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  • · Fachbeitrag · Restwert

    Neue Argumente im Streit um die Restwerte

    | Die Restwertschlacht geht - wie von UE prognostiziert - weiter. Nun greifen die Versicherer jedoch zu zusätzlichen Argumenten: Ein Verkauf mit einem Erlös leicht über dem ermittelten Restwert müsse den Geschädigten misstrauisch machen. Und: Zwei Angebote gleicher Höhe seien nur ein Angebot. Das AG Frankfurt am Main und das AG Münster folgen diesen Argumenten nicht. Das LG Bonn schmettert einen allgemeinen Hinweis des Versicherers als untauglich ab und lässt einen mündlichen Zuruf des Gutachters zum Restwert ausreichen. |

    Verkauf leicht oberhalb des gutachterlichen Restwerts

    Dass die Geschädigte das verunfallte Fahrzeug für einen leicht über der gutachterlichen Einschätzung liegenden Betrag veräußern konnte, musste sie nicht veranlassen, der Restwertermittlung des Gutachters zu misstrauen (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.12.2016, Az. 31 C 1628/16 (23), Abruf-Nr. 191065, eingesandt von Rechtsanwalt Jörg-Ullrich Cappel, Rüsselsheim).

     

    Die Geschädigte unterhält einen Fuhrpark. Sie erzielte bei der Verwertung des Fahrzeugs einen, wie das Gericht formulierte, „leicht“ über dem Restwert aus dem Gutachten liegenden Betrag (der tatsächliche Verkaufspreis ist dem Urteil nicht zu entnehmen). Das hat sie auch pflichtgemäß bei der Bezifferung des Schadens mitgeteilt. Daraus wollte der Versicherer schließen, die Geschädigte hätte erkennen müssen, dass der Restwert im Gutachten fehlerhaft ermittelt wurde. Das wiederum hätte sie zu einer Nachfrage beim Versicherer veranlassen müssen. Das Gericht teilte jedoch die Auffassung nicht, dass das für die Geschädigte ein Alarmzeichen hätte sein müssen.

    Sind zwei Angebote gleicher Höhe nur ein Angebot?

    Wenn zwei von drei Angeboten für das Unfallfahrzeug auf den gleichen Betrag lauten, ist das nicht ungewöhnlich. Es bleiben zwei verschiedene Angebote (AG Münster, Urteil vom 17.11.2016, Az. 7 C 1073/16, Abruf-Nr. 191066, eingesandt von Rechtsanwalt Marc Huthoff, Marl).

     

    Der Schadengutachter hatte drei Angebote für das verunfallte Fahrzeug am regionalen Markt eingeholt. Zwei davon lauteten auf 2.700 Euro, eines auf 2.000 Euro. Das seien keine drei Angebote, sondern nur zwei, denn die mit gleicher Höhe müssten zusammengefasst werden. Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Zwei gleichlautende Angebote sind kein Anlass für den Schädiger, dem Gutachten zu misstrauen.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn die Restwertermittlung doch als fehlerhaft angesehen werden müsste, konnte der Geschädigte das jedenfalls nicht erkennen. Das allerdings wäre nach der Rechtsprechung des BGH die Voraussetzung, um den Geschädigten mit einem niedrigeren Restwerterlös zu belasten.

     

    Allgemeiner Restwerthinweis ohne Wirkung

    Ein Hinweis des Versicherers im ersten Kontaktschreiben an den Geschädigten ist ohne rechtliche Relevanz, wenn er kein konkretes Restwertangebot, sondern lediglich eine Bitte enthält, sich bei beabsichtigtem Verkauf des Unfalls mit dem Versicherer in Verbindung zu setzen, damit möglicherweise ein besseres Angebot vorgelegt werden kann (LG Bonn, Urteil vom 10.01.2017, Az. 8 S 164/16, Abruf-Nr. 101379, eingesandt von Rechtsanwältin Ute Bildstein, Siegburg).

     

    Die Berufungskammer des LG Bonn ist der richtigen Auffassung, dass ein solcher Hinweis nichtssagend sei. Er sei auch unklar formuliert, und letztlich sei er in dem Fragebogen zum Unfallbeteiligten und zum Unfallhergang in kleiner Schrift unauffällig platziert gewesen.

    Restwert auf mündlichen Zuruf des Schadengutachters

    Wenn der Geschädigte das Unfallfahrzeug auf der Grundlage einer mündlichen Restwertinformation des Schadengutachters verkauft, kann er sich trotzdem darauf berufen, dass er auf der Grundlage des Gutachtens verkauft hat, wenn das Gutachten dann tatsächlich diesen Betrag auch schriftlich aufweist (LG Bonn, Urteil vom 10.01.2017, Az. 8 S 164/16, Abruf-Nr. 191379, eingesandt von Rechtsanwältin Ute Bildstein, Siegburg).

     

    Der Versicherer hatte eingewandt, der Geschädigte habe doch gar nicht auf Basis des Gutachtens verkauft, weil es ihm noch gar nicht vorlag. Deshalb sei sein Überangebot eines weit entfernten Restwerthändlers wirksam. Doch das sah das Gericht anders, weil eben doch die Restwertermittlung des Experten die Verkaufsgrundlage war.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Rechtsprechungsübersicht: Vorlage des Gutachtens vor Restwertverkauf? → Abruf-Nr. 43583380
    Quelle: Ausgabe 02 / 2017 | Seite 7 | ID 44449269