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25.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121288

Landgericht Dortmund: Urteil vom 19.01.2012 – 2 O 449/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Dortmund
2 O 449/10

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.985,43 € zzgl. Säumniszuschlag in Höhe von 1 % pro angefangenem Monat auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.06.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.07.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.08.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.09.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.10.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.11.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.12.2009, darüberhinaus weitere 328,80 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen die Parteien je zur Hälfte; von den außergerichtlichen Kosten 1/3 die Klägerin und 2/3 der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

T a t b e s t a n d

Der Beklagte unterhält bei der Klägerin eine Krankheitskostenversicherung. Am 19.05.2009 wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf Antrag der Klägerin vom 03.08.2010 wurde am 09.08.2010 ein Mahnbescheid gegen den Beklagten erlassen, mit dem die Klägerin rückständige Krankenversicherungsprämien für die Zeit vom 01.10.2008 bis 31.12.2009 nebst Nebenkosten verlangte. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage hinsichtlich der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Prämien zurückgenommen und begeht nunmehr noch von dem Beklagten die Zahlung der Versicherungsprämien von Juni 2009 bis einschließlich Dezember 2009.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass rückständige Versicherungsbeiträge dann keine Insolvenzforderungen seien, wenn sie als Entgelt für die Gefahrtragung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet werden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.985,43 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 1 % pro angefangenem Monat auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.06.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.07.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.08.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.09.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.10.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.11.2009, auf einen Teilbetrag von 426,49 € ab dem 02.12.2009, darüberhinaus vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 12,50 € und Rechtsanwalt in Höhe von 316,18 € sowie 0,12 € Auskunftskosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, der Rechtsstreit sei gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Jedenfalls sei die Klage vom Beginn an unzulässig, weil sie gegen den Insolvenzschuldner und nicht gegen den Insolvenzverwalter gerichtet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen bis auf eine Zuvielforderung bei den Zinsen begründet.

Der Klägerin steht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrag die geltend gemachte Prämie zu. Der Beklagte ist passivlegitimiert.
1.
Eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO ist nicht eingetreten. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein rechtshängiges Verfahren vorgelegen hat (BGH NJW-RR 2009, 566). Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten bereits am 19.05.2009 eröffnet wurde und der Mahnbescheid gegen den Beklagten erst am 09.08.2010 erlassen wurde, liegen die Voraussetzungen von § 240 ZPO nicht vor, so dass der Durchführung des Verfahrens nichts im Wege steht.

2.
Der Beklagte ist entgegen seiner Auffassung auch passivlegitimiert. Die Klage wäre nur dann gegen den Insolvenzverwalter zu richten, wenn § 103 InsO Anwendung fände (vgl. Prölss in Prölss Martin, VVG, 28. Auflage Anhang zu § 16 Rdnr. 4 ff.). Die Klägerin hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass § 103 InsO keine Anwendung finden kann, weil Leistungen aus der privaten Krankheitskostenversicherung dem Pfändungsschutz nach § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO unterliegen. Zwar unterfällt gemäß § 35 InsO das gesamte Vermögen des Schuldners, das ihm zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt der Insolvenzmasse. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO sind davon jedoch ausgenommen Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen.

a)
Dem Pfändungsschutz nach § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO unterliegen Bezüge aus Krankenkassen, sobald sie ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden. Zu den Bezügen aus einer Krankenkasse im Sinne dieser Vorschrift gehören auch einmalige Ansprüche des Schuldners gegen einen privaten Krankenversicherungsträger, die auf Erstattung von Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind (BGH NJW-RR 2007, 1510; Prölss in Prölss Martin, VVG, 28. Auflage, § 17 Rdnr. 4; Fausten in Langheid/ Wandt, Münchener Kommentar VVG, § 17 Rdnr. 15; Zöller/Stöber, ZPO, § 850 b Rdnr. 9). Damit fallen Ansprüche aus privaten Krankenversicherungen auch nicht in die Insolvenzmasse (Peters in Münchener Kommentar InsO, 2. Auflage, § 36 Rdnr. 45).

b)
Wenn eine Hauptleistung aus einem gegenseitigen Vertrag wegen Unpfändbarkeit insolvenzfrei ist, fehlt es an den Voraussetzungen des § 103 InsO. Weder unterliegt die Forderung gegen die private Krankenversicherung dem Insolvenzbeschlag noch ist der Insolvenzverwalter anstelle des Versicherungsnehmers Schuldner der Krankenversicherungsprämie. Denn die Insolvenzmasse würde zu Lasten der Insolvenzgläubiger ungerechtfertigt ausgehöhlt, wenn – wie der Beklagte meint – die Insolvenzmasse die Prämienforderung des privaten Krankenversicherers bedienen müsste, während die Leistungen aus der Krankenversicherung dem Insolvenzschuldner zustünden (vgl. Ehricke in Münchener Kommentar InsO, 2. Aufl., § 28 Rnr. 105).

3.
Die Klage hatte somit bis auf eine Zuvielforderung bei den Zinsen Erfolg. Verzugszinsen kann die Klägerin nicht verlangen, da nach dem eindeutigen Wortlaut des § 193 Abs. 6 Satz 8 VVG dem Krankenversicherer im Falle des Prämienverzugs ein Säumniszuschlag nicht neben den Verzugszinsen, sondern anstelle von Verzugszinsen zusteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 269 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und deren Abwendung aus §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.

RechtsgebieteZPO, InsOVorschriften§ 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO § 36 Abs. 1 S. 1 InsO § 103 InsO

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