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10.03.2016 · IWW-Abrufnummer 146555

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 02.10.2015 – 16 U 182/13

1. Der Versicherung, die einem für sie gemäß § 92 HGB tätigen Versicherungsvertreter für vertraglich konkret benannte Bestandspflegeleistungen vorschüssig eine Bestandspflegeprovision zahlt, steht gegenüber dem Versicherungsvertreter ein zeitanteiliger (Provisions-) Rückforderungsanspruch zu, sofern der Versicherungsvertreter infolge kündigungsbedingter Einstellung seiner Tätigkeit (auch) keine Bestandspflegeleistungen mehr vornimmt, weil es sich bei der Bestandspflegeprovision um ein Tätigkeitsentgelt und nicht um eine Vermittlungsvergütung handelt.
2. Der Rückgewähranspruch der Versicherung ergibt sich - auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung - unmittelbar aus dem zwischen der Versicherung und dem Versichervertreter geschlossenen (Agentur-) Vertrag; er folgt aus dem Rechtscharakter der Vorschusszahlung, der eine Rückzahlungspflicht bei Nichtverdienen der Provision immanent ist. Für die Anwendung bereicherungsrechtlicher (Rückzahlungs-) Ansprüche verbleibt insofern kein Raum.
3. Die §§ 87a und 92 Abs. 4 HGB stehen dem Rückforderungsanspruch der Versicherung nicht entgegen, da diese auf Bestandspflegeprovision keine Anwendung finden.


Oberlandesgericht Düsseldorf

I-16 U 182/13

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.08.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 13 O 249/12 - teilweise abgeändert und - wie folgt - neugefasst:

Der Beklagte wird auf den Hilfsantrag verurteilt, an die Klägerin € 30.832,61 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz p.a. seit dem 23.09.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz sind zu 28 % von der Klägerin und zu 72 % % von dem Beklagten zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

1

G r ü n d e :

2

I.

3

Die Klägerin begehrt - nach erfolgter Beendigung eines ursprünglich zwischen den Parteien bestehenden Agenturvertrags - Rückzahlung von an den Beklagten im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 geleisteten Bestandspflegeprovisionen, die dieser nach ihrer - der Klägerin - Behauptung bezogen auf den Zeitraum Mai 2012 bis einschließlich Dezember 2012 - infolge der Ende April 2012 aufgrund der wechselseitig von den Parteien ausgesprochenen fristlosen Kündigungen des Agenturvertrags und der damit einhergehenden Einstellung seiner Tätigkeit - behauptetermaßen nicht mehr verdient hat.

4

Zwischen der Klägerin und der S... & ... GbR, deren Gesellschafter der Beklagte war, wurde am 13.01.1999 ein Agenturvertrag geschlossen, mit der die Klägerin der S... & ... GbR eine Vertretung in M… übertrug. Dieser Agenturvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:

5

㤠4 Provisionen

6

Für die Vermittlung von Verträgen erhält der Vertreter als einmaliges, alle weiteren Ansprüche ausschließendes Entgelt die in den als Anlage beigefügten Provisionstabellen festgesetzten Abschlußprovisionen. Diese enthalten auch die Pflegeprovisionen für das erste Versicherungsjahr.

7

Vom zweiten Versicherungsjahr an erhält der Vertreter für die Pflege der Verträge, ihre Erhaltung, die Anpassung an veränderte Verhältnisse, für die Hilfe bei der Schadensbearbeitung und für postalische Aufwendungen sowie Bank- und Postscheckgebühren eine Pflegeprovision, die sich aus den beigefügten Provisionstabellen ergibt.

8

Die Provisionen für Vertragsverlängerungen und Erhöhungen der Jahresprämien sind in Ziffer C und D der R... Provisionstabelle geregelt.

9

Die Auszahlung der Provision erfolgt auf das vom Vertreter angegebene Konto in dem von ihm gewünschten Auszahlungsrhythmus, jedoch maximal einmal im Monat zum Monatsende.

10

Die Provisionen kommen erst dann zur Auszahlung, wenn sie verdient sind, d.h. wenn der Versicherungsnehmer den Beitrag gezahlt hat. Der Vertreter kann von der R... nicht das Einklagen von Beiträgen und Kosten aus uneingelösten Dokumenten und Beitragsrechnungen fordern.

11

[…]

12

§ 10 Beendigung des Agenturvertrages

13

[…]

14

Mit der Beendigung des Agenturvertrages erlischt jeder Anspruch des Vertreters gegen die R... auf irgendwelche Vergütungen oder Provisionen. Ausgenommen hiervon sind Abschlußprovisionen für solche Verträge, die der Vertreter vor Beendigung des Agenturvertrages vermittelt hat. Provisionsbeträge, die 3 Monate nach Beendigung des Vertrages noch nicht durch Kundenzahlungen verdient sind, gelten als verfallen. […]“

15

Diese Regelungen entsprechen einem Vertragsmuster der Klägerin, das sie bei dem Abschluss von Agenturverträgen gegenüber ihren Versicherungsvertretern verwendete.

16

Da die S... & ... GbR durch Kündigung aufgelöst wurde, vereinbarten die Parteien, dass der Beklagte die Vertretung der S... & ... GbR auf der Grundlage des Agenturvertrags vom 13.01.1999 weiterführen sollte.

17

Mit Schreiben vom 27.01.2012 erklärte der Beklagte die ordentliche Kündigung des Agenturvertrags zum 31.07.2012.

18

Die Klägerin verhängte ab dem 24.01.2012 eine Auszahlungssperre gegenüber dem Beklagten, woraufhin dessen Agenturkonto die dort gebuchten Bestandspflegeprovisionen für den Zeitraum Februar bis April 2012 in Höhe von € 31.941,63 gutgeschrieben wurden und nicht zur Auszahlung an ihn gelangten, wobei sich der Anteil der von dem Beklagten - nach der Behauptung der Klägerin - verdienten Bestandspflegeprovisionen hieran auf € 12.142,89 (Bl. 7 GA) bzw. € 12.147,12 (Bl. 272 GA) beläuft.

19

Auf die wiederholte Weigerung der Klägerin, sein Provisionsguthaben an ihn auszuzahlen, erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 23.04.2012 die fristlose Kündigung des Agenturvertrags. Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 24.04.2012 ihrerseits die fristlose Kündigung mit der Begründung, der Beklagte übe über eine GmbH eine massive Konkurrenztätigkeit aus.

20

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse ihr anteilig die Bestandspflegeprovisionen zurückzahlen, soweit diese auf eine Zeit nach Beendigung des Agenturvertrags entfielen. Denn seit April 2012 sei dem Beklagten die Pflege des Bestands aufgrund der Kündigung des Agenturvertrags nicht mehr möglich. § 4 Abs. 5 des Agenturvertrags regele nur die Fälligkeit der Provisionen. Die Pflegeprovision werde jedoch für die Verwaltung des Versicherungsvertrags in dem gesamten Zeitraum gezahlt, für den der Versicherungsnehmer den Beitrag entrichtet habe, der die Zahlung der Pflegeprovision an den Beklagten vor Vertragsbeendigung ausgelöst habe. Soweit dieser Zeitraum anteilig in die Zeit nach Beendigung des Agenturvertrags falle, stehe dem Beklagten die erhaltene Pflegeprovision nicht zu, da er insoweit die geschuldete Pflegetätigkeit nicht mehr ausüben könne. Eine ergänzende Auslegung des Agenturvertrags ergebe, dass der Beklagte die Pflegeprovisionen insoweit zurückzahlen müsse. Jedenfalls sei er rechtsgrundlos bereichert. Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf eine als Anlage K 4 zur Gerichtsakte gereichte Übersicht behauptet, der zurückzuzahlende Betrag an Pflegeprovisionen betrage € 57.442,43 abzüglich eines (Teil-) Betrags in Höhe von € 14.441,83, den sie mit Vereinbarung vom 15.08.2012 (Anlage K 7) - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - an die R... Lebensversicherung abgetreten hat, so dass sich der mit der Klage geltend gemachte Betrag von € 43.000,60 ergibt.

21

Die Klägerin hat beantragt,

22

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 43.000,60 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2012 zu zahlen.

23

Der Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Er hat die Auffassung vertreten, nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Abs. 5 des Agenturvertrags sei (auch) die Pflegeprovision verdient, sobald der Versicherungsnehmer seinen Beitrag an die Klägerin gezahlt habe. Die Wortwahl zeige eindeutig, dass die Pflegeprovisionen nicht lediglich als Vorschuss an ihn - den Beklagten - bezahlt worden seien. Dies sei auch interessengerecht, da auf diese Weise der Nachteil ausgeglichen werde, dass ein Versicherungsvertreter bei Übernahme eines Bestands bis zur nächsten Beitragszahlung die Verwaltung des Versicherungsvertrags ohne Vergütung durchführe. Hätte die Klägerin sich eine anteilige Rückzahlung von Pflegeprovisionen vorbehalten wollen, hätte sie dies durch eine ausdrückliche Vertragsregelung vorsehen müssen, so wie sie in Agenturverträgen anderer Versicherungsunternehmen enthalten seien. Etwaige Unklarheiten gingen zu Lasten der Klägerin als Klauselverwenderin.

26

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen, soweit diese den vorgenannten Feststellungen nicht widersprechen.

27

Mit Urteil vom 21.08.2013, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem eindeutigen Wortlaut des Vertrags sei auch die Pflegeprovision verdient, sobald der Versicherungsnehmer seinen Beitrag gezahlt habe. Dies zeige, dass es sich bei der Pflegeprovision auch um eine „Halteprämie“ dafür handele, dass der vom Vertreter betreute Versicherungsnehmer für eine weitere Beitragsperiode seinen Vertrag mit der Klägerin aufrechterhalten und hierfür seinen Beitrag entrichtet habe.

28

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 26.08.2013 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 19.09.2013 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Berufung, die sie mit am 11.11.2013 eingegangenem Schriftsatz vom 08.11.2013 begründet hat, und mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Zudem hat sie ihr Begehren in der Berufungsinstanz mit den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12.02.2015 zugestelltem Schriftsatz vom 27.01.2015 um einen Hilfsantrag erweitert.

29

Die Klägerin wiederholt und vertieft in ihrer Berufungsbegründung ihre bereits erstinstanzlich vertretene Auffassung, dass der Beklagte ihr zur Rückzahlung eines Betrags von € 43.000,60 an vorschüssig geleisteten, von diesem jedoch nicht verdienten Bestandspflegeprovisionen verpflichtet sei.

30

Nachdem der Senat den Parteien mit Beschluss vom 25.07.2014 einen Hinweis erteilt hat, haben diese ergänzend zum Sachverhalt vorgetragen. Insbesondere hat die Klägerin ihren Vortrag - im Hinblick auf den unter Ziff. II. des Senatsbeschlusses erteilten Hinweis - zur Höhe des geltend gemachten Rückforderungsanspruchs mit Schriftsatz vom 29.10.2014, auf den nebst den Anlagen BB 1 (korrigiert) bis BB 13 wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ergänzt und bezogen auf die einzelnen Versicherungsvertragsverhältnisse dargestellt, welcher Anteil an den an den Beklagten gezahlten Bestandspflegeprovisionen jeweils konkret nicht verdient worden sei. Mit Schriftsatz vom 27.01.2015 hat sie Vorbringen nochmals ergänzt.

31

Die Klägerin behauptet, dass sie an den Beklagten im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 insgesamt Provisionszahlungen in Höhe von € 257.873,02 geleistet habe. Darin seien Bestandspflegeprovisionen in Höhe von € 160.379,89 enthalten gewesen, von denen der Beklagte bezogen auf den Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2012 lediglich € 97.620,30 verdient habe, so dass ihr an sich ein Rückforderungsanspruch in Höhe von € 57.845,22 gegenüber dem Beklagten zustehe. Von diesem Betrag habe sie - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - eine Forderung in Höhe € 14.441,83 betreffend die unverdienten Bestandspflegeprovisionen aus Januar 2012 - wegen der genauen Zusammensetzung dieser abgetretenen Forderung wird auf die Seiten 13 ff. des Klägerinnenschriftsatzes vom 27.01.2015 verwiesen - an die R... Lebensversicherung AG abgetreten (vgl. bereits Anlage K 7) und daher insoweit von der Gesamtforderung in Abzug gebracht, so dass sich eine berechtigte Forderung in Höhe € 43.393,39 ergebe; die Differenz zur Klageforderung (€ 43.000,60) in Höhe € 392,79 beruhe u.a. auf Rundungsdifferenzen.

32

Hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der Abtretung über eine Teilforderung in Höhe von € 14.441,83 stütze sie ihre Klage auf einen Teilbetrag in Höhe von € 42.980,26 (€ 15.523, + € 27.456,30) aus dem ihr behauptetermaßen wegen der vom Beklagten im Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2011 (€ 15.523,96) und anteilig Januar 2012 (€ 27.456,30) nicht verdienten Bestandspflegeprovisionen in Höhe von € 57.845,22 zustehenden Gesamtrückforderungsanspruch. Wegen der genauen Zusammensetzung dieser Teilforderung/-klage wird auf die Seiten 27 ff. des Klägerinnenschriftsatzes vom 27.01.2015 Bezug genommen.

33

Die Klägerin beantragt zuletzt,

34

35

1. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.08.2013 - Az.: 13 O 249/12 - aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie - die Klägerin - € 43.000,60 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 16.06.2012 zu zahlen;

36

37

2. hilfsweise das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.08.2013 - Az.: 13 O 249/12 - aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie - die Klägerin - € 42.980,26 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB p.a. ab dem 10.06.2012 zu zahlen.

38

In Bezug auf die Differenz in Höhe von € 20,34 zwischen dem ursprünglichen Antrag in Höhe von € 43.000,60 und dem neuen Antrag in Höhe von € 42.980,26 wird die Klage zurückgenommen.

39

Der Beklagte beantragt,

40

41

1. die Berufung, einschließlich des Hilfsantrags, zurückzuweisen;

42

43

2. die Revision zuzulassen;

44

45

3. regt er die Aussetzung des hiesigen Verfahrens bis zur endgültigen Erledigung (rechtskräftigen Entscheidung) des vor dem Landgericht Düsseldorf zum Az.: 41 O 87/13 geführten Verfahrens an.

46

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Sowohl unter Berücksichtigung des Wortlauts des Agenturvertrags, der gesetzlichen Regelung des § 92 Abs. 4 HGB als auch nach Sinn und Zweck von § 4 Abs. 2 und Abs. 5 des Agenturvertrags unter Berücksichtigung der der tatsächlichen jahrzehntelangen Abläufe in der Versicherungsagenturbranche bestehe bereits dem Grund nach kein Rückforderungsanspruch hinsichtlich der an ihn gezahlten Bestandspflegeprovisionen. Zumindest bestünden unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, die - da es sich um eine AGB-Klausel bzw. bei dem Agenturvertrag um einen Formularvertrag handele - aufgrund der Zweifelsregelung in § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Klägerin gingen und zu einem Ausschluss eines Rückforderungsanspruchs führen müssten.

47

Im Übrigen wendet der Beklagte hinsichtlich der Höhe des klägerseits geltend gemachten Rückforderungsanspruchs ein, dass er im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 nicht € 160.379,89, sondern lediglich einen Betrag in Höhe von € 149.929,44 an Bestandsprovisionen tatsächlich ausbezahlt erhalten habe, so dass sich eine Differenz in Höhe von € 10.450,45 ergebe. Diese Differenz resultiere daraus, dass die Aufstellung der Klägerin auf dem Agenturkonto basiere, wobei die Buchungen dort anhand der an die Kunden herausgeschickten Beitragsrechnungen und der fälligen Versicherungsbeiträge errechnet und erstellt worden seien und nicht anhand der tatsächlich von den Kunden gezahlten Beiträge. Die von den Kunden nicht gezahlten Beiträge seien ihm - dem Kläger - nämlich jeweils am Monatsende wieder belastet worden. Dass er bezogen auf den Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 tatsächlich einen Betrag in Höhe von € 10.450,45 weniger ausbezahlt erhalten habe, ergebe sich aus der von der Klägerin stammenden Aufstellung „uneingelöste Inkassostücke“ vom 24.01.2012 (Anlage B 15). Die Belastung des Betrags von € 10.450,45 betreffe (auch) ausschließlich die Vergangenheit, d.h. Verträge für die er Betreuungsleistungen erbracht, der Kunde jedoch angeblich keine Prämie gezahlt habe.

48

Ferner habe die Klägerin für die Versicherungsarten/-sparten „Transportversicherung“, „Verkehrsserviceversicherung“, „gebündelte industrielle Versicherungen“, „Industriegeschäft einschließlich BO“ und „Luftunfallversicherung“ keine Abschlussprovisionen gezahlt. Ausweislich der „Provisionstabelle“ der Klägerin (vgl. Anlage B 12) sei indes die erstjährige Provision bei diesen Versicherungen als Abschlussprovision zu werten; erst ab dem zweiten Versicherungsjahr werde eine Bestandspflegeprovision in gleicher Höhe gezahlt. Er bestreite vor diesem Hintergrund mit Nichtwissen, dass die in den Aufstellungen der Klägerin (Anlagen BB 1 bis BB 13) bezogen auf diese Versicherungsarten/-sparten angegebenen „Bestandspflegeprovisionen“ tatsächlich ausschließlich Pflege- und nicht - zumindest anteilig - auch Abschlussprovisionen beinhalteten. Da er mit Beendigung des Agenturvertrags seine Unterlagen habe zurückgeben müssen und dies auch getan habe, sei ihm ein qualifiziertes Bestreiten nicht möglich. Soweit die Klägerin ausführe, dass die erstjährige Prämie ausschließlich für die Bestandspflege gezahlt werde, stehe dies in Widerspruch zu ihren eigenen Provisionsbestimmungen. Darüber hinaus treffe es nicht zu, dass sich die Klägerin ausschließlich an dem Beitragsrechnungsverzeichnis orientiert habe, da sich die von ihr errechnete Ausgangssumme von € 160.379,89 als Addition der in den Provisionsabrechnungen enthaltenen „Inkassoprovisionen“ ergebe.

49

Der Beklagte rügt weiterhin, dass die Klageforderung angesichts der erfolgten (Teil-) Abtretung nicht hinreichend bestimmt sei. Ferner macht er gegenüber der Klageforderung bzw. hinsichtlich „sämtlicher möglicher Zahlungsansprüche“ der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Erstellung eines Buchauszugs - der Buchauszugsanspruch ist neben weiteren Begehren Gegenstand der von dem Beklagten gegen die Klägerin vor dem Landgericht Düsseldorf zum Az.: 41 O 87/13 erhobenen Klage - geltend. Er benötige den Buchauszug u.a., um die von der Klägerin vorgelegten Aufstellungen auf ihre Richtigkeit überprüfen zu können, und zwar dahingehend, ob die von der Klägerin angegebenen Bestandspflegeprovisionen vollständig seien oder ob ihm gegebenenfalls noch weitere erhebliche Provisionsansprüche zustünden. Ferner wolle er mithilfe des Buchauszugs überprüfen, ob die „uneingelösten Inkassostücke“ in einem Umfang von € 10.450,45 (Anlage B 15) nicht zwischenzeitlich von den Versicherungskunden bezahlt worden seien und ihm daher gegebenenfalls noch Provisionen in dieser Höhe zustünden. Da die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 29.10.2014 mit den Anlagen BB 1 bis BB 13 eine Auflistung und Aufschlüsselung der geltend gemachten (Teil-) Rückforderungsansprüche vorgelegt habe, sei die (erstmalige) Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts mit Schriftsatz vom 27.11.2014 angezeigt und zulässig.

50

Weiterhin beruft sich der Beklagte auf § 242 BGB unter dem Aspekt des „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“. Er verweist darauf, dass für das Fall, dass seine mit Schreiben vom 23.04.2012 ausgesprochene fristlose Kündigung des Agenturvertrags wirksam gewesen sei und zu dessen Beendigung geführt habe, die Klägerin den Verlust seiner Bestandspflegeprovisionen schuldhaft verursacht hätte, so dass an deren Stelle ein Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe trete und ihm insoweit Bestandspflegeprovisionen als Schadensersatz für den Zeitraum bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigung am 31.07.2012 zu zahlen wären. Bei einem Rückzahlungsanspruch der Klägerin für nicht verdiente Bestandspflegeprovisionen für den Zeitraum Mai bis Juli 2012 müsste diese diesen Betrag daher unverzüglich als Schadensersatz an ihn zurückzahlen, weshalb ihm die Einrede nach § 242 BGB zustehe. Vor diesem Hintergrund rege er die Aussetzung des hiesigen Verfahrens im Hinblick auf das vor dem Landgericht Düsseldorf zum Az.: 41 O 87/13 geführte Verfahren, in dem er seine Klage mit Schriftsatz vom 31.08.2015 um den Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit seiner fristlosen Kündigung ergänzt habe (vgl. Anlage B 24), an, zumal in diesem Verfahren gegenüber der Klägerin auch der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs geltend gemacht worden sei.

51

Darüber hinaus erklärt der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit ihm behauptetermaßen für den Zeitraum Februar 2012 bis April 2012 zustehenden, von ihm verdienten Ansprüchen auf Bestandspflegeprovisionen in Höhe von € 31.140,65, die die Klägerin ihm nach seiner Auffassung unberechtigterweise nicht mehr ausgezahlt habe, und zwar in der „historischen Reihenfolge“ der Anlage BB 1. Selbst - so der Beklagte - wenn man mit der Klägerin davon ausginge, dass der Betrag um nicht verdiente Anteile in Höhe von € 19.794,53 gekürzt werden müsste, verbliebe immer noch eine unstreitige, ohne weiteres aufrechenbare Gegenforderung in Höhe von € 12.147,12.

52

Weiterhin erklärt der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einem ihm behauptetermaßen zustehenden Erstattungsanspruch - dieser ist ebenfalls (Klage-) Gegenstand des zwischen den Parteien vor dem Landgericht Düsseldorf zum Az.: 41 O 87/13 geführten Verfahrens - für im Zeitraum Januar 2010 bis Januar 2012 in Höhe von insgesamt € 3.600,00 an die Klägerin gezahlte Entgelte für die Nutzung der von dieser vorgegebenen Soft- und Hardware. Gemäß § 86a Abs. 1, Abs. 3 HGB sei die getroffene Entgeltvereinbarung unwirksam, weshalb die Klägerin ihm die geleisteten Beträge insgesamt zurückzuerstatten habe

53

Die Klägerin hält dem entgegen, dass der von ihr geltend gemachte (Teil-) Rückforderungsanspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach berechtigt sei. In ihren Aufstellungen seien - entgegen den Mutmaßungen des Beklagten - keine Abschluss-, sondern ausschließlich Bestandsprovisionen enthalten. Sie habe zur Substantiierung und Berechnung des (Teil-) Rückforderungsanspruchs die monatlich neu erstellten Beitragsrechnungsverzeichnisse herangezogen, in denen nur die in den jeweiligen Monaten gebuchten Bestandsprovisionen enthalten seien. In den von dem Beklagten vorgelegten/herangezogenen „Buchungsnoten“ (Anlage B 14) seien demgegenüber verschiedene Provisionsarten ausgewiesen. Für den Fall, dass eine Versicherungsprämie von einem Kunden nicht gezahlt worden sei, komme es zu keiner Auszahlung auf das Girokonto des Handelsvertreters, vielmehr verbleibe dieser Betrag auf dem Agenturkonto, so dass das auf dem Agenturkonto befindliche Guthaben die Höhe der „unverdientene“ Provisionen widerspiegele. In den Beitragsrechnungsverzeichnissen würden zudem nur Folgeprämien gebucht, während die Buchungen für die Bestandspflegeprovision im ersten Versicherungsjahr in den Policierungsübersichten erfolge. Bei den vom Beklagten angeführten Versicherungsarten/-sparten werde im Übrigen überhaupt keine Abschluss-, sondern ausschließlich eine Bestandspflegeprovision gezahlt.

54

Es bestehe - entgegen der Darstellung des Beklagten - auch keine Differenz zu den Auszahlungen in Höhe von € 10.450,45. Insbesondere verhalte sich die von dem Beklagten zur Stützung seiner Auffassung vorgelegte Anlage B 15 (Aufstellung „uneingelöste Inkassostücke“ vom 24.01.2012) nicht ausschließlich zu dem Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012, sondern zu sämtlichen in den Vormonaten bzw. Vorjahren nicht bezahlten Bestandspflegeanteilen. Auch könnten lediglich die Fälligkeiten für den Monat Januar 2012 herangezogen werden. Sodann müsste geprüft werden, ob in der Folgezeit der Beitrag gezahlt worden oder eine Stornierung des Vertrags erfolgt sei. Im Übrigen seien in der Anlage B 15 nur solche Provisionen erfasst, bei denen der Versicherungsnehmer die Prämie nicht bezahlt, mithin der Vermittler auch noch keine Provision verdient habe. Überdies habe sie in ihren Aufstellungen zu Gunsten des Beklagten die im Januar 2012 fälligen Bestandspflegeprovisionen als „verdient“, sprich vom Versicherungsnehmer gezahlt, verbucht bzw. unterstellt. Die pauschale Behauptung des Beklagten, er habe für den Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 einen Betrag von € 10.450,45 zu wenig erhalten, sei daher unzutreffend.

55

Der geltend gemachte (Teil-) Rückzahlungsanspruch sei - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar, jedenfalls nach dem Hilfsantrag.

56

Dem Beklagten stehe überdies weder ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von € 3.600,00 wegen EDV-Kosten noch ein Anspruch in Höhe von € 31.941,65 wegen vermeintlich zu Unrecht nicht ausgezahlter Bestandspflegeprovisionen zu, mit denen er hilfsweise aufrechnen könne. Der Beklagte habe nicht € 31.941,65 an Bestandspflegeprovisionen verdient. Die Hilfsaufrechnung sei zudem unbestimmt, da der Beklagte nicht definiere, auf welche Zeiträume und/oder Forderungen sie bezogen sei. Er räume selbst ein, dass ihm u.U. nur ein Bruchteil der Forderung in Höhe von € 12.147,12 zustehe.

57

Auch auf ein Zurückbehaltungsrecht könne der Beklagte sich nicht berufen. Ein Buchauszug sei mittlerweile erteilt worden; dieser sei allenfalls zu ergänzen. Daher stehe auch § 242 BGB einem auf die gesamte Leistung bezogenen Zurückbehaltungsrecht entgegen, sofern man ein solches überhaupt (noch) bejahe. Im Übrigen sei das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht unbestimmt, da es auf „sämtliche möglichen Zahlungsansprüche der Klagepartei“ bezogen sei.

58

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

59

II.

60

Die Berufung ist zulässig und zu einem überwiegenden Teil begründet.

61

A.

62

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.08.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ist zulässig. Die Berufung ist gemäß §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufungssumme (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) wird erreicht und die fristgerecht eingelegte Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Diese beschränkt sich nicht in einer bloßen Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen, sondern richtet sich in der notwendigen Weise gegen die tragenden Erwägungen bzw. alle selbstständigen Begründungselemente/-teile der angefochtenen Entscheidung. Die Klägerin rügt Rechtsverletzungen (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO) durch das erstinstanzliche Gericht (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO), die - als zutreffend unterstellt - entscheidungserheblich wären.

63

B.

64

Die Berufung hat im tenorierten Umfang in der Sache Erfolg.

65

Der Klägerin steht - nach Maßgabe des Hilfsantrags - in Höhe von € 42.980,26 ein vertraglicher Rückforderungsanspruch nebst Zinsen hinsichtlich eines Teils der an den Beklagten auf Grundlage des Agenturvertrags im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 geleisteten Bestandspflegeprovisionen zu, da es sich insoweit um Vorschüsse auf spätere Bestandspflegeleistungen gehandelt hat, die der Beklagte - wegen der mit den wechselseitig ausgesprochenen fristlosen Kündigungen der Parteien einhergehenden Einstellung seiner Tätigkeit - nicht mehr ins Verdienen gebracht hat.

66

Die Klägerin muss sich hierauf jedoch eine seitens des Beklagten hilfsweise aufgerechnete Teilforderung in Höhe von insgesamt € 12.147,65 anrechnen lassen. Dabei handelt es sich um die von dem Beklagten aus einem von der Klägerin aufgrund der Ende Januar 2012 gegen ihn verhängten Auszahlungssperre einbehaltenen Betrag in Höhe von insgesamt € 31.140,65 - unstreitig - von ihm - bezogen auf den Zeitraum Februar bis April 2012 verdienten Bestandspflegeprovisionen. In dieser Höhe sind die berechtigten Forderungen der Klägerin gemäß § 389 BGB erloschen.

67

I.

68

Hauptantrag

69

Hinsichtlich des mit dem jetzigen Hauptantrag verfolgten, auf Zahlung von € 43.000,60 nebst Verzugszinsen gerichteten Klagebegehrens ist die Klage mangels hinreichender Bestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Denn bei Geltendmachung eines Teilbetrags aus mehreren selbstständigen Ansprüchen - so wie hier - muss angegeben werden, mit welchem Anteil bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Ansprüche geprüft werden bzw. welche Teile Gegenstand der Teilforderung sein sollen, sofern nicht nur unselbstständige Rechnungsposten eines einheitlichen Anspruchs betroffen sind (BGH, Beschl. v. 26.02.2015 - III ZR 53/14, Juris, Rn. 4; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 253 Rn. 15 - jeweils m.w.N.). An diesen notwendigen Angaben zur Bestimmung und Eingrenzung der Klageforderung fehlt es vorliegend.

70

1.

71

Nach den Darlegungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27.01.2015 steht ihr gegenüber dem Beklagten ein Rückforderungsanspruch in Höhe von € 43.403,39 zu, von dem mit dem Hauptantrag lediglich € 43.000,60 geltend gemacht werden, ohne dass die Klägerin angegeben hat, wie sich die Teilforderung konkret zusammensetzen soll; dies wäre jedoch erforderlich gewesen. Denn bei den den einzelnen Versicherungsvertragsverhältnissen zuzuordnenden, behauptetermaßen nicht vom Beklagten verdienten Anteilen der insoweit an ihn ausgekehrten Bestandspflegeprovisionsvorschüssen handelt es sich nicht um unselbstständige Rechnungsposten eines einheitlichen Rückforderungsanspruchs, sondern jeweils um bezogen auf das einzelne Vertragsverhältnis rechtlich selbstständige Streitgegenstände und damit eine Vielzahl einzelner Rückforderungsansprüche. Dass es sich um unselbstständige Forderungen und nicht lediglich um unselbstständige Rechnungsposten handelt, folgt schon aus der Möglichkeit unterschiedlicher Entwicklungen hinsichtlich der Anspruchsinhaberschaft (zu diesem Abgrenzungskriterium vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 260/10, Juris, Rn. 8 m.w.N.).

72

2.

73

Die Klägerin hat auf den Seiten 13 ff. ihres Schriftsatzes vom 27.01.2015 i.V.m. der Anlage BB 15 ausgeführt, dass es sich bei dem mit dem Hauptantrag geltend gemachten Betrag um den Rest handele, der nach der Abtretung einer (Teil-) Forderung in Höhe von € 14.441,83 an die R... Lebensversicherung AG - aus der ihr behauptetermaßen gegenüber dem Beklagten zustehenden Gesamtforderung von € 57.845,22 - verblieben sei, wobei die Klägerin im Einzelnen - unter Nennung der jeweiligen Kunden und Versicherungsvertragsverhältnisse - dargetan hat, wie sich die an die R... Lebensversicherung AG abgetretene (Teil-) Forderung in Höhe von € 14.441,83 zusammensetzt. Der Differenzbetrag beläuft sich jedoch auf € 43.403,39 (€ 57.845,22 - € 14.441,83), während sich die mit dem Hauptantrag geltend gemachte (Rest-) Forderung auf € 43.000,60 beläuft. Um dem Bestimmtheitserfordernis Genüge zu tun, wäre es deshalb erforderlich gewesen, den Umfang der von dem Hauptantrag erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln, woran es vorliegend fehlt. Auf die Frage der Wirksamkeit bzw. hinreichenden Bestimmtheit/Bestimmbarkeit der Abtretung (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 260/10, Juris, Rn. 6 ff.) kommt es in diesem Zusammenhang nicht (mehr) an.

74

II.

75

Hilfsantrag

76

Hinsichtlich des in der Berufungsinstanz neu gestellten Hilfsantrags ist die (Teil-) Klage dagegen zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

77

1.

78

Bezüglich der mit dem Hilfsantrag verfolgten reduzierten Klageforderung in Höhe von € 42.980,26 ist die (Teil-) Klage hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig. Die Klägerin hat insoweit in ihrem Schriftsatz vom 27.01.2015 (dort Seiten 27 ff.) dargetan, dass sie aus dem Betrag von € 57.845,22 betreffend die behauptetermaßen unverdienten Anteile der an den Beklagten im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 gezahlten Bestandspflegeprovisionen mit ihrem Hilfsantrag (lediglich) einen Teilbetrag in Höhe von € 42.980,26 geltend mache, der sich aus den unverdienten Anteilen für die Monate Juni 2011 bis einschließlich Dezember 2011 in Höhe von insgesamt € 15.523,96 und einem Teilbetrag in Höhe von € 27.456,30 des unverdienten Anteils für den Monat Januar 2012 nach Maßgabe der Anlage BB 16, der sich behauptetermaßen auf insgesamt € 42.321,26 beläuft, zusammensetzt. Die konkrete Zusammensetzung der Teilklage ist hierbei insbesondere durch die von der Klägerin vorgelegten Anlagen BB 1 bis BB 9 und BB 16, durch die die Rückforderungsbeträge im Einzelnen aufgeschlüsselt und den jeweiligen Versicherungsverhältnissen zugeordnet werden, hinreichend bestimmt.

79

2.

80

Der Senat ist auch zur Entscheidung über den Hilfsantrag berechtigt, weil der Hauptantrag keinen Erfolg hat und damit die innerprozessuale Bedingung für den Hilfsantrag eingetreten ist. Zwar hat die Klägerin den Hilfsantrag ausdrücklich für den Fall gestellt, dass die Abtretung unwirksam und damit die Zusammensetzung der ursprünglichen Klageforderung nicht hinreichend bestimmt ist, doch kann nichts anderes für den Fall gelten, dass sich die mangelnde Bestimmtheit des Klagantrags und damit die Unzulässigkeit des Hauptantrags aus anderen Gründen ergibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Hilfsantrag allgemein für den Fall der Erfolglosigkeit des Hauptantrags gestellt ist (vgl. hierzu Zöller/Greger, a.a.O., § 260 Rn. 4 m.w.N.).

81

3.

82

Die erstmalige Stellung des Hilfsantrags in der Berufungsinstanz war auch prozessual zulässig. Denn hierbei handelt es sich im Verhältnis zu dem mit der Klage geltend gemachten bzw. erstinstanzlich verfolgten (Haupt-) Antrag um eine ohne weiteres zulässige Umstellung des Klagebegehrens im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO, die nicht den für (echte) Klageänderungen im Sinne des § 263 ZPO geltenden Einschränkungen des § 533 ZPO unterliegt; denn § 264 ZPO ist über § 525 ZPO auch auf das Berufungsverfahren anzuwenden (BGH, Urt. v. 19.03.2004 - V ZR 104/03, Juris, Rn. 25; BGH, Urt. v. 08.12.2005 - VII ZR 138/04, Juris, Rn. 24 ff.; BGH, Urt. v. 22.04.2010 - IX ZR 160/09, Juris, Rn. 6 m.w.N.; a.A. wohl Zöller/Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 3). Bei dem Hilfsantrag handelt sich um eine Antragsbeschränkung in der Hauptsache bei gleichbleibendem Klagegrund gemäß § 264 Nr. 2 ZPO, die mit einer teilweisen Klagerücknahme verbunden ist (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 264 Rn. 3a, 4a m.w.N.). Da über den Hauptantrag bereits mündlich verhandelt worden ist, bedarf es für die teilweise Antragsrücknahme zwar grundsätzlich der Zustimmung des Beklagten, die jedoch auch in einem konkludenten Verhalten, liegen kann, das hier in der rügelosen Einlassung des Beklagten auf den ermäßigten Antrag zu sehen ist (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 264 Rn. 4a, § 269 Rn. 15).

83

4.

84

Der Hilfsantrag hat im Umfang des Urteilssauspruchs Erfolg.

85

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerhaft einen Zahlungsanspruch bereits dem Grunde nach verneint. Der Klägerin steht jedoch gegenüber dem Beklagten basierend auf § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags i.V.m. einer ergänzenden Vertragsauslegung ein vertraglicher Rückforderungsanspruch in Höhe von € 42.980,26 nebst Zinsen von an den Beklagten im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 (anteilig) geleisteten Bestandspflegeprovisionen zu, weil es sich hierbei nach dem Inhalt des Agenturvertrags um Provisionsvorschüsse handelt, denen seitens des Beklagten aufgrund der Ende April 2012 kündigungsbedingt erfolgten Einstellung seiner Tätigkeit bezogen auf den Zeitraum Mai bis Dezember 2012 keine Bestandspflegeleistungen seinerseits mehr gegenüberstanden, so dass er zur Rückzahlung der nicht durch Bestandspflegeleistungen verdienten Vorschusszahlungen nebst Zinsen verpflichtet ist. Hiervon ist jedoch eine Forderung in Höhe von insgesamt € 12.147,65 in Abzug zu bringen, mit der der Beklagte in der Berufungsinstanz berechtigterweise hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat.

86

a)

87

Es ist allgemein anerkannt, dass selbst bei Fehlen einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung - wie vorliegend - derjenige, der Geld als Vorschuss annimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht; wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuss auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BAG, Urt. v. 25.09.2002 - 10 AZR 7/02, Juris, Rn. 31; BAG, Urt. v. 13.12.2000 - 5 AZR 334/99, Juris, Rn. 38; BAG, Urt. v. 15.03.2000 - 10 AZR 101/99 , Juris, Rn. 57; BAG, Urt. v. 20.06.1989 - 3 AZR 504/87, Juris, Rn. 19 ff.; LAG Hamm (Westfalen), Urt. v. 03.03.2009 - 14 Sa 361/08, Juris, 57; OLG Frankfurt, Urt. v. 17.09.2008 - 23 U 137/07, Juris, 32; MüKo/von Hoyningen-Huene, HGB, 3. Aufl., § 87 Rn. 18; Thume, in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 4. Aufl., Kap. V Rn. 27 f. m.w.N.). Ein solcher Rückzahlungsanspruch folgt aus dem Rechtscharakter einer Vorschusszahlung, dem eine Rückzahlungspflicht bei Nichtverdienen der Provision immanent ist (OLG Frankfurt, Urt. v. 17.09.2008 - 23 U 137/07, Juris, 32; ferner Senat, Urt. v. 11.05.2012 - I-16 U 7/11, S. 10 f. n.v). Der Rückzahlungsanspruch hat damit seinen Rechtsgrund in der zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Regelung über die Erbringung solcher Voraus- oder Vorschusszahlungen (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1992 - X ZR 95/90, Juris, 31; BGH, Urt. v. 24.01.2002 - VII ZR 196/00, Juris, Rn. 20; BGH, Urt. v. 19.03.2002 - X ZR 125/00, Juris, Rn. 18 m.w.N.; ferner BGH, Urt. v. 22.07 2014 - KZR 13/13, Juris, Rn. 35), hier somit in § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags. Da die ursprüngliche Zahlung der mit der vorliegenden Klage nunmehr zurückgeforderten, nicht verdienten Bestandspflegeprovisionsvorschüsse auf dem zwischen den Parteien wirksam zustande gekommen Agenturvertrag basierte, sind die Vorschüsse nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden, so dass für die Anwendung bereicherungsrechtlicher Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bzw. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB - auch angesichts des vertraglichen Rückforderungsanspruchs - letztlich kein Raum mehr verbleibt (vgl. auch BGH, Urt. v. 20.10.1992 - X ZR 95/90, Juris, 31; BGH, Urt. v. 19.03.2002 - X ZR 125/00, Juris, Rn. 18 f.; vom Senat offen gelassen im Urt. v. 11.05.2012 - I-16 U 7/11, S. 10 f. n.v.). Ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch besteht lediglich dann, wenn die Vorauszahlungsabrede bzw. der Vertrag insgesamt unwirksam oder als Rechtsgrund entfallen ist, was hier nicht gegeben ist.

88

b)

89

Der Beklagte hat die hier streitigen Bestandspflegeprovisionen als Vorschuss für künftige Leistungen erhalten; dies ergibt die Auslegung von § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags.

90

aa)

91

Die Vertragspartner haben in § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags im Einzelnen festgehalten, welche Leistungen des Versicherungsvertreters durch die „Pflegeprovision“ abgegolten werden. In dieser Regelung heißt es, dass die Bestandspflegeprovisionen für die Pflege der Verträge, ihre Erhaltung, die Anpassung an veränderte Verhältnisse, für die Hilfe bei der Schadenbearbeitung und für postalische Aufwendungen sowie für Bank- und Postscheckgebühren gezahlt werden. Danach ist die Provision weder ein Entgelt für das Halten des Versicherungsvertrags noch in sonstiger Weise ein Entgelt im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags. Bestandspflege- und Verwaltungsprovisionen sind im Gegensatz zu Vermittlungsprovisionen Vergütungen für Tätigkeiten des Vertreters (Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 87 Rn. 8; Thume, in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts Band 1, 4. Aufl., Kap. IX Rn. 66).

92

Der Senat verkennt nicht, dass für die Unterscheidung zwischen Vermittlungsprovisionen einerseits und Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovisionen andererseits nicht allein auf die im Versicherungsvertretervertrag verwendeten Bezeichnungen der verschiedenen Provisionen abgestellt werden kann (vgl. dazu BGH, Urt. v. 01.06.2005 - VIII ZR 335/04, Juris, Rn. 27 m.w.N.). Diese besitzen keinen genügenden Unterscheidungswert, da es in manchen Versicherungszweigen üblich ist, dass in der als Verwaltungs- oder Inkassoprovision bezeichneten Vergütung Teile einer Vergütung für die Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit enthalten sind (BGH, ebenda). Vorliegend haben die Vertragspartner jedoch im Einzelnen geregelt, wofür die Bestandspflegeprovisionen geschuldet sind. Dass es sich um ein Tätigkeitsentgelt und nicht um eine Vermittlungsvergütung handelt, wird auch daraus deutlich, dass die Klägerin die Zahlung der Bestandspflegeprovision unabhängig davon schuldete, ob der Beklagte den entsprechenden Vertrag vermittelt hat, d.h. auch für die Pflege solcher Verträge, die der Beklagte nicht vermittelt hat. Dies spricht dafür, dass es sich bei der Bestandspflegeprovision nicht um eine Vermittlungsprovision, sondern um eine rein tätigkeitsbezogene Vergütung handelt (vgl. auch OLG Schleswig, Urt. v. 11.01.1977 - 9 U 35/76, VersR 1977, 1002). Diese rechtliche Einordnung der in § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags geregelten „Pflegeprovision“ als einer tätigkeitsbezogenen Vergütung wird von dem Beklagten im Übrigen nicht nur nicht in Zweifel gezogen, sondern ausdrücklich geteilt.

93

bb)

94
Die jeweiligen Zahlungen der Klägerin an den Beklagten für die vorzunehmende Bestandspflege erfolgten als Vorschuss. Dies ergibt die Auslegung von § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags, bei dem es sich - wie bei § 4 Abs. 5 des Agenturvertrags - um eine Allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 Abs. 1 BGB handelt.

95

(1)

96

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - XI ZR 3/10, Juris, Rn. 29; BGH, Urt. v. 03.06.2011 - XI ZR 388/10, Juris, Rn. 21 - jeweils m.w.N.). Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305 c Abs. 2 BGB, der gemäß § 310 Abs. 1 BGB auch auf die Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern Anwendung findet (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 305c Rn. 2 a.E.), zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - XI ZR 3/10, Juris, Rn. 29; BGH Urt. v. 13.11.2012 - XI ZR 500/11, Juris, Rn. 16).

97

(2)

98

Nach diesen Maßgaben ergibt sich aus § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags, dass die Provision für die Bestandspflege als Vorschuss für noch zu erbringende Pflegeleistungen gezahlt wird.

99

aaa)

100

Die Klägerin leistete die Zahlungen bezogen auf konkrete Versicherungsverträge für einen kommenden Zeitraum, nämlich für denjenigen, für den die Versicherungsnehmer die geschuldete Prämie bezahlt hatten, und - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht für einen vergangenen. Dementsprechend wurden die Zahlungen der Klägerin fällig mit den Beitragszahlungen der Versicherungsnehmer, die ja ihrerseits ebenfalls vorschüssig zahlten. Dies folgt aus der vertraglichen Anknüpfung der Bestandspflegeprovision in § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags an die dort konkret benannten Tätigkeiten, der es ansonsten nicht bedurft hätte, wenn es sich um eine pauschale Vergütung für die Pflege des gesamten vorhandenen Bestands - ohne jegliche Anknüpfung an einen bestimmten Versicherungsvertrag oder an eine während eines bestimmten Zeitabschnitts ausgeübte Tätigkeit - handeln würde, bei der sich die Gegenleistung nach sämtlichen eingegangenen Versicherungsbeiträgen bemisst, die die Kunden während der Dauer der Pflege des gesamten Bestands bezahlt haben. Dass in § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags nicht ausdrücklich von einer vorschüssigen Zahlung die Rede ist, steht dem nicht entgegen, weil auch die Auslegung von AGB gemäß §§ 133, 157 BGB nicht nur den Wortlaut einer Regelung zu berücksichtigten hat, der dieser Auslegung im Übrigen nicht entgegensteht.

101

bbb)

102

An dem Charakter der Bestandspflegeprovision als Vorschusszahlung, die sich auf eine konkrete für bestimmte Verträge zu erbringende Tätigkeit bezieht, ändert sich selbst dann nichts, wenn die Behauptung des Beklagten zutrifft, er habe bei einer solchen Beurteilung zu Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin unentgeltliche Bestandspflegeleistungen erbracht, nämlich für diejenigen Verträge, an die die Klägerin dem ausgeschiedenen Versicherungsvertreter Pflegeprovisionen gezahlt habe, da ihm gemäß § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags erst ab dem zweiten Versicherungsjahr reine Pflegeprovisionen zustünden. Es mag dahin stehen, ob der Beklagte für die dann ohne Vergütung erbrachten Leistungen nach Maßgabe der §§ 675, 611 BGB ein Entgelt hätte beanspruchen können; dies ist nicht Streitgegenstand. Jedenfalls ändert dieser zeitliche Ablauf, den der Beklagte schildert, nichts daran, dass er die hier streitigen Zahlungen der Klägerin als Vorschuss für konkrete Versicherungsverträge erhalten hat. Es macht die Zahlung nicht zu einer nachschüssigen Entgeltzahlung für in der abgelaufenen Versicherungsperiode für den jeweiligen Einzelvertrag erbrachten Leistungen. Dafür gibt § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags nichts her.

103

ccc)

104

Dafür, dass die Bestandspflegeprovisionen („Pflegeprovisionen“) keine an die ebenfalls vorschüssig geleisteten Versicherungsprämien anknüpfende Vorauszahlung für von dem Beklagten zukünftig noch zu erbringende Bestandspflegeleistungen darstellen, sondern dass es sich um eine endgültige, vom dem Beklagten mit Leistung der Versicherungsprämie verdiente Provision handelt, kann der Beklagten auch nicht mit Erfolg anführen, dass in den Provisionsabrechnungen bzw. den tabellarischen Policierungsübersichten der Klägerin die Pflegeprovisionen unter der Rubrik „Inkassoprovision“ erfasst werden (vgl. Anlage B 11). Die Verwendung dieser außerhalb der vertraglichen Vereinbarung genutzten Begrifflichkeit stellt - entgegen der Ansicht des Beklagten - keinen Beleg dafür dar, dass die Bestandspflegeprovision endgültig mit dem Inkasso, sprich dem Eingang des Versicherungsbeitrags bei der Klägerin entstanden, fällig und verdient sein soll. Das nachträgliche Verhalten der Parteien kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, kann aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten haben und kann daher zumindest als Indiz für die Auslegung von Bedeutung sein (BGH, Versäumnisurt. v. 06.07.2005 - VIII ZR 136/04, Juris, Rn. 29; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 17 - jeweils m.w.N.). Bei der Auslegung von AGB und Formularverträgen haben jedoch angesichts des hier geltenden Grundsatzes der objektiven Auslegung individuelle und einzelfallbezogene Umstände grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Urt. v. 29.05.2009 - V ZR 201/08, Juris, Rn. 10; BGH, Versäumnisurt. v. 16.06.2009 - XI ZR 145/08, Juris, Rn. 16; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 133 Rn. 26a; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305c Rn. 16 - jeweils m.w.N.). Aus diesem Grund kann dem in den Provisionsabrechnungen bzw. den tabellarischen Policierungsübersichten enthaltenen Begriff der „Inkassoprovision“ keine entscheidende Bedeutung zukommen, zumal derartige Begrifflichkeiten nicht einheitlich verwendet und verstanden werden. Insbesondere kann Begriff der „Inkassoprovision“ - entgegen dem ihm seitens des Beklagten beigelegten Verständnis - auch schlicht dahin verstanden werden, dass dem Handelsvertreter eine gesonderte Vergütung für den Geldeinzug aus abgeschlossenen Geschäften zufließen soll.

105

cc)

106

Die Abrechnung der Vorschusszahlungen und ein sich gegebenenfalls ergebender Rückzahlungsanspruch ist nicht durch gesetzliche Vorschriften ausgeschlossen. Die gesetzlichen Regelungen der §§ 87a und 92 Abs. 4 HGB finden auf die dem Beklagten geschuldete Bestandspflegeprovision keine Anwendung. Diese Vorschriften regeln die dem Vertreter kraft Gesetzes zustehende Vermittlungs- oder Abschlussprovision. Das dem Vertreter für sonstige, an sich dem Unternehmer obliegende Tätigkeiten vertraglich geschuldete Entgelt, wie z.B. eine Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovision, ist nicht Gegenstand der gesetzlichen Regelung (OLG Schleswig, Urt. v. 11.01.1977 - 9 U 35/76, VersR 1977, 1002; Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 92 Rn. 12, 15, 20; MüKo/von Hoyningen-Huene, a.a.O., § 92 Rn. 9; vgl. auch BGH, Urt. v. 04.05.1959 - II ZR 81/57, BGHZ 30, 98, 102; a.A. Staub/Emde, Großkommentar zum HGB, 5. Aufl., § 92 Rn. 60). Die von dem Beklagten vertretene gegenteilige Ansicht entspricht nicht dem vom Senat mit der h.M. für zutreffend erachteten Anwendungsbereich des § 92 Abs. 4 HGB.

107

dd)

108

Die Rückforderung der geleisteten Vorschüsse ist nicht aufgrund der vertraglichen Regelung in § 4 Abs. 5 des Agenturvertrags ausgeschlossen. Diese Vertragsklausel regelt allein den Zeitpunkt der Auszahlung der Bestandspflegeprovisionen, mithin ihre Fälligkeit. Darin heißt es:

109

„ Die Provisionen kommen erst zur Auszahlung, wenn sie verdient sind, d.h., wenn der Versicherungsnehmer den Beitrag gezahlt hat.“

110

Bei dieser Regelung handelt es sich - wie ausgeführt - ebenso wie bei § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (BGH Urt. v. 03.06.2011 - XI ZR 388/10, Juris, Rn. 21 m.w.N.).

111

Nach diesen Maßgaben verdeutlicht bereits die Syntax der Klausel, aber auch ihre inhaltliche Gestaltung, dass ihr Gegenstand die Regelung der Auszahlung und damit der Fälligkeit ist, ohne dass dadurch der Charakter der Zahlungen beschrieben werden soll. Da die Versicherungsbeiträge im Voraus und nicht erst nach Ablauf der entsprechenden Versicherungsperiode entrichtet werden, folgt aus der Anknüpfung der Fälligkeit der Bestandspflegeprovision an die Zahlung des Versicherungsbeitrags denknotwendig, dass sie ebenfalls zumindest weitgehend vorschüssig gezahlt wird. Richtig ist zwar, dass § 4 Abs. 5 des Agenturvertrags das Wort „verdient“ verwendet und eine „verdiente“ Vergütung begrifflich kein Vorschuss ist. § 4 Abs. 5 des Agenturvertrags geht jedoch erkennbar von der Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung des § 92 Abs. 4 HGB aus und hat nicht zum Ziel, abweichend von den gesetzlichen Regelungen zu bestimmen, wann eine Vergütung endgültig verdient ist. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut, nämlich der Verwendung der Formulierung „d.h.“. Andernfalls wäre formuliert worden, dass jegliche Provision verdient ist und ausgezahlt wird, wenn der Versicherungsnehmer den Beitrag zahlt, aus dem die Provision errechnet wird. Da § 92 Abs. 4 HGB - wie soeben unter cc) ausgeführt - auf die tätigkeitsbezogene Bestandspflegeprovision nicht anwendbar ist, hat der Nebensatz „wenn sie verdient sind“ für die Bestandspflegeprovision keine eigenständige Bedeutung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Parteien mit dieser Formulierung das Entgelt unabhängig von der künftigen Leistung des Versicherungsvertreters bzw. im hier vorliegenden Falle einer Vertragsbeendigung von der Möglichkeit des Versicherungsvertreters zur Leistungserbringung gestalten wollten. Den Charakter, dass die Pflegeprovision künftige Leistungen entgelten und damit einen Vorschusscharakter haben, wird durch die Wortwahl des „Verdienens“ nicht geändert. Die vom Beklagten präferierte Auslegung ist angesichts dessen fernliegend und daher nicht in Betracht zu ziehen.

112

c)

113

Vor diesem Hintergrund steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten aufgrund des Agenturvertrags ein vertraglicher Rückforderungsanspruch in Höhe von € 42.980,26 von an diesen im Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 (anteilig) vorschüssig geleisteten Bestandspflegeprovisionen zu, die der Beklagte aufgrund der im Zuge der Ende April 2012 wechselseitig erfolgten fristlosen Kündigungen des Agenturvertrags und der damit einhergehenden Einstellung seiner Tätigkeit bezogen auf den Zeitraum Mai bis Dezember 2012 nicht mehr verdient hat, weil er seine Tätigkeit nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft eingestellt hat (vgl. hierzu auch Löwisch, In: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 87 Rn. 11 ff.). Die Klägerin hat schlüssig und detailliert dargetan, dass sie dem Beklagten hiernach einen Betrag von € 42.980,26 zu viel an Bestandspflegeprovisionen ausgezahlt hat. Soweit der Beklagte dem überhaupt inhaltlich entgegengetreten ist, war sein Vorbringen angesichts des substantiierten Sachvortrags der Klägerin nicht genügend, so dass ihr Vortrag letztlich als zugestanden zu behandeln ist (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO).

114

aa)

115

Die Klägerin hat namentlich mit ihrem Schriftsatz vom 29.10.2014 und den mit diesem vorgelegten Anlagen BB 1 bis BB 9 den ihr im Hinweisbeschluss des Senats vom 25.07.2014 unter Ziff. II gemachten Vorgaben genügt und „heruntergebrochen“ auf den einzelnen Versicherungsvertrag - individualisiert nach der Versicherungsvertragsnummer, der Person des Versicherungsnehmers sowie Art und Inhalt des jeweiligen Versicherungsvertrags, d.h. der betreffenden Versicherungssparte, der Zahlungsweise des Versicherungsnehmers sowie der Höhe und der Fälligkeit der Versicherungsprämie - vorgetragen, auf welche konkreten Versicherungsvertragsverhältnisse sie für welche Zeitabschnitte die nunmehr vom Beklagten zurückgeforderten Bestandspflegeprovisionen an diesen gezahlt hat und vor allem welche Anteile dieser Bestandspflegeprovisionen sie von diesem infolge der vorzeitigen Vertragsbeendigung als nicht verdient zurückfordert. Damit hat die Klägerin ihrer Substantiierungslast genügt und dem Beklagten sämtliche Informationen zur Verfügung gestellt, die dieser benötigt, um die streitgegenständliche Klageforderung überprüfen zu können. Die Vorgehensweise der Klägerin zur Ermittlung der behauptetermaßen nicht verdienten Bestandspflegeprovisionen, die hierzu vorgenommenen Berechnungen und ihre in den Anlagen BB 1 bis BB 13 erfolgten Aufschlüsselungen nach einzelnen Verträgen und Zeiträumen werden von dem Beklagten inhaltlich prinzipiell nicht angegriffen [zu einzelnen Rügen sogleich unter bb) und cc)]. Von Seiten des Beklagten wird insbesondere keine einzige der in den Aufstellungen enthaltenen versicherungsvertragsbezogenen Darstellungen und Berechnungen in auch nur einem Punkt - konkret - moniert. Er hat insbesondere auch nicht dargetan, dass er - entgegen der Darstellung der Klägerin - die zurückgeforderten Vorschüsse durch von ihm in den jeweiligen Zeitabschnitten tatsächlich erbrachte Bestandspflegeleistungen verdient hätte.

116

bb)

117

Soweit der Beklagte gegenüber den Berechnungen bzw. Aufstellungen der Klägerin unter Verweis auf die Anlage B 15 (Auflistung „uneingelöste Inkassostücke“ vom 24.01.2012) einwendet bzw. behauptet, dass - entgegen der Darstellung der Klägerin - im Zeitraum Juni 2011 bis einschließlich Januar 2012 nicht € 160.379,89 an Bestandspflegeprovisionen an ihn ausgezahlt worden seien, sondern lediglich € 149.929,44 (€ 160.379,89 - € 10.450,45), da in diesem Zeitraum Beiträge von den Versicherungsnehmern nicht gezahlt worden seien, die die Nichtauszahlung einer Inkassoprovision in Höhe von insgesamt h€ 10.450,45 zur Folge gehabt hätten, ist die Klägerin diesem Einwand auf den Seiten 5 ff. ihres Schriftsatzes vom 27.01.2015 substantiiert entgegengetreten. Sie hat dargetan, weshalb die Behauptung des Beklagten, er habe für den Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 einen Betrag von € 10.450,45 weniger erhalten, unzutreffend ist. Diesem Vortrag ist der Beklagte im Schriftsatz vom 17.03.2015 im Wesentlichen lediglich mit der pauschalen Behauptung entgegengetreten, dass die Einwendungen der Klägerin unzutreffend seien, ohne sein Vorbringen weiter zu substantiieren; dies ist nicht genügend. Denn der Vortrag von Klage- und Beklagtenpartei stehen in einem „Wechselspiel“ zueinander, d.h. je konkreter das Vorbringen der einen Prozesspartei, gegebenenfalls zusätzlich gestützt durch die unstreitigen Umstände, ist, desto höher ist im Grundsatz die Intensität der die andere Partei im Gegenzug treffenden Substantiierungslast (vgl. zum Ganzen Zöller/Greger, a.a.O., § 138 Rn. 7b ff. m.w.N. aus der BGH-Rspr.). Dies gilt insbesondere dann, wenn dieser aufgrund der Stellungnahme der Gegenseite relevant unklar und daher ergänzungsbedürftig wird (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2015 - VII ZR 6/14, Rn. 20). Dieser den Beklagten treffenden erweiterten Darlegungslast (vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 11.05.2012 - I-16 U 7/11, S. 13 f. n.v.) hat er nicht genügt.

118

Der Beklagte beschränkt sich im Übrigen mit seinem Vortrag, dass ihm angeblich ein Betrag in Höhe von € 10.450,45 an Bestandspflegeprovisionen weniger ausgezahlt worden sei, als von der Klägerin behauptet, letztlich auf einen pauschalen Verweis auf die Anlage B 15 (Auflistung „uneingelöste Inkassostücke“ vom 24.01.2012), ohne einen konkreten Bezug zu den detaillierten Aufstellungen der Klägerin herzustellen, in der bezogen auf das jeweilige Versicherungsverhältnis konkret dargetan wird, welche Bestandspflegeprovisionen in welcher Höhe an den Beklagten geflossen sind und für welche Zeiträume von diesem Zahlungen wegen nicht erbrachter Bestandspflegeleistungen zurückgefordert werden. In der Auflistung „uneingelöste Inkassostücke“ vom 24.01.2012 (Anlage B 15) werden zwar jeweils konkrete Versicherungsvertragsverhältnisse bezeichnet, bezogen auf die der Beklagte keine Provision verdient hat, doch ist es nicht Aufgabe des Senats, diese Auflistung mit den als Anlagen BB 1 bis BB 13 vorgelegten Aufstellungen der Klägerin, mit denen diese den ihr behauptetermaßen zustehenden Rückforderungsanspruch näher begründet hat, abzugleichen, sondern dieses wäre vielmehr Aufgabe des Beklagten bzw. seines Prozessbevollmächtigten gewesen. Die Bezugnahme auf Anlagen kann Sachvortrag lediglich ergänzen, diesen jedoch nicht ersetzen.

119

cc)

120

Soweit der Beklagte weiter eingewandt hat, dass bezogen auf die Versicherungsarten/-sparten „Transportversicherung“, „Verkehrsserviceversicherung“, „gebündelte industrielle Versicherungen“, „Industriegeschäft einschließlich BO“ und „Luftunfallversicherung“ in den klägerseits erstellten Aufstellungen (Anlagen BB 1 bis B 13) nicht nur Bestandpflege-, sondern - zumindest anteilig - auch Abschlussprovisionen erfasst seien und damit das klägerseits präsentierte Zahlenwerk insoweit unrichtig sei (vgl. Seite 22 f. des Beklagtenschriftsatzes vom 27.11.2014), dringt der Beklagte (auch) mit diesem Einwand nicht durch.

121

(1)

122

Die Klägerin ist diesem Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 27.01.2015 (dort Seiten 1 ff. und 7 f.) substantiiert entgegengetreten. So hat sie u.a. unter Beweisantritt (Zeugnis Jens Schulz) vorgetragen, dass in den von ihr zur Ermittlung der Überzahlung herangezogenen sog. „Beitragsrechnungsverzeichnissen“ lediglich die Folgeprovisionen und nicht die Bestandsprovisionen für das erste Versicherungsjahr gebucht würden; letztere würden in die „Policierungsübersichten“ einfließen. Im Übrigen ergibt sich aus § 4 Abs. 2 des Agenturvertrags, dass reine (Bestands-) Pflegeprovisionen überhaupt erst ab dem zweiten Versicherungsjahr an den Versicherungsvertreter gezahlt werden. Um seine Einwände insofern erheblich zumachen, hätte der Beklagte daher konkret auf die einzelnen Zahlungen und die jeweilige Entwicklung der Versicherungsverträge eingehen können und müssen (vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 11.05.2012 - I-16 U 7/11, S. 13 f. n.v.).

123

(2)

124

Soweit der Beklagte pauschal (mit Nichtwissen) bestreitet, dass (auch) bezogen auf die vorgenannten Versicherungsarten/-sparten in den Aufstellungen der Klägerin ausschließlich die Folgeprovisionen, sprich die Provisionen ab dem zweiten Versicherungsjahr enthalten seien, ist dieses Bestreiten ebenso unzureichend wie sein pauschaler Vortrag, dass ihm infolge der Beendigung des Agenturvertrags keine für ein qualifiziertes Bestreiten notwendigen Unterlagen mehr zur Verfügung stünden, was der Beklagte zudem durch die von ihm in den Rechtsstreit eingeführten Unterlagen, wie die „Buchungsnoten“ (Anlage B 14) oder die Aufstellung „uneingelöste Inkassostücke“ vom 24.01.2012 (Anlage B 15), selbst widerlegt hat. Vielmehr hätte er anhand der ihm erteilten Provisionsabrechnungen und seiner eigenen Buchführung darlegen können und müssen - eines Buchauszugs oder anderer ihm nicht zur Verfügung stehender Informationen bedurfte es hierzu nicht -, welche der einzelnen Positionen und Zahlungsvorgänge nach seiner Ansicht fälschlicherweise in die Aufstellung eingeflossen sind. Durch einen zugegebenermaßen mit einem gewissen Arbeitsaufwand verbundenen Abgleich mit den gemäß § 87c Abs. 1 HGB grundsätzlich monatlich zu erteilenden Provisionsabrechnungen sowie seinen eigenen Buchhaltungsunterlagen hätte er insbesondere auch feststellen können, ob es sich insofern um die Erst- bzw. um die Folgeprovisionen handelt. Dass er keine Provisionsabrechnungen oder sonstigen Abrechnungsunterlagen erhalten hat, wird von ihm nicht behauptet. Im Gegenteil: Der Beklagte trägt vor, dass er mit dem von der Klägerin beanspruchten Buchauszug u.a. auch die Richtigkeit der ihm erteilten Provisionsabrechnungen überprüfen wollte (vgl. Seite 27 seines Schriftsatzes vom 27.11.2014).

125

5.

126

Die Berechtigung der zugesprochenen Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz BGB.

127

a)

128

Verzugszinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 286 BGB ab dem 16.06.2012 aufgrund des Mahnschreibens vom 30.05.2012, mit dem die Klägerin den Beklagten - im Ergebnis vergeblich - unter Fristsetzung bis zum 15.06.2012 zur Zahlung von seinerzeit noch € 57.442,43 - im Nachgang erfolgte dann die (Teil-) Abtretung, aufgefordert wurde (vgl. Seite 7 f. der Klageschrift) - stehen der Klägerin nicht zu, weil die (Haupt-) Forderung bis zur Geltendmachung des Hilfsantrags im Berufungsschriftsatz der Klägerin vom 27.01.2015 - wie unter B. I. ausgeführt - nicht hinreichend bestimmt gewesen ist, weil es sich bei dieser Forderung letztlich um eine Vielzahl von rechtlich selbstständigen Rückforderungsansprüchen handelt. Stehen dem Gläubiger jedoch - so wie hier - mehrere Ansprüche zu, muss erkennbar sein, worauf sich die Mahnung bezieht (BGH, Urt. v. 19.05.1967 - V ZR 24/66, Juris, Rn. 25, 32; Löwisch/Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 286 Rn. 33; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 291 Rn. 13).

129

b)

130

Für die Berechtigung von Prozesszinsen gemäß § 291 Satz 1 BGB kommt es jedoch nicht auf die hinreichende Bestimmtheit der Klageforderung an (vgl. auch Löwisch/Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 286 Rn 13; Saarländisches OLG, Urt. v. 15.02.2012 - 1 U 93/11, Juris, Rn. 65), sondern - neben der Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 1 ZPO) - lediglich auf ihre Fälligkeit und Durchsetzbarkeit (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 291 Rn. 5 m.w.N.), die hier zu bejahen sind, weshalb der Beklagte - da ihm die auf Zahlung von 43.000,60 nebst Verzugszinsen gerichtete Klageschrift vom 03.09.2012 am 22.09.2012 zugestellt worden und diese damit an diesem Tage rechtshängig geworden ist - gemäß § 187 Abs. 1 BGB ab dem 23.09.2012 Prozesszinsen zu zahlen hat.

131

c)

132

Der berechtigte Zinssatz beträgt jedoch gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz und nicht die beantragten acht Prozentpunkte, weil es sich bei der Klageforderung nicht um eine „Entgeltforderung“ im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB handelt. Voraussetzung für das Vorliegen einer „Entgeltforderung“ ist, dass die Geldforderung die Gegenleistung für eine von dem Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung, z.B. die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen, ist (BGH, Urt. v. 21.04.2010 - XII ZR 10/08, Juris, Rn. 23; BGH, Urt. v. 16.06.2010 - VIII ZR 259/09, Juris, Rn. 12; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 286 Rn. 27, § 288 Rn. 8). Dies ist bei dem streitbefangenen vertraglichen Rückforderungsanspruch wegen überbezahlter bzw. nicht verdienter Bestandspflegeprovisionen durch den Beklagten jedoch nicht der Fall.

133

6.

134

Der Beklagte kann sich gegenüber dem klägerseits geltend gemachten Rückforderungsanspruch nicht mit einem Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) wegen des von ihm von der Klägerin beanspruchten Buchauszugs verteidigen.

135

a)

136

Die prozessuale Zulässigkeit dieses erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts beurteilt sich nicht nach § 533 ZPO, sondern unterfällt (lediglich) § 531 ZPO (MüKo/Rimmelspacher, ZPO, 4. Aufl., § 533 Rn. 22; Zöller/Heßler, a.a.O., § 533 Rn. 17 m.w.N.). Erstinstanzlich hat der Beklagte zwar erwähnt, dass er die Klägerin zur Vorlage eines Buchauszugs aufgefordert habe, doch hat er den Ausgleich der Klageforderung insoweit nicht von der Erteilung dieses Buchauszugs abhängig gemacht und sich damit letztlich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (zu diesem zwingenden Erfordernis vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 273 Rn. 19), so dass es erstinstanzlich an dessen Geltendmachung fehlt. Das Berufen auf eine erstinstanzlich noch nicht geltend gemachte Einrede stellt ein neues Verteidigungsmittel im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO dar (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 21), mit dem eine Partei in der Berufungsinstanz grundsätzlich präkludiert ist, sofern nicht einer der in § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO genannten Ausnahmefälle vorliegt. Dass der Beklagte indes aus einem der dort genannten Gründen erstinstanzlich an der Erhebung der Einrede gehindert gewesen ist, ist weder vom Beklagten dargetan (zur Darlegungslast vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 33 ff.) noch sonst ersichtlich, so dass er mit diesem Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz ausgeschlossen ist, zumal die inhaltliche Berechtigung des Zurückbehaltungsrechts bzw. die das Zurückbehaltungsrecht begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien auch nicht unstreitig ist/sind. Denn neuer unstreitiger Tatsachenvortrag ist in der Berufungsinstanz selbst dann zuzulassen, wenn dies dazu führt, dass vor einer Sachentscheidung eine Beweisaufnahme erforderlich wird, da unstreitiges Vorbringen von § 531 Abs. 2 ZPO von vornherein nicht erfasst wird (BGH, Urt v. 18.11.2004 - IX ZR 229/03, Juris, Rn. 14 ff.; BGH, Urt v. 16.10.2008 - IX ZR 135/07, Juris, Rn. 22; Zöller/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 20 m.w.N.).

137

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 296a ZPO) eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 21.09.2015 (dort Seite 2). Die dort zur Begründung der prozessualen Berücksichtigungsfähigkeit des Zurückbehaltungsrechts pauschal angeführten Ausnahmegründe Nr. 1 und Nr. 3 des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind im Streitfall nicht einschlägig; vielmehr ist es schlicht dem Beklagten anzulasten, dass er sich nicht bereits erstinstanzlich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Buchauszugs berufen hat, was ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre.

138

b)

139

Unabhängig von dem Vorgenannten lässt sich mit dem einredeweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs das vom Beklagten u.a. insofern angegebene Ziel, die Aufstellungen der Klägerin (Anlagen BB 1 bis BB 13) auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. Seite 27 seines Schriftsatzes vom 27.11.2014), ohnehin nicht erreichen, denn das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB führt gemäß § 274 Abs. 1 BGB lediglich zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung, so dass die angestrebte Überprüfung erst im Nachgang zu einer Verurteilung möglich wäre.

140

7.

141

Aus den im Wesentlichen gleichen Erwägungen ist der Beklagte auch mit seinem Vorbringen zu seiner erstmals im Berufungsschriftsatz vom 31.08.2015 (dort Seite 4) geltend gemachten „Einrede“ gemäß § 242 BGB unter dem Aspekt einer Pflicht des Gläubigers - hier in Person der Klägerin - zur sofortigen Rückgewähr der empfangenen Leistung („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“; vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 52 m.w.N.) ausgeschlossen. Zwar handelt es sich bei § 242 BGB nicht um eine Einrede im prozessualen Sinne, sondern um eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 21 m.w.N.), doch stellen auch erstmals in der Berufungsinstanz vorgebrachte Einwendungen bzw. die zur ihrer Begründung vorgebrachten Tatsachen neue Verteidigungsmittel im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO dar (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O., § 531 Rn. 21), weshalb der Beklagte auch mit diesem Vortrag zweitinstanzlich präkludiert ist, da zum einen deren Berechtigung bzw. die der Einwendung zugrunde liegende Tatsachengrundlage zwischen den Parteien nicht unstreitig ist und zum anderen keiner der in § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO enumerativ benannten Ausnahmetatbestände für die Zulässigkeit neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel von dem Beklagten dargetan oder deren Vorliegen sonst ersichtlich ist.

142

8.

143

Soweit der Beklagte gegenüber der Klageforderung erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise mit einem ihm vermeintlich gegenüber der Klägerin zustehenden Rückforderungsanspruch wegen sog. EDV-Kosten in Höhe von € 3.600,00 aufrechnet, ist er mit diesem Aufrechnungseinwand zweitinstanzlich gemäß § 533 ZPO ausgeschlossen.

144

a)

145

Die Zulassungsvoraussetzungen des § 533 Nr. 1 ZPO sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat sich mit der Berücksichtigung der Aufrechnung in der Berufungsinstanz im Senatstermin vom 18.09.2015 explizit nicht einverstanden erklärt (§ 533 Nr. 1 Alt. 1 ZPO) und auch die Sachdienlichkeit ist zu verneinen (§ 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO), weil die Aufrechnungsforderung bereits anderweitig rechtshängig ist; sie ist Gegenstand der Klage des vor dem Landgericht Düsseldorf geführten Rechtsstreits zum Az.: 41 O 87/13. Bei anderweitiger Rechtshängigkeit der Aufrechnungsforderung ist die Sachdienlichkeit jedoch regelmäßig zu verneinen (BGH, Urt. v. 11.04.1990 - XII ZR 69/88, Juris, Rn. 53; Wulf, in: BeckOK, ZPO, Stand: 01.06.2015, § 533 Rn. 20 m.w.N.), so auch hier.

146

b)

147

Unabhängig davon ist aber auch die weitere Voraussetzung für die zweitinstanzliche Zulässigkeit einer erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten (Hilfs-) Aufrechnung nicht erfüllt. Gemäß § 533 Nr. 2 ZPO muss die Aufrechnungsforderung auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Die Zulässigkeit einer zweitinstanzlichen Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage ist somit auf der Grundlage des nach § 529 i.V.m. § 531 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Sach- und Streitstands zu prüfen (Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 21 f. m.w.N.). Wird die Aufrechnungsforderung auf Vorbringen gestützt, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist, sind die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt. Dies gilt ebenso, wenn die Aufrechnungsforderung auf neues unstreitiges Vorbringen gestützt wird (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2012 - V ZR 183/10, Juris, Rn. 12 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Frage angeblich zu Unrecht gezahlter EDV-Kosten und deren Rückforderbarkeit ist von dem Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz thematisiert worden. Der diesbezügliche Tatsachenvortrag ist auch nicht etwa unstreitig; die Klägerin ist dem vielmehr unter Verweis auf ihren im landgerichtlichen Verfahren hierzu geführten Sachvortrag entgegengetreten (vgl. Seite 8 f. ihres Schriftsatzes vom 27.01.2015).

148

9.

149

Aus den gleichen Erwägungen ist der Beklagte auch mit seiner erstmals in der Berufungsinstanz erklärten Hilfsaufrechnung mit vermeintlichen Provisionsansprüchen in Höhe von € 31.941,65 ausgeschlossen. Prozessual zulässig und materiell berechtigt ist die Hilfsausrechnung allerdings in Höhe von € 12.147,65.

150

a)

151

Der prozessualen Zulässigkeit der Hilfsaufrechnung mit vermeintlichen Provisionsforderungen des Beklagten in Höhe von € 31.941,65 gegenüber der Klägerin wegen erbrachter Bestandspflegeleistungen betreffend den Zeitraum Februar bis April 2012 steht - unabhängig von der Frage der Sachdienlichkeit (§ 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO); eine Einwilligung ist auch insoweit ausdrücklich verweigert worden -, jedenfalls was die einen Betrag von € 12.147,65 übersteigende Restforderung in Höhe von € 19.794,53 betrifft, ebenfalls § 533 Nr. 2 ZPO entgegen. Die Frage, ob dem Beklagten für den Zeitraum Februar bis April 2012 restliche, von der Klägerin einbehaltene Bestandspflegeprovisionen in Höhe von € 31.941,65 zustehen, weil an den Beklagten - unstreitig - nur bis einschließlich Januar 2012 Bestandspflegeprovisionen ausgezahlt worden sind, ist erstinstanzlich noch nicht streitgegenständlich gewesen - auch wenn die entsprechenden Zahlen mit geringfügigen Abweichungen bereits in der Klageschrift (dort Seite 7) erwähnt worden sind - und im Übrigen zwischen den Parteien auch nicht unstreitig (vgl. Seite 9 f. des Berufungsschriftsatzes der Klägerin vom 27.01.2015). Der Betrag von € 31.941,65 entstammt zwar der von der Klägerin erstellten Aufstellung (Anlage BB 1), doch ergibt sich aus dieser gerade nicht, dass die Klägerin der Auffassung ist, dass dem Beklagten in dieser Höhe ein Anspruch auf weitere Bestandspflegeprovisionen für den Zeitraum Februar bis April 2012 zusteht; vielmehr ist nach der Behauptung der Klägerin ein Betrag in Höhe von € 19.794,53 gerade nicht verdient.

152

Entgegen der von dem Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.09.2015 (dort Seite 2) vertretenen Auffassung ist die Hilfsaufrechnung über € 31.941,65 auch nicht gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 ZPO zuzulassen. Denn der Umstand, dass die Klägerin aufgrund der Ende Januar 2012 verhängten Auszahlungssperre keine Bestandspflegeprovisionen mehr an den Beklagten ausgezahlt hat, war - wie ausgeführt - bereits erstinstanzlich von der Klägerin vorgetragen worden, indes ohne dass der Beklagte dies zum Anlass genommen hätte, hierauf eine Aufrechnung zu stützen. Es handelt sich mithin um keinen Gesichtspunkt, der erst durch den Hinweis des Senats vom 25.07.2014 in den Fokus gerückt bzw. relevant geworden ist.

153

b)

154

Hinsichtlich des Differenzbetrags in Höhe von € 12.147,65, der ausweislich der als Anlage BB 1 von der Klägerin vorgelegten Aufstellung die Summe der von dem Beklagten - verdienten - Anteile an Bestandspflegeprovisionen von den nach der Ende Januar 2012 erfolgten Auszahlungssperre einbehaltenen „Inkassozahlungen“ (Bestandspflegeprovisionen) umfasst, ist die von dem Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung allerdings gemäß § 533 ZPO prozessual zulässig und materiell-rechtlich begründet.

155

aa)

156

Hinsichtlich dieser Teilforderung in Höhe von € 12.147,65 aus der Gesamtforderung von € 31.941,65 sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt. Die Hilfsaufrechnung mit dieser Teilforderung ist sachdienlich (§ 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO), weil sich ihre Berechtigung aufgrund des insoweit hilfsweise von dem Beklagten zu eigen gemachten Tatsachenvortrag der Klägerin ergibt und damit zwischen den Parteien unstreitig ist. Stets sachdienlich ist eine Aufrechnung nämlich dann, wenn die Gegenforderung bereits rechtskräftig festgestellt wurde oder unstreitig ist, weil dann eine Prüfung der Gegenforderung entfällt (Wulf, in: BeckOK, a.a.O., § 533 Rn. 20; MüKo//Rimmelspacher, a.a.O., § 533 Rn 31).

157

bb)

158

Auch die materiellen Voraussetzungen liegen vor, weshalb die Klageforderungen gemäß § 389 BGB in dieser Höhe erloschen sind. Die Aufrechnung ist seitens des Beklagten gegenüber der Klägerin erklärt worden (§ 388 BGB). Materiell-rechtliche Ausschlussgründe (§§ 390 ff. BGB) liegen nicht vor; eine Aufrechnungslage ist gegeben (§ 387 BGB). Insbesondere ist die Aufrechnungsforderung - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch hinreichend bestimmt. Die Zusammensetzung der Forderung ergibt sich aus den von der Klägerin selbst erstellten Aufstellungen (Anlage BB 1 sowie Anlagen BB 10 bis BB 12). Der Beklagte hat zudem eine Tilgungsreihenfolge angegeben („historisch“); im Übrigen findet § 396 BGB und die sich daraus ergebende Tilgungsreihenfolge Anwendung (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 19.11.2008 - XI ZR 123/07, Juris, Rn. 15 ff.).

159

III.

160

Der Schriftsatz des Beklagten vom 21.09.2015 gab keinen Anlass zu einer anderen Rechtsaufassung oder zu einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.

161

IV.

162

Da aus den unter B. II. 6., 7. und 8. dargelegten Gründen weder das Zurückbehaltungsrecht, der Einwand nach § 242 BGB noch die Hilfsaufrechnung mit den EDV-Kosten zweitinstanzlich zu berücksichtigen sind, bedarf es auch nicht der von Seiten des Beklagten angeregten Verfahrensaussetzung in Bezug auf den vor dem Landgericht Düsseldorf zum Az.: 41 O 87/13 geführten Rechtstreit. Es fehlt an den Voraussetzungen des § 148 ZPO.

163

V.

164

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

165

VI.

166

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es geht um eine Vertragsauslegung im Einzelfall. Der Senat weicht insoweit weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch anderer Obergerichte ab. Dies gilt insbesondere für die von Seiten des Beklagten angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 31.05.2012 - 18 U 148/05 (Juris, insb. Rn. 8, 12, 187, 189). Die dort zur Entscheidung stehende vertragliche Regelung betraf eine sog. „Folgeprovision“, wobei - anders als im hier zur Entscheidung stehenden Fall - vertraglich nicht geregelt war, wofür die Folgeprovision konkret Gegenleistung sein sollte.

167

VII.

168

Der Streitwert für das Verfahren erster und zweiter Instanz wird einheitlich auf € 43.000,60 festgesetzt. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG war nur der Wert des höheren Hauptanspruchs in Ansatz zu bringen. Die Hilfsaufrechnungen in Höhe von € 3.600,00 bzw. € 31.941,65 (€ 19.794,53 + € 12.147,12) waren gemäß § 45 Abs. 3 ZPO nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil über diese teils schon keine Entscheidung ergangen ist und soweit dies über die Teilforderung in Höhe von € 12.147,12 der Fall war, diese Gegenforderung nicht bestritten gewesen ist.