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22.11.2012 · IWW-Abrufnummer 123508

Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 16.07.2012 – 2 Ws 499/12

Das ungeprüfte, vorsorgliche Ablichten der gesamten Akte führt nicht zur Erstattungsfähigkeit der insoweit angemeldeten Kopierkosten.


Oberlandesgericht Köln

2 Ws 499/12

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Aus den G r ü n d e n:

I.

Nach der Kosten- und Auslagenentscheidung des freisprechenden Urteils der 6. gr. Strafkammer des Landgerichts A. vom 10.04.2012 trägt die Staatskasse die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten. Der in dieser Sache Freigesprochene war angeklagt wegen Versuchs der Anstiftung zur versuchten Falschaussage. Er soll drei Mitangeklagte aufgefordert haben, den Zeugen C. zu veranlassen, in der Hauptverhandlung des Ursprungsverfahrens LG A. Az... auszusagen, im Fall 14 der Anklage habe zwischen ihm und der Geschädigten einvernehmlicher Geschlechtsverkehr stattgefunden. Der Beschwerdeführer, Rechtsanwalt P., hat als Verteidiger des früheren Angeklagten mit Schriftsatz vom 20.04.2012 Wahlverteidigergebühren und Auslagen von insgesamt 1.884,37 € zur Festsetzung angemeldet. Der Betrag setzt sich zusammen aus den jeweiligen Höchstsätzen für Grundgebühr, Verfahrens- und Terminsgebühr sowie Kopierkosten für 1640 Ablichtungen aus den Akten des Ursprungsverfahrens.

Der Beschwerdeführer trägt hierzu u.a. vor, die gesamte Akte des Ursprungsverfahrens habe kopiert werden müssen, um das Aussageverhalten des Zeugen C. zu analysieren.

Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 05.06.2012 die angemeldeten Höchstgebühren jeweils auf die Mittelgebühr reduziert. Die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV hat der Rechtspfleger mit der Begründung, statt 1640 Ablichtungen seien nur 117 Kopien erstattungsfähig, auf 35,05 € festgesetzt. Unter Zuziehung der Umsatzsteuer sind die zu erstattenden Auslagen insgesamt auf 922,31 € festgesetzt worden.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Absetzung der genannten Beträge wendet.

II.

Die nach § 464 b S.3 StPO, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ZPO, §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

....................

Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung auch, soweit nur Kosten für 117 Ablichtungen als erstattungsfähig angesehen wurden. Die Erstattungsfähigkeit von Kopierkosten setzt voraus, dass die angefertigten Vervielfältigungen geboten waren. Dies ist der Fall, wenn sie aus der objektiven Sicht eines vernünftigen, sachkundigen Dritten zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache erforderlich waren (vgl. Hartmann, a.a.O., VV 7000 Randn. 6).

Dem Anwalt ist dabei freilich ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen, da sich häufig erst im Laufe des Verfahrens herausstellen kann, welche Teile der Akten zur Verteidigung tatsächlich benötigt werden. Das ungeprüfte, vorsorgliche Ablichten der gesamten Akte – die regelmäßig für die Verteidigung in jedem Fall irrelevante Dokumente wie Verfügungen und Empfangsbekenntnisse enthält – stellt allerdings keine ordnungsgemäße Ermessensausübung des Verteidigers mehr dar. Kopien sind nur in dem Rahmen abrechnungsfähig, in dem sie aus der ex-ante Sicht des Rechtsanwalts zu fertigen gewesen wären (vgl. Rehberg, RVG – Kommentar, 3. Auflage 2009, S. 226), denn ein solches Vorgehen mag zwar aus Vereinfachungsgründen zweckmäßig sein, es ist aber nicht geboten (vgl. Hartmann, a.a.O., VV 7000 Randn. 15 u. 23).

Der Verteidiger hat im Beschwerdeverfahren keine Gründe benannt, die die Ablichtung der vollständigen Akte des Ursprungsverfahrens als notwendig erscheinen lassen, obwohl der angefochtenen Entscheidung die Relevanz dieses Gesichtspunktes zu entnehmen war.

Ergänzend ist dazu anzumerken: Die Aussage des Zeugen C. war nach den Gründen des Urteils des Landgerichts vom 10.04.2012 lediglich zu zwei von insgesamt 14 Anklagevorwürfen (in eingeschränktem Umfang) bedeutsam. Die Urteilsfälle 1 – 12 haben für das hiesige Verfahren keine Rolle gespielt, da der Zeuge C. zu den entsprechenden Taten keinen Bezug hatte und dazu auch nicht vernommen wurde. Es hätte daher näherer Darlegung bedurft, dass zur sachgerechten Verteidigung des früheren Angeklagten gleichwohl die Ablichtung der gesamten Akte des Ursprungsverfahrens geboten gewesen sein soll. Das ist nicht geschehen, so dass in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich 117 Ablichtungen als erstattungsfähig anzuerkennen sind.

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