· Nachricht · Kanzleiorganisation
Anwälte müssen Softwarefehler glaubhaft machen
| Im ersten Halbjahr 2022 ist es zu vielen Fristversäumnissen gekommen. Häufiger Grund ist die noch junge aktive Nutzungspflicht des beA und damit zusammenhängende Bedienfehler oder versagende Software. Das LAG Schleswig-Holstein macht deutlich, dass der Anwalt im Einzelfall auf Screenshots und Kurzvideos setzen sollte, um darzulegen, dass nicht er die Software falsch bedient hat, sondern diese technisch fehlerhaft war. |
Entscheidungsgründe
Argumentiert ein Anwalt, dass eine versäumte Frist auf einen Softwarefehler zurückzuführen ist, muss er dies genauer erklären. Denn schließlich kann der „Fehler“ auch auf eine falsche Bedienung zurückgehen, für die der Anwalt verantwortlich wäre. Dies ist vor allem bei einem „Spontanversagen“ der Fall, wenn ein Fehler nur temporär auftritt und kurzfristig wieder vorbei ist. Es ist unwahrscheinlich, dass sich eine Software ohne Eingriff von selbst repariert. Scheitern ‒ wie hier ‒ zahlreiche Versuche, einen fristwahrenden Schriftsatz über das beA zu senden, sollte der Anwalt Screenshots anfertigen, damit das Gericht die misslungenen Versuche nachvollziehen kann (LAG Schleswig-Holstein 8.4.21, 1 Sa 358/20, Abruf-Nr. 225209).
Relevanz für die Praxis
Die aktuellen beA-Probleme ähneln denen, die auftraten, als Anwälte fristwahrende Schriftsätze noch faxten. Auch hier mussten sie bei der Menge der übermittelten Seiten und zusätzlich mit einem zeitlichen Puffer darauf achten, dass sie ihr Fax rechtzeitig versendeten, wenn sie den letzten Fristtag ausschöpften. Regelmäßig kam es zum Streit, ob der Anwalt dies auch so getan hatte, ob er es bei technischen Störungen oft genug versucht hatte usw.
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