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· Fachbeitrag · Berufsrecht

Neue EU-Richtlinie für Versicherungsvertrieb  - Diese 12 Eckpunkte müssen Sie kennen

von Rechtsanwalt Norman Wirth, Wirth-Rechtsanwälte, Berlin

| Das Europaparlament und der Rat der Europäischen Union haben am 20. Januar 2016 die Richtlinie für den Versicherungsvertrieb, die Insurance Distribution Directive verabschiedet. Am 2. Februar ist die Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden. Jetzt hat der deutsche Gesetzgeber zwei Jahre Zeit, die Richtlinie umzusetzen. WVM erläutert Ihnen nachfolgend die zwölf Eckpunkte, die Sie jetzt kennen müssen. |

1. Was ist die IDD?

Die EU-Kommission hat 2012 beschlossen, die Versicherungsvermittlerrichtlinie aus dem Jahr 2003, die Insurance Mediation Directive (IMD I) zu überarbeiten. Die Neuregelung lief anfangs unter dem Kürzel IMD II. Im Laufe der Überarbeitung wurde daraus die „Insurance Distribution Directive“ (kurz: IDD, Abruf-Nr. 146314), also die Versicherungsvertriebsrichtlinie, um mit der neuen Richtlinie alle Vertriebsformen zu umfassen.

 

Hintergrund | Die IMD I hat den Grundstein für die erste umfassende Regulierung der Versicherungsvermittlung, insbesondere durch Einführung des § 34d GewO im Jahr 2007 in Deutschland gelegt. Inzwischen wurde innerhalb der Länder der EU geschaut, wie sich die damalige Regulierung bewährt hat - und es werden nun weitere „Regulierungsschrauben“ gedreht. Hierbei geht es insbesondere um Verbraucherschutz und die Harmonisierung nationaler Vorschriften. Umfasst sein sollen nun nicht nur Vermittler, sondern alle Vertriebsformen.

2. Was steht dort für Versicherungsmakler drin?

Konkrete Regelungen für Versicherungsmakler gibt es in der Richtlinie kaum. Die Richtlinie gibt vielmehr in weiten Teilen einen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die einzelnen Mitgliedsländer bei der Umsetzung in nationales Recht bewegen können. Es wird explizit von einer Mindestharmonisierung gesprochen. Das soll die einzelnen EU-Länder nicht daran hindern, strengere Regeln im jeweiligen Land aufzustellen.

3. Was ist mit einem Provisionsverbot?

Die Richtlinie enthält kein ausdrückliches Provisionsverbot, obwohl dieses Thema lange diskutiert wurde. Damit ist es den EU-Mitgliedsstaaten freigestellt, ein solches Verbot einzuführen - oder auch nicht.

 

Wichtig | In Deutschland ist nach Bekenntnis der derzeitigen Regierungsparteien nicht mit einem Provisionsverbot im Rahmen der Umsetzung in deutsches Recht zu rechnen.

4. Äußert sich die IDD zur Honorarberatung?

Ja. Die IDD verlangt Informationen über die Art der Vergütung. Der Vermittler soll vor Abschluss des Versicherungsvertrags dem Kunden mitteilen, wie er vergütet wird. Das können u.a. sein

  • eine Gebühr vom Kunden,
  • eine in der Versicherungsprämie eingepreiste Provision vom Versicherer oder
  • eine Kombination aus beiden (Mischmodell).

 

Wichtig | Kick Backs sind auf jeden Fall offenzulegen.

5. Was ist mit Robo-Advice bzw. Vertrieb ohne Beratung?

Die Richtlinie erlaubt auch beratungsfreien Vertrieb. Damit ist das Tor für den internetbasierten, beratungsfreien Vertrieb und für Robo-Advice offen. Es wird explizit unterschieden:

 

  • Vertrieb mit Beratung: Beratung mit einer persönlichen Empfehlung an den Kunden, warum ein bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht

 

  • Vertrieb ohne Beratung: Angebot und Abschluss eines Vertrags, der den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entspricht, die sich aus den ermittelten Angaben des Kunden ergeben, wobei der Kunde anhand erteilter, objektiver Informationen eine wohlinformierte Entscheidung treffen kann.

 

Was davon der deutsche Gesetzgeber übernimmt, bleibt abzuwarten.

6. Ändert sich etwas bei der bereits obligatorischen VSH?

Die Mindestversicherungssumme in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung wird künftig für jeden einzelnen Schadensfall auf 1.250.000 Euro erhöht. Die 1.850.000 Euro für die Gesamtschadensfälle pro Jahr, die bisher in Deutschland schon gelten, finden sich nun in der Richtlinie.

 

Bestehen bleibt die Koppelung der Versicherungssumme an den Europäischen Verbraucherpreisindex und eine evtl. regelmäßige Anpassung (alle fünf Jahre).

7. Gibt es wieder Ausnahmen für Annexvermittler?

Ausnahmen für Annexvermittler gibt es weiter. Diese sind sehr klar geregelt.

 

  • Die Jahresprämie darf bei zeitanteiliger Berechnung 600 Euro nicht übersteigen. Ausnahme: Bei Versicherung für eine Dienstleistung mit weniger als drei Monaten Dauer maximal 200 Euro.

 

  • Es darf sich nur um eine Versicherung handeln, die im Zusammenhang mit einer Reise oder aber dem Defekt, Verlust oder Beschädigung einer Ware oder der Nichtinanspruchnahme einer Dienstleistung steht.

8. Was sagt die Richtlinie zu Tippgebern?

Die Richtlinie enthält keine Aussagen zu Tippgebern. Denn sie gilt explizit nicht für rein vorbereitende Tätigkeiten, etwa bestehend in der Weitergabe von Daten und Informationen über potenzielle Versicherungsnehmer an Vermittler oder Versicherungsunternehmen.

9. Kommt die Weiterbildungspflicht?

Die Weiterbildungspflicht kommt. Die Richtlinie legt ein Minimum von 15 Stunden pro Jahr fest. Die Mitgliedsstaaten können darüber hinausgehen.

 

PRAXISHINWEIS | Aus der Vermittlerschaft ist häufig zu hören, dass es in Deutschland bisher schon eine Weiterbildungspflicht von 200 Stunden in 5 Jahren gab. Das ist so nicht richtig. Es handelt sich lediglich um eine freiwillige Angelegenheit der Initiative „gut beraten“, die dem Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., getragen von einem Teil der Versicherungs- und Vermittlerbranche, zugehört.

 

Um die Weiterbildungspflicht umzusetzen, kann der deutsche Gesetzgeber z. B. mehrere Möglichkeiten zulassen und etwa die IHK bzw. den DIHK als Aufsicht auch für die Weiterbildungspflicht installieren. Das wäre auch sinnvoll, weil dort bereits das Vermittlerregister besteht.

10. Wird die Informationsflut für Kunden zurückgefahren?

Nein. Die Informationsflut für den Kunden wird nicht reduziert. Sie wird vielmehr weiter zunehmen. Zu jedem Produkt muss ein zusätzliches Informationsblatt (Papier oder Datenträger) konzipiert und dem Kunden ausgehändigt werden. Vorgaben für die verantwortlichen Versicherungsunternehmen wird dazu die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA machen.

11. Was gilt bei Vermittlung fondsgebundener Versicherungen?

Bei der Vermittlung fondsgebundener Versicherungen bleibt der Vermittlerstatus offiziell derjenige eines Versicherungsvermittlers, also ohne die Notwendigkeit der Zulassung nach § 34f GewO. Aber die Richtlinie überträgt den Vermittlern fondsgebundener Versicherungen nahezu dieselben Pflichten beim Kunden, wie sie schon ein Kapitalanlagevermittler hat. Dazu gehören u.a. die Einholung der Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich, die finanziellen Verhältnisse, die Möglichkeit auch Verluste tragen zu können, die Risikotoleranz und die Anlageziele - alles mit dem Ziel, nur geeignete Produkte zu empfehlen.

12. Wann muss die IDD in deutsches Recht umgesetzt sein?

Am 22. Februar 2018, also zwei Jahre nach Veröffentlichung im europäischen Gesetzblatt, muss die Richtlinie spätestens in deutsches Recht umgesetzt sein. Ab dem 23. Februar 2018 gilt neues Recht.

Quelle: Ausgabe 03 / 2016 | Seite 12 | ID 43861409