10.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141715
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 03.04.2014 – I ZB 3/12
a)Hat sich der Schuldner in einem Prozessvergleich zur Unterlassung verpflichtet, kann der Gläubiger grundsätzlich auch dann einen Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO stellen, wenn der Schuldner im Vergleich eine Vertragsstrafe versprochen hat.
b)Die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln setzt in einem solchen Fall nicht voraus, dass der Unterlassungsschuldner bereits gegen die im Prozessvergleich titulierte Unterlassungspflicht verstoßen hat.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. April 2014 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Dezember 2011 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 25.000 €
Gründe
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I. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Betonpumpen. Am 15. Januar 2009 schlossen sie zur Beendigung eines Verfahrens der einstweiligen Verfügung den nachfolgend wiedergegebenen Prozessvergleich:
1. Die Verfügungsbeklagte verpflichtet sich, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu äußern:
a) dass Schwing Betonpumpen durchschnittlich 40% weniger Kraftstoff im Pumpbetrieb verbrauchen und/oder
b) dass Putzmeister Betonpumpen bis zu 64% Kraftstoff mehr verbrauchen.
2. Die Beklagte verpflichtet sich für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungsverpflichtung zu einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 Euro.
3. ... (Kostenregelung)
4. Die Verfügungsklägerin verpflichtet sich, aus dieser titulierten Unterlassungsverpflichtung nicht vor dem 23.01.2009 (einschließlich) zu vollstrecken.
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Die Gläubigerin hat behauptet, die Schuldnerin habe gegen die Unterlassungsverpflichtung aus diesem Vergleich verstoßen. Sie hat beantragt, der Schuldnerin und ihren Geschäftsführern für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die im Prozessvergleich vom 15. Januar 2009 enthaltene Unterlassungsverpflichtung Ordnungsmittel gemäß § 890 Abs. 2 ZPO anzudrohen.
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Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Landgerichts geändert und die Androhung von Ordnungsmitteln ausgesprochen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Dezember 2011 - 2 W 59/11, [...]). Hiergegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt.
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II. Das Beschwerdegericht hat die Voraussetzungen für eine Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO als gegeben angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Auch ein auf Unterlassung gerichteter gerichtlicher Vergleich sei ein vollstreckbarer Titel. Da die nach § 890 Abs. 2 ZPO für die Vollstreckung erforderliche Androhung von Ordnungsmitteln wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters der Disposition der Parteien entzogen sei, könne sie nicht im Vergleich selbst, sondern erst auf Antrag durch das Prozessgericht des ersten Rechtszuges erfolgen. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe im Vergleich stehe der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO nicht entgegen, weil privatrechtliche Sanktion und vollstreckungsrechtliche Ahndung nebeneinander bestehen könnten. Ob im Vertragsstrafeversprechen zugleich ein vollstreckungsbeschränkender Ausschluss des § 890 ZPO zu sehen sei, könne offenbleiben, weil die dafür jedenfalls erforderlichen konkreten Anhaltspunkte im Streitfall fehlten. Die Androhung von Ordnungsmitteln setze auch nicht voraus, dass der Unterlassungsschuldner bereits gegen die titulierte Unterlassungspflicht verstoßen habe.
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III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie allerdings keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO zulässig ist.
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1. Nach der Vorschrift des § 890 Abs. 2 ZPO muss der Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 ZPO eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie nicht in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil enthalten ist, auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird. Die gerichtliche Androhung soll dem Schuldner die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot deutlich vor Augen führen und ihn dadurch anhalten, die Unterlassungspflicht zu befolgen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZR 45/02, BGHZ 156, 335, 340 f. - Euro-Einführungsrabatt; Beschluss vom 2. Februar 2012 - I ZB 95/10, GRUR 2012, 957 Rn. 6 - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren).
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2. Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass eine entsprechende Androhung nicht wirksam in den Prozessvergleich selbst aufgenommen werden kann, sondern auf Antrag durch gerichtlichen Beschluss zu erfolgen hat (BGH, GRUR 2012, 957 Rn. 8 [BGH 02.02.2012 - I ZB 95/10] - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren, mwN).
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3. Das Beschwerdegericht hat ferner zutreffend angenommen, dass der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO nicht deshalb unzulässig ist, weil sich die Schuldnerin im Prozessvergleich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat.
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a) Für den Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO fehlt es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Unterlassungspflicht der Schuldnerin bereits durch das Vertragsstrafeversprechen hinreichend abgesichert ist und deshalb aus Rechtsgründen eine zusätzliche Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO generell nicht in Betracht kommt.
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Die Verwirkung einer Vertragsstrafe und die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO schließen sich nicht unter dem Gesichtspunkt der Spezialität aus. Beide Sanktionen regeln unterschiedliche Sachverhalte. Während das Ordnungsgeld im Sinne von § 890 ZPO eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots darstellt, ist die Vertragsstrafe im Sinne von § 339