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02.08.2016 · IWW-Abrufnummer 187646

Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Urteil vom 03.05.2016 – 11 Sa 1007/15

Das An und Ablegen einer durch Dienstvereinbarung vorgeschriebenen weißen Dienstkleidung eines Krankenpflegers im Krankenhaus stellt nicht notwendig vergütungspflichtige Arbeitszeit dar.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 01.10.2015 - 2 Ca 5/15 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um die Vergütung von Umkleide- und Wegezeiten.



Der am 00.00.1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 24.03.1984 als Krankenpfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TVöD Anwendung. Bei einer 38,5-Stunden-Woche hat der Kläger nach Entgeltgruppe Kr 7a Stufe 6 im Jahr 2013 ein Bruttomonatsentgelt von 2.980,84 € erhalten. Der Kläger ist stellvertretender Vorsitzender des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrates. Insgesamt sind geschätzt über 300 Pflegekräfte in dem Krankenhaus beschäftigt.



Im Hause der Beklagten gilt eine "Dienstvereinbarung über das Tragen von Dienst- und Schutzkleidung im Kreiskrankenhaus" vom 05.07.1995 (vgl. Bl. 37 bis 38 d. A. bzw. Anlage K7 zum klägerseitigen Schriftsatz vom 21.05.2015, Bl. 76 d. A.). Diese lautet auszugsweise:



"2. Ausstattung der einzelnen Bereiche mit Dienstkleidung



2.1. Bei der Erstausstattung erhält:



a) das Pflegepersonal (auch Auszubildende)



das weibliche Personal erhält jeweils 6 weiße Kleider bzw. 6 weiße Hosenanzüge, das männliche Personal erhält 6 weiße Hosen und 6 weiße Oberteile.



(...)



3. Tragen von Dienstkleidung



Jede/r Beschäftigte ist verpflichtet während des Dienstes die entsprechende Dienstkleidung zu tragen.



Der Arbeitgeber stellt Umkleideräume und abschließbare Schränke für jede/n Beschäftigten zur Verfügung."



Darüber hinaus gilt im Hause der Beklagten eine "Arbeitsanweisung Personalhygiene" vom 15.02.2008; wegen des Inhalts dieser Arbeitsanweisung im Einzelnen wird auf Bl. 61 bis 62 d. A. Bezug genommen.



Die Dienstkleidung selbst verfügt über keinerlei Beschriftung oder ähnliche Kennzeichen. Das während des Dienstes zu tragende Namensschild ist mittels eines Clips abnehmbar.



Der Kläger macht geltend, im Zeitraum Februar 2013 bis April 2014 infolge des An- und Ablegen der Arbeitskleidung und für die Wegezeiten von der Umkleidestelle zur Arbeitsstelle insgesamt 20 Überstunden geleistet zu haben. Sowohl für das Umkleiden als auch anfallende Wegezeiten vom bzw. zum Umkleideraum legt er zu Beginn und Ende der Schicht jeweils 2 x 3 Minuten = 12 Minuten je Arbeitstag zugrunde. Wegen der Berechnung der Klageforderung im Einzelnen wird auf Seite 2 der Klage sowie die Anlage K6 zum Schriftsatz des Klägers vom einen 20.5.2015 (Bl. 70 bis 75 d. A.) Bezug genommen.



Der Kläger macht geltend, nach den Regelungen der Biostoffverordnung einerseits und den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 250 (TRBA 250; vgl. Anlage K3, Bl. 25 bis 29 d. A.) anderseits dürfe Schutzkleidung nicht privat getragen werden; kontaminierte Arbeitskleidung sei aber wie Schutzkleidung zu behandeln. Dieselbe Verpflichtung ergebe sich aus der Richtlinie des Robert-Koch-Instituts für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (vgl. Anlage K8 zum Schriftsatz vom 21.05.2015, Bl. 77 bis 79 d. A.) bzw. aus der bei der Beklagten geltenden Arbeitsanweisung Personalhygiene Stand März 2011 (vgl. Bl. 61 bis 62 bzw. Bl. 80 bis 83 d. A.). Der Kläger hat dazu eine Stellungnahme der Firma O. vom 13.03.2014 vorgelegt (Anlage K 4, Bl. 30 d.A.).



Der Kläger hat beantragt,



die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 464,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Aus Sicht der Beklagten besteht keine Verpflichtung, die Dienstkleidung im Betrieb der Beklagten an- bzw. abzulegen. Dies ist auch in einem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten an die Mitarbeiter vom 28.08.2013 dargestellt (Bl. 39 d.A.). Die Beklagte hält dies auch aus Sicht der Krankenhaushygiene für unproblematisch und hat dazu eine Stellungnahme des Arbeitssicherheitsingenieurs vom 05.05.2015 (Anlage zum Schriftsatz vom 13.05.2015, Bl. 60 d.A.) sowie des Krankenhaushygienikers (Bl. 36 d.A.) vorgelegt. Ferner hat die Beklagte unter Hinweis auf die vom Kläger abgezeichneten Stundennachweise (Bl. 44 - 59 d.A.) die vom Kläger vorgetragenen Umkleide- und Wegezeiten bestritten.



Das Arbeitsgericht Emden hat mit Urteil vom 01.10.2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung der von ihm vorgetragenen Umkleide- und Wegezeiten. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur der Fall, wenn das Umkleiden "einen fremden Bedürfnis dient und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllt". Danach seien Umkleidezeiten und durch das Umkleiden veranlasste innerbetriebliche Wegezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeiten anzusehen, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibe und das Umkleiden im Betrieb erfolgen müsse. Diese Anforderungen seien nicht erfüllt. Zwar sei der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Krankenpfleger nach Maßgabe der Dienstvereinbarung verpflichtet, die von der Beklagten gestellte berufstypische Dienstkleidung, bestehend aus weißem Oberteil und Hose, zu tragen. Diese sei jedoch nicht als besonders auffällig zu bezeichnen. Schließlich bestehe keine Pflicht des Klägers, sich in den betrieblichen Räumlichkeiten - und nicht etwa zu Hause - umzuziehen. Nach § 9 Abs. 3 Ziffer 6. BioStoffV habe der Arbeitgeber die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass persönliche Schutzausrüstung einschließlich Schutzkleidung beim Verlassen des Arbeitsplatzes sicher abgelegt und getrennt von anderen Kleidungsstücken aufbewahrt werden könne. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nachgekommen. Eine weitergehende Verpflichtung der Beklagten, den Mitarbeitern zu untersagen, Stationskleidung auf dem Weg zur oder von der Arbeit außerhalb der Räumlichkeiten der Beklagten zu tragen, bestehe auf Grundlage der BioStoffV nicht. Die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts für Krankenhaushygiene seien keine gesetzliche Vorschrift, die die Beklagte zwingend einhalten müsse. § 23 Abs. 3 Satz 2 IfSG enthalte insoweit lediglich eine Beweislastregelung im Verhältnis zum Patienten. Auch die vom Kläger angeführte TRBA 250 bzw. deren Nichteinhaltung möge haftungsrechtliche Folgen für die Beklagte haben, sie konkretisiere aber nicht den Rahmen, der vom Arbeitgeber bei Ausübung seines Weisungsrechtes gemäß § 106 GewO zu beachten sei. Auch aus der geltenden Dienstvereinbarung und der Arbeitsanweisung Personalhygiene ergebe sich keine Verpflichtung, die Dienst-/Berufskleidung ausschließlich im Betrieb an- bzw. abzulegen.



Gegen dieses ihm am 26.10.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.11.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist fristgemäß am 26.01.2016 begründet.



Der Kläger habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Krankenpfleger auf der Station regelmäßig mit ein bis drei Isolationspatienten zu tun, die z. B. an MRSA oder Noroviren erkrankt seien. Da der Nachweis solcher Erkrankungen bis zu drei Tage dauern könne, sei der Kläger den zum Teil hoch ansteckenden Erregern ausgesetzt, ohne hierüber positive Kenntnis zu haben.



Die seit 01.11.2012 gültige Arbeitsanweisung Personalhygiene, die erkennbar auf der Verordnung TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" basiere, definiere Dienst-/Berufskleidung in Ziffer 1.1.2 als Arbeitskleidung, die innerhalb des Krankenhauses zu tragen und bei Verschmutzung, mindestens aber alle zwei Tage zu wechseln sei. In der vorliegenden Konstellation sei daher auch die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen von Bedeutung, die nicht nur Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen, sondern zugleich auch Maßnahmen zum Schutz anderer Personen regele, soweit diese aufgrund des Verwendens von Biostoffen durch Beschäftigte gefährdet werden können.



Für das Umkleiden von seiner jahreszeittypischen persönlichen Kleidung zu der gestellten Dienstkleidung benötige der Kläger im Sommer 2 Minuten und 2 Sekunden, zum Umkleiden bei Dienstende 2 Minuten und 10 Sekunden. Im Winter benötige er 2 Minuten und 50 Sekunden bzw. 3 Minuten. Hinzu kämen jeweils weitere 30 Sekunden für die Desinfektion der Hände. Für den Weg von den Umkleideräumen zur Station, auf der er arbeite, brauche der Kläger über die Treppe mit 77 Stufen 2 Minuten und 24 Sekunden, wenn er den Fahrstuhl benutze 4 Minuten und 31 Sekunden. Mit Schreiben vom 23.08.2013 und 28.05.2014 habe er die vorliegend streitigen Zeiten erfolglos als Überstunden geltend gemacht.



Das Bundesarbeitsgericht habe in der Entscheidung 5 AZR 678/11 ausgeführt, dass sich die Fremdnützigkeit des Umkleidens schon aus der Weisung des Arbeitgebers ergebe, die ein Anlegen der Arbeitskleidung zu Hause und ein Tragen auf dem Weg zur Arbeitsstätte ausschließe. In dieser Entscheidung stelle das Bundesarbeitsgericht außerdem darauf ab, ob das Tragen der Berufs- und Bereichskleidung primär hygienischen Zwecken und damit betrieblichen Belangen diene. Auch wenn dem Arbeitsgericht noch insoweit zuzustimmen sei, dass weder die Dienstvereinbarung noch die Arbeitsanweisung Personalhygiene eine ausdrückliche Regelung der Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten enthalte, so müsse sich doch die nach der Rechtsprechung erforderliche Weisung nicht unmittelbar ergeben. Der vorliegende Fall zeige exemplarisch, dass sich eine Weisung auch aus den Umständen und insbesondere den vom Arbeitgeber geschaffenen Rahmenbedingungen ergeben könne. Nach Auffassung des Klägers ließen die Dienstvereinbarung, die Arbeitsanweisung Personalhygiene, die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei biologischen Arbeitsstoffen, die TRBA 250 und die Richtlinie des Robert-Koch-Instituts im Regelungszusammenhang nur den Schluss zu, dass die Dienstkleidung nicht zu Hause angezogen und auf dem Weg zur Arbeit getragen werden dürfe. Der Umstand, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Krankenpfleger auf der Station mit Patienten zu tun habe, die - ohne dass der Nachweis bereits erbracht worden wäre - zum Teil an hoch ansteckenden Krankheiten leiden, deren Erreger auch durch die Kleidung des Klinikpersonals übertragen werden könnten, führe vor Augen, dass das Tragen der Dienstkleidung in womöglich überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln die Gefahr einer Ausbreitung dieser Krankheiten erheblich erhöhe. Vor dem Hintergrund dieser Gefahr mache auch die Regelung in der Dienstvereinbarung Sinn, wonach die Reinigung der Dienstkleidung ausschließlich durch die Beklagte erfolgt. Da die Arbeit im vorliegenden Fall mit dem Umkleiden beginne, zählten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch die innerbetrieblichen Wege, die dadurch veranlasst seien, zur Arbeitszeit.



Der Kläger beantragt,



das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 01.10.2015 - 2 Ca 5/15 - und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 464,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2015 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Bezüglich der zugrunde liegenden Berechnung von Arbeitszeiten durch den Kläger verweist die Beklagte auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 13.05.2015. Die vom Kläger in seinen Arbeitszeitnachweisen unterschriebenen Arbeitszeiten seien als richtig anzusehen. Der Kläger habe nicht annähernd bewiesen, dass er die behaupteten zusätzlichen Arbeitszeiten erbracht habe. Die Ausführungen des Klägers zur Pauschalierung von 6 Minuten würden bestritten. Es werde weiter bestritten, dass der Kläger sich in der behaupteten Zeit überhaupt im Klinikum umgezogen habe.



Der Kläger unterscheide in seiner Argumentation nicht ausreichend zwischen "normaler" Dienstkleidung und Schutzkleidung. Bei Isolationspatienten sei gesonderte Schutzkleidung während der Arbeitszeit und im Hause der Beklagten anzulegen.



Gesetzliche Grundlagen vermöge der Kläger nicht zu benennen. Der Kläger bestreite auch nach wie vor die Behauptung der Beklagten nicht, dass es den Beschäftigten freistehe, die Dienstkleidung ggf. auch zu Hause an- und abzulegen. Er meine lediglich, aus den Hygienevorschriften etc. herauslesen zu können, dass dies der Fall sei. Weder der Kläger noch die anderen Arbeitnehmern zögen sich aber ausschließlich in der Klinik um. Die Ausführungen des Klägers zur Fremdnützigkeit unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien für den hier zugrunde liegenden Fall überhaupt nicht einschlägig. Das Tragen der "normalen" Berufs- und Bereichskleidung - und um nichts anderes gehe es hier - diene nicht primär hygienischen Zwecken.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokollerklärungen der Parteien Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung ist zulässig gemäß §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG.



Sie ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.



Zwar dürften die vom Kläger gemachten Angaben über den täglichen Zeitaufwand unter Berücksichtigung des § 287 Abs. 2 ZPO ausreichend sein.



Es fehlt jedoch an einer Rechtsgrundlage für einen Vergütungsanspruch für die Umkleide- und Wegezeiten. Eine eindeutige gesetzliche Rechtsgrundlage ist nicht vorhanden. Auch die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Kriterien über die Fremdnützigkeit (vgl. zum aktuellen Stand Franzen, Umkleidezeiten und Arbeitszeit, NZA 2016, 136 mit Nachweisen) führen vorliegend nicht zu einer Beurteilung als vergütungspflichtige Arbeitszeit.



Die, soweit ersichtlich, einzige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Krankenhausbereich (BAG 19.09.2012, 5 AZR 678/11, AP Nr. 39 zu § 611 BGB Arbeitszeit) betraf insoweit einen anders gelagerten Sachverhalt, weil es dort um eine Tätigkeit im OP-Bereich des Krankenhauses ging. Eine genauere Differenzierung zwischen der reinen Berufs-/Dienstkleidung und der Bereichs-/Schutzkleidung war angesichts des dortigen Sachverhaltes nicht geboten. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist diese Unterscheidung jedoch von entscheidender Bedeutung. Es ist in der Dienstvereinbarung vorgesehen und insoweit auch unstreitig, dass die Tätigkeit bei Isolationspatienten und in Spezialbereichen wie insbesondere dem OP-Bereich das Anlegen einer gesonderten Schutzkleidung erfordert. Diese Schutzkleidung wird unstrittig während des Dienstes an- und abgelegt.



Daraus ergibt sich im Gegenzug, dass die für einen großen Teil aller Gesundheitsberufe typische weiße Dienstkleidung nicht nach denselben Kriterien zu beurteilen ist wie eine echte Schutzkleidung. Eine Fremdnützigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt sich zunächst nicht aus der dem äußeren Erscheinungsbild der Kleidung. Zwar kann man eine rein weiße Dienstkleidung im öffentlichen Straßenbild durchaus als auffällig bezeichnen. Da die weiße Berufskleidung aber auch etwa bei Apothekern, Physiotherapeuten und privaten Arztpraxen usw. üblich ist, lässt sich eine Zuordnung zu einem bestimmten Berufsbild oder einem bestimmten Arbeitgeber daran nicht festmachen. Unstrittig sind weder eine besondere farbliche Gestaltung noch etwa Namenszüge auf der Dienstkleidung angebracht.



Soweit der Kläger seine Argumentation maßgeblich darauf stützt, eine sachgerechte Durchführung der Hygiene- und Infektionsschutzregelungen - auch wenn ihnen keine Gesetzeskraft zukommt - erfordere notwendig ein Umkleiden im Betrieb, greift dies nicht zwingend durch.



Zweifellos soll die weiße Farbe der Dienstkleidung im Krankenhaus Sauberkeit und Hygiene demonstrieren. So kann etwa schneller bei optisch erkennbaren Verschmutzungen ein Wechsel der Kleidung - auch während der Dienstzeit - vorgenommen werden. Auch deutet die Organisationsweise, dass nämlich die verschmutzte Kleidung mindestens alle 2 Tage zu wechseln und im Dienstgebäude abzugeben ist - und nicht etwa zuhause zu waschen - darauf hin, dass der Arbeitgeber hier hygienische Standards einhalten will. Es ergibt sich aber aus dem Sachvortrag des Klägers nicht mit hinreichender Notwendigkeit, dass das Tragen der weißen Dienstkleidung einen so wesentlichen "Baustein" im Gesamtkonzept der Krankenhaushygiene darstellt, dass ein Wechseln der Kleidung ausschließlich im Krankenhaus selbst rechtlich geboten wäre. Ein Vergleich etwa mit Pflegekräften in mobilen Krankenpflegediensten zeigt, dass auch diese regelmäßig Dienstkleidung tragen - sei es weiß, sei es farbig - sich mit dieser Dienstkleidung in der Öffentlichkeit, in der Regel per Pkw, von einem Patienten zum nächsten begeben. Auch ambulant zu betreuende Patienten können erhebliche Infektionsrisiken aufweisen. Ferner ist allgemein bekannt, dass Infektionsrisiken hauptsächlich von Ausscheidungen von Körperflüssigkeiten des Erkrankten ausgehen. Der unmittelbarste Übertragungsweg erfolgt insoweit über die Hände, weshalb in Krankenhäusern inzwischen in hohem Umfang Wert auf die Handhygiene, auch bei Besuchern, gelegt wird. Fachliche Anhaltspunkte dafür, dass sich aus getragener normaler Dienstkleidung besondere Infektionsrisiken, sei es für den Mitarbeiter selbst, sei es für die Öffentlichkeit, ergeben, sind zumindest nicht konkret vorgetragen.



Hinsichtlich der Richtlinien des Robert-Koch-Instituts und des Infektionsschutzgesetzes hat das Arbeitsgericht weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zielrichtung dieser Regelungen das Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patienten betrifft. Es liegt insoweit im Verantwortungsbereich der Leitungsorgane der Beklagten, wie weitgehende Maßnahmen sie für erforderlich halten. Für die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen der Beklagten und ihrem Mitarbeiter lassen sich daraus nicht notwendige Schlüsse ziehen.



Auf der anderen Seite ist das Tragen der Berufskleidung auch dem Kläger nützlich, weil er dadurch Kosten und Zeitaufwand für Reinigung und Verschleiß der persönlichen Kleidung erspart.



Im Übrigen ist nach den Erörterungen in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht ausreichend klar belegt, dass zumindest für den konkret geltend gemachten Zeitraum (Februar 2013 bis April 2014) ein Umkleiden nach dienstplanmäßigem Dienstbeginn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war. Es ist nicht deutlich geworden, ob - zum damaligen Zeitpunkt - der Dienst tatsächlich zwingend unmittelbar mit der Übergabebesprechung begann oder möglicherweise ein Zeitkorridor von einigen Minuten zum Umkleiden zur Verfügung stand. Die Dienstvereinbarung über die Arbeitszeitregelung - die dem Gericht nicht vorliegt - enthält insoweit keine klaren Aussagen. Konkrete dienstliche Anweisungen, die Beginn und Teilnahmepflicht an den Gesprächen zur Schichtübergabe betreffen, sind nicht vorgetragen.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Vorschriften§ 9 Abs. 3 Ziffer 6. BioStoffV, § 23 Abs. 3 Satz 2 IfSG, § 106 GewO, §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG, § 287 Abs. 2 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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