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22.05.2002 · IWW-Abrufnummer 020601

Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 27.11.2001 – 2b Ss 309/01, 91/01 IV

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
BESCHLUSS

2 b Ss 309/01 - 91/01 IV

In der Strafsache

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 4. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht K und B

am 27. November 2001

auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 10. kleinen Strafkammer des Landgerichts Kleve vom 10. September 2001 auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Beschwerdeführers

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird hinsichtlich der angeordneten Einziehung des PKW Audi V 8 und im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht Kleve zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Amtsgericht hat dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Außerdem hat es den sichergestellten PKW Audi V 8 sowie das sichergestellte Rauschgift eingezogen. Die Berufung des Angeklagten hat die Strafkammer des Landgerichts Kleve durch das angefochtene Urteil verworfen. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat - jedenfalls vorläufigen - Erfolg. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme u.a. ausgeführt:

I.

Der Angeklagte hat sein Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch, die Einziehung des PKW Audi V 8 und den Entzug der Fahrerlaubnis beschränkt. Mit dem Revisionsantrag wird zwar nach seinem Wortlaut die Aufhebung des Urteils begehrt. Eine sinngerechte Auslegung der Revisionsbegründung ergibt aber zweifelsfrei, dass allein der Rechtsfolgenausspruch, die Einziehung und der Entzug der Fahrerlaubnis einer Überprüfung durch das Revisionsgericht zugeführt werden sollen. Die Revisionsbegründung greift nicht den Schuldspruch an, sondern befasst sich nur mit den Ausführungen zu den Strafzumessungserwägungen, der Einziehung und der Entziehung der Fahrerlaubnis. Diese Auslegung wird gestützt durch den Umstand, dass der Angeklagte ausweislich der vom Landgericht getroffenen Feststellungen geständig gewesen ist. Aus alledem wird deutlich, dass sich der Revisionsangriff nicht gegen die Tathandlungen als solche und deren rechtliche Bewertung durch das Landgericht richtet.

Gegen die Wirksamkeit der Beschränkung ergeben sich auch keine Bedenken. Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen den Schuldspruch wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen in vollem Umfang.

III.

Die Erwägungen zur Strafzumessung halten rechtlicher Überprüfung stand. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

IV.

Dagegen können die Einziehung des PKW und die Entziehung der Fahrerlaubnis keinen Bestand haben. Diese halten rechtlicher Überprüfung nicht stand und sind aufzuheben. Zu den weiteren Rechtsfolgen der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Einziehung des Kraftfahrzeuges wird in dem angefochtenen Urteil folgendes ausgeführt:

"Durch die Tat hat sich der Angeklagte als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen. Er hat insgesamt mindestens sieben Fahrten mit einem PKW vorgenommen um Rauschgift zu schmuggeln, neben Haschisch und Marihuana zuletzt auch die gefährliche Droge Kokain. Deshalb war ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen und der Führerschein einzuziehen und die Verwaltungsbehörde anzuweisen, ihm vor Ablauf von einem Jahr keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Eine Verkürzung dieser Frist im Hinblick auf die Verfahrensdauer erschien der Kammer nicht angemessen. Auch der bei allen Fahrten benutzte PKW Audi V 8 war hier als Tatmittel einzuziehen."

Diese Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht lückenhaft und bilden daher keine hinreichende Nachprüfungsgrundlage für das Revisionsgericht.

1. Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts weisen im Zusammenhang mit der Einziehung des dem Angeklagten gehörenden PKW Begründungsmängel auf und sind infolgedessen rechtsfehlerhaft.

Die Einziehung gem. § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Nebenstrafe und somit Teil der Strafzumessung, die eine Gesamtbetrachtung erfordert. Aus dem tatrichterlichen Urteil muss sich deshalb ergeben, aus welchen Gründen die Einziehung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit neben der Hauptstrafe erforderlich ist und ob bzw. in welchem Umfang sie bei der Festsetzung der Strafe mitberücksichtigt wurde (BGH NJW 1983,2710; BGH MDR 1984, 241; BGH StV 1986,58; BGH StV 1994,76; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 74 b Rdnr. 2). Die in diesem Zusammenhang insbesondere erforderlichen Ausführungen zu den wirtschaftlichen Folgen der Einziehung für den Täter sind nur dann entbehrlich, wenn der zur Rede stehende Gegenstand offensichtlich derart geringwertig ist, dass seiner Einziehung bei der Strafzumessung erkennbar keine maßgebliche Bedeutung zukommen kann (BGH StV 1984, 286, 287; BGH StV 1988,201; BGH StV 1989, 529; BGH StV 1992, 570).

Diesen Abwägungserfordernissen wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Die angefochtene Entscheidung enthält weder eine nähere Begründung zur grundsätzlichen Erforderlichkeit der Einziehung neben der Hauptstrafe noch lassen die Urteilsgründe ausreichend erkennen, dass der Tatrichter den Strafcharakter der Einziehung erkannt und deren wirtschaftliche Folgen für den Angeklagten in die bei der Strafzumessung erforderliche Gesamtbetrachtung einbezogen hat. Aufgrund des Wertes des eingezogenen Kraftfahrzeuges - der Kaufpreis im März 2000 betrug 11.000 DM - kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich nähere Ausführungen zur Wechselwirkung zwischen Haupt- und Nebenstrafe im vorliegenden Fall wegen offensichtlicher Geringwertigkeit des Einziehungsobjektes erübrigten.

2. Die getroffenen Feststellungen und die Begründung zur Entziehung der Fahrerlaubnis und der beigehaltenen Sperrfrist von einem Jahr tragen die Maßregelanordnung nicht. Es fehlt eine tragfähige Begründung für die Annahme, dass der Angeklagte ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Ein Regelfall nach § 69 Abs. 2 StGB, der grundsätzlich eine nähere Begründung entbehrlich macht, liegt nicht vor. Der Umstand, dass der Angeklagte das Fahrzeug geführt hat, mit denen er das Rauschgift aus den Niederlanden geholt hat, weist nicht zwingend auf eine mangelnde Eignung hin. Bei Betäubungsmitteldelikten, die nicht zu den im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB genannten Regelbeispielen gehören, bedarf es vielmehr einer eingehenden Prüfung und Begründung, ob und gegebenenfalls warum der Täter als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen i. S. v. § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB anzusehen ist. Insoweit ist eine umfassende Gesamtabwägung aller hierfür maßgeblichen Umstände erforderlich unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit und der Art und Weise der Tatausführung (vgl. Senatsbeschluss vom 6. August 2001 2 b Ss 201/01 - 52/01 IV -; Tröndle/Fischer, a.a.O., § 69 Rdnr. 10; BGHR StGB, § 69 Abs. 1 Entziehung 6 und 7).

3. Außerdem fehlt in dem angefochtenen Urteil eine nachvollziehbare Begründung für die ausgesprochene Sperrfrist von einem Jahr für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Deshalb ist dem Senat die Überprüfung der Festsetzung der Sperrfrist nicht möglich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht die Dauer der Sperrfrist nicht, wie erforderlich, nach der voraussichtlichen Dauer der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen bemessen hat.

Bei der Bemessung der Sperrfrist hat das Gericht festzustellen, wie lange die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen nach seiner Beurteilung voraussichtlich bestehen wird. Dabei haben die Schwere und die Folgen der Tat kein entscheidendes Gewicht. Es kommt allein auf den Grad der Ungeeignetheit des Täters und darauf an, wie lange die Allgemeinheit vor einer Gefährdung durch den Täter zu schützen ist (vgl. Senatsbeschluss a.a.O.; Tröndle/Fischer, a.a.O. § 69 a, Rdnr. 4 und 5 m. w. N.).

V.

Eine Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen und Zurückverweisung gem. §§ 353, 354 Abs. 2 Satz 1 StPO ist trotz der zwischen Haupt- und Nebenstrafe bestehenden Wechselwirkung nicht erforderlich, da es aufgrund des Verschlechterungsverbotes ausgeschlossen ist, dass der neue Tatrichter bei einem Absehen von der Einziehung des PKW und/oder der Entziehung der Fahrerlaubnis auf eine höhere Freiheitsstrafe erkennt.

Dem stimmt der Senat zu.

Das angefochtene Urteil war deshalb insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Einziehung des PKW und im Maßregelausspruch sowie über die Kosten der Revision an das Landgericht Kleve zurückzuverweisen und die weiter gehende Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

RechtsgebieteStPO, StGBVorschriftenStPO § 349 Abs. 2 StPO § 353 StPO § 354 Abs. 2 Satz 1 StGB § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB § 69 Abs. 2 StGB § 69 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensgang: LG Kleve

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