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18.08.2017 · IWW-Abrufnummer 195948

Landesarbeitsgericht Sachsen: Beschluss vom 15.04.2015 – 4 Ta 264/14 (6)


Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers/Beschwerdeführers/Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Zwickau vom 08.04.2014 - 6 Ca 1711/13 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Rechtsbeschwerde für den Kläger wird zugelassen.



Gründe



I.



Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Kosten für die Übersetzung der Unterlagen des Klägers zum Nachweis seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse.



Der Antragsteller/Kläger, dessen Wohnsitz sich in ..., einem benachbarten Land in der Europäischen Union, befindet, hatte mit Schriftsatz vom 24.09.2013 und mit Klageerweiterung vom 21.10.2013 gegenüber der Beklagten Klage auf Zahlung rückständigen Arbeitslohnes erhoben und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Klage beantragt.



Unter dem 08.04.2014 legte dann der Kläger eine aus dem ... übersetzte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst übersetzter Anlagen vor, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 27.11.2013 beantragt hatte, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auch auf die Kosten für die notwendige Übersetzung der Unterlagen zum Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers zu erstrecken.



Das Arbeitsgericht Zwickau hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.04.2014 zwar ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt, die Kosten für die Übersetzung der PKH-Unterlagen jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass sie nicht vor Ausführung der Übersetzung vom Gericht angeordnet worden war.



Der hiergegen fristgerecht eingelegten und mit Schriftsatz vom 16.09.2014 begründeten sofortigen Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 155 bis 160 d. A. im PKH-Heft), mit der diese die zwingende Notwendigkeit der der Beauftragung des Übersetzungsbüros ... im Einzelnen darlegte, half das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30.10.2014, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 207 bis 210 d. A. im PKH-Heft) nicht ab und legte sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gesamte Akte nebst Anlagen Bezug genommen.



II.



1. Die gemäß § 78 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers/Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.



Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die notwendige Übersetzung der Unterlagen zum Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nebst beigefügten Anlagen abgelehnt.



a) Zunächst ist festzuhalten, dass entsprechend dem Grundsatz "keine PKH für PKH" die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren (BGH vom 29.06.2010 - VI ZR 3/09 -, NJW 1984, 2106; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage, § 114 Rn. 3) und für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren, das vorliegend zu bescheiden ist (OLG Nürnberg, NJW 2011, 319 [OLG Nürnberg 14.06.2010 - 7 WF 686/10] ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.03.2013, L 11 AS 1495/12 B - zitiert in Juris; VGH Kassel, NJW 2013, 1690; Zöller/Geimer, a. a. O.) ausgeschlossen ist.



Denn bei dem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und dem nachfolgenden Beschwerdeverfahren handelt es nicht um eine "Prozessführung", "Rechtsverfolgung" oder "Rechtsverteidigung" im Sinne von § 114 Abs. 1 ZPO. Darunter ist nur das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das Prozesskostenhilfeprüfungs- und -beschwerdeverfahren, in welchem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für den Antragsteller zu befinden ist (BGH, a. a. O., m. w. N.).



b) Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Übersetzungskosten ist vorliegend auch nicht im Hinblick auf die Regelungen der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe geboten.



Da der Kläger seinen Wohnsitz in ... hat, finden für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergänzend die §§ 1076 bis 1078 ZPO Anwendung. Gemäß § 1076 Abs. 1 ZPO gelten für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (Amtsblatt EG Nr. L 26 S. 41, Amtsblatt EU Nr. L 32 S. 15) die §§ 114 bis 127 a ZPO, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist in § 1078 ZPO geregelt. Erfasst ist die - hier gegebene - Konstellation der Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren vor einem deutschen Gericht an eine Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat (vgl. MünchKommZPO/Rauscher, 4. Aufl., § 1078 Rn. 1). Gemäß § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO müssen die Anträge in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein (vgl. OLG München OLGR 2007, 284; MünchKomm-ZPO a. a. O. Rn. 6; Musielak/Fischer, ZPO 11. Aufl., § 1078 Rn. 2).



aa) Soweit der Antragsteller/Kläger meint, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, seine Unterlagen auf PKH-Bewilligung zunächst in der ... einzureichen, da es sich bei Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitenden Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe und derartigen Streitsachen nur um eine "Kann-Vorschrift" handele, mag dies zwar zutreffend sein, sagt aber noch nichts darüber aus, wer die Übersetzungskosten zu tragen hat.



Denn bei einem Prozesskostenhilfeantrag beim Arbeitsgericht Zwickau, der Empfangsbehörde, muss dieser Antrag gemäß § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein (vgl. OLG München, a. a. O.; MünchKomm a. a. O., Rn. 6; Musielak/Fischer a. a. O. § 1078 Rn. 2) mit der Folge, dass der Kläger mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage auch die Übersetzungskosten zu tragen hat.



Bei Einreichung der PKH-Unterlagen in der ..., der Übermittlungsbehörde, jedoch, unterstützt dagegen nach Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 die zuständige Übermittlungsbehörde den Antragsteller, indem sie dafür Sorge trägt, dass dem Antrag alle erforderlichen Anlagen beigefügt werden.



Nach Art. 8b der Richtlinie gewährt der Mitgliedstaat, in dem die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, die erforderliche Prozesskostenhilfe gemäß Art. 3 Abs. 2 zur Deckung der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei den Behörden dieses Mitgliedstaates eingereicht wird.



bb) Auch der vom Kläger im Schriftsatz vom 19.01.2015 gezogene Umkehrschluss aus der Regelung in Art. 8 b der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003, dass auch die Behörde des Mitgliedstaates, hier das Arbeitsgericht Zwickau, die Kosten für die Übersetzung des PKH-Antrages einschließlich der Anlagen bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu tragen habe, ist so nicht richtig, da eine entsprechende Kostenregelung der Empfangsbehörde im Gegensatz zu der Übermittlungsbehörde hier in der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27.01.2003 gerade nicht erfolgt ist.



Insoweit bleibt somit festzuhalten, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die hier entstandenen Übersetzungskosten bezüglich der Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen nur im Anwendungsbereich des Art. 13 Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 6 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27.01.2003 in Betracht kommt, d. h. wenn der Kläger vorliegend das Verfahren nach Art. 13 Abs. 1 1 a, Abs. 4 der Richtlinie 2003/8/EG eingehalten hätte. Er hätte in seinem Heimatland das Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in ... Sprache erhalten und es in dieser ausfüllen müssen und zusammen mit den Anlagen bei der Übermittlungsstelle in seinem Land abgeben können. Diese hätte die Übersetzung veranlassen und an das Prozessgericht (§ 1078 ZPO) übersenden müssen.



Damit wären ihm keine Übersetzungskosten entstanden.



cc) Der Einwand des Klägers, dass ihm die Vorgehensweise mit dem Standardformular für die grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe nicht bekannt gewesen sei, ist hier, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausführt, unbehelflich, nachdem der Kläger anwaltlich vertreten war und seine Prozessbevollmächtigte ihn darauf hätte hinweisen müssen.



dd) Auch der Hinweis des Klägers, dass die Verwendung des Standardformulars für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe den Rechtsstreit verzögert hätte, verfängt hier ebenfalls nicht.



Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts in seinem Beschluss vom 30.10.2014, S. 3/4, Bl. 209/210 d. A. im PKH-Heft), der sich das Beschwerdegericht anschließt, Bezug genommen.



ee) Auch der Umstand, dass der Kläger vorliegend weder seitens des ... Amtsgerichts ..., ..., noch seitens des von ihm aufgesuchten ... Rechtsanwalts, entsprechende Auskunft über das Verfahren bei einer grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe erhalten hatte, begründet vorliegend allenfalls, wenn überhaupt, einen Amtshaftungsanspruch des Klägers gegen den ... Staat, nicht jedoch im Ergebnis mangels einer gesetzlichen Grundlage eine Verpflichtung des deutschen Staates die Übersetzungskosten zu erstatten.



Nach alledem war daher die sofortige Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.



Der Kläger/Beschwerdeführer trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Auflage, § 127 Rdnr. 39).



Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 567 Abs. 1, Nr. 1, 568 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO).



Da die Voraussetzungen, unter denen die Übernahme der Übersetzungskosten bei einem grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfeantrag gerechtfertigt ist, bisher - soweit anhand der veröffentlichten Rechtsprechung erkennbar - noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung war, hat die Beschwerdekammer nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Vorschriften§ 78 Abs. 1 ArbGG, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 3, 567 ff. ZPO, § 114 Abs. 1 ZPO, § 114 Abs. 1 Satz 2 ZPO, §§ 1076 bis 1078 ZPO, § 1076 Abs. 1 ZPO, Richtlinie 2003/8/EG, §§ 114 bis 127 a ZPO, § 1078 ZPO, § 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO, Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2003/8/EG, Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie 2003/8/EG, Art. 8 b der Richtlinie 2003/8/EG, Art. 13 Abs. 2, Abs. 4, Abs. 6 der Richtlinie 2003/8/EG, §§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG, §§ 567 Abs. 1, Nr. 1, 568 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO, §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG

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