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02.04.2014 · IWW-Abrufnummer 140955

Landgericht Tübingen: Urteil vom 23.12.2013 – 5 O 72/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 5 O 72/13
Verkündet am 23. Dezember 2013

Landgericht Tübingen

5. Zivilkammer

Im Namen des Volkes

Urteil

Im Rechtsstreit

xxx

wegen Unterlassung unlauteren Wettbewerbes

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen auf die mündliche Verhandlung vom 20. Nov. 2013 unter Mitwirkung von Vors. Richter am Landgericht Dr. Stauch, Richterin am Landgericht Krumm und Richter am Landgericht Wiest für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 4.002.000 €

T A T B E S T A N D

Die Parteien streiten über einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch auf Grund der angeblichen Verletzung des europäischen Beihilferechts durch den Beklagten.

I. 1. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband deutscher Privatkliniken, dem 13 Landesverbände von Privatkliniken angehören. Diesen wiederum gehören ca. 1000 deutsche Kliniken in privater Trägerschaft an. Der Kläger hat satzungsgemäß insbesondere die Aufgabe, die „beruflichen und wirtschaftlichen Interessen von Kliniken und Einrichtungen der Akutversorgung, Prävention, Rehabilitation und Pflege ... im stationären ... Bereich“ wahrzunehmen. Zu diesem Ziel berät er die Mitgliedskliniken und gibt z.B. Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen gegenüber den deutschen Ministerien und Parlamenten oder auch der Europäischen Kommission (künftig: Kommission) ab. In den letzten Jahren befassten sich diese häufig mit dem Problem der Defizitfinanzierung öffentlicher Krankenhäuser sowie der europarechtlichen Regelung der staatlichen Beihilfen für Krankenhäuser. Er ist in die Liste der Lobbyisten beim Deutschen Bundestag und bei der Kommission eingetragen. Zu den Mitgliedern des „Verbandes der Krankenanstalten in privater Trägerschaft in Baden-Württemberg e.V.“ - der seinerseits Mitglied des Klägers ist - zählen unter anderen die Klinikum Pforzheim GmbH, die SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach GmbH, die Sana Kliniken Bad Wildbad GmbH, die Karl-Olga-Krankenhaus GmbH in Stuttgart, die Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe GmbH und die Sana-Klinik-Zollernalb GmbH in Albstadt.

Der Kläger verfügt - neben dem 12-köpfigen (nebenamtlichen) Vorstand - über eine Hauptgeschäftsstelle, in der 9 Personen mit unterschiedlicher beruflicher Qualifikation tätig sind. Er hat in den letzten Jahren Einnahmen - insbesondere in Form von Mitgliedsbeiträgen - von jeweils mehr als 1 Mio € und Jahresüberschüsse in unterschiedlicher Höhe erzielt.

2. Der Beklagte ist Mitgesellschafter der Kreiskliniken Calw gGmbH (künftig: Kreiskliniken), die die beiden (Kreis-)Krankenhäuser in Calw und Nagold in Verbindung mit der Klinikverbund Südwest GmbH betreibt; nach dem bestehenden Konsortialvertrag hat er alleine ein etwaiges Defizit dieser beiden Krankenhäuser abzudecken und die dafür erforderlichen Investitionen sicher zu stellen. Diese Krankenhäuser sind im aktuellen Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg mit insgesamt 426 Planbetten für insgesamt 7 Abteilungen aufgeführt. In diesen beiden Kliniken werden weit überwiegend Patienten aus dem Landkreis XXX behandelt, daneben aber auch Patienten aus anderen Land- und Stadtkreisen, vor allem aus den Landkreisen Böblingen und Freuden-stadt. Von den (mittelbaren) Mitgliedern des Klägers behandelten die genannten Kliniken in Bad Wildbad, Pforzheim und Karlsbad in den letzten Jahren jeweils mindestens einige Hundert Patienten aus dem Landkreis XXX, während die genannten Kliniken in Stuttgart und Albstadt nur sehr wenige Patienten aus dem Landkreis XXX hatten. Jedoch behandelte das Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart aus dem Landkreis Böblingen sehr viele Patienten; die Klinik in Albstadt hat recht viele Patienten aus dem Landkreis Freudenstadt.

II.
1. Die Kreiskliniken mussten in den Jahren seit 2010 in den Jahresabschlüssen jeweils einen Fehlbetrag ausweisen, nachdem in den Vorjahren noch geringe Überschüsse erwirtschaftet wurden. Diese Fehlbeträge betrugen in 2010: 562.869 €, in 2011: 3.347.154 € und in 2012: ca. 6,2 Mio €. Das Defizit für 2013 wird voraussichtlich 5,4 Mio € betragen. Auch für die kommenden Jahre sind Jahresfehlbeträge aus dem Betrieb der Krankenhäuser in erheblicher Höhe (jeweils deutlich mehr als 1 Mio. €) zu erwarten. Nachdem der Beklagte in den letzten Jahren jeweils den Teil des Verlustes, der nicht durch Eigenkapital der Kreiskliniken gedeckt war, übernommen hat, fasste der Kreistag des Beklagten am 17.12.2012 den Beschluss, den Verlust der Kreiskliniken für 2012 und die erwarteten Verluste der Jahre 2013 bis 2016 ebenfalls auszugleichen.

2. Darüber hinaus hat der Beklagte für die Kreiskliniken Bürgschaften zur Absicherung von Krediten übernommen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, in welcher Höhe diese tatsächlich in Anspruch genommen wurden. Am 26.7.2010 übernahm der Beklagte Bürgschaften von insgesamt ca. 6,8 Mio € für die Investitionen in den Jahren 2009 und 2010; für das Jahr 2011 betrug die Obergrenze der übernommenen Bürgschaften 18,261 Mio €, für das Jahr 2012: 14,896 Mio €. Es ist damit zu rechnen, dass der Beklagte den Kreiskliniken auch für die erforderlichen künftigen Investitionen solche Bürgschaften gewährt. Die Kreiskliniken bezahlen hierfür an den Beklagten keine Provision (Aval).

3. Der Beklagte gewährte den Kreiskliniken in den Jahren 2011 und 2012 ferner Investitionszuschüsse von zusammen 138.900 €, die für die Bezahlung der Zinsen für Kredite der Kreiskliniken bestimmt sind. Voraussichtlich gewährt der Beklagte solche Zuschüsse auch in den kommenden Jahren.

III.
1. Der Kläger vertritt die Auffassung, bei den beschriebenen Leistungen des Beklagten für die Kreiskliniken handle es sich um staatliche Beihilfen, die geeignet seien, den Wettbewerb innerhalb der Europäischen Union zu verzerren und die nach Art. 107, 106 Abs. 2 AEUV grundsätzlich verboten seien. Diese Vorschriften, insbes. das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV, stellten Marktverhaltensregelungen i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar, weshalb das Verhalten des Beklagten auch gegen das deutsche Wettbewerbsrecht verstoße. Zur Begründung verweist der Kläger insbes. auf das Urteil des BGH vom 10.2.2011 (I ZR 136/09 - Flughafen Frankfurt-Hahn). Der sich deshalb aus § 8 Abs. 1 UWG ergebende Unterlassungsanspruch könne nach Abs. 3 Nr. 2 dieser Vorschrift (auch) von ihm als Verband von Wettbewerbsunternehmen geltend gemacht werden.

2. Der Kläger trägt vor, die Voraussetzungen der vom Beklagten zur Rechtfertigung seiner Unterstützungsleistungen für die Kreiskliniken in Anspruch genommenen Freistellungsentscheidung der Kommission v. 28. Nov. 2005 (2005/842/EG, veröffentlicht im ABl der EU 2005, L312/67; künftig: FreistellungsE) lägen hier nicht vor, da dem Beklagten oder den Kreiskliniken keine (besonderen) Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (künftig: DawI) übertragen worden seien. Auch sei der vom Beklagten unter Bezugnahme auf diese FreistellungsE zu Gunsten der Kreiskliniken am 22.4.2008 erteilte öffentliche Auftrag (künftig: Betrauungsakt) sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Zur Begründung dieser Auffassung verweist der Kläger insbesondere auf das Urteil des Europäischen Gerichts (künftig: Gerichts) vom 7.11.2012 (T 137/10, CBI/ Kommission). Hierzu trägt der Kläger vor, aus diesem Urteil ergebe sich, dass die Gewährung staatlicher Beihilfen an öffentliche Krankenhäuser in Deutschland ebenso unionsrechtlich unzulässig sei wie in Belgien. Der Kläger behauptet, das belgische System der Krankenhausfinanzierung sei demjenigen in Deutschland vergleichbar. Der Kläger vertritt die Auffassung, nach deutschem Recht würden die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenen Krankenhäuser - unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen, privaten oder frei-gemeinnützigen Träger handle - ausschließlich im Weg der dualen Krankenhausfinanzierung (die notwendigen Investitionen durch das Land nach dem KHG, der laufende Betrieb von den Krankenkassen) getragen; eine ergänzende Finanzierung durch den Träger sei nicht vorgesehen und verzerre deshalb die Wettbewerbsbedingungen zwischen den verschiedenen Krankenhausträgern. Diese böten vergleichbare Dienstleistungen zu gleichen, festgesetzten Entgelten an und seien deshalb auf gleiche Wettbewerbsbedingungen angewiesen.

3. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen für die Sicherstellungspflicht des Beklagten nach § 3 Abs. 1 Baden-Württembergisches LKHG (künftig LKHG) lägen hier nicht vor. Die stationäre Versorgung der Bevölkerung des Landkreises Calw sei durch die im Umkreis bzw. in Bad Wildbad tätigen Krankenhäuser anderer Träger ausreichend sicher gestellt. Den Beklagten treffe deshalb auf Grund der klar formulierten Subsidiarität keine Verpflichtung, die Kreiskliniken weiter zu betreiben.

5. Der Kläger begehrt ferner die Erstattung der Kosten in Höhe von 24.381,91 €, die ihm durch die vorgerichtliche Tätigkeit seiner Bevollmächtigten entstanden sind.

Der Kläger beantragt deshalb:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

a) zugunsten der Kreiskliniken Calw gGmbH die handelsrechtlichen Verluste (Jahresfehlbeträge) der Kreiskliniken Calw gGmbH aus den Jahren 2012 sowie 2013 bis 2016 auszugleichen;

b) zugunsten der Kreiskliniken Calw gGmbH Bürgschaften zu übernehmen, die mehr als 80 % der damit besicherten Darlehensverbindlichkeiten abdecken und/oder nicht bzw. nicht marktüblich verzinst werden (Avalzins), und

c) der Kreiskliniken Calw gGmbH Investitionszuschüsse zu gewähren,
ohne dass
- diese Leistungen zuvor bei der Europäischen Kommission angemeldet wurden (Notifizierung) und
- die Europäische Kommission diese genehmigt hat,
es sei denn,
- die Europäische Kommission hat zwei Monate nach vollständiger Anmeldung (Notifizierung) noch keinen abschließenden Beschluss im Vorprüfungsverfahren erlassen und
- der Beklagte hat daraufhin der Europäischen Kommission die Durchführung der beabsichtigten Leistungen angezeigt und
- die Europäische Kommission hat innerhalb von weiteren 15 Arbeitstagen nach Erhalt dieser Anzeige noch immer keine Entscheidung getroffen.

2. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 € gegen ihn festgesetzt wird.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.381,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klagabweisung.

Er hält die Klage für unzulässig, da der Kläger nicht nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt sei. Insbesondere läge zu den Mitgliedern des Klägers kein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor.

Darüber hinaus hält er die Klage auch für unbegründet, da die von ihm an die Kreiskliniken erbrachten Leistungen zum Defizitausgleich und zur Erleichterung der Finanzierung der erforderlichen Investitionen keine notifizierungspflichtigen staatlichen Beihilfen im Sinne der Art. 106 Abs. 2, 107, 108 AEUV darstellten. Nach seiner Auffassung sind die Voraussetzungen der FreistellungsE gegeben. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass er nach § 3 Abs. 1 LKHG die von den Kreiskliniken betriebenen Krankenhäuser betreiben müsse, da sie im Krankenhausplan aufgeführt sind. Diese ausschließlich den Stadt- und Landkreisen auferlegte Verpflichtung stelle eine singuläre, die öffentlichen Krankenhäuser auszeichnende Verpflichtung i.S. einer DawI dar, die sie auch dann treffe, wenn diese Krankenhäuser keinen wirtschaftlichen Erfolg hätten, wie dies derzeit wegen der strukturellen Unterfinanzierung der Krankenhäuser keineswegs nur bei den öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern weit verbreitet sei. Da die mit der Führung der beiden Krankhäuser beauftragten Kreiskliniken selbstverständlich nicht in der Lage seien, die Defizite und erforderlichen Investitionen aus eigenem Vermögen zu tragen, müsse der Beklagte diese übernehmen.

Deshalb sei hier die vom Kläger (zu Unrecht) aus dem genannten Urteil des Gerichts v. 7.11.2012 hergeleitete Voraussetzung für die FreistellungsE erfüllt. Dem Beklagten sei wegen dieser ihm gesetzlich auferlegten, speziellen DawI das Recht zum Marktaustritt genommen, das den Mitgliedern des Klägers und allen frei-gemeinnützigen Krankenhausträgern zustehe.

Sein Betrauungsakt entspreche dem vom Landkreistag ausgearbeiteten und bundesweit empfohlenen Muster und werde den Anforderungen der FreistellungsE gerecht. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in ihrer Entscheidung vom 25.8.2010 (CP 6/2003, auf die zwar beide Parteien verweisen, die aber nicht in einer amtlichen Sammlung, sondern lediglich privat im Internet veröffentlicht ist) an der Form und dem Inhalt solcher Betrauungsakte keinen Anstoß genommen habe. Jedenfalls hätten die Stadt Stuttgart und der Landkreis Karlsruhe für ihre Krankenhäuser Betrauungsakte nach dem gleichen Musterentwurf erlassen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 20. Nov. 2013 Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

A. Die Klage ist zulässig.

Im Gegensatz zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen ist hier insbesondere die Klagebefugnis des Klägers als Verband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG näher zu prüfen. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt:

1. Der als eingetragener Verein rechtsfähige Kläger ist ein Verband von Gewerbetreibenden mit der satzungsgemäßen Aufgabe der Förderung ihrer wirtschaftlichen Interessen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hier nicht aus sachlichen Gründen Wettbewerbsinteressen seiner Mitglieder geltend macht, sondern die Klagebefugnis missbraucht, sind nicht erkennbar, insbes. vom Beklagten nicht vorgetragen.

2. Zwischen den (mittelbaren) Mitgliedern des Klägers und dem Beklagten - der die Kreiskliniken durch die beanstandeten Maßnahmen erheblich unterstützt und damit deren Wettbewerbsfähigkeit verbessert - besteht hinsichtlich der in Pforzheim, Bad Wildbad und Karlsbad ansässigen Kliniken ein erheblicher Wettbewerb, da in diesen Kliniken nennenswerte Gruppen von Patienten aus dem Landkreis xxx in den letzten Jahren behandelt wurden. Auch wenn der Markt für stationäre Krankenhausleistungen (abgesehen von hochspezialisierten Angeboten) naturgemäß räumlich beschränkt ist, so sind wegen der grundsätzlichen Wahlfreiheit der Patienten über das Gebiet des Landkreises Calw hinaus jedenfalls auch Anteile der angrenzenden Landkreise Böblingen, Tübingen und Freudenstadt als betroffener räumlicher Markt zu betrachten; aus diesen Bereichen konnten die Kreiskliniken in den letzten Jahren jeweils eine erhebliche Anzahl von Patienten in ihren Krankenhäusern behandeln. Damit sind auch die (mittelbaren) Mitglieder des Klägers in Stuttgart und Albstadt auf dem gleichen räumlichen Markt wie die Kreiskliniken tätig. Die Kammer kommt deshalb - insbesondere im Anschluss an die Ausführungen des BGH im Urteil vom 1.3.2007 (I ZR 51/04-Krankenhauswerbung, Rn 14 f) - zu dem Ergebnis, dass der Kläger eine „erhebliche Anzahl“ von konkreten Mitbewerbern des Beklagten als (mittelbare) Mitglieder hat: Eine Repräsentanz der Mitglieder des klagenden Verbandes i.S. eines Mindestprozentsatzes der gesamten Wettbewerber auf dem relevanten räumlichen Markt kann nicht verlangt werden. Deshalb bedarf es auch keiner abschließenden Klärung der Frage, ob zwischen dem Tätigkeitsbereich der Klinik für Herzchirurgie Karlsruhe und dem der Kreiskliniken Überschneidungen bestehen. Dass die Interessen der genannten Mitglieder des Klägers durch das Verhalten des Beklagten zu Gunsten der Kreiskliniken beeinträchtigt und damit auch berührt werden, ist offenkundig.

3. Der Kläger ist nach seinen nachvollziehbaren und nicht substantiiert bestrittenen Darlegungen von der personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung her in der Lage, die satzungsgemäßen Aufgaben wahrzunehmen. Dass in der Satzung des Klägers die Verfolgung (angeblicher) Wettbewerbsverstöße nicht ausdrücklich erwähnt ist, hindert nicht, diese Tätigkeit unter den Satzungszweck der Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder zu fassen (so Köhler in UWG, 30. Aufl., RZ 3.34 zu § 8 m.w.N.).

Gegen die Zulässigkeit der gestellten Anträge ergeben sich im Hinblick auf die Bestimmtheit ebenfalls keine Bedenken.

B. Die Klage ist unbegründet.

I. Die vom Beklagten an die Kreiskliniken erbrachten streitgegenständlichen Leistungen fallen nicht unter die unionsrechtichen Wettbewerbsbestimmungen; sie sind deshalb weder der Kommission anzuzeigen noch unterliegen sie dem Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 2 AEUV.

1. Zwar gelten nach Art. 106 Abs. 2 AEUV die unionsrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Wettbewerbsregeln, grundsätzlich auch für Unternehmen, die mit der Erbringung von DawI betraut sind. Allerdings ist bereits in dieser Vorschrift selbst die Ausnahme enthalten, dass dies nicht gilt, soweit die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich durch die unionsrechtlichen Regelungen verhindert würde. Diese sehr allgemeinen Regelungen hat die Kommission durch die FreistellungsE konkretisiert und darin insbesondere staatliche Beihilfen für Krankenhäuser aus den im 16. Erwägungsgrund zusammengefassten Überlegungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt und deshalb von der Notifizierungspflicht freigestellt. Dabei sind staatliche Ausgleichszahlungen an Krankhäuser sogar ohne Höchstgrenzen ausgenommen, wenn der Mitgliedsstaat die „Tätigkeit“ als DawI eingestuft hat (Art. 2 I b FreistellungsE). Voraussetzung ist ferner, dass das (die Beihilfen erhaltende) Unternehmen mit der Durchführung der DawI beauftragt wurde (Art. 4 FreistellungsE), wobei die Auswahl des oder der Rechtsakte für den Auftrag dem Mitgliedsstaat überlassen bleibt. Für die inhaltliche Ausgestaltung des Betrauungsaktes sind zahlreiche Anforderungen normiert. Darüber hinaus sind die (privilegierten) Ausgleichszahlungen durch Art. 5 FreistellungsE auf das „Notwendige“ begrenzt; nach Art. 6 FreistellungsE sind Vorkehrungen gegen Überkompensierungen zu treffen.

2. Für die Prüfung, ob diese Freistellung hier eingreift, sind folgende Bestimmungen des LKHG als wesentliche Rahmenbedingungen für die Tätigkeit des Beklagten und der Kreiskliniken zu beachten:

a) In § 1 Abs. 1 S. 3 LKHG wird die „bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen“ insgesamt zur DawI erklärt. Diese DawI umfasst jedoch die Errichtung und das Betreiben jedes Krankenhauses, das in den Krankenhausplan aufgenommen ist und umfasst damit auch die von den Mitgliedern des Klägers betriebenen Krankenhäuser. Diese gesetzliche Regelung lässt unionsrechtlich die staatliche Förderung aller im Krankenhausplan des Landes aufgeführten Krankenhäuser nach den Regelungen des KHG und des LKHG zu.

b) Darüber hinaus ist dem Beklagten in § 3 Abs. 1 LKHG die Pflicht auferlegt, die beiden Krankenhäuser der Kreiskliniken (weil diese im Krankenhausplan als notwendig ausgewiesen sind) zu betreiben. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich diese Verpflichtung des Beklagten allein aus der Aufnahme dieser Krankenhäuser in den aktuellen Krankenhausplan. Die in § 3 Abs. 1 LKHG festgelegte Subsidiarität für diese Pflicht des Beklagten ist nicht in dem Sinne zu lesen, dass der Beklagte oder auch die Kammer selbständig festzustellen hätten, ob und in welchem Umfang die „bedarfsgerechte“ Versorgung der Bevölkerung des Landkreises Calw durch andere „leistungsfähige“ Krankenhäuser aktuell sichergestellt wird. Diese Frage und die sich daraus ergebende lediglich subsidiäre Pflicht der Stadt- und Landkreise hat vielmehr ausschließlich die nach § 4 Abs. 3 LKHG zuständige Landesregierung beim Aufstellen und Fortschreiben des Krankenhausplans zu entscheiden. Wegen der Rechtsnatur des Krankenhausplans eines Bundeslandes sowie dessen Bindungswirkungen - der in Ausführung des KHG aufgestellt und fortgeschrieben wird - verweist die Kammer auf die Rechtsprechung des BVerwG, insbes. das Urteil vom 18.12.1986 (3 C 67/85, Rn 57, zitiert nach juris). Danach stellt der Krankenhausplan lediglich eine verwaltungsinterne Maßnahme dar, die zur Begründung von „Außenwirkungen“ noch der Umsetzung durch einen Feststellungsbescheid gegenüber dem einzelnen Krankenhausträger bedarf (vgl. § 8 Abs. 1 S. 3 KHG). Auch Krauskopf in Dietz, LKHG BW (Loseblatt-Kommentierung zum KHG, Wiesbaden, Stand 2008) geht davon aus, dass der „positive Kompetenzkonflikt“ zwischen verschiedenen Krankenhausträgern (nur) durch den Krankenhausplan zu entscheiden ist (Anm. 1.1 Abs. 4 zu § 3 LKHG). In dieser Kommentierung (Anm. 1.2 Abs. 2) wird auf den Krankenhausplan als die einzig denkbare Grundlage für die Feststellung der Versorgungslücke - die Voraussetzung der Betreibenspflicht ist - verwiesen. Diese Ausführungen stützen die dargelegte Auffassung der Kammer zur ausschließlichen Zuständigkeit der Landesregierung, über die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 LKHG zu entscheiden. Jedoch hat der Beklagte - entgegen seiner vorgetragenen Auffassung - kein freies Ermessen für die Entscheidung, welche Krankenhäuser in welchem Umfang er betreiben will. Zumindest für die Prüfung des Bestehens der Betreibenspflicht und der daraus folgenden Anwendbarkeit der FreistellungsE bildet der Krankenhausplan mit den darin enthaltenen Festlegungen Grundlage und Grenze des rechtlich zulässigen Handelns des Beklagten. Für die Kammer besteht keine Möglichkeit und Notwendigkeit, im Rahmen dieses Prozesses der Behauptung des Klägers nachzugehen, für die bedarfsgerechte Versorgung der Einwohner des Landkreises Calw seien die Krankenhäuser der Kreiskliniken verzichtbar. Im übrigen ist die Überprüfung einer derart komplexen Frage, die vor allem auch eine mindestens mittelfristige Prognose über die Bedarfs- und Versorgungssituation umfasst, im Rahmen des vorliegenden Wettbewerbsprozesses nicht sachgerecht möglich.

3. Die Auferlegung dieser Betreibenspflicht stellt eine nur die Stadt- und Landkreise treffende DawI dar, wie dies auch die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission in der genannten Entscheidung vom 25.8.2010 (Rn 79 ff, insbes. 81) ausführt. Dabei wird - für die Kammer überzeugend - ergänzend auf Art. 168 Abs. 7 AEUV hingewiesen, nach dem jeder Mitgliedstaat in eigener Verantwortung über die Gesundheitspolitik, die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung einschließlich der Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel entscheidet. Die mit den Kreiskliniken in Wettbewerb stehenden Krankenhäuser, insbesondere auch diejenigen der (mittelbaren) Mitglieder des Klägers, trifft demgegenüber keine Pflicht zum (Fort-)Betreiben ihrer Krankenhäuser (so ausdrücklich für wirtschaftliche Schwierigkeiten, Generaldirektion Wettbewerb, aaO, Rz 81 am Ende; Krauskopf, aaO, Anm. 1.1 Abs. 1 zu § 7 LKHG). Aus der Aufnahme eines Krankenhauses in den Landeskrankenhausplan folgt eine solche Verpflichtung nicht. Allein die Verpflichtung eines Krankenhausträgers, bei Aufgabe des Krankenhauses (einen Teil) der nach KHG bezahlten Fördergelder an das Land zurück zu bezahlen, die auch bei den Trägern der Wettbewerbskrankenhäuser dazu führen wird, beim Auftreten von Defiziten nicht sofort das Krankenhaus zu schließen, ist mit der Betreibensverpflichtung des Beklagten aus § 3 Abs. 1 LKHG nicht vergleichbar. Denn hierbei handelt es sich ausschließlich um eine wirtschaftliche Überlegung während die Verpflichtung des Beklagten weit darüber hinaus geht.

Der Umstand, dass diese Verpflichtung des Beklagten unmittelbar im LKHG geregelt wird (und nicht in einem individuellen Verwaltungsakt), hindert nicht die Einordnung als „öffentlichen Auftrag“ i.S. des Art. 4 der FreistellungsE, da dort die Auswahl der Form dieses Aktes dem Mitgliedsstaat überlassen ist.

4. Durch den vom Kläger in besonderer Weise beanstandeten und für formell und materiell rechtswidrig eingestuften Betrauungsakt des Beklagten vom 22.4.2008 ist lediglich diese gesetzliche Verpflichtung des Beklagten an die Kreiskliniken weiter gegeben worden. Für die Prüfung der unionsrechtlichen Zulässigkeit der staatlichen Ausgleichsleistungen für die Erfüllung dieser besonderen DawI ist deshalb nicht - zumindest nicht in erster Linie - dieser öffentliche Auftrag über die Weitergabe seiner eigenen gesetzlichen Verpflichtung, sondern die Begründung dieser Verpflichtung des Beklagten selbst entscheidend.

a) Hierzu ist festzustellen, dass im LKHG als dem, den entscheidenden Rechtsakt beinhaltenden Gesetz, aus dem sich die (spezielle) DawI des Beklagten ergibt, keine Regelungen über die Förderung der Kreise für die besonderen Aufwendungen bei der Erfüllung der Betreibensverpflichtung enthalten sind. Da die Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kreisen jedoch sehr komplex und in vielfältigen Regelungen erfasst sind, vermag die Kammer keine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Betreibens-pflicht nach § 3 I LKHG an anderer Stelle für Zuwendungen des Landes an die Kreise Berücksichtigung findet (wovon im Hinblick auf Art. 71 Abs. 3 Landesverfassung Baden-Württemberg auszugehen ist).

b) Die Frage, ob ein evtl. (gesetzgeberisches) Unterlassen zur Unanwendbarkeit der FreistellungsE führt oder die Regelungen in deren Art. 4 ff lediglich als Sollvorschriften - die die Wirksamkeit des Auftrags nicht berühren - aufzufassen sind, ist bisher nicht entschieden; aus der zitierten Entscheidung der Generaldirektion Wettbewerb ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass jedenfalls diese Behörde der Kommission die letztgenannte Auffassung vertritt (vgl. Rn 84f, 98), da ausdrücklich Art. 4 FreistellungsE als Sollvorschrift bezeichnet und evtl. Mängel bei der Transparenz des Betrauungsaktes für unbeachtlich erklärt werden. Unabhängig davon dürfte zu berücksichtigen sein, dass eine getrennte Berechnung und Ausweisung der wegen der Betreibenspflicht verursachten konkreten Kosten wohl nicht möglich ist, da die zusätzlichen Kosten für das pflichtgemäße Betreiben der Kreiskliniken nicht von den Gesamtkosten der Kreiskliniken getrennt errechnet, sondern allenfalls geschätzt werden können.

c) Nach Auffassung der Kammer ist jedenfalls im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage nicht die Frage zu prüfen, ob eine deutsche gesetzliche Regelung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens in jeder Hinsicht den unionsrechtlichen Vorschriften gerecht wird oder nicht. Denn der Tatbestand des Rechtsbruchs i.S. des § 4 Nr. 11 UWG liegt dann nicht vor, wenn der Beklagte eine ihm durch Gesetz auferlegte Pflicht erfüllt. Der Beklagte als am Markt agierender Betreiber von Krankenhäusern befände sich bei Annahme eines Verbotes der weiteren Subventionierung der Kreiskliniken auf Grund der vom Kläger vorgenommenen Auslegung des europäischen Wettbewerbsrechts in einer schwierigen Pflichtenkollision. Bei Annahme dieser widersprüchlichen Pflichten erscheint es ihm nicht zumutbar, den Streit mit der zuständigen Landesbehörde herauszufordern oder in Kauf zu nehmen, um dem Verlangen des Klägers zu entsprechen. Bei der in dieser Lage vorzunehmenden Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Betreibensverpflichtung eindeutig aus dem LKHG ergibt und diese über § 40 LKHG abgesichert ist, während die Feststellung eines Verstoßes gegen Unionsrecht und damit auch gegen § 4 Nr. 11 UWG umfangreichen Auslegungen und deshalb auch Zweifeln unterliegt.

5. Darüber hinaus ist bei der Prüfung der Frage, ob die Kammer als Wettbewerbsgericht überhaupt die Entscheidungskompetenz hat, zu berücksichtigen, dass grundsätzlich ausschließlich die Kommission darüber zu entscheiden hat, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (so z.B. Europ. Gericht, Urteil v. 11.7.2007 - T-167/04, Leitsatz 3 und RZ 81; BGHZ 188, 326, RZ 25). Auch diese höchstrichterlich anerkannte, grundsätzliche Kompetenzregelung spricht für die Kammer dafür, dass die angesprochenen Fragen nicht im Rahmen des vorliegenden Unterlassungsverfahren zu prüfen sind.

6. Soweit es auf die vom Kläger geltend gemachten verwaltungsrechtlichen Mängel des Betrauungsaktes vom 22. 4.2008 ankommen sollte - wovon nach den vorstehenden Ausführungen nicht auszugehen ist - vertritt die Kammer weiterhin die Auffassung, dass keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieser Betrauung nach § 44 VwVerfG B-W erkennbar sind; insbesondere liegen offenkundige, also für jeden verständigen Betrachter klar erkennbare Gründe für die Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes nicht vor.

7. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es deshalb auf die zwischen den Parteien sehr ausführlich erörterten Fragen betreffend die erforderliche Form und den notwendigen Regelungsgehalt des Betrauungsaktes nach der FreistellungsE nicht an. Desgleichen bedarf es keiner Prüfung der weiteren, streitigen Fragen, die im vorliegenden Rechtsstreit angerissen und vertieft wurden. Auch eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Unterstützungsleistungen des Beklagten ist nicht erforderlich.

II. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Urteil des Gerichts vom 7. 11.2012 (CBI/Kommission, T-137/10) nichts anderes:

a) Zum Verständnis und zur Auslegung dieses Urteils ist vorweg hervorzuheben, dass dadurch (lediglich) die von der Kommission nach Abschluss der Vorprüfungsphase ergangene Entscheidung, keine Einwände gegen die von den dortigen Klägern beanstandeten Leistungen zu Gunsten der IRIS-Krankenhäuser in der Region Brüssel zu erheben (Rn 26), deshalb für nichtig erklärt wurde, weil die Kommission rechtsfehlerhaft bei ihrer Entscheidung das Bestehen von „ernsthaften Schwierigkeiten“ verneinte (Rn 307 f und passim z.B. 61, 65, 70, 72ff, 151, 164, 168, 187, 265, 278, 288) und damit die Verfahrensrechte der Kläger verletzte (Rn 67). Die sehr umfangreichen Ausführungen des Gerichts insbesondere zu den zahlreichen Angriffspunkten der Kläger sind unter dem Blickwinkel dieser Zielrichtung der Klagen und dem Ergebnis der Überprüfungen zu lesen.

b) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in diesem Verfahren der nach belgischem Gesetz jedem öffentlichen Krankenhaus gewährte Defizitausgleich - der im vorliegenden Verfahren den wesentlichen Streitgegenstand ausmacht - ausdrücklich nicht in Frage gestellt wurde (Rn 195 ff), sondern ausschließlich die nur den IRIS-Krankenhäusern gewährten (zusätzlichen) Leistungen Prüfungsgegenstand waren; in diesen sahen die Kläger unzulässige Überkompensierungen.

c) In dem diesem Urteil zu Grunde liegenden Beschwerdeverfahren wurden im wesentlichen Unterstützungsleistungen aus den Jahren 1996-2007 und eine Umstrukturierungsbeihilfe von 1995 angegriffen; auf Grund der FreistellungsE wurde die Vereinbarkeit aller dieser Beihilfen mit dem Binnenmarkt festgestellt; darüber hinaus ist festgestellt, dass diese Beihilfen seit Inkrafttreten der FreistellungsE von der Anzeigepflicht nach Art. 108 III AEUV ausgenommen sind (Rn 45).

d) Im Licht dieser Rahmenbedingungen des genannten Urteils kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger besonders hervorgehobenen Ausführungen in Rn 93 ff nicht dazu führen können, dass im hiesigen Verfahren die Einhaltung der Voraussetzungen der Freistellungsentscheidung zu prüfen ist und dies verneint werden muss. Die vom Kläger hervorgehobenen Ausführungen des Gerichts sind im Zusammenhang der Darstellung der Rechtslage für die Beihilfen für Krankenhäuser (ab Rn 85) zu sehen und stellen besonders deutlich heraus, dass der Staat - trotz seines sehr weiten Ermessenspielraums bei der Regelung des Gesundheitswesens - bei der Gewährung von Beihilfen an öffentliche Krankenhäuser dann den Grundsatz der Gleichbehandlung zu berücksichtigen hat, wenn für die privaten Betreiber von Krankenhäusern die „gleichen Gemeinwohldienstleistungen“ bestehen. Diese Voraussetzung liegt indes - wie oben (Ziffer B. I. 2 b der Gründe) ausführlich dargestellt - hier nicht vor, da dem Beklagten durch § 3 I LKHG eine besondere DawI auferlegt ist und er - im Gegensatz zu den Mitgliedern des Klägers - nicht die Möglichkeit hat, die Kreiskliniken aus wirtschaftlichen Überlegungen zu schließen und damit sein Marktaustrittsrecht wahrzunehmen; vor einer solchen Schließung müsste der Krankenhausplan des Landes geändert werden. Der Kläger ist auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass seine Mitglieder jederzeit beim (federführenden) Sozialministerium Baden-Württemberg eine Änderung dieses Planes im Sinne ihres Vortrags anregen können. Da deshalb die Grundannahme des Klägers - den Beklagte treffe keine über alle Krankenhausträger hinausgehende DawI - unzutreffend ist, ist auch hier der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Auf Grund der FreistellungsE kann die Kammer die Voraussetzungen dieser Regelung nicht im einzelnen überprüfen, da die Kommission die Finanzierung der Krankenhäuser insgesamt von den unionsrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit staatlicher Beihilfen ausgenommen hat. Deshalb bedarf es für die Entscheidung nicht der abschließenden Prüfung der Frage, ob die nationalstaatlichen Unterschiede bei der Organisation und Finanzierung der Krankenhäuser in Belgien und Deutschland so gravierend sind, dass auch aus diesem Grunde etwaige Entscheidungen zum belgischen Recht nicht relevant sein können.

III. Ebenso ist der hier vorliegende Sachverhalt mit demjenigen, der dem Urteil des BGH vom 10.2.2011 (Flughafen Frankfurt-Hahn) zu Grunde lag, in entscheidenden Punkten nicht vergleichbar, weshalb die dort gewonnenen Ergebnisse - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht zu übertragen sind.

a) Ob das Betreiben des dort streitgegenständlichen defizitären Verkehrsflughafens als DawI i.S. des Unionsrechts anzusehen ist, erschließt sich aus der Entscheidung des BGH nicht; der Umstand, dass in dieser Entscheidung Art. 106 Abs. 2 AEUV (bzw. die Vorgängerbestimmung des Art. 86 Abs. 2 EG) nicht zitiert ist, spricht sehr stark dafür, dass in jenem Verfahren weder die Parteien noch die beteiligten Gerichte eine DawI angenommen haben. Deshalb besteht im Hinblick auf die rechtliche Einordnung von staatlichen Beihilfen im vorliegend zu beurteilenden Fall ein fundamentaler Unterschied.

b) Selbst wenn das Betreiben eines Verkehrsflughafens als DawI anzusehen wäre (wofür die speziell sich darauf beziehende Regelung in Art. 2 Abs. 1 lit. d) der FreistellungsE spricht), besteht der weitere wesentliche Unterschied, dass ausschließlich für staatliche Beihilfen für Krankenhäuser (und im sozialen Wohnungsbau tätige Unternehmen) die umfassende Freistellung in Art. 2 Abs. 1 lit. b) der FreistellungsE vorgenommen wurde. Deshalb greift vorliegend - im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall - das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV nicht ein. Damit können im vorliegenden Fall auch die Ausführungen des BGH zum unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz (z.B. Rz 24 ff) und dessen Auswirkungen auf die Qualifizierung des Durchführungsverbots als Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB (Rz 20 ff) nicht weiter führen, weil für den Bereich der Beihilfen für Krankenhäuser die Kommission die Anwendung der unionsrechtlichen Wettbewerbsbestimmungen grundlegend durch die genannte Frei-stellungsE ausgeschlossen hat. Es geht in einem Fall wie dem vorliegenden daher auch nicht um die Vermeidung einer möglichen Divergenz von Einzelfallentscheidungen (vgl. dazu Rz 30 ff des BGH-Urteils), sondern um die Anwendung der grundlegenden Regelung des zuständigen Organs der Union, bestimmte Bereiche von DawI-Unternehmen aus dem Anwendungsbereich des europ. Wettbewerbsrechts auszunehmen.

c) Ein sehr wesentlicher Unterschied des vorliegenden Sachverhalts zu demjenigen, der dem BGH vorlag, besteht ferner darin, dass vorliegend die Unterstützung der Kreiskliniken durch den Beklagten, damit diese ihren - derzeit und auf absehbare Zeit - defizitären Betrieb fortsetzen können, nicht (ausschließlich) dessen unternehmerische Entscheidung darstellt, sondern in Erfüllung einer ihm gesetzlich auferlegten Pflicht erfolgt, weshalb er sich - wenn die Auslegung der verschiedenen unionsrechtlichen Regelungen im Sinne des Klägers vorgenommen wird - jedenfalls in einer schwerwiegenden Pflichtenkollision befindet. Derartige Fragen stellen sich beim Betrieb des Flughafens in Hahn nicht, sind jedenfalls im dazu ergangenen Urteil nicht angesprochen.

Dem Kläger steht deshalb der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weshalb die Klage insgesamt abzuweisen ist.

IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

V. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist hier nach § 12 Abs. 4 UWG eine gesonderte Anordnung über die Festsetzung lediglich eines Teils des Streitwerts für die Kostenberechnung zum Nachteil des Beklagten zu treffen. Grundsätzlich kommt in Wettbewerbsverfahren der Angabe des Klägers zum Streitwert indizielle Wirkung zu (vgl. dazu Köhler, aaO, Rn 5.3 zu § 12 UWG). Nach Auffassung der Kammer erscheint die Berechnung des Klägers für den Streitwert auch unter Berücksichtigung des Umstandes der vorliegenden „Verbandsklage“ zutreffend. Die Voraussetzungen für die Reduzierung des Streitwerts nach § 12 Abs. 4 UWG (in der seit 9. Okt. 2013 geltenden Fassung) liegen hier nicht vor, da zunächst jegliche Glaubhaftmachung des Beklagten für seinen Antrag fehlt. Unabhängig davon erscheint die evtl. Belastung des Beklagten mit den Prozesskosten aus dem „regulären“ Streitwert im Hinblick auf die Höhe der unstreitigen Ausgleichsleistungen des Beklagten weder unverhältnismäßig noch existenzbedrohend. Darüber hinaus erscheint es der Kammer auch nach der Neufassung geboten zu berücksichtigen, dass der zu entscheidende Sachverhalt keinesfalls einfach gelagert ist, sondern von den Parteien übereinstimmend und inhaltlich zutreffend als besonders grundlegend und komplex bezeichnet wird.

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