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13.07.2016 · IWW-Abrufnummer 187175

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 02.05.2016 – 9 Sa 29/16

1) Der Arbeitgeber, der auf die Bundesagentur nach § 115 SGB X übergegangene Lohnansprüche nicht erfüllt, behält nicht Teile des dem Arbeitnehmer zustehenden Entgeltes im Sinne des § 266 a Abs. 3 StGB ein. Er erfüllt damit nur eine eigene gegenüber der Bundesagentur bestehende Pflicht nicht.

2) Wird der Bescheid über die Bewilligung vom Arbeitslosengeld nachträglich wieder aufgehoben, entfällt der ursprünglich eingetretene gesetzliche Anspruchsübergang nach § 115 SGB X nicht "automatisch". Es ist eine Rückabtretung erforderlich.


Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.11.2015, AZ 3 Ca 804/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.


2. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Vergütungsansprüchen.



Der Beklagte betreibt eine Hausverwaltung.



Der Kläger ist Immobilienkaufmann und war vom 03.08. bis zum 30.11.2009 bei dem Beklagten beschäftigt.



Der Beklagte ging zunächst davon aus, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestand, und zahlte an den Kläger keine Vergütung. Der Kläger erhielt Arbeitslosengeld I von der Bundesagentur für Arbeit. Er erhob Zahlungsklage gegen den Beklagten. Das Arbeitsgericht Krefeld verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 11.05.2010 zu dem Aktenzeichen 4 Ca 3147/09 (Bl. 5 d.A.) zur Zahlung von Vergütung für August, September und Oktober 2009 in Höhe von insgesamt 4.522,73 € brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 1.474,55 € netto (August 2009: 2.000,00 € brutto abzüglich übergegangener 126,39 € netto, September 2009: 892,05 € brutto abzüglich übergegangener 379,17 € netto, Oktober 2009: 1.630,68 € brutto abzüglich übergegangener 968,99 € netto).



Der Beklagte zahlte dem Kläger entsprechend dem arbeitsgerichtlichen Urteil vom 11.05.2010 die Vergütung für die Monate August, September und Oktober abzüglich des auf die Bundesagentur übergegangenen Teils der Vergütung. Er erteilte dem Kläger am 10.06.2010 jeweils Entgeltabrechnungen für die drei Monate August (Bl. 13 d.A.), September (Bl. 14 d.A.) und Oktober 2009 (Bl. 15 d.A.). In den Abrechnungen sind die nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Beträge gesondert ausgewiesen (August 2009: 126,39 € netto, September 2009: 379,17 € netto, Oktober 2009: 968,99 € netto, insgesamt 1.474,55€). Eine Auszahlung dieser Beträge an die Bundesagentur für Arbeit erfolgte jedoch nicht.



Die Bundesagentur für Arbeit forderte den Beklagten im Jahr 2014 zur Zahlung auf. Der Beklagte berief sich mit Schreiben vom 23.10.2014 (Bl. 18 d.A.) gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auf Verjährung.



Die Bundesagentur für Arbeit hob mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.11.2014 (Bl. 16 d.A.) die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Kläger für die Zeit vom 01.08. bis zum 31.10.2009 auf und bestimmte, dass der Kläger ihr für diesen Zeitraum 1.600,94 € Arbeitslosengeld erstatten müsse. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Kläger wies die Bundesagentur für Arbeit mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2015 (Bl. 21 d.A.) zurück. Der Kläger zahlt an die Bundesagentur für Arbeit am 27.02.2015 die festgesetzten 1.600,94 € (Kontoauszug auf Bl. 26 d.A.).



Der Kläger machte mit Schreiben vom 26.02.2015 (Bl. 27 d.A.) bei dem Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB in Höhe von 1.474,55 € netto geltend. Er begründete den Anspruch damit, dass der Beklagte diesen Betrag gemäß den Abrechnungen Augst bis Oktober 2009 einbehalten, aber, ohne ihn zu benachrichtigen, nicht an die Bundesagentur für Arbeit abgeführt habe. Der Kläger setzte dem Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 10.03.2015. Diese Frist ließ der Beklagte ergebnislos verstreichen.



Mit seiner am 11.05.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 26.05.2015 zugestellten Klage verfolgt der Kläger seine behaupteten Ansprüche weiter.



Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihm stünde gegen den Beklagten ein Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB zu. Der Beklagte habe gegen § 266a Abs. 3 StGB verstoßen, weil er die auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Beträge zwar in den Abrechnungen ausgewiesen und vom an ihn zu zahlenden Betrag abgezogen habe. Gleichwohl habe er die Abführung unterlassen, ohne ihn zu benachrichtigen. Der Anspruch in Höhe von 1.474,55 € sei auch nicht verjährt. Jedenfalls aber sei es dem Beklagten aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung verwehrt, sich auf Verjährung zu berufen. Er habe darauf vertraut und auch darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte die in den Abrechnungen angegebenen Beträge an die Bundesagentur für Arbeit abgeführt habe bzw. abführen werde.



Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.474,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11.03.2015 zu zahlen.



Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dem Kläger stünde der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zudem hat er die Einrede der Verjährung erhoben. Die Einrede der Verjährung erfasse auch den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB. Eine Strafbarkeit könne nicht gegeben sein, wenn der zugrunde liegende Anspruch auf Abführung der geschuldeten Beträge verjährt sei.



Das Arbeitsgericht Krefeld die Klage abgewiesen. Der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 1.474,55 € aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB. Denn der objektive Tatbestand des § 266a Abs.3 StGB sei nicht erfüllt. Nach § 266a Abs. 3 StGB mache sich ein Arbeitgeber strafbar, wenn er Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen habe, einbehält, sie jedoch an diesen anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Denn § 266a Abs. 3 StGB erfordere eine eigene Zahlungspflicht des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber müsse den einbehaltenen Teil des Arbeitsentgelts für den Arbeitnehmer treuhänderisch verwalten. An einem derartigen Treuhandverhältnis fehle es hier. Der Beklagte sei vielmehr selbst zur Zahlung des einbehaltenen Teils des Arbeitsentgelts an die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet gewesen. Der Kläger habe gegen den Beklagten auch keinen Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Parteien. Denn der Anspruch sei verjährt. Trotz des zunächst eingetretenen Anspruchsübergangs könne er die Forderung geltend machen. Durch die Aufhebung des Bewilligungsbescheides habe der Kläger seine auf die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 115 Abs. 1 SGB X, § 157 Abs. 3 S. 1 SGB III übergegangenen Entgeltansprüche zurückerworben. Insoweit sei der eingetretene Forderungsübergang rückwirkend entfallen. Gleichwohl könne der Kläger die Entgeltansprüche gegen den Beklagten nicht mehr durchsetzen, da diese zwischenzeitlich verjährt seien. Ein Fall des § 242 BGB, in dem es dem Beklagten verwehrt wäre, sich auf die Verjährung zu berufen, läge nicht vor. Daran ändere der Hinweis in der erteilten Entgeltabrechnungen nichts. Diese seien zwar mit der Angabe "Bundesagentur für Arbeit" versehen. Dieser Hinweis sei aber nicht unredlich. Denn der Beklagte habe dem Kläger mit der jeweiligen Abrechnung nicht vorgetäuscht, die entsprechenden Beträge bereits an die Bundesagentur für Arbeit gezahlt zu haben bzw. noch zu zahlen. Die Abrechnung diene nur der Information des Arbeitnehmers. Für Zahlungen gegenüber Dritten, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zahlt, stellt die Abrechnung keinen Nachweis dar. Ein Erklärungsinhalt über eine erfolgte Zahlung sei der Abrechnung nicht zu entnehmen. Der Kläger habe mit der gerichtlichen Geltendmachung seiner zunächst übergegangenen und später zurückerworbenen Entgeltansprüche jedenfalls zu lange zugewartet. Nach Wegfall der die Unzulässigkeit der Rechtsausübung begründenden Umstände bestimme sich die für die Geltendmachung des Anspruchs verbleibende Frist nach den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs und den Umständen des Einzelfalls. Die Höchstfrist liege in der Regel bei vier Wochen, sechs oder fünfeinhalb Wochen seien zu lang. Die Umstände, die ihn an einer Geltendmachung der Entgeltansprüche gehindert hätten, seien spätestens mit Zustellung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.11.2014 entfallen. Eine Klage am 08.05.2015 sei verspätet.



Gegen das ihm am 21.12.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 11.01.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 16.02.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.



Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein ursprüngliches Begehren weiter. Er meint, das Arbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 266a StGB nicht vorlägen. Richtig sei noch der Ausgangspunkt des Gerichtes. Ein Anspruchsübergang sei eingetreten, so dass der Kläger in Höhe der Sozialleistung nicht mehr Anspruchsinhaber gewesen sei. Deshalb seien die Beträge im Ausgangsverfahren auch abzüglich der auf die Agentur übergegangenen Leistungen geltend gemacht und ausgeurteilt worden. Der Beklagte habe die Beträge dann aber nicht an die Agentur gezahlt. Der übergegangene Anspruch sei also Arbeitsentgelt und verliere durch den Anspruchsübergang diese Rechtsqualität nicht. Insoweit habe der Beklagte den Tatbestand des § 266a StGB verwirklicht, weil er den Lohnbestandteil für den Arbeitnehmer nicht geleistet habe. Der Schaden sei erst mit der Erstattung der von der Agentur festgesetzten Zahlung in Höhe von 1.600,94 € entstanden, so dass auch der Gesichtspunkt der Verjährung nicht greife. Der Anspruch ergebe sich auch aus § 611 BGB. Die erhobene Verjährungseinrede greife nicht durch. Denn der Beklagte habe mit der Lohnabrechnung zum Ausdruck gebracht, dass er die Pflicht gegenüber der Agentur erfüllen wolle. Damit berufe er sich auf eine vorteilhafte Rechtsposition, die allein durch die Verletzung der Unterrichtungspflicht entstanden sei und deshalb im inneren Zusammenhang mit dem rechtsuntreuen Verhalten der Nichtzahlung stehe. Er, der Kläger, habe auch nicht zu lange zugewartet. Zwar datiere der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.11.2014 und sei auch an diesem Tag zugestellt worden. Er habe jedoch am 25.11.2014 Widerspruch eingelegt, der durch Widerspruchsbescheid vom 25.02.2015 zurückgewiesen worden sei. Am 26.02.2015 habe er den Beklagten unter Zahlungsaufforderung bis zum 10.03.2015 in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 23.03.2015 sei der Verfahrensbevollmächtigte dann unter Fristsetzung bis zum 07.04.2015 zur Zahlung aufgefordert worden. Nach erbetener Fristverlängerung habe der Beklagte dann am 15.04.2015 den Anspruch zurückgewiesen. Am 08.05.2015 sei dann Klage eingereicht worden. Ihm könne allenfalls leichteste Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.



Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Krefeld, Aktenzeichen 3 Ca 804/15 wird der Beklagte verurteilt, an ihn 1.474,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 11.03.2015 zu zahlen.



Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Der Beklagte verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend: Zutreffend habe das Arbeitsgericht entschieden, dass der Tatbestand des § 266a StGB nicht erfüllt sei. Entscheidend sei die Existenz einer treuhänderischen Pflicht. Die Zahlung einer eigenen Beitragspflicht reiche nicht aus. Selbst wenn es sich um eine Lohnzahlungspflicht handeln sollte, greife die Norm nicht. Denn mit der Nichtabführung habe der Beklagte in jedem Falle nur eine eigene Zahlungspflicht nicht erfüllt. Ein besonderes Treuhandverhältnis bestünde nicht. Dem Anspruch aus 611 BGB stünde die geltend gemachte Einrede der Verjährung entgegen. Sie stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Insoweit habe die Reform des Verjährungsrechtes die Möglichkeit der unzulässigen Rechtsausübung sehr weitgehend eingeschränkt. Auf die Ausweisung der Beträge in der Entgeltabrechnung könne es nicht ankommen, so dass der behauptete Rechtsmissbrauch von vornherein ausscheide. Jedenfalls habe der Kläger zu lange zugewartet. Schon am 06.11.2014 habe er Kenntnis davon erhalten, dass die Beträge nicht abgeführt worden seien. Durch die Akteneinsicht am 05.12.2014 erhielt der Kläger dann auch Kenntnis davon, dass sich der Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen hatte. Damit hätte der Kläger spätestens am 05.12.2014 seine Ansprüche geltend machen müssen, um sich auf eine unzulässige Rechtsausübung berufen zu können.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.



Entscheidungsgründe



I.



Die Berufung ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Denn der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 1.474,55 € nebst Zinsen. Soweit es sich um den ursprünglichen Entgeltanspruch aus § 611 BGB handelt, ist dieser schon nicht auf den Kläger übergegangen, jedenfalls wäre er verjährt. Soweit der Kläger Ansprüche auf Schadensersatz geltend macht, fehlt es an einer Verletzungshandlung. Auch ein Schutzgesetz ist nicht verletzt, insbesondere nicht § 266a StGB. Denn der Straftatbestand des § 266a Abs. 2 StGB wird durch eine Nichtabführung von auf die Agentur für Arbeit nach § 115 SGB X übergegangenen Entgeltansprüchen nicht verwirklicht.



Im Einzelnen:



1.Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 1.474,55 € nebst Zinsen gem. § 611 BGB. Zum einen steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch mangels erfolgter Rückabtretung gar nicht zu. Selbst wenn der Anspruch nach § 611 BGB infolge der Aufhebung des Beschlusses über die Gewährung von Arbeitslosengeld dem Kläger zurückübertragen worden wäre oder er an ihn kraft Gesetzes zurückgefallen wäre, könnte der Kläger keine Zahlung beanspruchen. Denn der Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt für den streitgegenständlichen Zeitraum ist verjährt. Insoweit hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Es ist ihm auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen.



a)Der Kläger hat ursprünglich dem Grunde nach einen Entgeltanspruch in Höhe von 1.474,55 € erworben. Der Anspruch ergibt sich als restliche Entgeltzahlung aus den Monaten August, September und Oktober 2009 und ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig und beruht auf den von der Beklagten abgerechneten und auf die Bundesagentur übergegangenen Ansprüchen.



Für den Monat August 2009 hat das Arbeitsgericht Krefeld bereits in der Entscheidung vom 11.05.2010 geurteilt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ein Arbeitsentgelt aus § 611 BGB in Höhe von 2.000,00 € brutto nebst Zinsen abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen 126,39 € zu zahlen. Denn der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum gearbeitet. Für den Monat September 2009 hat das Arbeitsgericht Krefeld in dieser Entscheidung dem Kläger aus § 615 BGB 892,05 € brutto nebst Zinsen abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen 379,17 € zuerkannt. Zudem für Oktober 2009 weitere 1.630,68 € nebst Zinsen aus § 615 BGB abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen 968,99 €.



Der Anspruch besteht also in Höhe des Arbeitsentgeltes des Klägers in Höhe von 126,39 € (August 2009), 379,17 € (September 2009) und 968,99 € (Oktober 2009), insgesamt also 1.474,55 €.



b)Der Kläger ist allerdings nicht mehr bzw. noch nicht wieder Inhaber der Forderung in Höhe von 1.474,55 €.



aa)Ursprünglich war der Kläger als Gläubiger seines Lohnanspruchs Inhaber seines Anspruchs auf Arbeitsentgelt.



bb)Der Anspruch des Klägers auf Arbeitsentgelt ist jedoch auf die Agentur für Arbeit übergegangen, da dem Kläger durch Bescheid vom 13.07.2009 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.08.2009 - zum 31.10.2009 bewilligt und auch gezahlt worden ist.



Gem. § 115 SGB X geht, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über. Der Anspruchsübergang erfolgt, sobald die Voraussetzungen des § 115 SGB X vollständig erfüllt sind. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt geht deshalb nicht bereits mit der Beantragung der Sozialleistung über, sondern - dem Wortlaut "erbracht hat" (Abs. 1) entsprechend - erst mit der tatsächlichen Leistungserbringung an den Arbeitnehmer (BSG v. 20.06.2001 - B 11 AL 97/00 RSozR 3-4100 § 141m Nr. 3; BeckOK SozR/Pohl SGB X § 115 Rn. 22; KassKomm/Kater SGB X § 115 Rn. 32-36).



Dies war hier indes der Fall, da der Kläger unstreitig auf Grundlage des Bescheides vom 13.07.2009 auch tatsächlich Arbeitslosengeld in unstreitiger Höhe von 126,39 € (August 2009), 379,17 € (September 2009) und 968,99 € (Oktober 2009), insgesamt also 1.474,55 € erhalten hat.



cc)Der Kläger hat den Anspruch in Höhe von 1.474,55 € indes nicht zurückerworben. Denn der gesetzliche Anspruchsübergang entfällt nicht nachträglich gleichsam automatisch, wenn der zugrundeliegende Bescheid über die Gewährung der Sozialleistung nachträglich wieder entfällt.



Zuzugeben ist dem Kläger, dass der Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.08.2009 bis zum 31.10.2009 durch den Bescheid vom 06.11.2014 aufgehoben worden ist und sein Widerspruch durch Bescheid vom 20.02.2015 zurückgewiesen worden ist. Nachdem der Kläger gegen diesen Bescheid nicht vorgegangen ist, steht rechtskräftig fest, dass der Kläger im relevanten Zeitraum zu Unrecht Arbeitslosengeld erhalten hat. Indes bedarf es trotz der rechtskräftigen Aufhebung des Bewilligungsbescheides der Rückübertragung der auf die Bundesagentur übergegangenen Forderung. Dies ist nicht erfolgt.



Bei dem Anspruchsübergang nach § 115 SGB X handelt es sich um eine cessio legis nach § 412 BGB. Durch Aufhebung des Bewilligungsbescheides entfällt diese allerdings nicht rückwirkend. Es steht zwar fest, dass ein Anspruchsübergang nicht hätte erfolgen dürfen. Da der Anspruchsübergang jedoch erfolgt ist, bedarf es eines Rück-Ausgleiches, der sich nicht kraft Gesetzes, sondern nach überwiegender und zutreffender Auffassung durch Rückabtretung der übergegangenen Forderung auf den Arbeitnehmer vollzieht (BGH v. 25.06.1990 - II ZR 119/89, BB 1990, 1653; Kasseler Kommentar/Kater SGB X § 115 Rn. 32). Es erfolgt jedenfalls dann kein "automatischer" Rückfall auf den Arbeitnehmer, wenn der Leistungsgewährung ein bindender Leistungsbescheid des Sozialleistungsträgers zugrunde liegt, der erst nach § 45 SGB X zurückgenommen werden muss. Ein auflösend bedingter Anspruchsübergang kommt nach zutreffender Rechtsauffassung nämlich nur so lange in Betracht, als der Sozialleistungsanspruch nicht durch bindende Entscheidung festgestellt ist (vgl. BSG v. 17.07.1979 - 12 RAr 15/78, SozR 4100 § 141b Nr 11).



Nichts anderes ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus der Entscheidung des BSG vom 14.09.1990 (7 RAr 128/89, SozR 3-4100 § 117 Nr. 3). Soweit hier ein Rückfall vertreten wird, steht dieser im Zusammenhang mit einer Aufhebung aus Gründen, die nicht mit dem Wegfall der Gewährungsvoraussetzungen in Zusammenhang stehen. Nur dann entfällt der gesetzliche Übergang des Arbeitsentgeltanspruchs des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger nach § 115 SGB X, soweit die Aufhebung reicht (vgl. BSG v. 17.07.1979 - 12 RAr 15/78, SozR 4100 § 141b Nr 11).



Da hier durch den Ausgangsbescheid verbindlich über die Gewährung von Arbeitslosengeld entschieden worden ist, der erst nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 SGB X aufgehoben worden ist, war eine separate Rückübertragung durch die Agentur auf den Kläger erforderlich. Diese liegt offensichtlich nicht vor und ist vom Kläger auch gar nicht behauptet worden. Dem Kläger würde die Forderung erst dann wieder zustehen, wenn die Bundesanstalt sie ihm gegen Erstattung des Arbeitslosengeldes zurückabtritt (vgl. dazu BGH v. 25.06.1990 - II ZR 119/89, BB 1990, 1653).



c)Selbst wenn der Kläger entgegen der unter b) vertretenen Rechtsauffassung noch bzw. schon wieder Inhaber der Forderung in Höhe von 1.474,55 € wäre, könnte er den Anspruch nicht durchsetzen. Denn der der Anspruch ist verjährt. Die Verjährung trat ein nach dem Übergang der Forderung auf die Agentur für Arbeit. Der Beklagte hat sich bereits gegenüber der Agentur für Arbeit auch auf die Verjährung berufen und hat diese Einrede auch im Verfahren erklärt. Selbst bei einem Rückerwerb der Forderung durch den Kläger änderte sich nichts daran, dass sich der Beklagte wirksam auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Insbesondere ist sein Berufen auf die Einrede der Verjährung nicht treuwidrig.



aa)Nach dem Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern, § 241 Abs. 1 BGB. Dem Schuldner ist es nach § 214 Abs. 1 BGB also freigestellt, nach Eintritt der Verjährung die Leistung zu verweigern (vgl. nur BAG v. 16.12.2014 - 9 AZR 431/13, [...]). Dies gilt auch im Falle eines gesetzlichen Forderungsübergangs.



(1)Mit dem gesetzlichen Übergang des Entgeltanspruchs nach § 115 SGB X verliert der Arbeitnehmer seine Verfügungsbefugnis über diese (oder diesen Teil der) Forderung. Der Leistungsträger erwirbt den Anspruch in der Gestalt, wie er dem Arbeitnehmer vor dem Übergang zugestanden hat, weil der Anspruchsübergang die Rechtsnatur und den Bestand der Forderung nicht berührt. Er muss deshalb Einwendungen des Arbeitgebers nicht nur aus dem Verhältnis ihm gegenüber, sondern gem. §§ 412, 404 BGB auch aus dem Verhältnis zum Arbeitnehmer - insbesondere Verjährung oder tariflicher Ausschluss der Geltendmachung - gegen sich gelten lassen.



Nichts anderes gilt im Falle der Rückübertragung bzw. des gesetzlichen Rückfalls. Der Anspruch geht stets so über, wie er im Zeitpunkt des Übergangs besteht (vgl. nur: BAG v. 05.11.2003 - 5 AZR 562/02, AP BGB § 615 Nr. 106; BAG v. 05.11.2003 - 5 AZR 676/02, NZA 2005, 64; Eichenhofer in: Wenner/Eichenhofer SGB X § 115 Rn. 9; BeckOK SozR/Pohl SGB X § 115 Rn. 23; KassKomm/Kater SGB X § 115 Rn. 32). Die Einrede der Verjährung kann der Schuldner also schon dem neuen Gläubiger nach § 404 BGB entgegenhalten.



(2)Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Entstanden ist ein Anspruch, wenn er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus, da erst von diesem Zeitpunkt an (§ 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB) der Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden kann (vgl. BAG v. 23.08.2012 - 8 AZR 394/11, [...]; BGH v. 08.07.2008 - XI ZR 230/07, NJW-RR 2009, 378; Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 199 BGB Rn. 3). Vergütungsansprüche - auch diejenigen wegen Annahmeverzugs - unterliegen nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (BAG v. 24.06.2015 - 5 AZR 509/13, [...]).



(3)Hier geht es um Entgeltansprüche aus August, September und Oktober 2009. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt regelmäßig die Fälligkeit des Anspruchs voraus, weil erst von diesem Zeitpunkt an der Gläubiger nach § 271 Abs. 2 BGB mit Erfolg die Leistung fordern und den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung verhindern kann (vgl. BAG v. 24.06.2015 - 5 AZR 509/13, [...]; BAG v. 23.10.2013 - 5 AZR 135/12, BAGE 146, 217). Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung hängt ebenso wie der Anspruch auf Annahmeverzug von den dem Vergütungsanspruch zugrundeliegenden Regelungen ab. Somit bestimmt sich die Fälligkeit der Vergütung auch bei Annahmeverzug nach dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung bei tatsächlicher Beschäftigung in den einzelnen Abrechnungsperioden fällig geworden wäre (vgl. BAG v. 24.06.2015 - 5 AZR 509/13, [...]; BAG v. 24.09.2014 - 5 AZR 593/12, [...]).



Hier war die Vergütung unstreitig zum Monatsende fällig. Die jeweiligen Entgeltansprüche des Klägers waren danach folglich jeweils spätestens am letzten Tag jeden Monats für den laufenden Monat fällig. Die Entgeltansprüche aus August, September und Oktober 2009 danach insgesamt spätestens am 01.11.2009 fällig.



Die Verjährungsfrist beginnt - wie bereits aufgezeigt - mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste. Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Dies war dem Kläger hier bekannt, was bereits die von ihm erhobene Klage zeigt (vgl. auch BAG v. 24.06.2015 - 5 AZR 509/13, [...]; BAG v. 24.09. 2014 - 5 AZR 593/12, [...]).



Die Verjährungsfrist begann am 31.12.2009. Sie endete mit Ablauf des Jahres 2012. Bei Erhebung der Klage im Jahr 2015 war die Verjährungsfrist abgelaufen.



(4)Die Verjährung wurde auch nicht etwa nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der Klage vom 18.11.2009 gehemmt. Zwar hat der Kläger das streitige Arbeitsentgelt hier eingeklagt. Ihm stand die Vergütung aufgrund des Anspruchsübergangs aber nur teilweise zu. Eine Ermächtigung der Bundesagentur zur Geltendmachung der Forderung lag gerade nicht vor, was entsprechend bei der Tenorierung im Urteil vom 11.05.2010 (4 Ca 3147/09) berücksichtigt worden ist. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestände vorliegen.



bb)Der Beklagte kann sich auch auf den Eintritt der Verjährung berufen.



(1)Der Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen. Es ist allgemein anerkannt, dass sich der Schuldner dann nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann, wenn sie gegen das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung verstößt (vgl. nur BGH v. 14.11.2013 - IX ZR 215/12, [...]; Palandt/Ellenberger, Vorb. § 194 Rdnr. 16; BAG v. 24.05.1957 - 4 AZR 501/54, AP § 198 BGB Nr. 2).



Die Verjährungsvorschriften dienen dem Rechtsfrieden und der Sicherheit des Rechtsverkehrs. Daher sind an die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben bei der Berufung auf Verjährungsfristen strenge Maßstäbe anzulegen (BAG v. 07.11.2007 - 5 AZR 910/06, NZA-RR 2008, 399; BAG v. 07.11.2002 - 2 AZR 297/01, NZA 2003, 963). Als unzulässige Rechtsausübung erscheint die Erhebung der Verjährungseinrede dann, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten von der Erhebung der Klage abgehalten oder ihn nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, es werde auch ohne Rechtsstreit eine vollständige Befriedigung seines Anspruchs zu erzielen sein. Der Schuldner setzt sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten, wenn er zunächst den Gläubiger zur Untätigkeit veranlasst und später aus der Untätigkeit einen Vorteil herleiten will, indem er sich auf Verjährung beruft. Dies kann man annehmen, wenn der Schuldner durch positives Tun oder durch ein pflichtwidriges Unterlassen einen entsprechenden Irrtum beim Gläubiger erregt hat (BAG v. 07.11.2007 - 5 AZR 910/06, NZA-RR 2008, 399; BAG v. 07.11.2002 - 2 AZR 297/01, NZA 2003, 963).



(2)Auf dieser Grundlage ergibt sich aus Sicht der Kammer ohne weiteres, dass dem Beklagten das Berufen auf die Einrede der Verjährung nicht verwehrt ist.



Zunächst liegt kein widersprüchliches Verhalten vor. Es ist anerkannt, dass sich eine Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens als unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB darstellen kann. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Widersprüchliches Verhalten ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. BAG v. 17.06.2014 - 3 AZR 412/13, [...]; BAG v. 12.11.2013 - 3 AZR 274/12, [...]).



Denkbar wäre, dass die Abrechnung der Entgeltansprüche nach der Entscheidung des Arbeitsgerichtes vom 11.05.2010 widersprüchlich im Hinblick auf die Einrede der Verjährung ist, weil der Beklagte eine Lohnabrechnung erstellte, in der er das Arbeitsentgelt aufschlüsselte, den an den Kläger zu zahlenden Teil der Vergütung konkret bezeichnete, an ihn zahlte und gleichzeitig die an die Bundesagentur zu zahlenden Beträge mit dem Hinweis "BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT" versah.



Indes liegt hierin kein widersprüchliches Verhalten. Denn der Beklagte hat mit der Erstellung der Lohnabrechnung nicht zugesagt, dass er die jeweils mit dem Hinweis "BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT" versehenen Beträge auch an die Bundesagentur zahlt. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.



Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Die Regelung dient der Transparenz. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält. Die Abrechnung dient nicht der Vorbereitung der Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs (BAG v. 27.02.2014 - 6 AZR 931/12, [...]; BAG v. 07.09.2009 - 3 AZB 19/09, [...]). Diese Willensrichtung einer Lohnabrechnung entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des BAG zur Reichweite einer erteilten Lohnabrechnung. Danach ist die Lohnabrechnung kein formlos wirksames deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Eine in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers vorbehaltlos ausgewiesene Lohnforderung ist zwar zunächst streitlos gestellt und muss nicht noch einmal zur Wahrung einer Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht werden (BAG v. 27.02.2014 - 6 AZR 931/12, [...]; BAG 28.07.2010 - 5 AZR 521/09, BAGE 135, 197). Die Lohnabrechnung hat aber nicht den Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Die Erteilung einer Lohnabrechnung hindert den Arbeitgeber regelmäßig nicht daran, die Lohnabrechnung später zu widerrufen, Gegenansprüche zu erheben oder aus anderen Gründen die Zahlung zu verweigern (vgl. BAG v. 27.02.2014 - 6 AZR 931/12, [...]; BAG v. 21.04.1993 - 5 AZR 399/92, BAGE 73, 54; BAG v. 10.03.1987 - 8 AZR 610/84, BAGE 54, 242). Nur wenn besondere Anhaltspunkte vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitgeber mit der Abrechnung auf alle Einwendungen verzichten will (BAG v. 27.02.2014 - 6 AZR 931/12, [...]; BAG v. 12.12.2000 - 9 AZR 508/99, BAGE 96, 344; vgl. zum Arbeitszeitguthaben: BAG v. 23.09.2015 - 5 AZR 767/13, [...]).



Im Ergebnis enthält die Lohnabrechnung also keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen, sondern stellt eine tatsächliche Handlung im Sinne sogenannter Wissenserklärungen dar. Der Arbeitnehmer kann also nicht annehmen, es handele sich um eine auf Bestätigung oder gar Veränderung der Rechtslage gerichtete Willenserklärung im Sinne eines deklaratorischen oder konstitutiven Schuldanerkenntnisses (vgl. BAG v. 27.02.2014 - 6 AZR 931/12, [...]; auch BAG v. 23.09.2015 - 5 AZR 767/13, [...]; BAG v. 19.03.2008 - 5 AZR 328/07, [...], jeweils zum Arbeitszeitguthaben). Es wird lediglich die Höhe der für den Monat zu beanspruchenden Vergütung unstreitig gestellt. Der Hinweis in der Lohnabrechnung auf die Bundesagentur für Arbeit gibt deshalb nur die Rechtslage hinsichtlich des Entgeltes wieder. Die Abrechnung weist entsprechend dem ergangenen Urteil des Arbeitsgerichtes Krefeld die Höhe der Zahlung über den gesamten Bruttobetrag aus, errechnet den zutreffenden Nettobetrag und erklärt, welche Zahlung der Kläger zu beanspruchen hat. Da ein Teil des Entgeltes auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen ist, wird dieser Teil gesondert aufgelistet. Damit ist für den Kläger eindeutig erkennbar, dass keine Zahlungszusage für eine Zahlung gegenüber der Bundesagentur erklärt wird, sondern eben nur, welcher Anteil am Gesamtverdienst der Bundesagentur zusteht.



Dieser Inhalt der Lohnabrechnung zeigt zugleich auch, dass dem Beklagten auch im Übrigen kein unredliches Verhalten vorzuwerfen ist. Die Angabe des auf die Bundesagentur übergegangenen Anspruchs unterrichtete den Kläger nur über die Zusammensetzung seines Gehaltsanspruchs und entsprach dem vom Kläger erstrittenen Urteil. Ein weitergehender Erklärungsinhalt ist der Abrechnung nicht zu entnehmen.



Darüber hinaus hat der Beklagte den Kläger auch nicht etwa von der Geltendmachung der Forderung abgehalten. Es mag sein, dass der Kläger die Lohnabrechnung falsch interpretierte. Diese fehlerhafte Interpretation hat der Beklagte aber nicht verursacht. Er hat - wie bereits dargelegt - eine Wissenserklärung abgegeben und eben nicht erklärt, die Forderung erfüllen zu wollen oder erfüllt zu haben.



(3)Zutreffend hat das Arbeitsgericht zudem darauf hingewiesen, dass der Kläger auch unter Berücksichtigung einer unzulässigen Rechtsausübung mit der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche zu lange zugewartet hat. Denn es entspricht allgemeiner Auffassung, dass der Anspruch nach dem Wegfall der die Unzulässigkeit der Rechtsausübung begründenden Umstände im Regelfall binnen einer kurzen Frist gerichtlich geltend zu machen ist. In derartigen Fällen kommt nur eine kurze Überlegungsfrist in Betracht, weil die Verjährung bereits eingetreten ist und weil eine großzügige Bemessung daher dem Zweck der Verjährungsvorschrift zuwiderlaufen würde. In der Mehrzahl der "durchschnittlichen" Fälle wird allgemein zutreffend ein Monat für ausreichend gehalten (zur Fristbestimmung BGH v. 06.12.1990 - VII ZR 126/90, [...]; BGH v. 14.10.1963 - III ZR 69/62, VersR 1964, 66, 68; BGH v. 18.12.1981 - V ZR 220/80, VersR 1982, 365; Palandt/Ellenberger, Vor § 194 Rz. 20).



Diese Frist ist ebenfalls abgelaufen. Der Kläger wusste bereits durch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.11.2014, dass der Beklagte den auf die Bundesagentur übergegangenen Teil der Ansprüche nicht gezahlt hatte. Er wusste aus diesem Bescheid auch, dass sich der Beklagte gegenüber der Bundesagentur auf die Einrede der Verjährung berufen hatte. Spätestens seit dem Widerspruchsbescheid vom 20.02.2015, der dem Kläger am 24.02.2015 zugestellt worden ist und gegen den kein Rechtsmittel eingelegt worden ist, war klar, dass er sich wieder um die Durchsetzung seines Anspruchs kümmern musste. Aber selbst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 24.03.2014 wartete der Kläger mit seiner Klage noch mehr als sechs Wochen. Dies reicht nicht aus.



2.Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch auf Zahlung von 1.474,55 € nebst Zinsen als Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB. Denn der Beklagte hat keine Pflichtverletzung begangen.



a)Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, kann der Gläubiger Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 BGB. Im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB begründet die vom Schuldner zu vertretende Pflichtverletzung für den Gläubiger einen Schadensersatzanspruch, der sich auf alle unmittelbaren oder mittelbaren Nachteile des schädigenden Verhaltens erstreckt.



aa)Zentrale Kategorie dieses Ersatzanspruchs ist der Begriff der Pflichtverletzung. Dabei sind als Pflichtverletzung drei Kategorien anerkannt, die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Leistungspflicht, die Schlechterfüllung sowie die Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs, § 280 Rdnr. 12; ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 260). Jeder Vertragspartei erwachsen aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, § 241 Abs. 2 BGB.



Die Darlegungs- und Beweislast für den Schadensersatzanspruch trägt der Kläger. Denn jede Partei trägt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Tatbestand der ihr günstigen Rechtsnorm erfüllt ist. Wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nimmt, hat die rechtsbegründenden und rechtserhaltenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, der Gegner die rechtsverhindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden (BAG v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02, NZA 2004, 489; Thomas/Putzo, vor § 284 Rz. 23; Zöller/Vollkommer, vor § 284 Rz. 15 ff). Der Arbeitnehmer, der Schadensersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend macht, trägt damit für das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzungen die Darlegungs- und Beweislast. Er hat im Rechtsstreit die einzelnen Handlungen oder Maßnahmen, aus denen er die angeblichen Pflichtverletzungen herleitet, konkret unter Angabe deren zeitlicher Lage zu bezeichnen. Nur dadurch werden die Tatsachengerichte in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob die behaupteten Vorgänge zu einer Rechtsbeeinträchtigung des Arbeitgebers geführt haben, um dann gegebenenfalls über jeden behaupteten Vorgang Beweis zu erheben (vgl. allgemein zur Beweislast: BAG v. 24.04.2008 - 8 AZR 347/07, NZA 2009, 38; BAG v. 13.03.2008 - 2 AZR 88/07, DB 2009, 68; BAG v. 25.10.2007 - 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223; BAG v. 16.05.2007 - 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154).



bb)Nach § 280 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB ordnet die Beweislast für das Vertretenmüssen dem pflichtverletzenden Schuldner zu. Insoweit gilt dann eine Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen. Was der Schuldner zu vertreten hat, regeln die §§ 276 bis 278 BGB. Danach hat der Schuldner für eigenes Verschulden und das seiner Erfüllungsgehilfen und gesetzlichen Vertreter einzustehen. Nach § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Das Verschulden und die einzelnen Arten des Verschuldens, insb. auch der Begriff der Fahrlässigkeit sind Rechtsbegriffe. Die Feststellung ihrer Voraussetzungen liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. BAG v. 27.01.2011 - 8 AZR 280/09, [...]).



cc)Gemäß § 254 Abs. 1 BGB sind die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des Ersatzes insbesondere davon abhängig, inwieweit der Schaden vorwiegend vom Schädiger oder vom Geschädigten verursacht worden ist. Etwaiges Mitverschulden ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Ein Mitverschulden des Geschädigten bei der Schadensentstehung liegt vor, wenn der Geschädigte für seine Rechtsgüter eine vermeidbare Gefahrenquelle geschaffen, eine vorhandene Gefahrenquelle nicht abgestellt bzw. daraufhin überwacht hat, ob sie sich konkretisiert, oder wenn er Hinweise auf das Vorhandensein einer Gefahr nicht beachtet hat. Erforderlich ist, dass der Geschädigte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor Schaden zu bewahren (BGH v. 1.12.2005 - I ZR 31/04, [...]; MüKo-Oetker, § 254 BGB Rz. 29 m.w.N.).



b)Diese Voraussetzungen des Ersatzanspruchs nach § 280 BGB liegen aus Sicht der Kammer offensichtlich nicht vor. Denn der Beklagte hat mit der bloßen Nichtzahlung der Vergütung und dem sich anschließenden Berufen auf die Einrede der Verjährung nur von einem ihm eingeräumten Recht Gebrauch gemacht. Er hat - wie bereits aufgezeigt - insbesondere auch nicht eine Verpflichtung zur Zahlung übernommen oder dem Kläger vorgespiegelt, die Zahlung vorzunehmen. Er hat lediglich eine Abrechnung erteilt, die der Rechtslage entsprach und entsprechend dem arbeitsgerichtlichen Urteil auf Zahlung der Vergütung die an die Agentur für Arbeit zu leistende Vergütung gesondert ausgewiesen.



3.Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 1.474,55 € nebst Zinsen als Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB.



Die unterbliebene Erfüllung der auf die Agentur für Arbeit übergegangenen Entgeltansprüche durch den Beklagten kann keine unerlaubte Handlung iSd. § 823 Abs. 1 BGB darstellen. Diese Norm dient lediglich dem Schutz absoluter Rechte und Rechtsgüter, wie Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstiger Rechte. Die Nichterfüllung einer Forderung, die ein Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis erwirbt, ist kein sonstiges Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB.



"Sonstige Rechte" sind im Hinblick auf die Nennung hinter "Eigentum" nur diejenigen Rechte, die denselben rechtlichen Charakter wie das Eigentumsrecht besitzen und die ebenso wie Leben, Gesundheit und Freiheit von jedermann zu beachten sind, also nur die sogenannten absoluten oder ausschließlichen Rechte. Ein absolutes Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB wird dadurch gekennzeichnet, dass es nicht nur relativ in Bezug auf einzelne andere, sondern im Verhältnis zu allen anderen Personen existiert und von diesen zu beachten ist (BAG v. 13.02.2007 - 9 AZR 106/06, Rn. 18, [...]; BAG v. 04.06.1998 - 8 AZR 786/96, BAGE 89, 80). Gerade daran fehlt es bei dem zugrundeliegenden Anspruch auf Arbeitsentgelt. Dieses begründet lediglich den schuldrechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, ihm das vereinbarte Arbeitsentgelt auszuzahlen (vgl. zum Anspruch auf Altersteilzeit BAG v. 13.02.2007 - 9 AZR 106/06, Rn. 18, [...]; ebenso: BAG v. 16.08.2005 - 9 AZR 79/05, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 24).



4.Der Kläger hat gegen den Beklagten ebenfalls keinen Anspruch auf Zahlung von 1.474,55 € nebst Zinsen als Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB. Denn der Beklagte hat kein Schutzgesetz verletzt. Zwar ist § 266a Abs. 3 StGB ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat § 266a Abs.3 StGB aber nicht verletzt, indem er die zunächst an die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Lohnansprüche nicht erfüllte. Denn das erforderliche Treuhandverhältnis bestand nicht. Eine Verletzung von § 266a Abs. 1 StGB scheidet hingegen offensichtlich aus.



a)Gesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB ist jede Rechtsnorm, die ein bestimmtes Gebot oder Verbot ausspricht. Rechtsnormen, die nur allgemeine Grundsätze aufstellen, scheiden als Schutzgesetz aus. Die Gebots- oder Verbotsnorm muss nach Zweck und Inhalt jedenfalls auch dem Individualschutz dienen. Dies bedeutet, dass die Norm auf den Schutz vorab einer näher bestimmten Art der Schädigung eines Rechtsguts oder Individualinteresses gerichtet sein muss. Es reicht aus, dass die Gewährung von Individualschutz wenigstens eines der vom Gesetzgeber mit der Norm verfolgten Anliegen ist, selbst wenn auf die Allgemeinheit gerichtete Schutzzwecke ganz im Vordergrund stehen (BAG v. 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, [...]; BAG v. 25.04.2001 - 5 AZR 368/99, AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 80). Die Norm muss dazu bestimmt sein, gerade vor Schädigungen der eingetretenen Art zu schützen, der jeweilige Schaden muss also von ihrem Schutzzweck umfasst sein. Zu fragen ist, ob es nach Maßgabe des Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden zu knüpfen. Die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs muss in den betreffenden Fällen sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, um auszuschließen, dass die Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine allgemeine Haftung für Vermögensschäden unterlaufen wird (BAG v. 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, [...]; BAG v. 06.11.2002 - 5 AZR 487/01, AP GG Art. 3 Nr. 300).



b)Der Beklagte hat kein Schutzgesetz verletzt.



aa)Ob § 266a Abs. 1 StGB ein derartiges Schutzgesetz zugunsten des Arbeitnehmers ist, kann aber dahinstehen (wohl insgesamt bejahend: BGH v. 11.06.2013 - II ZR 389/12, [...]). Es handelt sich jedenfalls um ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Sozialversicherungsträger, denn § 266a Abs. 1 StGB schützt das Interesse der Solidargemeinschaft an der Sicherstellung des Sozialversicherungsaufkommens; der einzelne Arbeitnehmer erleidet aber durch das Nichtabführen der Beiträge regelmäßig keinen Nachteil (BAG v. 26.02.2003 - 5 AZR 690/01, AP BGB § 134 Nr. 24; BGH v. 04.07.1989 - VI ZR 23/89, VersR 1989, 922). Indes hat der Beklagte den Straftatbestand des § 266a Abs. 1 StGB nicht verwirklicht. Denn die Agentur für Arbeit ist schon keine Einzugsstelle im Sinne von § 266a Abs. 1 StGB.



bb)§ 266a Abs. 3 StGB ist demgegenüber nach zutreffender allgemeiner Auffassung als Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer iSd. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Denn es dient dem Schutzinteresse der Arbeitnehmer an der treuhänderischen Verwaltung von Teilen ihres Arbeitseinkommens (BAG v. 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, [...]; BGH v. 29.09.2008 - II ZR 162/07, NJW 2009, 295; LAG Düsseldorf v. 12.09.2015 - 12 Sa 175/15, [...]; LAG Hamm v. 18.07.2014 - 10 Sa 1492/13, [...]; OLG Celle v. 01.07.1991 - 3 Ss 77/91, NJW 1992, 190; Tröndle/Fischer § 266 a Rz.2). Mit der Regelung einer Strafbarkeit gemäß § 266a Abs. 2 StGB wollte der Gesetzgeber das Vermögensinteresse des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers schützen und verstärken.



Indes hat der Beklagte den Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB nicht verwirklicht. Denn der Beklagte hat, indem er den auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Teil der Entgeltansprüche nicht befriedigte, nicht Teile des dem Kläger zustehenden Arbeitsentgelts im Sinne des § 266 a Abs. 3 StBG einbehalten, sondern nur eine eigene gegenüber der Agentur bestehende Pflicht nicht erfüllt. Denn aufgrund des erfolgten Anspruchsübergangs nach § 115 SGB X stand der Agentur für Arbeit der Entgeltanspruch zu. Sie hatte einen eigenen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Indem der Arbeitgeber den auf die Agentur für Arbeit übergegangenen Teil des Entgeltes nicht an die Agentur abführte, erfüllt er somit keine Schuld des Arbeitnehmers, sondern erfüllt nur eine eigene Verpflichtung nicht. Der Straftatbestand des § 266a Abs. 2 StGB wird durch eine Nichtabführung von auf die Agentur für Arbeit nach § 115 SGB X übergegangenen Entgeltansprüchen nicht verwirklicht.



(1)Im Unterschied zu Abs. 1 u. 2 schützt Abs. 3 von § 266a StGB ausschließlich das Vermögen des betroffenen Arbeitnehmers, was sowohl aus der Entstehungsgeschichte als auch daraus folgt, dass der Tatbestand bei einer rechtzeitigen Unterrichtung des Arbeitnehmers entfällt (vgl. BAG v. 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, [...]; OLG Celle v. 01.07.1991 - 3 Ss 77/91, NJW 1992, 190; BT-Drs. 10/5058 S. 31; Schönke/Schröder/Perron StGB § 266a Rz. 2; LK/Möhrenschlager, § 266a Rz. 11; Tröndle/Fischer § 266 a Rz.2; Lackner/Kühl § 266a Rz. 1, vgl auch BT-Drs. 10/318 S. 26). Die Regelung des § 266a Abs. 3 S. 2 StGB, die das ohnehin schon durch die §§ 370, 378, 380 AO erfasste Nichtabführen der Lohnsteuer vom Tatbestand ausdrücklich ausnimmt, bedeutet in dieser Hinsicht daher nur eine Klarstellung (vgl. BT-Drs. 10/318 S. 29 f.). Seiner Unrechtsstruktur nach liegt der Tatbestand im Grenzbereich von Untreue und Betrug (vgl. BT-Drs. 10/318 S. 27, LK/Möhrenschlager, § 266a Rz. 11). Denn er enthält Elemente des § 266 StGB, weil der Arbeitgeber über die zum Vermögen des Arbeitnehmers gehörenden und ihm zur zweckgebundenen Verwendung belassenen Lohnbestandteile zweckwidrig verfügt, Elemente des § 263 StGB dagegen, weil der Tatbestand ein heimliches Vorgehen verlangt und entfällt, wenn der Täter sein weisungswidriges Verhalten offenlegt. Tatbestandsvoraussetzung ist dabei zunächst, dass der Arbeitgeber Teile des Arbeitsentgelts, die nicht unter Abs. 1 und die Ausnahme des S. 2 (Lohnsteuer) fallen, einbehält, sie aber nicht ordnungsgemäß an denjenigen abführt, an den er sie für den Arbeitnehmer zu zahlen hat. Es geht um Bestandteile des Lohnes, nicht aber um vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge (vgl. BAG v. 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, [...]; OLG Celle v. 01.07.1991 - 3 Ss 77/91, NJW 1992, 190). Dabei ist nicht notwendig, dass der Teil in der Lohnabrechnung ausdrücklich ausgewiesen ist. Diese Teile müssen an einen Dritten abzuführen sein (Schönke/Schröder/Perron StGB § 266a Rn. 12-16).



(2)Auf dieser Grundlage handelte es sich bei den ursprünglich auf die Agentur übergegangenen Ansprüchen zwar um Bestandteile des Lohns, nicht etwa um Beiträge. Denn der gesetzliche Forderungsübergang des § 115 SGB X bewirkt gerade den Übergang des originären Lohnanspruchs des Arbeitsnehmers für den Zeitraum, für den er Arbeitslosengeld bezogen hat. Das Arbeitsentgelt war aber nicht "für den Arbeitnehmer" an die Agentur für Arbeit zu zahlen. Denn bei der Abführung des Entgeltbestandteils an einen Dritten ist in der Regel der Arbeitnehmer der Gläubiger (Schönke/Schröder/Perron a.a.O. Rn. 13; s.a. BT-Drs. 10/318 S. 29 li. Sp. vorletzter Abs.). Auch wenn dies nicht zwingend erforderlich ist (so zutreffend auch LAG Düsseldorf v. 12.09.2015 - 12 Sa 175/15, [...]), zeigt sich doch aufgrund der Tatbestandstruktur des § 266a StGB deutlich, dass Abs. 3 das Vermögen des betroffenen Arbeitnehmers schützen soll (schon oben BAG v. 18.08.2005 - 8 AZR 542/04, [...]; OLG Celle v. 01.07.1991 - 3 Ss 77/91, NJW 1992, 190; BT-Drs. 10/5058 S. 31; Schönke/Schröder/Perron StGB § 266a Rz. 2). Entscheidend ist vor allem das Element der Untreue, also dass der Arbeitgeber über die zum Vermögen des Arbeitnehmers gehörenden und ihm zur zweckgebundenen Verwendung belassenen Lohnbestandteile zweckwidrig verfügt. Dies nun ist aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Bundesagentur nicht der Fall. Denn der Beklagte hat, indem er den auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Teil der Entgeltansprüche nicht befriedigte, nicht Teile des dem Kläger zustehenden Arbeitsentgelts im Sinne des § 266 a Abs. 3 StBG einbehalten, sondern nur eine eigene gegenüber der Agentur bestehende Pflicht nicht erfüllt. Es bestand keine Pflicht zur zweckgebundenen Verwendung des Gehaltes für den Arbeitnehmer, sondern infolge des gesetzlichen Übergangs eine eigene gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers gegenüber der Agentur. Dem Arbeitnehmer stand deshalb auch kein Anspruch auf Einziehung des Anspruchs zu. Vielmehr ist nur noch die Agentur berechtigt - und haushaltsrechtlich verpflichtet - das Entgelt einzuziehen (Kasseler Kommentar/Kater, SGB X Rz. 37). Der Übergang erfolgt also nicht im Interesse des Arbeitnehmers, sondern des Sozialleistungsträgers, nicht aber zu dem Zweck, dass dieser die Interessen des Arbeitnehmers wahrt. Mit dieser Zielrichtung sowohl der tatbestandlichen Struktur des § 266a StGB als auch der cessio legis des § 115 SGB X fehlt es an der relevanten zweckwidrigen Verfügung des zweckgebundenen Übergangs. Denn der Übergang erfolgte eo ipso auf die Agentur, so dass eine eigene Pflicht des Arbeitgebers begründet worden ist. Das Entgelt stand der Agentur als eigener Anspruch zu. Indem der Arbeitgeber den auf die Agentur für Arbeit übergegangenen Teil des Entgeltes nicht an die Agentur abführte, erfüllt er somit keine Schuld des Arbeitnehmers, sondern erfüllt nur eine eigene Verpflichtung nicht. Der Straftatbestand des § 266a Abs. 2 StGB wird durch eine Nichtabführung von auf die Agentur für Arbeit nach § 115 SGB X übergegangenen Entgeltansprüchen nicht verwirklicht.



c)Eine Haftung des Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB unter dem Gesichtspunkt eines Betruges. Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger schon keine Täuschungshandlung begangen, die zu einer Vermögensverfügung und zu einem Schaden geführt hat. Zum einen ergibt sich aus dem Hinweis in der Lohnabrechnung auf die Agentur für Arbeit keine Täuschungshandlung. Denn der Beklagte hat gerade nicht erklärt, den Teil des Arbeitsentgeltes an die Agentur abzuführen oder bereits abgeführt zu haben. Er hat lediglich den Teil berechnet, der nicht dem Kläger, sondern der Agentur für Arbeit zustand. Insofern hat er schon nichts Falsches erklärt. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Vorlage der Entgeltabrechnung den Kläger zu einem Verhalten veranlasst hat, dass wiederum zu einem Schaden geführt hat.



II.



Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der Person zur Last, die es eingelegt hat.



III.



Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht liegen vor. Die Kammer ist der Auffassung, dass dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es geht um die Auslegung eines Tarifvertrages, der eine Vielzahl von vergleichbaren Arbeitnehmern betrifft. Damit besteht der Revisionsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Dr. Ulrich
Drißner
Bartz

Vorschriften§ 823 Abs. 2 BGB, § 266a Abs. 3 StGB, § 266a Abs.3 StGB, § 611 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 SGB X, § 157 Abs. 3 S. 1 SGB III, § 242 BGB, § 266a StGB, § 611 BGB, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 ZPO, § 266a Abs. 2 StGB, § 115 SGB X, § 615 BGB, § 412 BGB, § 45 SGB X, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 SGB X, § 241 Abs. 1 BGB, § 214 Abs. 1 BGB, §§ 412, 404 BGB, § 404 BGB, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, § 271 Abs. 2 Halbs. 1 BGB, § 195 BGB, § 271 Abs. 2 BGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 280 BGB, § 280 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, §§ 276 bis 278 BGB, § 276 Abs. 2 BGB, § 254 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 1 BGB, § 266a Abs. 1 StGB, § 266a Abs. 3 S. 2 StGB, §§ 370, 378, 380 AO, § 266 StGB, § 263 StGB, §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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