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09.07.2008 · IWW-Abrufnummer 082066

Landgericht Schweinfurt: Beschluss vom 14.05.2008 – 1 Qs 50/08

Wird die Durchführung des Hauptverfahrens voraussichtlich eine Auseinandersetzung mit der Frage erfordern, ob eine Verwertung des eingeholten Blutalkoholgutachtens in der Hauptverhandlung zulässig oder ob insoweit ein Verwertungsverbot anzunehmen ist, weil die untersuchten Blutproben ohne richterliche Anordnung entnommen worden sind, so ist dem Angeklagten wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ein Verteidiger beizuordnen.


2 Ds 4 Js 13222/07 AG Schweinfurt
14.05.2008

LANDGERICHT SCHWEINFURT

BESCHLUSS

In dem Strafverfahren

wegen Trunkenheit im Verkehr

hier: Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Schweinfurt vom 05.05.2008

erlässt die 1. Strafkammer – Beschwerdekammer – des. Landgerichts Schweinfurt durch die unterfertigten Richter am 14.05.2008 folgenden
BESCHLUSS:

1. Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts Schweinfurt vom 05.05.2008 (Az. 2 Ds 4 Js 13222/07) aufgehoben.

2. Dem Angeklagten wird gemäß § 140 Abs. 2 StPO Rechtsanwalt Dr. Michael Schulze, Roßmarkt 18, 97421 Schweinfurt, als Verteidiger beigeordnet.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten darin entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt hat gegen den Beschwerdeführer unter dem 25.02.2008 Anklage zum Amtsgericht Schweinfurt wegen fahrlässiger Trunkenheit im Vekehr erhoben, wobei der Tatvorwurf unter anderem auf ein Blutalkoholgutachten gestützt wird, welches die Auswertung zweier Blutproben des Beschwerdeführers betrifft, die am 04.11.2007 ohne richterliche Anordnung entnommen worden waren.

Nachdem das Amtsgericht mit Beschluß vom 04.03.2008 das Hauptverfahren eröffnet und mit Verfügung vom selben Tag Termin zur Hauptverhandlung auf den 04.06.2008 bestimmt hatte, zeigte mit Schriftsatz vom 18.04.2008 Rechtsanwalt Dr. Schulze die Vertretung des zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anderweitig anwaltlich vertretenen Angeklagten an und beantragte seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Auf die vorgebrachte Begründung dieses Antrags in den Schriftsätzen des Verteidigers vom 18.04. und vom 29.04.2008 wird Bezug genommen.

Mit Beschluß vom 05.05.2008 hat das Amtsgericht den Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers zurückgewiesen, da kein Fall der notwendigen Verteidigung vorliege und der Angeklagte in der Lage sei, sich selbst zu verteidigen.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Beschwerde, eingelegt mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 06.05.2008, auf welchen hinsichtlich der Begründung des Rechtsmittels verwiesen wird.

Das Amtsgericht Schweinfurt hat der Beschwerde nicht* abgeholfen, woraufhin die Staatsanwaltschaft ihre Verwerfung als unbegründet beantragt hat.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, weshalb dem Angeschuldigten unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Schweinfurt vom 05.05.2008 Rechtsanwalt Dr. Schulze als Pflichtverteidiger beizuordnen war.
Zwar sind die Voraussetzungen des § 140 Abs. 1 StPO nicht erfüllt, doch liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung i.S.d. § 140 Abs. 2 StPO vor, da die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers gebietet.

Die Durchführung des Hauptverfahrens wird nämlich – mit welchem Ergebnis auch immer – voraussichtlich eine Auseinandersetzung mit der Frage erfordern, ob eine Verwertung des eingeholten Blutalkoholgutachtens in der Hauptverhandlung zulässig ist oder ob insoweit ein Verwertungsverbot anzunehmen ist, weil die untersuchten Blutproben ohne richterliche Anordnung entnommen worden sind und möglicherweise die Voraussetzung einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs im Sinne des § 81a Abs. 2 StPO nicht vorgelegen hat.

Diese Diskussion, die mit der Verteidigung des Angeklagten in engem Zusammenhang steht, ist aber für einen juristischen Laien schlechterdings nicht effektiv zu führen. Mag es aus der Sicht der Beschwerdekammer auch als unwahrscheinlich erscheinen, daß eine Annahme polizeilicher Anordnungskompetenz für den Fall, daß diese als fehlerhaft einzustufen wäre, auch als willkürlich betrachtet werden müßte, so kann dies dennoch nicht dazu führen, dem Angeklagten eine sachgerechte und folglich anwaltlichen Beistand erfordernde Führung der Diskussion um ein Verwertungsverbot zu verwehren.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 StPO.

RechtsgebietStPOVorschriftenStPO § 140 Abs. 2; StPO § 81a Abs. 2

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