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31.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100928

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 01.02.2010 – 31 U 130/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Hamm

31 U 130/09

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 15.05.2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit von Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Bausparkasse.
Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei den beiden Regelungen um Preisabreden und nicht bloß um Preisnebenabreden handele. Deshalb unterlägen die Klauseln, obwohl sie ihrer Art nach allgemeine Geschäftsbedingungen seien, nicht der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.
Im Übrigen habe das Landgericht Heilbronn in seiner Entscheidung vom 12.03.09 (6 O 341/08 = WM 09, 603 in Kopie anbei) inhaltsgleiche Klauseln unter allen erdenklichen Gesichtspunkten überprüft und für rechtmäßig befunden. Dieser Entscheidung schließe sich die Kammer an. Der Einholung einer Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe es nicht bedurft, weil das Landgericht Heilbronn zeitnah eine solche eingeholt habe, die als Anlage zur vorliegenden Gerichtsakte gereicht worden sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der klagende Verein im Wege der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Er meint, dass es sich bei den zur Überprüfung gestellten Klauseln nicht um Preisabreden handele. Vielmehr stellten sie Preisnebenabreden dar, mit denen im Wesentlichen die Kosten des Vertriebs gedeckt werden sollten. Mithin handele es sich bei den Abschlussgebühren in Wahrheit um Vertriebsprovisionen, die nicht im Interesse des Bausparers, sondern allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse erhoben werden. Bei den Vertriebskosten handele es sich um solche, die die Beklagte ohnehin habe aufwenden müssen (Sowieso-Kosten). Es sei ihr deshalb verwehrt, hierfür gesonderte Gebühren im Wege von Einzelentgelten in ihren AGB zu verlangen. Vielmehr hätten diese Kosten in die allgemeine Kostenkalkulation des Produktes Eingang finden müssen oder alternativ durch einen Fremdvertrieb im Wege einer Provisionsvereinbarung vereinnahmt werden müssen. Dabei sei es auch unerheblich, in wessen Sphäre die Vertriebskosten verursacht werden, denn eine kostenverursachende Tätigkeit stelle nicht zwangsläufig eine vergütungspflichtige Leistung dar.
Die Erhebung von Einzelentgelten führe zudem dazu, dass der Bausparer das Produkt nicht mit Konkurrenzprodukten vergleichen könne, weil er keine Kenntnis davon erhält, wie sie auf die Spar- und Darlehenszinsen einwirkten. Deshalb stelle auch die Angabe des Effektivzinses keine klare Information für den Verbraucher dar, denn nur ein Teil der Einzelentgelte würde hierbei berücksichtigt.
Die Klauseln verstießen auch gegen das Transparenzgebot aus § 307 BGB. Der Verbraucher könne nämlich nicht erkennen, dass die Beklagte mit den Einzelentgelten ihre Vertriebskosten finanziere. Insoweit ist der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 20.01.09 zu Kick-Backs (XI ZR 510/07 = WM 09, 405) der Ansicht, es treffe die Beklagte eine Aufklärungspflicht, denn die Einzelentgelte flössen an denjenigen zurück, der den Kunden vom Abschluss des Bausparvertrages überzeugt hat. Ein solches Vorgehen habe der BGH aber in seiner neueren Rechtsprechung mehrfach beanstandet (so etwa MDR 09, 939).
Die Abschlussgebühr stelle einen wesentlichen Bestandteil des Hauptpreises in der Ansparphase dar, und eine Aufspaltung des Hauptpreises sei unzulässig.
Außerdem enthielten die Klauseln auch eine unangemessene Benachteiligung des Kunden, weil es keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung solcher Gebühren gebe und gem. § 6 PAngV eine Einberechnung in den Effektivzins zu erfolgen habe.
Zudem sei die Erhebung der Abschlussgebühren auch nicht behördlich gefordert. Die BaFin würde auch Tarife genehmigen, die eine Abschlussgebühr nicht als Einzelentgelt enthielten.
Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:
1. Unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel, zu verhängen gegen den Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, die nachstehenden Klauseln
"Abschlussgebühr
Mit Abschluss des Bausparvertrages wird eine Abschlussgebühr von 1 v.H. der Bausparsumme fällig. Eingehende Zahlungen werden zunächst auf die Abschlussgebühr angerechnet. Die Abschlussgebühr wird nicht – auch nicht anteilig – zurückgezahlt oder herabgesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bausparvertrag gekündigt, die Bausparsumme durch Bildung eines Teilbausparvertrages ermäßigt oder nicht voll in Anspruch genommen wird.
Agio
Bei Beginn der Darlehensauszahlung wird ein Agio in Höhe von 2 v.H. (im Tarif : 1 v.H.) des Bauspardarlehens fällig. Das Agio wird dem Bauspardarlehen zugeschlagen und erhöht damit die Darlehensschuld."
und/oder inhaltsgleiche Klauseln in Bezug auf Bausparverträge zu verwenden und sich darauf zu berufen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
2. Unter Abänderung des angefochtenen Urteils wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger Aufwendungsersatz von 200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juni 2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Sie hält zudem weiter daran fest, dass die ABB aufgrund deren behördlicher Genehmigung durch die BaFin einer AGB-rechtlichen Kontrolle entzogen seien. Dies gelte in Bezug auf die streitgegenständlichen Klauseln schon deshalb, weil die Beklagte hierüber nicht frei entscheiden durfte. Die BaFin und ihre Vorgängerin habe über Jahrzehnte stets die Erhebung einer Abschlussgebühr in Höhe von 1% der Bausparsumme in den ABB verlangt, wie sich u.a. aus einem Schreiben der BAKred vom 29.10.1986 (Anl. B 10) ergebe.
Die Beklagte betont außerdem noch einmal, dass eine alternative Einpreisung der Vertriebskosten nicht möglich sei. Ihre jährlich erwirtschafteten Gewinne reichten nicht aus, um die Abschlussgebühren gänzlich entfallen zu lassen. Außerdem komme weder eine Absenkung des ohnehin schon sehr niedrigen Guthabenzinses, noch ein Heraufsetzung des Darlehenszinses in Betracht. Die zuerst genannte Variante würde von der BaFin nicht genehmigt und würde zudem zu einer Verschiebung der bausparmathematischen und betriebswirtschaftlichen Beurteilung führen. Die zuletzt genannte Variante liefe dem solidarischen Grundgedanken des Bausparsystems zuwider, weil die für den Erhalt der Bausparergemeinschaft erforderlichen Kosten dann einseitig von den Bausparern bezahlt würden, die ein Bauspardarlehen in Anspruch nehmen.
Der vom Kläger in Bezug genommene Fall, der der Entscheidung des OLG Köln vom 07.05.1999 (6 U 113/98 = NJW-RR 01,687) zugrunde gelegen hat, sei ein Ausnahmefall gewesen, der der Verallgemeinerung nicht zugänglich sei. Dort sei es nämlich um Bausparverträge gegangen, die die Q mit eigenen Mitarbeitern abgeschlossen habe und bei denen keine Vertriebsprovisionen angefallen seien.
Der Senat hat durch Verfügung vom 02.12.2009 (Bl. 222 GA) der BaFin Gelegenheit zur Stellungnahme zum Sach- und Streitstand sowie zur Darstellung ihrer Bewertung der streitgegenständlichen Klauseln. Die BaFin hat unter dem 28.01.2010 mitteilen lassen, dass sie insoweit keine Stellungnahme abgeben werde.
II.
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet
1) Der Kläger ist ausweislich der Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 2 UKlaG (Anla. K1, Bl. 13 d.A., dort Nr. 72) berechtigt, die streitgegenständlichen Ansprüche geltend zu machen (§ 3 UklaG).
2) Zulässige Inhaltskontrolle
Die streitgegenständlichen Klauseln sind auch nicht bereits deshalb einer gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogen, weil sie von der BaFin bzw. deren Vorgängerin, dem BAKred, behördlich genehmigt wurden. Zwar hat der BGH, wie die Beklagte zutreffend vorbringt, entschieden, dass in solchen Fällen, in denen der Verwender infolge bindender behördlicher Entscheidung über seine Geschäftsbedingungen keinen Spielraum für privatautonome Gestaltung mehr hat, für eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle kein Raum mehr ist (WM 07, 1623). In der Vergangenheit hat auch die BaFin bzw. das BAKred die Genehmigung von Bauspartarifen davon abhängig gemacht, dass eine Abschlussgebühr vorgesehen ist. So hat das BAKred in seinem Schreiben vom 29.10.1986 (Anl. B10) ausdrücklich klargestellt, dass es "auch künftig keine Tarife genehmige, die eine Abschlussgebühr nicht vorsehen." Die BaFin hat in ihrer Auskunft an das Landgericht Heilbronn vom 28.01.2009 (Anl. B5) diese Praxis für die Vergangenheit ausdrücklich bestätigt (dort S. 4) und auch ausgeführt, dass es seine die Erforderlichkeit einer Abschlussgebühr betreffenden Schreiben nie formell aufgehoben habe (dort S. 5).
Die BaFin hat aber in dem genannten Schreiben auch ausgeführt, dass sie ihre Genehmigungspraxis in den letzten Jahren weiterentwickelt habe und nunmehr vom Erfordernis der Einhaltung bestimmter feststehender Regeln bzgl. der Abschlussgebühren abgerückt sei und nunmehr eine Tragfähigkeitsbetrachtung des zur Genehmigung anstehenden Tarifs auf der Grundlage von Prognoseberechnungen durchführe (dort S. 4). Diese neue Praxis habe die BaFin auch mit Vertretern der Bausparkassen und der Bausparkassenverbände ausgiebig besprochen (dort S. 5). Aus den Ausführungen der BaFin in dem genannten Schreiben ergibt sich zwar, dass diese die Erhebung von Abschlussgebühren grundsätzlich nach wie vor die für die Bausparkassen am sichersten zu kalkulierende und für die Bausparer die transparenteste Lösung hält (dort S. 6), dass aber auch die Genehmigung von Tarifen in Betracht komme, die in anderer Weise im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss Ertrag generieren, der die Kosten des für den Erhalt der Bauspargemeinschaft zwingend erforderlichen Vertriebs abdeckt (dort S. 5).
Mithin entspricht es nicht mehr der Genehmigungspraxis der BaFin, eine Abschlussgebühr zwingend zu erfordern. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, eine anderweitige Tarifkonstruktion zur Genehmigung vorzulegen, die die genannten Kriterien erfüllt. Folglich ist sie in ihrer privatautonomen Gestaltung durch die Genehmigungspraxis der BaFin nicht auf die Erhebung von Abschlussgebühren reduziert.
Im Übrigen ergibt sich aber auch aus einem Umkehrschluss aus der Regelung des § 8 Abs. 2 UKlaG, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen der Bausparkassen (ABB), die der Genehmigung durch die BaFin bedürfen, der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen (so auch MüKo-Kieninger, 5. Aufl. 2007, vor § 307 Rz. 16; Staudinger-Coester 2006, vor § 307 BGB Rz. 13, 28).
3) Haupt- oder Nebenabrede
Die Klausel über Abschlussgebühren für Bausparverträge unterliegt aber gleichwohl nicht der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB, weil es sich hierbei um einen Teil des vom Bausparer für die Hauptleistung der Bausparkasse zu zahlenden Preises handelt. Da die Vertragsparteien nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei bestimmen können, unterliegen AGB-Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln, nicht der Inhaltskontrolle (BGH WM 93, 2237; WM 09, 1077; OLG Stuttgart ZIP 2010, 74). Nach der Rechtsprechung des BGH stellen demgegenüber aber sog. Preisnebenabreden, also Regelungen, die sich lediglich mittelbar auf Preis und Leistung auswirken und die kein Entgelt für auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders oder für Tätigkeiten in dessen eigenem Interesse eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (BGH WM 97, 2244; WM 09, 1077).
Bei den streitgegenständlichen Abschlussgebühren handelt es sich nicht um Entgeltvereinbarungen für ohnehin von der Beklagten geschuldete Leistungen. Nach übereinstimmendem Parteivortrag (und auch gem. den Ausführungen der BaFin in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Landgericht Heilbronn) dient die Abschlussgebühr zur Deckung der durch den Vertrieb anfallenden Kosten, mithin also der Kosten für Vertragsanbahnung und Vertragsabschluss. Beides sind jedoch keine von der Beklagten gegenüber dem Bausparer aufgrund Gesetzes oder rechtsgeschäftlicher Vereinbarung geschuldete Leistungen. In Ermangelung eines Kontrahierungszwanges gilt vielmehr nach dem Grundsatz der Privatautonomie die Abschlussfreiheit im Rahmen der Vertragsfreiheit (vgl. Haertlein/Thümmler, ZIP 09, 1197, 1201 f.). Die Bereitschaft der Beklagten zum Vertragsschluss durfte diese deshalb durchaus von der Zahlung einer Abschlussgebühr abhängig machen.
Der Bausparer hat die Abschlussgebühr auch nicht ohne eine Gegenleistung der Bausparkasse zu zahlen, wie dies noch Nobbe in seinem Aufsatz zur Zulässigkeit von Bankentgelten (WM 08, 185, 193) vertreten hat, inzwischen der so nicht mehr vertritt (vgl. Anl. BB2 Bl. 195 f.). Der Vertragsabschluss bei Bausparverträgen unterscheidet sich nämlich von dem bei Sparverträgen sonstiger Art oder auch von sonstigen Kreditverträgen in seiner rechtsgestaltenden Wirkung. Die von der Bausparkasse für die Abschlussgebühr gegebene Gegenleistung liegt nicht nur in dem Vertragsabschluss selbst und der Eröffnung des Bausparkontos, sondern zusätzlich und vornehmlich in der Aufnahme des Kunden in die Gemeinschaft der Bausparer und die Gewährung einer gesicherten Option auf ein Bauspardarlehen zu einem festem, marktunabhängigen Zinssatz bei bis zur Zuteilungsreife vertragsgerechtem Verhalten des Kunden. In Rechtsprechung und Schrifttum wird deshalb die Abschlussgebühr zutreffend auch häufig als Eintrittsgebühr oder Aufnahmeentgelt bezeichnet (z.B. Habersack, WM 08, 1857, 1861). Der Anspruch des Bausparers auf Zuteilung eines Baufinanzierungsdarlehens zu einem bereits bei Vertragsschluss feststehenden Zinssatz, mithin mit einer langfristigen Zinssicherheit, entsteht dabei bereits mit dem Eintritt in die Bausparergemeinschaft und wird seitens des Bausparer durch einen gegenüber dem allgemeinen Kapitalmarkt deutlich niedrigeren Guthabenzinssatz einerseits und durch die Abschlussgebühren andererseits erkauft (so auch Habersack WM 08, 1057, 1060). Diesen Zinssatz kann die Bausparkasse aber nur aufgrund einer kontinuierlich bestehenden Solidargemeinschaft der Bausparer garantieren. Eine so geartete Solidargemeinschaft von Sparern oder Kontoinhabern einer bestimmten Bank gibt es aber nicht (Nobbe, Anl. BB2 Bl. 196).
Darüber hinaus stellen aber auch die stetigen Bemühungen der Bausparkasse um die Gewinnung neuer Bausparer im Rahmen des Vertriebs, der durch die Abschlussgebühren finanziert wird, eine Gegenleistung für jeden einzelnen Kunden dar. Die grundsätzliche Konzeption des Bausparens als ein geschlossenes, kapitalmarktunabhängiges Finanzierungssystem, in dem die Zuteilung von Bauspardarlehen allein aus den von den derzeit sich noch in der Ansparphase befindenden Kunden zu Verfügung gestellten Geldern erfolgt, macht es für eine Erreichung der Zuteilungsreife der Darlehen innerhalb angemessener Zeiträume zwingend erforderlich, dass stetig neue Bausparverträge abgeschlossen, sprich neues Kapital in den Bestand der Kasse einfließt. Ein hoher Zufluss an Spareinlagen bedingt eine frühere Zuteilungsreife, ein niedrigerer Zufluss eine länger herausgeschobene Zuteilungsreife. Aus diesem Grunde liegt es im Interesse eines jeden Bausparers, dass es zu einem stetigen Abschluss von Neuverträgen kommt, der wiederum nur durch einen effektiven Vertrieb seitens der Bausparkasse sichergestellt werden kann. Insoweit kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, wonach die Gewinnung von Neukunden nur im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten liegt. Vielmehr liegt es jedenfalls auch, u.U. sogar primär im Interesse der Bausparergemeinschaft, dass die Bausparkasse einen effektiven Vertrieb unterhält.
Darauf, dass es womöglich – wie der Kläger behauptet, die BaFin aber wohl nicht annimmt – auch andere Möglichkeiten gäbe, die Kosten eines effektiven und den Besonderheiten des Bausparkassensystems Rechnung tragenden Vertriebs zu finanzieren, kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein, ob der Abschlussgebühr eine Gegenleistung gegenübersteht. Ob die Gegenleistung auch in anderer Weise bezahlt werden kann, ist unerheblich und allein Gegenstand der wirtschaftlichen Erwägungen der vertragsschließenden Parteien, nicht aber einer gerichtlichen Inhaltskontrolle von AGBs.
Der vorbezeichnete Sachverhalt, in dem dem Bausparer mit Vertragsschluss bzw. im Antragsformular unmittelbar nach der Bausparsumme die Verpflichtung zur Zahlung einer Abschlussgebühr in einer konkreten Summe deutlich vor Augen geführt wird, ist zudem nicht vergleichbar mit Preisnebenabreden, wie sie die Rechtsprechungskasuistik prägen. Dort werden regelmäßig für angebliche Zusatzleistungen per AGB dem Vertragspartner des Verwenders weitere Zahlungsverpflichtungen auferlegt (vgl. BGH WM 09, 1197).
Dies gilt auch deshalb, weil die Aufschlüsselung eines Gesamtpreises aus einer kontrollfreien Preisklausel nicht eine kontrollfähige Preisnebenabrede macht (BGHZ 116, 117 f.)
4
Soweit der Kläger meint, die Annahme eines Teilentgeltes scheide schon deshalb aus, weil in der Ansparphase den Kunden nur die Verpflichtung zur Leistung einer Spareinlage gegen Zins treffe und erst in einem weiteren Vertragsverhältnis nach Zuteilungsreife und Inanspruchnahme des Bauspardarlehens sodann ein neuer Darlehensvertrag zwischen Bausparkasse und Kunden zustandekomme (Bl. 122 f.), dringt er hiermit nicht durch. Eine solche Aufspaltung des Bausparvertrages in zwei separat zu behandelnde Verträge (Sparvertrag als besondere Ausprägung eines Darlehens in der Ansparphase bis zur Zuteilungsfähigkeit des Darlehens, Darlehensvertrag in der Darlehensphase nach Inanspruchnahme des Darlehens) widerspricht bereits der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 BausparkG, wonach Bausparer ist, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Danach ist der Bausparvertrag als einheitlicher Vertrag anzusehen, dessen Besonderheit darin besteht, dass der Bausparer bereits mit Vertragsabschluss und bei Erbringung seiner Bauspareinlagen (Ansparphase) eine Option erwirbt, nach Eintritt der Zuteilungsreife ein Darlehen zu bereits bei Vertragsabschluss fest stehenden Zinsen in Anspruch nehmen zu können. Dem entspricht auch die Regelung in § 3 Nr. 2 KWG, wonach sog. Zwecksparunternehmen ( Annahme von Geldbeträgen, wenn der überwiegende Teil der Geldgeber einen Rechtsanspruch darauf hat, dass ihnen aus diesen Geldbeträgen ein Darlehen gewährt wird) wegen des damit verbundenen Risikos grundsätzlich verboten sind und nur Bausparkassen erlaubt wird, die dafür aber einer speziellen Erlaubnis bedürfen und den speziellen Regelungen des Bausparkassengesetzes einschließlich der darin geregelten Genehmigungspflichten der Bauspartarife durch die BaFin unterworfen sind. Damit wird die Schaffung eines vom Kapitalmarktzins weitgehend abgekoppelten und grundsätzlich in sich geschlossenen Finanzierungssystems umschrieben, in dem dem Bausparer durch die Einräumung einer Option quasi eine Zinssicherungsmöglichkeit gewährt wird. Dafür hat er als Gesamtleistung nicht nur den Darlehenszins in der (optionalen) Darlehensphase zu entrichten, sondern erhält in der Ansparphase einen gegenüber anderen Sparverträgen in der Regel geringeren Guthabenzins. In diesem "Preisgefüge" kann die Abschlussgebühr deshalb ohne weiteres als (weiterer) Teilpreis des Gesamtpreises verstanden werden (LG Heilbronn WM 09, 603; ebenso LG Hamburg WM 09, 1315).
4. Keine Unwirksamkeit nach § 307 BGB
Unabhängig hiervon wären die streitgegenständlichen Klauseln auch nicht nach § 307 BGB unwirksam.
a) Transparenzgebot
Sie verstoßen insbesondere nicht gegen gegen das Transparenzgebot, aufgrund dessen der Verwender von AGB verpflichtet ist, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und durchschaubar darzustellen (BGHZ 148, 74). Die Klausel lässt hier klar und deutlich erkennen, dass ein Bausparer mit Vertragsschluss und unabhängig davon, ob er später die Option einer Darlehensgewährung in Anspruch nimmt, zur Leistung der Abschlussgebühr von 1 % aus der Bausparsumme verpflichtet sein soll. Die ABB enthalten zudem in der Präambel (Anl. K3, Bl. 16) bereits einen deutlichen Hinweis auf die Abschlussgebühr. 57
Eine weitergehende Information des Kunden kann nicht verlangt werden. Wer über seine vertraglichen Zahlungspflichten hinreichend deutlich informiert wird, braucht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auch darüber aufgeklärt zu werden, welche Tätigkeiten und Aufwendungen die Verwenderin der Bemessung ihrer Forderung zugrunde gelegt hat und wie diese rechtlich einzuordnen ist (vgl. BGHZ 153, 344 ff.). Unerheblich ist deshalb im Rahmen der Transparenzprüfung, ob die Beklagte die Abschlussgebühr als solche bezeichnet oder aber als Eintrittsgeld oder Aufnahmeentgelt und ob sie die Abschlussgebühr vollständig oder überwiegend zur Bezahlung der im Rahmen des Vertriebes von neu abgeschlossenen Bausparverträgen anfallenden Provisionen verwendet (LG Heilbronn, WM 09, 603).
Auch die Bezeichnung des Einzelentgeltes als Abschlussgebühr verstößt nicht gegen das Transparenzgebot. Der Verkehr weiß, dass es sich bei dieser Gebühr nicht um eine staatlich verordnete Gebühr handelt, denn die Verwendung des Begriffs der "Gebühren" ist nicht auf staatliche oder gar fiskalische Anwendungsbereich beschränkt, sondern findet vielmehr auch sonst im rein privatrechtlichen Bereich Anwendung, etwa im Zusammenhang mit Kontoführungsgebühren, Vereinsgebühren, Telefongebühren, Parkgebühren oder Arztgebühren. Der Verkehr, dessen Anschauung der Senat als Teil des angesprochenen Kundenkreises selbst beurteilen kann, versteht deshalb die Abschlussgebühr für Bausparverträge durchaus als einen Teil des Gesamtpreises des Bausparproduktes.
Soweit der Kläger bemängelt, dass es dem Bausparer erschwert und bei fehlenden finanzmathematischen Kenntnissen geradezu unmöglich gemacht werde, die Gesamtkosten einer Baufinanzierung mittels Bausparvertrag gegenüber einer anderweitigen Finanzierung zu ermitteln, weil die Abschlussgebühren nicht in den angegebenen effektiven Jahreszins einbezogen würden, ist dieses Vorbringen für die AGB-rechtliche Prüfung nicht von Bedeutung. Es mag sein, dass es im Sinne einer besseren Markttransparenz aus der Sicht des Verbraucherschutzes wünschenswert wäre, wenn alle marktgängigen Finanzprodukte aufgrund einheitlicher Preisgestaltung bestmöglich vergleichbar wären. Dies ist aber nicht der Schutzzweck des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes, welches vielmehr ausschließlich die klare und verständliche Offenlegung der vom Verbraucher zu zahlenden Teil- und/oder Gesamtpreise verlangt.
Schließlich liegt auch kein Fall einer verdeckten Innenprovision vor, wie er Gegenstand der vom Kläger insoweit in Bezug genommenen BGH-Rechtsprechung (WM 09, 939) ist. Insoweit unterscheidet sich schon die Zielrichtung der vorliegenden Klage von der einer auf Schadensersatz gerichteten Klage eines Anlegers gegen eine Bank, denn das vorliegende Klageverfahren dient nur der Überprüfung der streitgegenständlichen AGB-Klauseln. Unabhängig hiervon befasst sich die bemühte BGH-Rechtsprechung aber auch mit der Frage eines möglichen Interessenkonfliktes einer im Beratungsvertragsverhältnis tätig werdenden Bank, die verdeckt an sie zurückfließende Provisionen ihrem anlagewilligen Kunden nicht offenbart. Eine solche Fallkonstellation liegt hier aber weder hinsichtlich der Beratungspflichten einer Bausparkasse, die nicht mit denen einer anlageberatenden Bank vergleichbar sind, noch hinsichtlich des verdeckten Vorgehens vor. Die Verwendung der Abschlussgebühr für das Neukundengeschäft erfolgt nämlich gerade nicht heimlich und zur Gewinnmaximierung der Bausparkasse, sondern wird von dieser in ihren Vertragsbedingungen offen kommuniziert.
b) unangemessene Benachteiligung
Die Klausel stellt auch keine unangemessene Benachteiligung des Bausparers iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Insbesondere ist die Klausel nicht unvereinbar mit einem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll. Es liegt bereits in Ermangelung einer solchen Regelung keine Abweichung vor.
Unabhängig hiervon ist aber verschiedenen gesetzlichen Normen zu entnehmen, dass die Rechtsordnung von der Erhebung von Abschlussgebühren im Zusammenhang mit dem Abschluss von Bausparverträgen ausgeht. So regelt § 6 Abs. 8 S. 2 PAngV, welcher Teil der Abschlussgebühr in die Angabe des effektiven Jahreszinses einzufließen hat. Auch in § 1 Abs. 1 Nr. 8 AltZertG findet sich eine Regelung zur Handhabung der Abschlussgebühren für das Riester-Bausparen. Letztlich geht aber insbesondere auch § § 5 Abs. 3 Nr. 3 BausparkG von der Erhebung von Kosten und Gebühren aus, in der Begründung istdazu ausgeführt (BT-Drs. 11/8089 S. 18):
"Die vertraglich vereinbarten Verpflichtungen haben auch eine erhebliche Bedeutung für die Deckung verschiedener Kosten der Bausparkassen. Im Hinblick auf die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Zugangs an Bausparverträgen ist es wichtig, dass die Bausparkassen die mit der Akquisition neuer Kunden verbundenen Kosten bereits im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss durch entsprechende Gebühren decken können. Die sonstigen Belange der Bausparer einer Bausparkasse könnten gefährdet sein, wenn die Bausparkasse die zur Sicherung des Neugeschäfts erforderlichen Provisionszahlungen nicht mehr leisten könnte."
Die Begründung hat damit deutlich gemacht, dass sie die Erhebung von Abschlussgebühren nicht nur billigt, sondern gleichfalls für erforderlich hält.
c) Generalklausel
Auch eine Unwirksamkeit der Klausel nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt nicht vor. Eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbare unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders liegt schon immer dann nicht vor, wenn höherrangige oder zumindest gleichrangige Interessen des Verwenders die Klausel rechtfertigen (BGH 05, 1774). Solche gleichrangigen Interessen sind hier nach den obigen Ausführungen zur Notwendigkeit eines stetigen Neukundengeschäftes für das Funktionieren des Bausparwesens offensichtlich.
5)
Vorstehendes gilt jeweils in gleichem Maße auch für die Agio-Klausel, bei der es sich letztlich ebenfalls um einen abgespaltenen Teil der Preisabrede handelt.
6)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist wegen Rechtsgrundsätzlichkeit und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Der Bundesgerichtshof hat bislang weder über die Einordnung von Klauseln der angegriffenen Art als Preisklauseln oder Preisnebenabreden noch über die anderen aufgeworfenen - vom Senat aber nur hilfsweise erörterten - Rechtsfragen in Bezug auf Bausparkassen ausdrücklich entschieden, noch lässt sich aus seiner Rechtsprechung hinreichend sicher erkennen, wie er den vorliegenden Fall entschiede, um gleichwohl davon abzusehen, die Revision zuzulassen.

RechtsgebieteBGB, UKlaG, BauSparkGVorschriften§ 305 Abs 1 S 3 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 307 Abs 3 S 1 BGB, § 8 Abs 2 Nr 2 UKlaG, § 5 Abs 3 BauSparkG

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