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· Fachbeitrag · Maklervertrag

Kein Verzicht auf jegliche Beratung und Schadenersatzansprüche im Maklervertrag

| Der Verzicht auf jegliche Beratung und der Verzicht auf etwaige Schadenersatzansprüche in Makler-AGB sind unwirksam. Die Weitergabe einer 50-prozentigen Bestandsprovision an Kunden ist dagegen zulässig. Das hat das LG Köln aktuell entschieden. |

Geschäftsmodell einer Makler-Plattform

Eine Makler-GmbH - eine „Plattform für Finanzthemen und -produkte“ - bietet über das Internet an, die Betreuung von bestehenden Versicherungsverträgen zu übernehmen. Überträgt ein Kunde Versicherungsverträge in ihre Betreuung, erhält er 50 Prozent der Vergütung ausgezahlt, insbesondere Bestandsprovision, die die Makler-GmbH von den Versicherern hierfür erhält.

 

In den AGB verzichteten die Kunden auf jegliche Beratung. Darüber hinaus verzichteten sie auf etwaige Schadenersatzansprüche. Das galt selbst für den Fall, dass eine Kundenentscheidung allein auf einer Information beruht, die die Makler-GmbH bereitgestellt hat.

 

Gegen die Verzichtsklauseln und die Weitergabe der Provision klagte ein mit der Makler-GmbH im Wettbewerb stehender Versicherungsmakler.

Unwirksame Verzichtsklauseln

Derartige Verzichtsklauseln in den AGB der Makler-GmbH sind unwirksam, hat das LG Köln festgestellt (LG Köln, Urteil vom 14.10.2015, Az. 84 O 65/15, Abruf-Nr. 145641).

 

Unwirksamer Verzicht auf jegliche Beratung

Eine Beratungspflicht der Makler-GmbH, so das LG Köln, ergibt sich bereits aus dem Kundenauftrag zur Betreuung und Verwaltung der übernommenen Versicherungsverträge. Da die Beratung im Auftrag nicht ausdrücklich ausgenommen wurde, ist sie vom Auftrag umfasst. Unklarheiten bzw. überraschende Klauseln gehen dabei zulasten des AGB-Verwenders (§ 305c BGB).

 

Die vertraglichen Beratungspflichten konnten auch nicht durch einen Verzicht des Kunden in den AGB abbedungen werden. Das ist unlauter und benachteiligt den Kunden unangemessen (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG). Aus diesem Grund komme es auch nicht mehr darauf an, ob und in welchem Umfang die Makler-GmbH aufgrund gesetzlicher Vorgaben zur Beratung ihrer Kunden verpflichtet sei.

 

Ein Beratungsverzicht, der sich lediglich auf Finanzprodukte bezieht, ändert am Ergebnis nichts. Denn unter diesem Begriff sind auch Versicherungsprodukte zu verstehen, so das LG.

 

Unwirksamer Verzicht auf etwaige Schadenersatzansprüche

Ein genereller Haftungsausschluss ist gesetzeswidrig und ebenfalls unlauter (§§ 307, 309 Nr. 7a BGB und §§ 63, 67 VVG, § 4 Nr. 11 UWG). Ein Versicherungsvermittler ist verpflichtet, dem Kunden den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entsteht, dass der Makler seine Beratungspflicht verletzt. Von dieser Pflicht kann nicht zum Nachteil des Kunden abgewichen werden.

 

PRAXISHINWEISE | Das Urteil des LG Köln hat weitreichende Konsequenzen:

  • Haben Sie entsprechende Verzichtsklauseln in Ihren „Maklerverträgen“ oder „Makleraufträgen“ mittels AGB geregelt, müssen Sie davon ausgehen, dass diese Klauseln unwirksam sind. Makler-AGB liegen vor, wenn diese für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen sind, die Sie Ihren Kunden bei Abschluss stellen (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).
  • Anders sieht es bei Verzichtsabreden aus, die zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt sind (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB). Ein Verzicht ist wirksam, wenn er nicht sittenwidrig ist oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
    • Das Gesetz gestattet den Beratungsverzicht, wenn eine gesonderte schriftliche Erklärung des Kunden mit eigenhändiger Namensunterschrift vorliegt (§ 61 Abs. 2 VVG).
    • Der Verzicht kann auch in einer gesonderten Vereinbarung erklärt werden (Prölss/Martin, VVG, München 2010, 28. Aufl., § 61, Rdnr. 30).
    • Unwirksam ist eine individuelle Erklärung des Kunden, auf einen Schadenersatzanspruch - etwa wegen eines Beratungsfehlers - zu verzichten. Das verstößt gegen die §§ 63, 67 VVG.
 

Weitergabe von Provisionen erlaubt

Die Makler-GmbH darf die Provisionen nach Ansicht des LG Köln weitergeben. Es berief sich dabei auf das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt (Urteil vom 24.10.2011, Az. 9 K 105/11.F, Abruf-Nr. 113747).

 

Das VG Frankfurt hielt das Verbot der Gewährung von Sondervergütungen in sämtlichen der drei bestehenden Verordnungen für Versicherungen und selbst in der Ermächtigungsgrundlage des § 81 Abs. 3 VAG für nicht hinreichend bestimmt.

 

Die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde ahndet nach dem Urteil VG Frankfurt und nach der Rücknahme der von ihr eingelegten Sprungrevision zum BVerwG keine etwaigen Verstöße gegen das „Provisionsabgabeverbot“ mehr. Ob die Umsetzung der Vertriebsrichtlinie für Versicherungen (IDD) Ende 2017/Anfang 2018 diesbezüglich Rechtssicherheit schaffen wird, bleibt abzuwarten.

 

Weiterführende Hinweise

  • Beitrag „Provisionsabgabeverbot ist zu unbestimmt - viele Praxisfragen und deren Lösung offen“, Ausgabe 2/2012, Seite 7
  • Beitrag „Beratungspflichten des Versicherungsmaklers und zulässige Haftungsbeschränkungen“, Ausgabe 10/2011, Seite 3
Quelle: Ausgabe 01 / 2016 | Seite 5 | ID 43695047