, z. B. im Internet auf externe Seiten bzw. Portale zu verlinken oder den eigenen Praxisstempel auf fremde Flyer zu setzen.

     

    • Sinn und Zweck der Praxis-Website für ...
    ... Bestandspatienten
    ... Neupatienten
    • Individuelle Information
    • Beratungsfunktion
    • Interaktion
    • Professionelle, authentische Außendarstellung
    • Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten
    • Aktualität
     

     

    Studien haben ergeben, dass die durchschnittlichen Besuchszeiten auf Internetseiten von Zahnärzten zwischen 1,5 bis 3 Minuten liegen. Vordergründiges Fazit: Die Patienten lesen online keine Texte! Kann dies aber vielleicht auch daran liegen, dass der Patient einfach alles gelesen hat, was ihn interessiert, da die Seite nicht mehr verwertbare Informationen bereithält? Enthält eine Internetseite einer Zahnarztpraxis z. B. wenig Informationen über eine Behandlungsmöglichkeit und hat der Patient ein tiefergehendes Interesse, dann muss der die Internetseite der Praxis verlassen und woanders suchen.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Ergebnis einer In-House-Studie der Firma ieQ-health belegt dies: Praxisseiten mit einer überdurchschnittlichen Informationsdichte, geschrieben in einer leserfreundlichen und verständlichen Art, weisen teilweise durchschnittliche Verweildauern von deutlich mehr als drei bis fünf Minuten auf. Gleichzeitig erzielten professionelle und technisch gut gestaltete Praxis-Websites einen deutlichen Zuwachs an Zugriffen.

     

     

    Hohe Informationsdichte für Patienten

    Aber auch unabhängig von der Verweildauer ist es sinnvoll, dem Leser eine hohe Informationsdichte auf der Praxis-Website zur Verfügung zu stellen. Denn nur so kann sich ein Patient im Anschluss an eine Beratung die verschiedenen Therapieoptionen noch mal im Detail anschauen.

     

    PRAXISHINWEIS | Vielleicht noch entscheidender: Idealerweise wird er schon im Vorfeld zum Beratungstermin auf diese Möglichkeit der Informationsbeschaffung hingewiesen. Denn mittels der Vorabinformation ist er anschließend in der Lage, gezielt Fragen zu stellen. Dadurch kann das Beratungsgespräch in der Praxis insgesamt deutlich effizienter, schneller und inhaltstiefer verlaufen.

     

    Im Optimalfall berichtet er anschließend seinen Freunden und/oder Kollegen, wie zufrieden er sowohl mit der Beratung und Aufklärung in der Praxis als auch mit der Ausführlichkeit der Informationsvermittlung auf der Praxis-Website war. Genauso funktioniert modernes und praxisnahes Empfehlungsmanagement - und es schließt sich der Kreis zu Mythos Nr. 1.

     

    Sind Branchenbücher als Praxismarketing noch zeitgemäß?

    Wenn 60 bis 80 Prozent der Neupatienten über persönliche Empfehlungen den Weg in die Praxis finden, warum dann noch Geld für Branchenbücher (Gelbe Seiten etc.) oder Google-AdWords-Anzeigen ausgeben - also für die restlichen 20 Prozent der Patienten, die Ihren Namen nicht kennen? Warum das Kommunikationsbudget nicht in Empfehlungsmarketing investieren?

     

    FAZIT | Über all diese Fragen lohnt es sich nachzudenken. Ebenso darüber, wie auch die Bedürfnisse von Bestandspatienten auf der Praxis-Website mit berücksichtigt werden. Diese benötigen keine Informationen mehr für das Team oder die Praxisausstattung, dafür aber zu medizinischen Problemen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Teil 2 zu „Mythen und Märchen“ demnächst in ZP 10/2016: „Die Alten kommen“: Internetnutzung im Alter und das Thema „Gesundheit
    • Teil 3 zu „Mythen und Märchen“ bald in ZP 11/2016: „Soziale Medien und die Zahnmedizin - eine Bestandsaufnahme der Chancen und Gefahren“
    Quelle: Ausgabe 09 / 2016 | Seite 10 | ID 44208810