Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

22.06.2012 · IWW-Abrufnummer 168809

Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 13.02.2012 – 16 Sa 148/11

1) Urlaubsansprüche des langfristig erkrankten Arbeitnehmers verfallen 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.



2) § 26 Tarifvertrag für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See enthält keine eigenständige Urlaubsregelung.



3) Ruht das Arbeitsverhältnis, weil der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer auf die Ausübung der Verfügungsgewalt verzichtet hat, um diesem den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen, so entstehen bei formal fortbestehendem Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche.


Tenor: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 15.12.2010 - 5 Ca 2545/10 - teilweise abgeändert. Die Berufung des Klägers gegen das angegriffene Urteil wird zurückgewiesen. Das Urteil wird wie folgt gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 990,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2010 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 58,32 %, die Beklagte zu 41,68 %. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten um vom Kläger geltend gemachte Urlaubsabgeltungsansprüche. Der am 21.06.1948 geborene Kläger war vom 01.04.2003 bis zum 31.03.2010 bei der Beklagten als Angestellter in einer Fünf-Tage-Woche tätig. Das Arbeitsverhältnis richtete sich zuletzt nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 15.09.2006 (Bl. 5 d.A.), der in § 2 die Anwendbarkeit des Knappschaft-Angestelltentarifvertrages (KnAT) vorsah, der mit Wirkung vom 01.10.2005 durch den Tarifvertrag für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (TV DRV KBS) abgelöst wurde. Dieser trifft zum Urlaub folgende Regelungen: "§ 26 Erholungsurlaub (1) Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr ... nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage. Maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und kann auch in Teilen genommen werden. (2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben: a) Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten. b) Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält die/der Beschäftigte als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1; § 5 BUrlG bleibt unberührt. c) Ruht das Arbeitsverhältnis, so vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel. d) Das nach Absatz 1 Satz 1 fortzuzahlende Entgelt wird zu dem in § 24 genannten Zeitpunkt gezahlt. Der Urlaub soll grundsätzlich zusammenhängend gewährt werden; dabei soll ein Urlaubsteil von zwei Wochen Dauer angestrebt werden." § 27 TV DRV KBS regelt Zusatzurlaub bei Wechselschichtarbeit und Schichtarbeit, für den im Übrigen auf § 26 TV DRV KBS mit Ausnahme von Abs. 2 Buchstabe b) verwiesen wird. Das Arbeitsverhältnis endete durch Auflösungsvertrag vom 01.12.2009 mit Ablauf des 31.03.2010. Durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und darüber hinaus war der Kläger seit dem 14.09.2007 arbeitsunfähig krank. Auf Antrag des Klägers verzichtete die Beklagte mit Schreiben vom 09.02.2009 ab dem 13.03.2009 auf die Verfügungsgewalt aus dem bestehenden Arbeitsverhältnisses (vgl. Bl. 7 d.A.) und erteilte dem Kläger eine Bescheinigung gemäß § 312 SGB III zur Vorlage bei der Agentur für Arbeit. Der Kläger bezog sodann Arbeitslosengeld gemäß den §§ 117 ff. SGB III. Später, nämlich mit Bescheid vom 02.11.2010 (Bl. 156 bis 157 d.A.) wurde dem Kläger rückwirkend ab dem 01.09.2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Mit Schreiben vom 27.04.2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten unter anderem die Abgeltung von 78 Urlaubstagen für die Jahre 2007 bis einschließlich 2010 geltend. Hierbei entfielen auf das Jahr 2007 ein Resturlaubsanspruch von 10 Urlaubstagen, auf die Jahre 2008 und 2009 ein Vollurlaubsanspruch von je 30 Urlaubstagen und bis März 2010 ein Teilurlaubsanspruch von 7,5, aufgerundet 8 Urlaubstagen. Den Abgeltungsanspruch bezifferte der Kläger mit 5.941,20 EUR brutto, was bei den begehrten 78 Urlaubstagen eine Urlaubsvergütung von 76,17 EUR pro Urlaubstag ausmacht. Auf der Grundlage des gesetzlichen Mindesturlaubs von 20 Arbeitstagen ermittelte die Beklagte für das Jahr 2007 einen Resturlaubsanspruch von 7 Tagen, für das Jahr 2008 von 20 Arbeitstagen und für das Jahr 2009 anteilig für drei Monate von 5 Arbeitstagen, insgesamt 32 Urlaubstage, die sie mit 3.523,07 EUR abgegolten hat. Mit seiner am 22.09.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger einen Anspruch in Höhe des Differenzbetrages zwischen der von ihm berechneten Urlaubsabgeltung und der von der Beklagten gewährten in Höhe von 2.375,86 EUR brutto nebst Zinsen weiter. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, neben seinem gesetzlichen Urlaubsanspruch stünde ihm für den in Frage stehenden Zeitraum auch der tarifliche Mehrurlaub zu. Außerdem sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, seinen Urlaubsanspruch ab April 2009 mit der Begründung zu kürzen, dass das Arbeitsverhältnis ab diesem Zeitpunkt geruht habe. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.375,86 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2010 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub stehe dem Kläger nicht zu. Ab dem 13.03.2009 sei das Arbeitsverhältnis im Übrigen zum Ruhen gebracht worden, sodass der Kläger für den verbleibenden Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 26 Abs. 2 c TV DRV KBS keinen Erholungsurlaubsanspruch besitze. Durch Urteil vom 15.12.2010, auf das zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 1.614,70 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stünden für die Jahre 2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 2010 insgesamt 52 Urlaubstage (7 Tage aus 2007, jeweils 20 Tage aus 2008 und 2009 sowie 5 Tage aus 2010) entstandenen gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf der Grundlage der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit zu. Auch für die Zeit ab dem 13.03.2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2010 scheitere der Erwerb des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs nicht daran, dass das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit geruht habe. Die Tarifnorm verstoße hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG. Der Anspruch des Klägers auf tariflichen Mehrurlaub für den Zeitraum des Jahres 2007 bis zum 31.03.2010 in Höhe von insgesamt 15,5 Tagen (3 Tage für 2007, 10 Tage für 2008, 2,5 Tage für 3/12 aus 2009) sei nicht untergegangen. Ein Regelungswille der Tarifvertragsparteien, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen tarifvertraglichen Ansprüchen unterscheide, sei nicht erkennbar. Die Regel sei der "Gleichlauf" der Ansprüche, die Ausnahme ihr unterschiedliches rechtliches Schicksal. Insgesamt ergebe sich damit ein Anspruch des Klägers von 67,5, aufgerundet 68 Urlaubstagen für die Zeit von 2007 bis zum 31.03.2010, damit ein Urlaubsabgeltungsanspruch von 5.180,04 EUR brutto. Hierauf habe sich der Kläger die Zahlungen der Beklagten in Höhe von 3.523,07 EUR brutto und weiterer 42,27 EUR brutto anrechnen lassen müssen, sodass ein Restbetrag von 1.614,70 EUR brutto verbleibe. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Es ist der Beklagten am 05.01.2011 zugestellt worden, ihre Berufungsschrift ist am 31.01.2011 und ihre Begründungsschrift am 28.02.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Dem Kläger ist das Urteil am 04.01.2011 zugestellt worden, seine Berufungsschrift ist am 01.02.2011 und seine Begründungsschrift nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 04.04.2011 am 04.04.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass vorliegend kein Gleichlauf zwischen tariflichen und gesetzlichen Urlaubsansprüchen bestehe, § 26 TV DRV KBS vielmehr erheblich von den gesetzlichen Regelungen abweiche. Gemäß § 26 Abs. 2 c TV DRV KBS bestehe während des Ruhens der Vertragspflichten kein Anspruch auf Urlaub, was sowohl für den gesetzlichen Urlaub als auch für den tariflichen Mehrurlaub gelte. Im März 2009 habe festgestanden, dass der Kläger für seine vertragsgemäße Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr leistungsfähig gewesen sei. Die Parteien seien daher nach Ende des Krankengeldbezuges zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger nicht mehr arbeiten könne und er zur Sicherung seines Lebensunterhaltes Arbeitslosengeld beantragen werde. Nachdem er diesen Antrag gestellt habe, habe sie, die Beklagte, mit Schreiben vom 09.02.2009 die Verzichtserklärung abgegeben und die Bescheinigung gemäß § 312 SGB III ausgestellt. Folge dieses Ruhens sei, dass keine Urlaubsansprüche entstünden. Sei die Arbeitspflicht des Mitarbeiters suspendiert, könne auch kein Urlaub gewährt werden. Im Übrigen bestehe auch gegenüber der Agentur für Arbeit ein "Urlaubsanspruch", d.h. das Recht, sich über einen längeren Zeitraum hinweg nicht am Wohnsitz aufzuhalten und nicht für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung zu stehen. Hierdurch werde dem Erholungsinteresse des Beschäftigungslosen Genüge getan. Der Kläger verweist zur Begründung seiner Berufung darauf, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht den Mehrurlaub von 10 Tagen für 2009 nicht berücksichtigt habe. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 15.12.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 761,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2010 zu zahlen. Beide Parteien bitten um die Zurückweisung der Berufung der Gegenseite. Sie verteidigen das arbeitsgerichtliche Urteil als zutreffend, soweit dieses ihren Anträgen entsprochen hat. Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung beider Parteien ist jeweils zulässig. In der Sache hat jedoch nur die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg, die Berufung des Klägers war dagegen in vollem Umfang zurückzuweisen. Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich, soweit das Arbeitsgericht dem Kläger Urlaubsabgeltungsansprüche für aus dem Jahre 2007 herrührenden Urlaub sowie für aus der Zeit nach dem 31.03.2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses herrührenden Urlaub zugesprochen hat. Wegen der Verurteilung zur Zahlung tariflichen Mehrurlaubs für das Jahr 2008 in Höhe von 10 Urlaubstagen und für die Zeit bis zum 31.03.2009 in Höhe eines Resturlaubsanspruchs von 3 Urlaubstagen war die Berufung dagegen zurückzuweisen. I 1) Die Resturlaubsansprüche des Klägers aus dem Jahre 2007 im Umfang von 10 Tagen sind entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG verfallen. Zwar ist der Urlaub des Klägers aus dem Jahre 2007 zunächst auf das folgende Kalenderjahr übertragen worden, weil der Kläger diesen Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Er war auch entsprechend der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 20.01.2009 in der Sache Schultz-Hoff nicht in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres zu nehmen. An die Stelle dieser drei Monate tritt jedoch eine Frist von 18 Monaten. Die Urlaubsansprüche des Klägers aus dem Jahre 2007 verfielen damit am 30.06.2009. Dies gilt sowohl für die gesetzlichen als auch für die tariflichen Ansprüche. Nach § 26 Abs. 2 a TV DRV KBS ist der Erholungsurlaub, der unter anderem wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte, spätestens bis zum 31. Mai des Folgejahres anzutreten. Dieses Ergebnis folgt aus einer Weiterentwicklung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 24.03.2009, in der es das Urteil des Europäischen Gerichtshofes umgesetzt hat und § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG für Mindesturlaubsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer richtlinienkonform teleologisch reduziert hat. 2) Einer solchen - nationalen - Rechtsfortbildung stehen europarechtliche Bedenken nicht entgegen. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 22.11.2011 (C-214/10, KHS ./. Schulte, NZA 2011, 1333) in Anknüpfung an seine bisherige Rechtsprechung erneut darauf hingewiesen, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Ausübung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraumes oder eines Übertragungszeitraums umfassen. Der Arbeitnehmer muss allerdings die tatsächliche Möglichkeit gehabt haben, diesen Anspruch auszuüben. Auch wenn dies Arbeitnehmern, die langjährig arbeitsunfähig sind, nicht möglich ist, so bedeutet es nicht, dass sie unbegrenzt während mehrerer Bezugszeiträume entstehende Urlaubsansprüche ansammeln können. Dies würde dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub nicht entsprechen. Dieser ist ein doppelter: Er besteht für den Arbeitnehmer zum einen darin, es ihm zu ermöglichen, sich zu erholen und zum anderen, über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Der Erholungszweck wird jedoch nicht mehr verwirklicht, wenn der Übertrag des Jahresurlaubs eine gewisse zeitliche Grenze überschreitet. Der Arbeitnehmer ist deshalb nicht berechtigt, bezahlten Jahresurlaub, den er nicht nehmen kann, unbegrenzt anzusammeln. Allerdings muss ein Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten. Einen Zeitraum von 15 Monaten, der in dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag vorgesehen war, hat der Europäische Gerichtshof als diesen Anforderungen genügend angesehen. 3) Im vorliegenden Fall sieht § 26 Abs. 2 a TV DRV KBS lediglich einen Übertragungszeitraum von fünf Monaten vor, der den europarechtlichen Anforderungen danach nicht gerecht wird. 4) Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes hat jedoch nicht zur Folge, dass die Anwendung einer 15-monatigen Frist nunmehr geboten ist. Zwar hat der Europäische Gerichtshof auch entschieden, dass dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub als Grundsatz des Sozialrechts der Union nicht nur besondere Bedeutung zukommt, sondern, weil er in Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich anerkannt ist, ihm nach Art. 6 Abs. 1 EUV der gleiche rechtliche Rang wie den Verträgen zuerkannt wird. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass die Begrenzung des Übertragungszeitraums den Arbeitgeber vor der Gefahr der Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiträumen und den Schwierigkeiten schützen muss, die sich daraus für die Arbeitsorganisation ergeben können. Unabhängig von der Frage, ob der Europäische Gerichtshof damit zugleich eine inhaltliche Ausgestaltung zugunsten der Arbeitgeber vorgenommen hat, erfasst die Charta der Grundrechte die hier in Frage stehenden Zeiträume jedoch nicht, da sie erst am 01.01.2009 in Kraft getreten ist. 5) Die im Urteil vom 22.11.2011 vorgenommene Auslegung als solche bedarf nicht der Umsetzung in deutsches Recht. Das deutsche Urlaubsrecht steht auch dann, wenn es eine zeitlich unbegrenzte Ansammlung von Urlaubsansprüchen langzeiterkrankter Arbeitnehmer aufgrund der bisherigen Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes durch das Bundesarbeitsgericht vorsehen sollte, mit den Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG in Einklang. In diesem Fall sicherte das deutsche Recht Arbeitnehmeransprüche stärker als es nach der Richtlinie erforderlich wäre und stellte sich als günstigere Rechtsvorschrift i.S.v. Art. 15 dieser Richtlinie dar (Franzen, NZA 2011, 1413, 1405). Hierum geht es aber vorliegend nicht. Vielmehr ist festzustellen, in welchem Umfang deutsches Recht, das Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG entgegensteht, der Anpassung durch eine richtlinienkonforme Auslegung bedarf (so auch Bayreuther, DB 2011, 2848). 6) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung eine teleologische Reduktion der zeitlichen Beschränkungen des Urlaubsanspruchs in § 7 Abs. 3 Satz 3 und 4 BUrlG im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit (BAG vom 24.03.2009, 9 AZR 983/07, Rz. 66, NZA 2009, 538, 544). Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass die zeitlichen Beschränkungen des Urlaubsanspruchs in der gesetzlichen Vorschrift bis zum Ende des Bezugs- und/oder Übertragungszeitraums nicht bestehen. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass es gar keine zeitlichen Grenzen gibt. Hierüber hatte das Bundesarbeitsgericht in dem zu entscheidenden Fall nicht zu befinden. Das Arbeitsverhältnis der seit dem 02.06.2006 erkrankten Klägerin war am 31.07.2007 beendet. Es ging zwar auch um Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2005. Hierbei handelte es sich jedoch um einen Teilurlaub, der nach den arbeitsvertraglich geltenden Regelungen bis zum Ablauf des folgenden Kalenderjahres anzutreten war. Das Problem der Ansammlung von Urlaubsansprüchen aus mehreren Urlaubsjahren wegen langandauernder Arbeitsunfähigkeit stellte sich damit nicht und ist vom Bundesarbeitsgericht weder in dieser noch in nachfolgenden Entscheidungen erörtert worden (vgl. z.B. BAG vom 23.03.2010, 9 AZR 128/09, NZA 2010, 810; vom 04.05.2010, 9 AZR 183/09, NZA 2010, 2011, in denen das Bundesarbeitsgericht zur Frage des Vertrauensschutzes für Arbeitgeber Stellung nimmt). Das Bundesarbeitsgericht hat das bisherige Verständnis der gesetzlichen Befristungsbestimmungen auch für Fälle langandauernder Arbeitsunfähigkeit nicht vollständig aufgegeben (vgl. beispielsweise BAG vom 09.08.2011, 9 AZR 425/10, juris; ErfK-Gallner, 12. Aufl. 2012, § 7 BUrlG Rdnr. 50). Die europarechtskonforme Auslegung von § 7 Abs. 3 BUrlG erfordert aber nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 22.11.2011 nicht den Wegfall jeglicher Befristung, sondern nur die Beachtung von Mindestfristen. Ist dies aber der Fall, so kann eine solche Auslegung grundsätzlich nur soweit reichen, wie die Arbeitszeitrichtlinie das auch tatsächlich verlangt (so Bayreuther, DB 2011, 2848). Jedoch ist eine quasi automatische Übernahme der europarechtlich kürzest möglichen Frist nicht geboten. Denkbar ist auch, eine in der deutschen Rechtsordnung bereits verankerte Frist zur Bestimmung des Übertragungszeitraums heranzuziehen. 7) Die deutschen Gerichte sind nicht daran gehindert, eine Befristung des Urlaubsanspruchs im Wege einer europarechtskonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG vorzunehmen. a) Das innerstaatliche Recht muss das nationale Gericht soweit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auslegen, um das mit dieser festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 249 Abs. 3 EG zu genügen. Das heißt, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts regelmäßig davon auszugehen haben, dass der Mitgliedstaat den Verpflichtungen, die sich aus der Richtlinie ergeben, in vollem Umfang nachkommen wollte. Ermöglicht es das nationale Recht durch Anwendung seiner Auslegungsmethoden, eine innerstaatliche Bestimmung so auszulegen, dass eine Kollision mit einer anderen Norm innerstaatlichen Rechts vermieden wird, sind die nationalen Gerichte verpflichtet, die gleichen Methoden anzuwenden, um das von der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. BAG vom 17.11.2009, 9 AZR 844/08, juris m.w.N.). Dem Gesetzgeber kommt freilich bei der Bestimmung der Frist für einen Übertragungszeitraum ein Beurteilungsspielraum zu. Im Fall der Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung greift das Bundesverfassungsgericht in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers immer dann nicht ein, wenn diesem mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, eine verfassungsmäßige Gesetzeslage herzustellen (beispielsweise BVerfG vom 23.09.1992, 1 BvL 15/85, 1 BvL 36/87, BVerfGE 87, 114 bis 151, Rdnr. 86). Auch in diesen Fällen ist jedoch zunächst eine Auslegung des Gesetzes unter dem Gesichtspunkt seiner Verfassungskonformität vorzunehmen. Dem entspricht das Gebot einer richtlinienkonformen Auslegung. Erst wenn eine solche nicht möglich ist, kommen die europarechtlichen Mechanismen zum Zuge, mit denen die Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht sichergestellt wird. b) Wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 24.03.2009 bereits begründet hat, steht eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion der zeitlichen Grenzen des § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG nicht in Widerspruch zum Willen des deutschen Gesetzgebers. Das Gebot zeitnaher Erfüllung des Urlaubsanspruchs entspricht, wie sich aus §§ 1, 7 Abs. 3 BUrlG ergibt, deutschen urlaubsrechtlichen Grundsätzen. Es manifestiert sich in tariflichen Regelungen der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer, die regelmäßig eine zeitlich befristete Übertragung vorsehen (vgl. hierzu auch BAG vom 21.06.2005, 9 AZR 200/04, Rn. 23, juris). Es stellt sich damit nicht die Frage des "ob" einer zeitlichen Begrenzung, sondern die Frage, wie auf der Grundlage deutschen Rechts eine Frist für den Übertragungszeitraum gewonnen werden kann (so auch Bayreuther DB 2011, 2848, 2849). 8) Als urlaubsrechtlich relevante Fristen, die anstelle des Dreimonatszeitraums in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG herangezogen werden könnten, kommen zum einen die Jahresfrist in § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG, zum anderen die vom Europäischen Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 22.11.2011 gebilligte Frist von 15 Monaten des § 11 Abs. 1 Unterabs. 2 und 3 MTV Metall NRW sowie die Frist von 18 Monaten in Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 der internationalen Arbeitsorganisation vom 24.06.1970 über den bezahlten Jahresurlaub (IAO Nr. 132) in Betracht. Dabei ist der 18-Monats-Frist aus Art. 9 Abs. 1 IAO Nr. 132 der Vorzug zu geben. a) Die Frist des § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG wird den Ansprüchen, die der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 22.11.2011 formuliert hat, nicht gerecht. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift ist auf Verlangen des Arbeitnehmers, der nach § 5 Abs. 1 a BUrlG einen vollen Urlaubsanspruch nicht erwirbt, weil er die gesetzliche Wartezeit nicht erfüllt, der entstehende Teilurlaub auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Diese Frist erweist sich jedoch für Fälle der vorliegenden Art unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als zu kurz. Danach muss ein Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten (EuGH, aaO., Rn. 37). Langfristig erkrankte Arbeitnehmer sind jedoch, wie auch der Kläger, oftmals über mehrere Jahre arbeitsunfähig. Der Bezugszeitraum beträgt in diesen Fällen 12 Monate, sodass er bei einer Übertragung auf das nächste Kalenderjahr nicht überschritten würde. b) Die vom Europäischen Gerichtshof für zulässig erachtete Dauer des Übertragungszeitraums von 15 Monaten ist für die Auslegung deutschen Gesetzesrechts deshalb nicht maßgeblich, weil es sich hierbei um eine tarifliche, auf die Metallindustrie des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkte Frist handelt. Sie im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG über ihren fachlichen Geltungsbereich hinaus heranzuziehen, erscheint wegen dieser Einschränkung nicht sachgerecht (anders LAG Stuttgart vom 28.12.2011, 10 Sa 19/11). Es bleibt sowohl dem Gesetzgeber als auch den Tarifvertragsparteien allerdings unbenommen, eine Frist von 15 Monaten festzulegen. c) Demgegenüber besitzt Art. 9 Abs. 1 IAO Übereinkommen Nr. 132 Bedeutung für das gesamte innerstaatliche Recht der Bundesrepublik Deutschland. Zwar ist diese Vorschrift nicht in dem Sinne innerstaatliches Recht geworden, dass sie normativ auf alle Arbeitsverhältnisse einwirkt (BAG vom 07.11.1993, 9 AZR 683/92, NZA 1994, 802; LAG Düsseldorf vom 25.02.2011, 9 Sa 258/10, juris). Jedoch ist der Bundesgesetzgeber verpflichtet, sein bestehendes Urlaubsrecht mit den Anforderungen des Übereinkommens in Übereinstimmung zu bringen. Außerdem wollte die Richtlinie 2003/88/EG nach ihrem sechsten Erwägungsgrund den Grundsätzen der internationalen Arbeitsorganisation hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung Rechnung tragen. Damit wirkt das Übereinkommen mittelbar auch über die Richtlinie auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland ein. Allerdings regelt diese Vorschrift die vorliegende Fragestellung nicht, sondern bestimmt, dass der ununterbrochene Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens ein Jahr und lediglich der übrige Teil des bezahlten Jahresurlaubs spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, für das der Urlaubsanspruch erworben wurde, zu gewähren und zu nehmen ist. In seiner Entscheidung vom 22.11.2011 (Rz. 41) hat der Europäische Gerichtshof jedoch darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift dahingehend aufgefasst werden kann, dass sie auf der Erwägung beruht, dass der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der dort vorgesehenen Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann. Insoweit ist Urlaubsansprüchen eine immanente Befristung eigen. Dies muss bei der Berechnung des Übertragungszeitraumes berücksichtigt werden. II 1) Der Urlaubsanspruch des Klägers für die Jahre 2008 und anteilig 20010 umfasst nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch den tariflichen Mehrurlaub. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird zunächst Bezug genommen. Hieraus ergibt sich ein Urlaubsanspruch des Klägers im Umfang von insgesamt 13 Urlaubstagen, was unter Berücksichtigung der vom Kläger zugrunde gelegten Urlaubsvergütung von 76,17 EUR pro Urlaubstag, die von der Beklagten nicht beanstandet worden ist, den ausgeurteilten Betrag von 990,30 EUR brutto ergibt. 2) Die von der Beklagten im Berufungsverfahren herausgestellten Unterschiede zwischen den gesetzlichen und den tariflichen Urlaubsregelungen stellen keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte für einen eigenständigen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien bezogen auf den tariflichen Mehrurlaubsanspruch dar. Dies hat die Kammer mit Urteil vom 24.02.2011 für die inhaltlich übereinstimmende Regelung des § 26 TVöD entschieden (16 Sa 727/10, LAGE § 7 BurlG Nr. 48). Hieran wird festgehalten. III 1) Für die Zeit von April 2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2010 stehen dem Kläger jedoch keine Urlaubsansprüche zu. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Urlaubsanspruch, den das Arbeitsgericht zugunsten des Klägers im Umfang von 15 Tagen für das Jahr 2009 und 5 Tagen für das Jahr 2010 anerkannt hat, als auch für den tariflichen Mehrurlaub. Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit abzuändern und die Berufung des Klägers, die auf Abgeltung des aus diesem Zeitraum herrührenden tariflichen Mehrurlaubs gerichtet ist, zurückzuweisen. 2) Die Parteien haben das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart, um dem Kläger den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen, nachdem sein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 48 SGB V ausgelaufen war. Der Kläger hat Arbeitslosengeld beantragt und in diesem Zusammenhang der Beklagten eine Bescheinigung nach § 312 SGB III vorgelegt, die von dieser auch ausgefüllt worden ist. Hierin liegt das konkludente Angebot des Klägers, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren. Die Beklagte hat dies nicht nur dadurch angenommen, dass sie die Bescheinigung zur Vorlage bei der Bundesagentur für Arbeit ausgefüllt hat, sondern ausdrücklich gegenüber dem Kläger auf die Verfügungsgewalt aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet. Damit waren die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, nämlich die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der vereinbarten Vergütung suspendiert (vgl. BAG vom 14.03.2006, 9 AZR 312/05, NZA 2006, 1232 m.w.N.). 3) Grundsätzlich steht das Ruhen des Arbeitsverhältnisses der Entstehung des Urlaubsanspruchs freilich nicht entgegen. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 30.07.1986, 8 AZR 475/84, DB 1986, 2394; vom 26.05.1988, 8 AZR 774/85, DB 1989, 182). Allerdings ist diese Frage in neuerer instanzgerichtlicher Rechtsprechung im Hinblick auf die durch die europarechtlichen Vorgaben bewirkte Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts lebhaft umstritten. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass Urlaubsansprüche im ruhenden Arbeitsverhältnis entstehen, was deren Abgeltung im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat (vgl. etwa LAG Baden-Württemberg vom 29.04.2010, 11 Sa 64/09; LAG Köln vom 17.09.2010, 4 Sa 584/10; LAG Schleswig-Holstein vom 16.12.2010, 4 Sa 209/10; LAG Hessen vom 29.03.2011, 15 Sa 191/10; LAG Düsseldorf vom 08.02.2011, 16 Sa 1574/10; LAG Köln vom 10.08.2011, 9 Sa 394/11, alle zitiert nach juris). Eine Reihe anderer Landesarbeitsgerichte verneint dagegen mit unterschiedlicher Begründung und bei unterschiedlichen Fallkonstellationen das Entstehen eines Urlaubsanspruchs (beispielsweise wohl zuletzt LAG Berlin-Brandenburg vom 06.11.2011, 19 Sa 795/11; LAG Köln vom 29.04.2010, 6 Sa 103/10; vom 19.08.2011, 12 Sa 110/11; LAG Düsseldorf vom 05.05.2010, 7 Sa 1571/09; vom 07.07.2011, 5 Sa 416/11; LAG München vom 26.05.2011, 4 Sa 66/11; LAG Baden-Württemberg vom 09.06.2011, 6 Sa 109/10). 4) Für die vorliegende Fallgestaltung ist die Kammer in Übereinstimmung mit dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 06.12.2011) sowie dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 07.07.2011) der Ansicht, dass in der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld I geruht hat, ein Urlaubsanspruch nicht entstanden ist. Arbeitsvertragliche Bindungen bestehen nur noch formal. Das Arbeitsverhältnis selbst ist sinnentleert. An deren Stelle sind Rechte und Pflichten des arbeitslosen Arbeitnehmers gegenüber der Agentur für Arbeit getreten. Die Beklagte, die gegenüber dem Kläger, wie von ihm gewünscht, auf die Verfügungsgewalt aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet hat, war tatsächlich nicht mehr in der Lage, ihm Urlaub zu gewähren. Damit war nicht nur seine Arbeitsunfähigkeit, sollte diese, wovon ausgegangen wird, fortbestanden haben, der Grund dafür, dass er seinen Urlaub nicht mehr nehmen konnte, sondern das fehlende Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten. 5) Auch die erkennende Kammer misst darüber hinaus dem Umstand, dass der Kläger während des Bezugs von Arbeitslosengeld tatsächlich in der Lage gewesen wäre, Urlaub zu nehmen, für die Beantwortung der Streitfrage erhebliche Bedeutung bei. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Erreichbarkeitsanordnung vom 16.11.2001 ist ein Aufenthalt von bis zu drei Wochen pro Kalenderjahr außerhalb des Nahbereichs zulässig, wenn die Agentur für Arbeit dem vorher zugestimmt hat. Bei dieser genehmigten Ortsabwesenheit handelt es sich zwar nicht um einen Urlaub im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes, dessen Regelungen nicht unmittelbar gelten (vgl. BSG vom 10.08.2000, B 11 AL 101/99 R, juris). Damit ist dem arbeitslosen Arbeitnehmer eine tatsächliche Urlaubsnahme im Umfang von drei Wochen pro Jahr möglich. Dies hat seinen Grund darin, dass sowohl arbeitslosen wie in einer Beschäftigung stehenden Arbeitnehmern ein ähnliches Bedürfnis auf Freistellung von Bindungen zugebilligt wird. Auch der arbeitslose Arbeitnehmer kann sich, indem ihm eine Ortsabwesenheit von bis zu drei Wochen im Kalenderjahr bei vorheriger Zustimmung der Arbeitsagentur ermöglicht wird, von den gerade mit einer Arbeitslosigkeit verbundenen Belastungen erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit verfügen. Insoweit entspricht der Verzicht auf die Verfügbarkeit nach § 3 Abs. 1 EAO den mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG verfolgten doppelten Zweck, der, wie der Europäische Gerichtshof vielfach ausgeführt hat, darin besteht, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (vgl. zuletzt Urteil vom 22.11.2011, KHS ./. Schulte, C-214/10, NZA 2011, 1333). 6) Freilich entspricht es ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, dass es den Mitgliedstaaten zwar freisteht, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung des allen Arbeitnehmern eingeräumten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub festzulegen, sie die Entstehung dieses Anspruchs selbst jedoch nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen dürfen (s. zuletzt Urteil vom 24.01.2011, C-282/10, Maribel Dominguez, NZA 2012, 139). Für die vorliegende Fallgestaltung besteht jedoch die Besonderheit, dass der Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses, der durch den Verzicht auf die Ausübung der Verfügungsgewalt herbeigeführt wird, auf Veranlassung des Arbeitnehmers geschieht, um diesem den Bezug von Sozialleistungen zu ermöglichen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die das Entstehen eines Urlaubsanspruchs verhindern würde, ist hierfür nicht erforderlich. Der lediglich formale Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitiger Möglichkeit, den mit einem Urlaubsanspruch verfolgten Zwecken auf andere Art zu verwirklichen, unterscheidet sich unter diesen Umständen von dem Arbeitsverhältnis eines langfristig arbeitsunfähigen Arbeitnehmers, der seinen Urlaubsanspruch nur im fortbestehenden Arbeitsverhältnis verwirklichen kann. Dass der "Urlaub" des Arbeitslosen nach § 3 Abs. 1 S. 1 EAO nur drei Wochen beträgt, steht der grundsätzlichen Zuordnung dieses Anspruchs zum Sozialrecht für Fallgestaltungen der vorliegenden Art nicht entgegen. IV Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr