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21.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144269

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 10.09.2014 – 2 W 61/14

Bei einer Klage auf Feststellung einer Minderung des Mietzinses bemisst sich der Streitwert nach dem dreieinhalbfachen Jahresmietzins gemäß § 48 GKG i.V.m. §§ 3 und 9 ZPO. Eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG ist abzulehnen.


Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschl. v. 10.09.2014

Az.: 2 W 61/14

Tenor:

Auf die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der im Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.07.2014 (2-11 S 196/14) festgesetzte Streitwert des Berufungsverfahrens auf 39.007,50 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe

I.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10.10.2013 Klage zum Landgericht Frankfurt am Main erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, ab dem Februar 2012 die monatliche Miete für die Liegenschaft A-straße ... in O1 zu mindern. Außerdem hat er Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.023,16 EUR verlangt. Der vereinbarte Mietzins für das gemischt genutzte Objekt beträgt 3.554,98 EUR zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 160,-- EUR.

Den Streitwert hat der Kläger in der Klageschrift mit 19.503,75 EUR angegeben. Er errechnet ihn aus einer Mietminderung von 928,75 EUR pro Monat und einer Minderungsdauer im Klagezeitpunkt von 21 Monaten (928,75 EUR x 21 = 19.503,75 EUR).

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15.10.2013 den Streitwert vorläufig auf den vom Kläger angegebenen Betrag festgesetzt.

Wegen Überwiegens der Wohnraumnutzung hat das Landgericht den Rechtsstreit an das Amtsgericht Frankfurt am Main verwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 04.04.2014 die Klage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landgericht mit Beschluss vom 03.07.2014 zurückgewiesen. Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat das Landgericht in diesem Beschluss auf 11.145,-- EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Streitwert sei entsprechend § 41 Abs. 1 GKG auf den begehrten jährlichen Mietminderungsbetrag festzusetzen.

Gegen diesen ihm am 11.07.2014 zugestellten Beschluss hat der Beklagtenvertreter mit einem am 15.07.2014 eingegangenen Schriftsatz Streitwertbeschwerde eingelegt und beantragt,

den Streitwert auf 39.007,50 EUR festzusetzen.

Er ist der Ansicht, dass der Streitwert nach § 9 ZPO zu bemessen sei. Er verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der diese Vorschrift auf Mieterhöhungen sowie positive als auch negative Feststellungsklagen anwendet, insbesondere auf die Mietminderung. § 41 GKG sei nur anwendbar, wenn das Bestehen des Mietverhältnisses selbst streitig sei, nicht aber wenn über die Höhe der geschuldeten Miete gestritten werde. Die anderen Tatbestände des § 41 GKG würden als Streitgegenstand einen Räumungsanspruch voraussetzen, der nicht geltend gemacht sei. Eine Bestimmung des Streitwerts nach § 9 ZPO sei auch deshalb angemessen, weil der Kläger die Feststellung der Minderung nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit begehre. Außerdem sei der Mietvertrag bis zum 31.03.2025 befristet. Der Kläger habe also eine Senkung der Miete für 277 Monate begehrt, was einem Betrag in Höhe von 257.263,75 EUR entspreche.

Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Kammergerichts, die den Jahresbetrag der Minderung als Grundlage für die Streitwertfestsetzung nimmt.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 04.08.2014 nicht abgeholfen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Begrenzung auf den Minderungsbetrag rechtfertige sich aus einer analogen Anwendung von § 41 Abs. 1 und Abs. 5 GKG. Die gesetzliche Regelung enthalte eine planwidrige Regelungslücke, da der Gesetzgeber von einer Regelung bewusst abgesehen habe. Auch sei die Interessenlage vergleichbar mit dem Fall, dass der Mieter auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen klage. Die Begrenzung des Gebührenrahmens sei aus sozialpolitischen Erwägungen eingeführt worden, um Mieter nicht durch zu hohe Gerichtsgebühren von Klagen abzuhalten. Durch hohe Streitwerte können aber nicht nur Mieter davon abgehalten werden, den Vermieter auf Durchführung von Instandsetzungsarbeiten wegen Mängeln in Anspruch zu nehmen, sondern auch davon, Minderungen geltend zu machen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung ist gemäß den §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. 68 Abs. 1 Satz 1 und 5, 66 Abs. 3 GKG zulässig.

Dass der Streitwert vom Landgericht im Beschluss nach § 522 ZPO und nicht in einem separaten Beschluss festgesetzt wurde, ist unmaßgeblich. Bei der Streitwertfestsetzung im Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO handelt es sich um eine prozessuale Nebenentscheidung, die separat anfechtbar ist. Dies entspricht allgemeiner Ansicht bezüglich einer Streitwertentscheidung im Urteil (vgl. Hartmann Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 63 GKG, Rn. 26 m.w.N.) und gilt entsprechend für Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO.

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht in der Hauptsache als letzte Instanz entschieden hat. Nach überwiegender Ansicht ist eine Streitwertbeschwerde zum Oberlandesgericht als nächsthöherem Gericht statthaft, auch wenn das Landgericht als Berufungsgericht in der Hauptsache entschieden hat (OLG Koblenz, MDR 2013, 742 mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen). Dieser Auffassung entspricht auch die ständige Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 17.02.2014, 2 W 5/14).

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist auch innerhalb der Sechsmonatsfrist der §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG eingegangen. Angesichts der begehrten Erhöhung des Streitwerts von 11.145,-- EUR auf 39.007,50 EUR und damit der Erhöhung der Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren von 1.187,20 EUR auf 1.620,80 EUR netto ist auch der Beschwerdewert von 200,-- EUR gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG erreicht.

Die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist auch in der Sache begründet.

Der Streitwert für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Feststellung, dass er berechtigt ist, ab Februar 2012 die monatliche Miete um 25% zu kürzen, ist gemäß den §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 9 ZPO mit 39.007,50 EUR zu bewerten.

Zutreffend weist das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 04.08.2014 darauf hin, dass die Frage, wie der Gebührenstreitwert zu bemessen ist, wenn der Kläger die Feststellung einer Minderung des Mietzinses verlangt, streitig ist.

Teilweise wird die vom Landgericht als herrschende Meinung bezeichnete Ansicht vertreten, § 41 Abs. 5 Satz 1 HS 2 GKG sei analog anzuwenden und deshalb sei der 12fache monatliche Minderungsbetrag anzusetzen. Zum Teil wird diese Ansicht auch auf eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 1 GKG oder eine unmittelbare Anwendung von § 41 Abs. 5 Satz 1 HS 2 GKG gestützt (vgl. die Nachweise zu Meinungsstreit bei KG NZM 2011, 92 [KG Berlin 26.08.2010 - 8 W 38/10] f und OLG Karlsruhe, MDR 2014, 247).

Die Gegenansicht bemisst den Streitwert nach dem dreieinhalbfachen Jahresmietzins nach § 48 GKG i. V. m. §§ 3 und 9 ZPO. Eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG wird abgelehnt.

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an.

§ 41 Abs. 1 GKG ist nicht unmittelbar anwendbar, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind. Die Parteien streiten weder über das Bestehen noch die Dauer eines Mietverhältnisses. Vielmehr geht es um die Höhe der vom Kläger zu zahlenden Miete. Hierauf ist § 41 Abs. 1 GKG nach allgemeiner Ansicht nicht anwendbar (BGH NZM 2005, 519 [BGH 20.04.2005 - XII ZR 248/04]). Bei Streitigkeiten über Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietvertrag ist § 41 Abs. 1 GKG nicht einschlägig (Gellwitzki JurBüro 2011, 9).

Aber auch § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG kann nicht unmittelbar angewendet werden, da die Voraussetzungen dieser Norm nicht vorliegen. Weder streiten die Parteien um eine Erhöhung der Miete noch um die Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen. Auch dreht sich der Streit der Parteien nicht um Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Beklagten.

In Betracht kommen kann deshalb allenfalls eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die unmittelbare oder analoge Anwendung dieser Norm im vorliegenden Fall schon deshalb ausscheidet, weil bei dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis der Schwerpunkt nicht in der Wohnraummiete, sondern in der Miete sonstiger Räume, insbesondere Gewerberäume, liegt und deshalb kein Wohnraummietrecht anwendbar ist, wie es das Landgericht in seinem Verweisungsbeschluss vom 31.10.2013 angenommen hat (zu den Kriterien der rechtlichen Einordnung von Mischmietverhältnissen zuletzt BGH MDR 2014, 1017 ff [BGH 09.07.2014 - VIII ZR 376/13]). Jedenfalls liegen die Voraussetzungen einer analogen Anwendung von § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG nicht vor.

Jede Analogie setzt zunächst eine planwidrige Regelungslücke voraus. Es genügt also nicht das bloße Vorliegen einer Lücke. Vielmehr ist der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan aus ihm selbst im Wege historischer und teleologischer Auslegung zu erschließen und anschließend zu fragen, ob das Gesetz gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, planwidrig unvollständig ist (BGH NJW 2007, 993 m.w.N.).

Zwar liegt eine Regelungslücke vor, da der Streitwert für eine negative Feststellungsklage des Mieters auf Feststellung eines Minderungsrechts nicht normiert ist. Diese Gesetzeslücke ist aber nicht planwidrig. Der Gesetzgeber wollte mit der Neufassung von § 41 Abs. 5 GKG im Jahr 2004 eine Rechtsfrage gesetzlich klären, zu der Literatur und Rechtsprechung konträre Rechtsauffassungen vertreten haben (BT-DruckS 15/1971 Seite 154). Bei dieser Rechtsfrage geht es um den Meinungsstreit, wie der Streitwert zu bemessen ist bei Klagen des Mieters auf ungestörte Gewährung des Mietgebrauchs im Wege der Mängelbeseitigung bzw. auf Instandsetzung der Wohnung oder bei Klagen des Vermieters auf Duldung der Durchführung von Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen (BT-DruckS aaO.). Mit der Neuregelung sollte der besonderen Fallgestaltung der Instandsetzung, Erhaltung und Modernisierung Rechnung getragen werden (BT-DruckS aaO., Seite 155).

Damit bringt der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck, dass er nur ein spezielles Rechtsproblem einer gesetzgeberischen Lösung zuführen wollte, nicht aber eine generelle Regelung schaffen wollte, wonach der Streitwert für alle Streitigkeiten über die Miethöhe aus sozialpolitischen Gründen auf den Jahresmietzins für Wohnraum beschränkt sein soll.

Da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt, kommt es nicht mehr darauf an, ob insoweit ein vergleichbarer Fall (BGHZ 105, 143), also eine gleiche Interessenlage vorliegt, wie bei der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen, zumal es im vorliegenden Fall um eine Minderung wegen Lärmemissionen geht.

Da eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG ausscheidet, ist die Streitwertfestsetzung nach allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen. Bei der vorliegenden Klage handelte es sich um eine negative Feststellungsklage. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NZM 2005, 519 [BGH 20.04.2005 - XII ZR 248/04]) stellt die negative Feststellungsklage eines Mieters, mit der er seine auf den Mietvertrag beruhende Verpflichtung zur künftigen Entrichtung des Mietzinses leugnet, in der Sache das Spiegelbild einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung künftigen Mietzinses dar, so dass für die Bestimmung des Streitwertes keine anderen Grundsätze gelten können wie für die Leistungsklage. Der Gebührenstreitwert einer Klage des Vermieters auf zukünftigen Mietzins bei einem Mietverhältnis mit bestimmter Dauer wird nicht zwangsläufig nach den noch zu zahlenden Mieten im gesamten Zeitraum bis zur Beendigung des Mietverhältnisses bestimmt, sondern er richtet sich nach §§ 48 Abs. 1 GKG und 9 ZPO (BGH aaO., BGH NZM 2004, 423 [BGH 17.03.2004 - XII ZR 162/00]). Danach ist der Wert des dreieinhalbjährigen Bezuges dann maßgeblich, wenn dieser geringer ist als der Gesamtbetrag aller noch zu zahlenden Mieten. Auch insoweit kann für die negative Feststellungsklage des Mieters als Spiegelbild der Leistungsklage des Vermieters nichts anderes gelten (BGH aaO.).

Ausgehend von der begehrten Minderung von 25% errechnet sich bei einem Mietzins von 3.714,98 EUR eine monatliche Minderung von 928,75 EUR, was bei einem 3,5fachen Jahreswert (Faktor 42) einen Streitwert in Höhe von 39.007,50 EUR ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

RechtsgebieteGKG, ZPOVorschriftenGKG § 41 Abs. 5; GKG § 48; ZPO § 3; ZPO § 9

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