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09.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192364

Amtsgericht Dortmund: Beschluss vom 23.02.2017 – 729 OWi 19/17 (b)

1. Auch eine Geldbuße von 15 Euro ermöglicht grundsätzlich die Anordnung von Erzwingungshaft.
2. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es jedoch gerade bei derart ge-ringen Geldbußen und ohnehin nicht für die Erzwingungshaft als solche maßgeblichen Verfahrenskosten, die die zu vollstreckende Geldbuße um ein Mehrfaches übersteigen, zunächst die Maßnahmen zur Beitreibung der Geldbuße auszuschöpfen.
3. Eine Erzwingungshaftanordnung ist jedenfalls dann unverhältnismäßig, wenn die Verwaltungsbehörde es sogar als unverhältnismäßig ansieht, wegen der insgesamt zu vollstreckenden Forderungen eine Vermögensauskunft zu verlangen, obgleich diese von deutlich geringerer Eingriffsintensität ist als eine Haft.
4. Auch das im Erzwingungshaftverfahren geltende Opportunitätsprinzip verhindert in einem solchen Fall eine Erzwingungshaftanordnung.


729 OWi 19/17 [b]
           
Amtsgericht Dortmund
 
Beschluss      
 
In dem Erzwingungshaftverfahren
gegen   

Der Antrag der Stadt A auf Anordnung der Erzwingungshaft wird zurückgewiesen.

Gründe:

Gegen den Betroffenen ist wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße zu vollstrecken. Die Geldbuße beträgt laut Bußgeldbescheid 15 Euro (bei hierin zusätzlich enthaltenen Verfahrenskosten von 28,50 Euro). Durch Mahngebühren, Zustellungskosten und Pfändungsgebühr beläuft sich die Gesamtforderung mittlerweile auf 76,10 Euro.

Die Antragstellerin hat daraufhin Erzwingungshaftanordnung beantragt. Sie hat dabei Unterlagen der Stadt B vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass kein Vollziehungsbeamter dort zur Verfügung stehe, einen Vollstreckungsversuch zu unternehmen. Dort sei aber aus anderen Zusammenhängen bekannt, dass der Betroffene von ALG II lebe. Eine Einleitung eines Verfahrens zur Abgabe einer Vermögensauskunft werde als unverhältnismäßig angesehen im Hinblick auf die Höhe der hier zu vollstreckenden Forderung von 76,10 Euro.

Zwar liegen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Erzwingunshaftanordnung vor – diese steht aber unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Das Gericht geht insoweit grundsätzlich davon aus, dass auch eine Geldbuße in der in Rede stehenden Höhe noch eine Anordnung von Erzwingungshaft ermöglicht (zu einer möglichen Unverhältnismäßigkeit bei geringsten Bußen: AG Lüdinghausen NJW 2005, 3017; a.A. aber Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 18 m.w.N.). Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es jedoch gerade bei derart geringen Geldbußen und ohnehin nicht für die Erzwingungshaft als solche maßgeblichen Verfahrenskosten, die die zu vollstreckende Geldbuße um ein Mehrfaches übersteigen, zunächst die Maßnahmen zur Beitreibung der Geldbuße auszuschöpfen (vgl. Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 15 u. 17; ähnlich auch Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, § 96 Rn. 5). Dies gilt  umso mehr, als die Antragstellerin und die Stadt B davon ausgehen, dass es sogar unverhältnismäßig wäre wegen zu vollstreckender 76,10 Euro eine Vermögensauskunft zu verlangen, obgleich diese von deutlich geringerer Eingriffsintensität ist als eine Haft.

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass ein grundsätzliches Absehen von Vollstreckungsversuchen mangels Personals im Rahmen des auch bei § 96 OWiG maßgeblichen Opportunitätsprinzips (hierzu: Mitsch in: KK-OWiG, § 96 Rn. 21; Seitz in: Göhler, OWiG, § 96 Rn. 17) zu berücksichtigen ist und dementsprechend auch insoweit eine Erzwingungshaftanordnung nicht stattfinden kann.

Dortmund, 23.02.2017
Amtsgericht

RechtsgebietOWiGVorschriftenOWiG § 96

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