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· Fachbeitrag · Haftung

Bei Verletzung der Nachfragepflicht muss Makler Schaden in Form der „Quasideckung“ ersetzen

von Dr. Peter Loibl, Rechtsanwalt, Meerbusch

| Unterlässt es der Makler, beim Kunden gezielt nachzufragen, welchen Versicherungsschutz er genau benötigt, muss er ihm einen daraus entstandenen Schaden in Form der „Quasideckungt“ ersetzen. Prozessrechtlich kann der Kunde gegen den Makler „nur“ eine Klage auf Feststellung eines Schadenersatzanspruches erheben. Das hat der BGH klargestellt. |

Fliesenarbeiten bei Ofenbaumeister nicht versichert

Ein Versicherungsmakler vermittelte einem selbstständigen Ofenbaumeister eine Betriebshaftpflichtversicherung. Weil der Ofenbaumeister darauf hinwies, er führe auch mal Fliesenarbeiten durch, ergänzte der Makler die „Deckungsnote“, in der er den Mann als „Ofensetzer“ bezeichnete, vor der Weiterleitung an den Versicherer handschriftlich mit dem Zusatz „inkl. zugehöriger Fliesenarbeiten“. Der Versicherungsschein führte die versicherten Risiken „Kamin-, Ofen- und Herdsetzer, Feuerungs- und Luftheizungsbau“ auf.

 

Wasserschaden nach Abdichtung

Im Rahmen einer Auftragsarbeit für eine Dialysepraxis hat der Ofenbaumeister einen Pumpensumpf abgedichtet und eingefliest. Da sich die eingebaute Abdichtung löste, bildete sich unterhalb des Einlaufrohres eine Leckage, aus der ständig Wasser austrat, was letztlich zu einem Wasserschaden führte.

 

Versicherer lehnte Regulierung ab

Der Versicherer lehnte die Regulierung des Schadens ab, weil derartige Handwerkerarbeiten in das Risiko eines Fliesenlegerbetriebs fielen. Das sei vorliegend aber nicht versichert. Zudem seien derartige Abwasserschäden wie hier nach Ziffer 7.14 AHB von der Versicherung explizit ausgeschlossen.

 

Nach Auffassung des Ofenbaumeisters habe es der Makler schuldhaft unterlassen, Versicherungsschutz auch für reine - also nicht nur für als Nebenarbeiten ausgeführte - Fliesenlegerarbeiten inklusive nicht häuslicher Wasserschäden zu besorgen. Hätte er das getan, wäre das Risiko versichert gewesen. Daher müsse er für den Schaden aufkommen. Der BGH sah das genauso (BGH, Urteil vom 26.3.2014, Az. IV ZR 422/12; Abruf-Nr. 141227).

 

Unzulängliche Beratung

Nach Ansicht des BGH hätte der Makler durch gezieltes Nachfragen den genauen Umfang und die sonstigen Umstände der Fliesenarbeiten im Einzelnen und damit das tatsächlich zu versichernde Risiko ermitteln müssen. Er wäre also verpflichtet gewesen, seinen Kunden zu fragen, ob dieser auch selbstständige Fliesenarbeiten durchführe. Das ergebe sich aus einem Hinweis des Kunden vor der Policierung, er müsse auch mal Fliesen kleben.

 

Der Zusatz auf dem Antrag „inkl. zugehöriger Fliesenarbeiten“ sei nicht ausreichend gewesen. Etwaige Fliesenarbeiten seien im Zusammenhang mit dem Ofensetzerhandwerk nach Teil I Nr. 1 der für das Versicherungsverhältnis weiter vereinbarten „Besondere(n) Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflichtversicherung für Betriebe des Baunebengewerbes“ aufgrund des dort enthaltenen Verweises auf § 5 der Handwerksordnung ohnehin mitversichert gewesen. Reine Fliesenarbeiten, wenn auch nur gelegentlich von dem Ofenbaumeister ausgeführt, hätten aber eines gesonderten Versicherungsschutzes bedurft.

 

Die Nachfragepflicht des Maklers ergebe sich aus seiner treuhänderischen Sachwalterstellung. Als Vertrauter und Berater habe er die Interessen seines Kunden wahrzunehmen und individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen; der Makler müsse von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt - bzw. einhergehend damit die einschlägigen Versicherungsbedingungen - prüfen. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen. Die unzulängliche Beratung ergebe sich aus §§ 63, 61 Abs. 1 VVG.

„Quasideckungw“ - Makler haftet wie ein Versicherer

Daher ist der Makler verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn er seinem Kunden auch Versicherungsschutz für reine Fliesenarbeiten besorgt hätte (§ 249 Abs. 1 BGB). Ein Mitverschulden des Ofenbaumeisters hat der BGH verneint (§ 254 Abs. 1 BGB). Damit haftet der Makler wie der die Schadenregulierung ablehnende Versicherer (Quasideckung). Das bedeutet, dass der Makler die Deckung, die der Haftpflichtversicherer bei richtigem Versicherungsschutz übernommen hätte, nunmehr anstelle dessen zu übernehmen hat. In derartigen Fällen dürfte aber die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Maklers greifen.

 

Wichtig | Im Fall der Haftung steht es dem Makler frei, ob er

  • die Ansprüche der Dialysepraxis gegen seinen Kunden erfüllt oder
  • den Versuch unternimmt, sie abzuwehren, indem er die Kosten der Rechtsverteidigung seines Kunden gegenüber der Dialysepraxis übernimmt.

 

Das resultiert daraus, dass der Versicherungsnehmer im Allgemeinen auch nicht die Befriedigung des Haftpflichtgläubigers verlangen kann, weil es dem Haftpflichtversicherer ebenfalls freisteht, ob er die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Ansprüche der geschädigten Dialysepraxis gegenüber erfüllen will oder abzuwehren versucht.

 

Wichtig | Da auch der Versicherungsnehmer nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung des Versicherungsschutzes klagen kann, gilt Entsprechendes für das gerichtliche Vorgehen des Kunden gegen seinen Makler wegen unzulänglicher Beratung.

 

PRAXISHINWEIS | Gezieltes Nachfragen gehört zur Beratungspflicht eines Maklers und sollte in die Beratungsdokumentation einfließen. Diese dient nicht nur dem Schutz des Kunden, sondern - wie das BGH-Urteil eindrucksvoll zeigt - auch dem Schutz des Maklers.

 
Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 6 | ID 42671023